- Chondrichthiomorphi
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Knorpelfische Weißer Hai (Carcharodon carcharias)
Systematik Überstamm: Neumünder (Deuterostomia) Stamm: Chordatiere (Chordata) Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata) Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata) Reihe: Chondrichthiomorphi Klasse: Knorpelfische Wissenschaftlicher Name Chondrichthyes Huxley, 1880 Die Knorpelfische (Chondrichthyes) sind eine Klasse der Wirbeltiere (Vertebrata). Zu ihnen gehören die Haie (Selachii) mit mehr als 500 Arten, die Rochen (Batoidea) mit über 600 Arten, sowie die weniger bekannten Seekatzen (Chimaeriformes) mit 34 Arten. Damit sind etwa 4 % der heute lebenden Fischarten Knorpelfische. Fast alle Knorpelfische leben im Meer, nur wenige Haie sowie die Süßwasserstechrochen kommen im Süßwasser vor.
Im Unterschied zu den Knochenfischen besteht das Skelett der Knorpelfische aus Knorpel, der jedoch durch Einlagerung von prismatischem Kalk hohe Festigkeit erlangen kann. Richtiges Knochengewebe wird nie gebildet. Dies ist, neben der für Knorpelfische obligaten inneren Befruchtung durch aus dem mittleren Teil der Bauchflossen gebildeten Klaspern, eine der wichtigsten Synapomorphien der Gruppe.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Allgemeine Merkmale
Knorpelfische werden im Allgemeinen größer als Knochenfische. Dabei ist der Walhai (Rhincodon typus) mit einer Länge von 14 Metern und einem maximalen Gewicht von 12 Tonnen der größte heute lebende Knorpelfisch und zugleich größer als alle Knochenfischarten. Allerdings werden nur 20 % der Haiarten über zwei Meter lang, während 50 % aller Haie im Durchschnitt einen Meter lang werden. Die kleinsten Haiarten erreichen eine Körperlänge von nur etwa 20 Zentimetern, der Zwerg-Laternenhai (Etmopterus perryi) ist dabei mit 16 bis 20 Zentimetern Körperlänge und einem Gewicht von nur 150 Gramm die kleinste Haiart. Der größte Rochen ist der Mantarochen mit einer Brustflossenspannweite von bis zu sieben Metern und einem Gewicht von 1,5 Tonnen, auch hier gibt es allerdings sehr viele kleine Arten mit weniger als 20 Zentimeter Körperlänge und Spannweite. Die Seekatzen werden im Schnitt etwa einen Meter lang.
Äußere Anatomie
Die Haut der Seekatzen ist nackt, die der Neoselachii (Haie und Rochen) ist von winzigen, zahnartigen Placoidschuppen bedeckt. Knorpelfische haben keine Schwimmblase. Das geringe Gewicht des Knorpelskeletts, eine große ölhaltige Leber und bei vielen pelagischen Arten große, tragflächenartige Brustflossen helfen beim Auftrieb. Knorpelfische haben meist fünf, einige ursprüngliche Formen auch sechs bis sieben Kiemenbögen, die bei den Haien und Rochen frei nach außen münden und bei den Seekatzen durch einen Kiemendeckel (Operculum) geschützt werden.
Lebensweise
Fast alle Knorpelfische leben im Meer, sind also marin, nur wenige, wie der Bullenhai (Carcharhinus leucas), sowie die Sägerochen (Pristidae) und einige Stechrochen (Dasyatidae) steigen auch Flüsse hinauf. Die Süßwasserstechrochen (Potamotrygonidae) leben permanent im Süßwasser.
Angaben über das Verhalten von Knorpelfischen liegen nur bei wenigen Arten vor und stammen vor allem aus den letzten Jahrzehnten, in denen eine intensivere Erforschung stattgefunden hat. Viele Arten sind wissenschaftlich allerdings nur aus wenigen Einzelfängen bekannt, Untersuchungen zu ihrer Lebensweise liegen also im Regelfall nicht vor. Den Schwerpunkt der wissenschaftlichen Forschung stellen Haie und Rochen der küstennahen Gebiete sowie eine Reihe von wirtschaftlich interessanten Hochseeformen dar. Hinzu kommen vor allem durch ihre Größe oder durch ihre Bedeutung als potenziell gefährliche Arten besonders markante Haie und Rochen der Hochsee. Vor allem die große Zahl der eher kleinen Haie, Rochen und Seekatzen sowie die Arten der küstenfernen Gebiete und die Tiefseeformen sind dagegen nur wenig erforscht und viele Beobachtungen über die Lebensweise und die Faunistik stammen von interessierten Hobbyforschern, meist Sporttauchern.
Ernährung
Alle Knorpelfische sind carnivor. Große Haie gehören zu den Top-Prädatoren der Meere und ernähren sich vor allem von Knochenfischen. Die meisten Rochen und viele Haiarten ernähren sich von hartschaligen Krebs- und Weichtieren und haben ein speziell dazu angepasstes Gebiss aus Pflasterzähnen.
Einige Großformen wie Wal-, Riesen- und Riesenmaulhai sowie der Teufelsrochen sind Zooplanktonfresser.
Fortpflanzung und Entwicklung
Die Begattung der Knorpelfische erfolgt durch die bei den Männchen ausgebildeten Klaspern, auch als Mixopterigium oder Pterogodum bezeichnet, die ähnlich einem Penis in die Kloake des Weibchens eingeführt wird. Dabei wird immer nur eines der beiden Klaspern genutzt und für die Kopulation in einem Winkel von etwa 90° abgespreizt. Zur Fixierung der Klaspern in der Kloake besitzen die Spitzen der Haie und Rochen oft knorpelige Dornen und die dreiteiligen Klaspern der Seekatzen sind an ihrer Spitze mit dornförmigen Placoidschuppen ausgestattet. Die Klaspern enthalten eine dorsale Rinne, durch die die Spermienpakete in die weibliche Genitalöffnung geschwemmt werden. Der zu diesem Zweck notwendige Schleim wird bei den Haien in einem speziellen Siphonalsack, der zwischen der Bauchhaut und der Muskulatur liegt, und den Rochen in einer Klasperdrüsegebildet ; direkt vor der Begattung wird dieser Sack mit Wasser gefüllt und der darin enthaltene Schleim entsprechend verdünnt, bevor er durch die Öffnung an der Basis der Klaspern gemeinsam mit den Spermien in die Rinne gespült wird.
Etwa 43% der Knorpelfische legen Eier, sind also ovipar, während die restlichen Arten lebende Junge zur Welt bringen ovovivipar. Die Oviparie wird entsprechend der Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Knorpelfische als ursprüngliche Fortpflanzungsform angesehen. Sie ist bei den Seekatzen, den Stierkopfhaien (Heterodontiformes), den Katzenhaien (Scyliorhinidae) sowie etwa der Hälfte der Ammenhaiartigen (Orectolobiformes) vorhanden. Innerhalb der Rochen legen zudem die Echten Rochen (Rajidae) Eier, die sich in ihrer rechteckigen Form allerdings von denen der Haie und Seekatzen unterscheiden; die Oviparie wird bei ihnen entsprechend als sekundäre Anpassung an ihre Lebensweise in Kaltgewässern betrachtet.
Evolution und Systematik
Stammesgeschichte
Der Ursprung der Knorpelfische liegt im Dunkeln, eine Abstammung von den Placodermi wird heute nicht mehr vermutet. Hautzähne aus dem Oberordovizium vor 455 Millionen Jahren sind möglicherweise die ersten fossilen Überreste von frühen Knorpelfischen. Auch Placoidschuppen, die in Zentralasien gefunden wurden und aus dem Untersilur stammen werden frühen Knorpelfischen zugeordnet.
Aus dem Unterdevon vor 418 Millionen Jahre stammen die ersten vollständigen Zähne, das erste intakte Fossil Doliodus problematicus ist 409 Millionen Jahre alt, Pucapampella aus dem frühen Devon von Südafrika ist möglicherweise noch älter. Die meisten frühen Knorpelfische lebten im Gegensatz zu den heutigen in Süßgewässern, die Xenacanthiformes werden deshalb auch Süßwasserhaie genannt. Im Oberdevon und im Karbon erlebten die Knorpelfische eine erste Radiation. Charakteristische, dreispitzige und sehr oft gefundene Haizähne wurden als "Cladodus" beschrieben. "Cladodus" gilt heute allerdings nicht mehr als eine gültige Gattung. Der cladodonte Zahntyp tritt bei vielen paläozoischen Knorpelfischtaxa auf, unter anderem bei Cladoselache, ein sehr gut erforschter haiartiger Knorpelfisch aus dem Oberdevon, und bei den Symmoriida zu denen der seltsame Stethacanthus gehört, der auf dem Rücken einen ambossartigen und an der Oberfläche bezahnten Flossenstachel trug. Weitere paläozoische Knorpelfischtaxa sind die Orodontida, die bis zu vier Meter lang wurden und die Eugeneodontida, die im Unterkiefer eine, die nachwachsenden Zähne tragende Spirale besaßen. Beide Gruppen gehören möglicherweise zu den Holocephali.
Die Neoselachii traten erstmals im unteren Jura auf. Sie entwickelten sich, wie ihre Schwestergruppe, die Hybodontiformes, die im Trias und im Jura die dominanten Knorpelfische waren, aus den Ctenacanthiformes. [1] [2]
Systematik
Siehe auch: Systematik der Knorpelfische
Die Knorpelfische werden in zwei Unterklassen, die Plattenkiemer (Elasmobranchii) und die Holocephali unterteilt. Beide Unterklassen enthalten vor allem ausgestorbene und jeweils nur eine noch rezente Untergruppe, die Neoselachii, dazu gehören die Haie und Rochen, bei den Plattenkiemern und die Seekatzen bei den Holocephali.
- Knorpelfische
- Plattenkiemer (Elasmobranchii)
- Neoselachii (Haie (Selachii) und Rochen (Batoidea))
- Holocephali
- Seekatzen (Chimaeriformes)
- Plattenkiemer (Elasmobranchii)
Die innere Systematik der Neoselachii ist noch unsicher und umstritten. Dabei geht es vor allem darum, ob die Rochen ein gleichrangiges Taxon neben den Haien oder nur eine Ordnung der squalomorphen Haie bilden. Sie wurden traditionell, nach der äußeren Erscheinung in Haie und Rochen gegliedert. 1996 wurden die Neoselachi von de Carvalho und Shirai unabhängig voneinander nach morphologische Merkmalen in zwei monophyletische Taxa gegliedert, die Galeomorphii (Galea bei Shirai), zu denen vor allem große, das Freiwasser bewohnende Haie gehören und die Squalomorphi, zu denen viele bodenbewohnende sowie Tiefseehaie und auch die Rochen gehören. Die Haie wären demzufolge lediglich ein paraphyletisches Formtaxon.[3] [4]
Inzwischen gibt es allerdings mehrere molekularbiologische Untersuchungen, die eine basale Auftrennung (Dichotomie) von Haien und Rochen bestätigen. Die morphologischen Übereinstimmungen der squalomorphen Haie mit den Rochen sind danach konvergent entstanden. Da sich die Rochen, genau so wie die modernen Haie, schon seit dem frühen Jura in der fossilen Überlieferung nachweisen lassen, wird eine Abstammung der Rochen am Endpunkt einer langen Evolutionslinie der Squalomorphi auch nicht von paläontologischen Daten gestützt.[5] [6] [4]
In den folgenden Tabellen werden je eine Version der beiden verschiedenen Konzepte der inneren Systematik der Neoselachii dargestellt.
Goldschmid, 2004 [3]
Rochen sind ein Taxon der squalomorphen HaieNelson, 2006 [4]
Rochen und Haie stehen gleichrangig nebeneinander- Neoselachii
- Galea
- Stierkopfhaiartige (Heterodontiformes)
- Ammenhaiartige (Orectolobiformes)
- Makrelenhaiartige (Lamniformes)
- Grundhaie (Carcharhiniformes)
- Squalea
- Hexanchiformes
- Echinorhiniformes
- Dornhaiartige (Squaliformes)
- Engelhaie (Squatiniformes)
- Sägehaiartige (Pristiophoriformes)
- Rochen (Rajiformes)
- Sägerochen (Pristiformes)
- Geigenrochen (Rhinobatoidei)
- Rochen i.e.S (Rajoidei)
- Zitterrochen (Torpedinidae)
- Echte Rochen (Rajoidea)
- Stachelrochen (Myliobatoidea)
- Galea
- Neoselachii
- Haie (Selachii)
- Galeomorphi
- Stierkopfhaiartige (Heterodontiformes)
- Ammenhaiartige (Orectolobiformes)
- Makrelenhaiartige (Lamniformes)
- Grundhaie (Carcharhiniformes)
- Squalomorphi
- Hexanchiformes
- Echinorhiniformes
- Dornhaiartige (Squaliformes)
- Engelhaie (Squatiniformes)
- Sägehaiartige (Pristiophoriformes)
- Galeomorphi
- Rochen (Batoidea)
- Zitterrochenartige (Torpediniformes)
- Sägerochen (Pristiformes)
- Rajiformes
- Myliobatiformes
- Haie (Selachii)
Knorpelfische und Menschen
Eine Reihe von Knorpelfischen, vor allem größere Arten der Haie und Rochen, werden vom Menschen als Nahrungsmittel genutzt. Pro Jahr werden etwa 700.000 Tonnen dieser Tiere direkt gefangen, hinzu kommen etwa 230.000 Tonnen, die als Beifang in der Fischerei anfallen. Insgesamt entspricht dies einer Gesamtanzahl von etwa 8,3 Millionen Individuen jährlich, die durch die Fischerei der Menschen getötet werden. Die Nutzung erfolgt dabei unterschiedlich intensiv; im Fall der „Flossenfischerei“ werden beispielsweise nur die Flossen meist großer Haie abgeschnitten und für die Zubereitung der Haifischflossensuppe genutzt, der Rest des Kadavers wird dagegen als Abfall entsorgt.
Besonders häufig benutzt man den Hai in der asiatischen Küche. Hauptzutat ist dabei die Haifischflosse, die für die Haifischflossensuppe oder andere Gerichte und in China auch als Ganzes verwendet wird. Zudem werden Teile von Haien getrocknet in der Traditionellen Chinesischen Medizin genutzt. Aber auch in anderen Ländern gilt der Hai als Nahrungsmittel: Die Inuit in Grönland trocknen das Fleisch des Grönlandhais oder fermentieren es zur regionalen Delikatesse "tipnuk". In Island und auf den Färöern wird Grönlandhai ebenfalls durch Fermentation genießbar gemacht. Da diese Haie Harnstoff in ihren Körperzellen einlagern, muss das Fleisch durch Fermentation entgiftet werden, um es genießbar zu machen.
Spezielle und hinsichtlich der Küche wertvolle Haie werden vor allem in Europa unter anderen Namen verkauft. Die Industrie vermarktet den Fisch vorsichtig, dennoch wird er oftmals unbewusst konsumiert. Hierzu gehören vor allem die Bezeichnungen Seeaal und Schillerlocke für Dornhai-Zubereitungen und Saumonette und Rocksalmon für Katzenhaie. Rochen werden in Europa vor allem im Mittelmeerraum genutzt.
Quellen und weiterführende Informationen
Einzelnachweise
Die Informationen dieses Artikels entstammen zum größten Teil aus den unter Literatur angegebenen Quellen, darüber hinaus werden folgende Quellen zitiert:
- ↑ Robert L. Carroll: Paläontologie und Evolution der Wirbeltiere. Thieme, Stuttgart (1993), ISBN 3-13774-401-6
- ↑ John A. Long: The Rise of Fishes. The John Hopkins University Press, 1995, ISBN 0801849926
- ↑ a b Alfred Goldschmid: Chondrichthyes. in: W. Westheide und R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, München 2004. ISBN 3-8274-0307-3
- ↑ a b c Joseph S. Nelson, Fishes of the World, John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7
- ↑ C. J. Winchell, A. P. Martin, J. Mallatt: Phylogeny of elasmobranchs based on LSU and SSU ribosomal RNA genes. Molecular Phylogenetics and Evolution, Volume 31, Issue 1, April 2004, Pages 214-224 Abstract
- ↑ C. J. Underwood: Diversification of the Neoselachii (Chondrichthyes) during the Jurassic and Cretaceous. Paleobiology, 32 (2) (2006). pp. 215-235. PDF
Literatur
- Alfred Goldschmid: Chondrichthyes. in: W. Westheide und R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, München 2004. ISBN 3-8274-0307-3
- Volker Storch, Ulrich Welsch: Systematische Zoologie. Fischer, 1997, ISBN 3-437-25160-0
- Joseph S. Nelson: Fishes of the World. John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7
- Kurt Fiedler: Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band II, Teil 2: Fische. Gustav Fischer Verlag Jena, 1991, ISBN 3-334-00339-6
- Michael R. George & Heike Zidowitz: Checkliste der europäischen Knorpelfischarten mit wissenschaftlichen und deutschen Namen. Zeitschrift für Fischkunde, Band 8, Heft 1/2, 15.10.2006, S. 71-81 online
Weblinks
- Knorpelfische
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