Sothis-Fest

Sothis-Fest
Sothis-Fest in Hieroglyphen
Altes Reich
W3 O1 D21
X1
D54 M44 X1
N14

Heb-peret-Sopdet
Ḥb-prt-Spdt
Fest des Hervorkommens der Sothis

Das altägyptische Sothis-Fest ist als Neujahrsfest erstmals im Alten Reich belegt und galt als wichtigste Feier im ägyptischen Kalender.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Die Göttin Sothis (Sopdet)

Das rituelle Sothis-Fest begann im Sothis-Kalender idealerweise immer unmittelbar nach der zwölften Nachtstunde des fünften Tages von Heriu-renpet. Die Vorbereitungen des Sothis-Festes begannen etwas früher mit dem Abend vor dem heliakischen Aufgang des Sterns Sirius, den die Göttin Sothis als „zwölfte Stunde der Nacht“ verkörperte. Nach dem heliakischen Aufgang wurde das Fest in ausgelassener Stimmung alkoholisiert fortgesetzt. Die Terminierung im Sothiskalender mit Koppelung an den heliakischen Siriusaufgang bewirkte etwa alle drei bis vier Jahre eine Verschiebung der Festlichkeiten im ägyptischen Verwaltungskalender, weshalb das Sothis-Fest durch das „ägyptische Jahr“ wanderte.

Das Sothis-Fest und das Neujahrsfest im ägyptischen Verwaltungskalender fielen nur etwa alle 1452 Jahre in drei aufeinanderfolgenden Jahren im Zuge des Sothis-Zyklus auf den gleichen Tag. In diesem Idealfall folgte im direkten Anschluss mit dem 1. Achet I die „erste Stunde des ersten Tages im neuen Jahr“, deren Beginn durch den Sonnenaufgang markiert wurde. Durch die zeitliche Definition des altägyptischen Tages fand daher heliakischer Sothisaufgang und das unmittelbar folgende Sothisfest an zwei verschiedenen Tagen des ägyptischen Kalenders statt. Im gregorianischen und julianischen Kalender fielen dagegen beide Ereignisse auf den gleichen Tag.

Altes Reich

Im Alten Reich zählte Sothis in den Pyramidentexten (PT) zu einer Erscheinungsform der Göttin Isis oder als Ba, der dem Sternbild Sah folgt. In PT 883 wird der verstorbene und verjüngte König von Osiris und Sothis in ihrer Rolle als „Jahr“ gekrönt. Am Glanz der Sothis sollte zu erkennen sein, ob ein gutes oder schlechtes Jahr folgen wird.

Die Feiertage Heriu-renpet, die dem Kalenderjahr folgten, zählten im Alten Reich noch zu jenem Bereich, der „zwischen dem alten und dem neuen Jahr“ lag. Die ersten fünf Göttergeburtstage fielen so in die „Zeit zwischen den Jahren“, welche die Jahreszeit Achet und den Monat Wepet-renpet einleiteten. Der mit der „Geburt von Sothis“ verbundene heliakische Siriusaufgang fiel auf den letzten Tag von Heriu-renpet, während der sechste Göttergeburtstag, „die Geburt des Re“, zwar gemeinsam mit der „Geburt von Sothis“ begann, aber erst am ersten Tag des neuen Jahres abgeschlossen war. Das Sothis-Fest und das Geburtstagsfest des Re-Harachte fielen so gemeinsam in die „Jahreszeit der Überschwemmung“.

Mittleres- bis Neues Reich

Die frühere Koppelung der Nilschwemme an den heliakischen Sothisaufgang und das Sothis-Fest stand im Alten- und Anfang des Mittleren Reiches tatsächlich in direktem Bezug zum ersten Monat Achet des Sothiskalenders. Auf den Diagonalsternuhren des Mittleren Reiches war die „Geburt der Sothis“ mit ihrem heliakischen Siriusaufgang als zwölfte Nachtstunde nach wie vor dem Tag vor dem Neujahr zugeordnet. Im Neuen Reich fehlte dagegen seit längerer Zeit die astronomische Bindung an die Nilschwemme, die im frühen Neuen Reich bereits mit den beginnenden Feiertagen Heriu-renpet und im weiteren Verlauf im vierten Monat der Jahreszeit Schemu des Sothiskalenders vor dem Sothisaufgang einsetzte.

Spätestens im Neuen Reich erfolgte eine Änderung des Kalenders. Die Feiertage Heriu-renpet wurden nun an den vierten Schemu-Monat gehängt und zu den „schließenden Tagen des Jahres“ erklärt. Der fünfte Tag von Heriu-renpet führte den Titel „Schließer des Jahres“, was eine Verlagerung der „Geburt der Sothis“ mit ihrem heliakischen Siriusaufgang ebenfalls in das alte Jahr bedeutete, während das Sothis-Fest im neuen Jahr begann. Ergänzend verschob sich die „Geburt des Re“ vom Monat Wepet-renpet auf den zwölften Monat Mesori. Die Verlegung des „Geburtstages von Re“ vor die anderen fünf Göttertage bedeute zugleich eine theologische Umgewichtung, da die Geburt des Amun-Re als „König der Götter“ nun auch vor jenen göttlichen fünf Geburtstagen stattfand, die im Alten Reich noch vor dem „Geburtstag des Re-Harachte“ lagen.

Festverlauf

Der Ablauf des Sothis-Festes kann aufgrund fast vollständig fehlender direkter Belege nicht rekonstruiert werden. Aus dem Mittleren - und Neuen Reich sind nur drei Einträge in den Festlisten erhalten geblieben. Der Festcharakter glich zumindest seit dem Mittleren Reich dem einer Nekropolenfeier, da während der Feierlichkeiten die Besucher von Gräbern um eine Opfergabe gebeten wurden. Aus dem Bruchstück einer Handschrift ist zu entnehmen, dass im siebten Regierungsjahr von Sesostris III. das Sothis-Fest am 17. Peret IV begangen wurde. Für den Festbedarf ist die Lieferung von „200 verschiedenen Broten und 60 Krügen Bier“ vermerkt.

Im Neuen Reich begann unter Amenophis I. in dessen neuntem Regierungsjahr (1517/1516 v. Chr.) das Sothis-Fest am 10. Schemu III. Ein ähnlicher Befund wie bei Sesostris III. zeigt sich in zwei weiteren Festlisten des Neuen Reiches. Unter Thutmosis III. (1479 bis 30. Peret III 1425 v. Chr.) wurde das Sothis-Fest am 28. Schemu III in einem Tempel von Elephantine gefeiert: „Das, was an diesem Tage für Leben, Glück und Gesundheit des Thutmosis III. geopfert wurde...Ein Stier, Geflügel, Brote und zehn Schalen Weihrauch“.[1] Die Angabe des dazugehörigen Regierungsjahres von Thutmosis III. ist nicht erhalten geblieben. Die zeitliche Differenz gegenüber dem Sothis-Fest des Amenophis I. beträgt 18 Tage und entspricht einem Zeitraum von etwa 68 bis 75 Jahren (1449/1448 bis 1442/1441 v. Chr.). Der Unterschied von 101 Tagen gegenüber dem Sesostris-Datum lässt nur eine maximale Distanz von 403 bis 410 Jahren zu, falls in der Zwischenzeit keine Verschiebung des Bezugsortes der Sothisaufgänge stattgefunden hatte. In Rückrechnung konnte Sesostris III. das Sothis-Fest unter diesen Voraussetzungen frühestens im Jahr 1852 v. Chr. gefeiert haben.

Aus dem Festkalender von Ramses III. geht ebenfalls ein Eintrag zum Sothis-Fest hervor: „Erster Überschwemmungsmonat (Achet I), was Amun an diesem Fest geopfert wird...Korn für Brot und Bier, ein Ochse, Geflügel, Wein, Weihrauch, Kraut und Blumensträuße, wenn Sothis an ihrem Tag aufgeht“. Als zweiter Festbeginn folgte im gleichen Monat der 17. Achet I als Vorabend für das am 18. Achet I gefeierte Wagfest. Ramses III. hatte fast den kompletten Festkalender von Ramses II. übernommen, ohne eine Anpassung der Kalenderdaten vorzunehmen. Es gilt in der Ägyptologie als gesichert, dass sich dieser Eintrag des Sothis-Festes noch auf die Regierungszeit von Ramses II. bezieht, da zwischen dem Datum von Thutmosis III. und dem letztmöglichen Datum des 16. Achet I maximal 51 Tage liegen. Damit kommt eine größte anzunehmende Differenz von 210 Jahren in Frage, weshalb das genannte Sothis-Fest nur aufgrund einer erfolgten Kalenderreform hinsichtlich der angegebenen Daten von Ramses III. in dessen Regierungszeit am vermerkten Termin gefeiert worden sein kann.

Literatur

  • Rolf Krauss: Sothis- und Monddaten: Studien zur astronomischen und technischen Chronologie Altägyptens, Gerstenberg, Hildesheim 1985, ISBN 3-8067-8086-X (formal falsche ISBN)
  • Siegfried Schott: Altägyptische Festdaten, Verlag der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz/Wiesbaden 1950

Einzelnachweise

  1. Urk. IV 827

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