Zell (Neuburg an der Donau)

Zell (Neuburg an der Donau)

Zell
Koordinaten: 48° 43′ N, 11° 15′ O48.71286811.241953Koordinaten: 48° 42′ 46″ N, 11° 14′ 31″ O
Fläche: 14,58dep1
Einwohner: 196 (1. Jan. 2008)
Eingemeindung: 1. Jan. 1976
Postleitzahl: 86633
Vorwahl: 08431

Zell ist ein Stadtteil der großen Kreisstadt Neuburg an der Donau im Regierungsbezirk Oberbayern und liegt am Rande des Donaumoos

Zur Gemarkung Zell gehören 5 Ortsteile:

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Dorfstraße von Zell vor der Absiedlung des Ortes

1007 schenkte Kaiser Heinrich II. dem Benediktinerinnenkloster in Neuburg den Ort Zell. Dies ist zugleich die älteste schriftliche Notiz über Zell. 20 Hügelgräber im Zeller Eichele bestätigen aber, dass hier schon zur Hallstattzeit Menschen hausten. In den Zeller Krautgärten kam ein Bronzemesser zum Vorschein, das aus der Latènezeit (500 v. Chr.) stammen dürfte. 15 v. Chr. führte hier bereits die Römerstraße vorbei. Zell ist seit langem ein Pfarrdorf. Die kirchlichen Rechte gehen auf das Jahr 1318 zurück.

Die Gemeinde

Bei der Gemeindereorganisation im Jahre 1808 gehörten der Rödenhof, Maxweiler, das Gestüt Rohrenfeld, Rothheim zur Gemeinde Zell. Aber auch die Einöde Bürgerschwaige, heute im Heinrichsheimer Stadtteil, sowie der englische Garten mit zwei Einwohner, das Schloss Grünau und die Längenmühle vor den Toren Neuburgs waren ebenfalls ein Bestandteil der Kommune. Neu dazu kamen durch ihre Besiedlung Heinrichsheim und Marienheim.

Im Jahre 1837 zählte die Kolonie Heinrichsheim schon 34 Familien mit 225 Seelen. Jetzt kam der Wunsch, eine eigene Gemeinde zu bilden. 30 Unterschriften werden dafür gesammelt und weiter gereicht. Und die Begründung: Die Wege nach Zell und Marienheim seien zu weit und zu schlecht imd zum Teil sumpfig. Die Gemeinde Zell hatte nichts gegen die Ausgliederung. Das Ministerium genehmigte die neue Gemeinde "Heinrichsheim" am 11. März 1838.

Als 1869 in Bayern das Amt des Bürgermeisters eingeführt wurde, machte die Regierung den Vorschlag, Zell, Bruck und Heinrichsheim zu einer Gemeinde zusammen zu legen. Am 16. August 1869 beschloss Zell, es wolle eine eigenständige Gemeinde bilden. Die gleichen Beschlüsse fassten auch die anderen Orte. So scheiterte diese Gemeindereform. In den Jahren um 1970 drehte sich wieder das Reformkarussell. Die Bevölkerung neigte zu einer eigenen Gemeinde mit Bruck und Heinrichsheim, was allerdings scheiterte. Die Gemeinderäte stimmten für Neuburg und so kam zum 1. Januar 1976 die Eingliederung zur Kreisstadt Neuburg. Zum 31. Dezember 2008 zählte der Stadtteil Zell 196 Einwohner.

Ein Dorf zieht um

Ein Verkehrsschild warnt vor dem Flugverkehr
Der Zeller See ist eine Idylle des Ortes

Es ist im gesamten Landkreis Neuburg-Schrobenhausen und sicherlich darüber hinaus einmalig, dass ein ganzes Dorf wegen eines Flugplatzes umziehen muss. Die damalige Gemeinde und heutiger Stadtteil von Neuburg Zell machte deshalb Schlagzeilen.

Der Flugplatz Zell war eine militärische Einrichtung und wurde schon vor dem Zweiten Weltkrieg im Zuge der vom NS-Regime betriebenen Aufrüstung der Wehrmacht aus dem Boden gestampft. Während des Krieges, vor allem in den Monaten März und April 1945 wurde die Luftwaffenbasis mehrmals von US-amerikanischen Flugzeugen bombardiert und stark beschädigt. Die Bewohner der umliegenden Dörfer, vor allem auch Zell, waren damit den größten Gefahren ausgesetzt. Es gab Todesopfer, aber auch große Gebäudeschäden.

Ende der 1950er Jahre erfuhr die Gemeinde Zell, dass auf dem einstigen Fluggelände ein NATO-Flugplatz für die Luftwaffe der neugegründeten Bundeswehr errichtet werden soll. Die Einflugschneise sollte direkt über die Häuser gelegt, über einen Großteil der Grundstücke ein Bauverbot verhängt werden. Die Zeller Bürger setzten sich dagegen zur Wehr. Auch der damalige Bundestagsabgeordnete Karl Heinz Lemmrich wurde eingeschaltet. Doch der Staat hatte ursprünglich taube Ohren. Neben Bürgerversammlungen folgten auch Demonstrationen als „Notwehr". In der gesamten bundesdeutschen Presse wurde darüber berichtet und oftmals war die Rede vom lärmenden Dorf. Nur so konnte „Vater Staat" zu Zugeständnissen gezwungen werden. Schließlich wurde eine Absiedlung außerhalb des Gefahrengebietes genehmigt und die alten Gebäude mit Staatsmitteln abgelöst. 1968 feierte der Maurer Josef Kettner als Erster das Richtfest.

Die Gefahren im Ort Zell waren wirklich groß. Der Schulbetrieb war nach Inbetriebnahme der Basis 1961 durch den Lärm der F-86 bzw. "Starfighter" (ab 1965) stark gestört, der Lärm der dröhnenden Flugzeuge wirkte beim Überflug enorm auf die Bewohner. 1971 stürzte beim Landeanflug ein Starfighter in den nahegelegenen Zeller Holzspitz. Die Umsiedlung wurde vor Langem abgeschlossen, die meisten Landwirte haben sich in den ausgewiesenen Grundstücken ein neues Zuhause geschaffen. Die meisten Gewerbebetriebe und auch mancher Nichtlandwirt mussten in den Nachbarorten oder der Stadt Neuburg nun ihr Domizil errichten. Nur noch wenige Häuser und die schmucke Kirche stehen noch in Alt-Zell.

Und das Resümee nach rund 40 Jahren. Neu-Zell ist ein schmuckes Dorf geworden mit einer Gastwirtschaft und zwei Kapellen. Die stämmigen Bäume und prächtigen Gebüsche lassen kaum noch einen Umzug erahnen. Lediglich der Zeller See, ein riesiger Baggerweiher, erinnert an die zahlreiche Kiesentnahme für den Flugplatzbau. Heute ist der Zeller See eine kleine Idylle für die Badegäste.

Vier Bildstöcke

Entstehung

Einst standen in Alt-Zell ganz eng zusammengebaut die Häuser und landwirtschaftlichen Gehöfte. Bis auf wenige Gebäude sind sie alle abgerissen, sie mussten dem nahe liegenden Militärflugplatz weichen. Die Einflugschneise zum Landeplatz führte über die Dachgiebeln der Häuser und damit lagen die Gehöfte in einer außerordentlichen Gefahrenzone. Das ganze Areal war nun mehr oder weniger wüst und leer. Aber die Dorfbewohner schätzen ihre Heimat. Heute ist Gras darüber gewachsen und Bäume sind gepflanzt. Sogar vier Bildstöcke wurden 1988 errichtet und sind nun das Schmuckstück und Zeugnis christlicher Frömmigkeit.

Diese Bildstöcke sind ein großes Gemeinschaftswerk unter der Regie der Zeller Bürger. Heimische Handwerker leisteten rund tausend freiwillige unentgeltliche Arbeitsstunden für diese Denkmäler. Kirchenmaler Georg Löhnert aus Etting bei Ingolstadt übernahm die Planung und Entwürfe, sowie die künstlerische Gestaltung. Die Zuchtstiergenossenschaft von Zell spendete 5000 Mark, weitere Zuschüsse gab es vom Bundesverteidigungsministerium in Bonn, von der Stadt Neuburg und dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Die Gesamtkosten wurden auf 34000 Mark beziffert. Die Pflege und Unterhaltung für die künftigen Zeiten übernahm der Gartenbauverein. Die Bildstöcke sind immer wieder geziert und geschmückt. Bäume spenden Schatten und Ruhebänke laden zum verweilen ein.

Feierliche Übergabe

Bildstock zu den Vierzehn Heiligen

Die Freude über das gelungene Werk war groß, deshalb erfolgte die Übergabe in einem Zwei-Tage-Fest am 28. und 29. Mai 1988. Schirmherr war der ehemalige Zeller Johann Oggermüller aus Heinrichsheim. Etwa 30 Vereine beteiligten sich an der Feier. Höhepunkt war die Weihe der Bildstöcke. Dieser Festakt wurde dem Pater Ferdinand Raba übertragen, der am Kirchvorplatz den Festgottesdienst zelebrierte. Musik, Vereine, Festdamen und die große Schar der Gläubigen gaben bei der Prozession von einem Bildstock zum anderen ein farbenfrohes Bild. Pater Ferdinand war zu dieser Zeit Stadtpfarrer von Lindenberg/Allgäu war. Für den Geistlichen war es eine Ehre, in der einstigen Heimatpfarrei die kirchliche Weihe auszuführen.

Beschreibung der Bildstöcke

An der Neuburger Straße ist der Bildstock mit den Bistumspatronen St. Ulrich und Afra der Diözese Augsburg geziert. Auf dem ehemaligen Schulgrundstück steht der größte Bildstock und ist den 14 Nothelfern geweiht. An der Kanalbrücke zu den Aussiedlern grüßt Maria als Schutzpatronin. Am Friedhofsgelände ist die Auferstehung Christi dargestellt. Diese vier Bildstöcke dienen zugleich als Fronleichnamsaltäre.

Kirchengeschichte

siehe Hauptartikel St. Lucia (Zell)

Persönlichkeiten

Hauptlehrer Franz Schleifer - Ehrenbürger der Gemeinde

Geboren im Jahr 1908, 1928 als Junglehrer in Loppenhausen/Schwaben, 1929 kam er in den Landkreis Neuburg, bis 1931 in der Volksschule Wagenhofen. Kam noch 1931 nach Zell und wurde dort zum Schulleiter berufen. Während des Zweiten Weltkrieges musste er zu den Waffen und kam erst 1948 aus französischer Kriegsgefangenschaft zurück. Bis 1970 wirkte der Pädagoge in Zell, bei der Schulauflösung kam er nach Neuburg. 1975 ging er in den wohlverdienten Ruhestand.

Schleifer war aber nicht nur Lehrer, er war auch ein Musiker. Mit der Übernahme des Schuldienstes übernahm er zugleich den Organistendienst und saß Woche für Woche auf der Orgelbank. 1971 durfte er das 40-jährige Organisten-Jubiläum feiern. Schleifer hatte auch einen Kirchenchor. Bei seinem Jubiläum sang der Kirchenchor unter der Leitung der Lehrerin Marianne Omasreiter als Willkommensgruß die „Hymne an die heilige Nacht". Dreißig Jahre war Schleifer Mitglied beim Kriegerverein Zell und Zwanzig Jahre leitete er als Vorsitzender die „Eichenlaub-Schützen" in Zell. Als Dank ernannte ihn der Verein zum Ehrenvorsitzenden. Die Gemeinde Zell schätzte den Pädagogen und verlieh ihm bereits 1961 das Ehrenbürgerrecht.

Im Alter von 73 Jahren begleitete ihn 1982 eine große Trauergemeinde auf dem Neuburger Franziskanerfriedhof zur letzten Ruhe. Dabei kam nochmals die Wertschätzung zum Ausdruck.

Literatur

  • Ludwig Wagner, Chronik Zell Bruck – mit Marienheim, Rödenhof, Rohrenfeld und Maxweiler – auf den Spuren der Dorfgeschichte, Neuburg, 1998

Weblinks

 Commons: Zell (Neuburg an der Donau) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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