Pauluskirche (Berlin-Lichterfelde)

Pauluskirche (Berlin-Lichterfelde)
Pauluskirche Apsis im Nordosten
Pauluskirche Turm und Vorhalle im Südwesten

Die Pauluskirche im heutigen Berliner Ortsteil Lichterfelde wurde im Stil der Backsteingotik von Fritz Gottlob, einem der wichtigsten Verfechter dieser Stilrichtung, errichtet. Die Baukosten betrugen 250.000 Mark. Sie wurde am 2. Juni 1900 eingeweiht. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche zerstört, sie wurde zwischen 1952 und 1957 unter Leitung von Erich Ruhtz und Karl Streckebach wieder aufgebaut und am 24. März 1957 von Bischof Otto Dibelius wieder eingeweiht. 1987 wurde die die unter Denkmalschutz stehende Kirche grundlegend renoviert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Als die Gemeinde mehr Platz für den Gottesdienst brauchte, vergrößert sie 1895 zunächst die Dorfkirche. Doch nachdem die Zahl der Einwohner auf über 10.000 gestiegen war, ließ sich der Neubau einer Kirche nicht mehr vermeiden. Zur Einweihung am 2. Juni 1900 entsandte die Kaiserin ihren Hofmeister, den Freiherrn von Mirbach. Bei einem Besuch wenige Tage danach stiftete die Kaiserin eine Taufschale und eine von ihr signierte Altarbibel, die beide 1987 während der Renovierungsarbeiten gestohlen wurden. Die Bronzeglocken wurden im Ersten Weltkrieg für Rüstungszwecke eingeschmolzen. Die 1922 angeschafften Gussstahlglocken blieben im Zweiten Weltkrieg erhalten. Am 24. März 1944 wurde die Pauluskirche von Bomben getroffen und brennt aus.

Die Außenmauern waren zwar ausgeglüht und durch Feuchtigkeit stark in Mitleidenschaft gezogenen worden, aber dennoch stabil genug, dass im Jahr 1951 mit dem Wiederaufbau begonnen werden konnte. Das Äußere der Kirche wurde bis auf den Dachreiter originalgetreu wieder hergestellt. Der Innenraum wurde vom Architekten Erich Ruhtz stark vereinfacht gestaltet.

Gebäude

Die Pauluskirche war in Formen norddeutscher Backsteingotik des 14. Jahrhunderts unter Verwendung großer Ziegel im Klosterformat errichtet. Für den Gebäudesockel wurden bearbeitete Granitfindlinge verwendet.

Kirchenschiff

Das Langhaus der kreuzförmigen Kirche besteht aus einem Mittelschiff und zwei auf Gänge reduzierte Seitenschiffe von zwei Jochen, das von einem kurzen Querschiff und einem rechteckigen Chor ergänzt wird. Das Äußere der Kirche ist mit Strebepfeilern und Spitzbogenfenstern reich gegliedert. Das Querschiff, die Vorhalle und die Anbauten sind mit Staffelgiebeln verziert, die mit Fialen geschmückt sind.

Turm

Der quadratische und 66 Meter hohe Turm, dem eine offene Vorhalle vorgelagert ist, befindet sich an der Südwestseite des Kirchenschiffes. In den seitlichen Anbauten des Turmes befinden sich Treppenhäuser. Das Glockengeschoss des Turmes ist von zwei Blendenfriesen eingefasst. Die Schallarkaden verbergen sich hinter einem großen Maßwerk. Neben den Uhrgiebeln befinden sich vier Ecktürmchen, über allem erhebt sich ein spitzer oktogonaler Helm.

Das Innere

Im Innern waren nur die Ziegel der Architekturteile sichtbar, wie beispielsweise die Gewölberippen, die Flächen waren glatt geputzt. Das mit acht Kreuzkappen überwölbte Kirchenschiff erhielt eine Empore, die Vorhalle ein Sterngewölbe. Die Kirche war reich ausgemalt.

Altar der Pauluskirche

Die Pauluskirche wurde seinerzeit, dem romantischen auf das deutsche Mittelalter ausgerichteten Zeitgeist folgend, im neugotischen Stil errichtet. Dazu gehörte auch, dass das Kirchenschiff in einer Apsis mündet, die allerdings kein Ort für den Klerus war.

Nach dem Wiederaufbau erfolgten in den nächsten Jahren weitere Renovierungen der Kirche. Die Dampfheizung wurde durch eine besser regulierbare Warmwasserheizung ersetzt. Die Rosette hinter dem Altar wurde erneuert, ebenso die Fenster. Im Zentrum des Kirchenschiffs wurde ein Kronleuchter angebracht. Die Sitzordnung wurde der geometrischen Gegebenheit des Raumes angepasst. Die Bänke wurden so aufgestellt, dass der Altar mittig steht. Die Kanzel, die seit 1957 auf der rechten Seite vom Altar stand, wurde 1987 neu gestaltet, sie hat aus akustischen Gründen wieder einen Schalldeckel und wurde auf die linke Seite gerückt.

Zur notwendigen Verbesserung der Akustik wurden Verkleidungen und Verstärkungen an den Wänden angebracht, ohne dass sie die Wirkung des neugotischen Raumes stören. Die Verstärkung der Wände blieb auf die Seiten der Apsis beschränkt, wo sie kaum auffällt. Hinter den Brüstungen der Emporen verbergen sich schallschluckende und schallreflektierende Flächen. Auch die Gummieinlagen im „Segel“ des Kronleuchters wirken als Schallreflektoren. Die künstliche Beleuchtung unterstreicht die Architektur des Raumes, das Segel des Kronleuchters wird indirekt angestrahlt.

Die Kirche war in der unmittelbaren Nachkriegszeit grau gestrichen worden. Die renovierte Kirche dagegen ist farbig gehalten. Das freistehende Kreuz steht im Zentrum des Blickfeldes der Gottesdienstbesucher. Es ist zwar nicht dasselbe von 1957, es führt aber die Tradition des ehemaligen Wandkreuzes fort. Nach mehrjähriger Bauzeit wurde die Pauluskirche am 18. Oktober 1987 wieder eingeweiht.

Fenster

Die Glasfenster wurden 1957 von Hermann Kirchberger entworfen, und von den Werkstätten Puhl & Wagner hergestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Rückwand der Apsis stark hintermauert worden, um die beschädigten Formsteine der Rosette zu festigen. Dadurch war die Rosette auf den mittleren Kreis geschrumpft. Da aber nach entsprechenden Untersuchungen keine Schäden festgestellt wurden, konnte die Wand abtragen werden, um die Blätter der Rosette wieder zu öffnen und die farbige Verglasung zu ergänzen.

Darüber hinaus wurden zwischen den Blättern kleine runde Durchbrüche hergestellt, die es ursprünglich nicht gab. Nunmehr leuchtet die wieder geöffnete Rosette über dem Altarraum als Abbild einer Blüte. Das Mittelstück zeigt eine Dornenkrone, eine Traube und Ähren. Zwei große dreiteilige Fenster stehen sich im Mittelschiff gegenüber. Sie stellen Weihnachten und Ostern dar. Ein kleines Fenster auf der Weihnachtsseite stellt Jesaja dar, der in seinen Weissagungen auf Christus hinweist. Ein weiteres zeigt Mose mit den Gesetzestafeln. Auf der anderen Seite gegenüber fallen als Pfingstmotiv sieben Flammentropfen vom Himmel. Ein anderes Bild drückt mit dem Regenbogen aus, dass die Gemeinde noch immer darauf wartet, dass Jesus als Weltenherrscher wiederkommt. Die kleinen Fenster unter der Empore tragen die Namen der Schwesterkirchen in Lichterfelde, die alle einmal zur Paulusgemeinde gehörten. Ein großes Fenster zeigt Paulus, den Namenspatron der Kirche, am Boden liegend, ein Schwert neben sich. Er war Kämpfer und Wegbereiter für die Kirche Christi und ist Vorbild für die Paulusgemeinde.

Orgel

Orgel der Pauluskirche

Vor der Zerstörung stand in der Pauluskirche, dem Baustil der Kirche angepasst, eine Orgel mit zwei Manualen und Pedal der Berliner Firma Gebrüder Dinse in einem neugotischen Gehäuse. Sie hatte zwar ein sehr würdiges Aussehen, in klanglicher Beziehung war die Orgel aber unbefriedigend. Mit der Zerstörung der Pauluskirche wurde diese Orgel vernichtet. 1958 wurde eine neue Orgel mit 30 klingenden Stimmen, verteilt auf drei Manuale und Pedal, in Auftrag gegeben. Bis zur Fertigstellung der neuen Orgel diente ein Harmonium als Instrument. Während die Orgel in der Werkstatt der Firma Schuke gebaut wurde, mussten die Träger an der Orgelempore verstärkt und Podeste gebaut werden, damit sich das Instrument aufstellen ließ. Am 17. Juli 1960 fand die Orgelweihe statt. Der Gesamtpreis für den ersten Bauabschnitt der Orgel mit der Hälfte der vorgesehenen 30 Register einschließlich Gehäuse und Ventilator betrug damals 58.307 Mark.

1964 wurden im zweiten Bauabschnitt weitere Register hinzugefügt bzw. ausgetauscht. Die Orgel in der Pauluskirche entsprach den klanglichen Vorstellungen von 1957. Aber noch immer ließ sich mit den vorhandenen Klangfarben ein erheblicher Teil der Orgelliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts nur unbefriedigend wiedergeben. Um diesem Mangel abzuhelfen, erfolgte nach der Renovierung und Umgestaltung der Kirche eine notwendig gewordene Überholung der Orgel. Es wurden noch einige neue Register hinzugefügt, die vor allem die Grundtönigkeit der Orgel erheblich verstärken, sodass sich nun die Orgelliteratur der Romantik und des angehenden 20. Jahrhunderts adäquater darstellen lässt.

Literatur

  • Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin: Berlin und seine Bauten. Teil VI. Sakralbauten. Berlin 1997.
  • Paul-Gerhard Fränkle: Pauluskirche Lichterfelde, Dokumentation einer Renovierung. Berlin 1987.
  • Günther Kühne, Elisabeth Stephanie: Evangelische Kirchen in Berlin. Berlin 1978.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band Berlin. München/Berlin 2006.

Weblinks

 Commons: Pauluskirche (Berlin-Lichterfelde) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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