St. Vinzenz (Liel)

St. Vinzenz (Liel)
St. Vinzenz von Nordwesten

St. Vinzenz ist eine römisch-katholische Pfarrkirche im Teilort Liel der Gemeinde Schliengen im Markgräflerland. Das heutige Langhaus wurde Anfang des 18. Jahrhunderts neu erbaut; der älteste Teile der Kirche ist der Turmunterbau aus der Spätromanik. Das dem Patrozinium des heiligen Vinzenz angehörende Gotteshaus gehört heute dem Pfarrverband Schliengen im Dekanat Breisach-Neuenburg an.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorgeschichte

Indizien zufolge gab es im 10. Jahrhundert sogar zwei Kirchen in Liel, die beide dem Kloster Einsiedeln unterstellt waren.[2] Zwei Ortskirchen in verschiedenen Siedlungskernen war auch zur damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches. Die ältere der beiden Kirchen war Johannes geweiht, was später wechselte, die jüngere Kirche war dem heiligen Pankratius geweiht. Beide Kirchen müssen noch um 1130 vorhanden gewesen sein,[3] was dann im Zuge des patriarchalischen Hofsystems aufgegeben worden war.[4]

Der älteste Teil des Lieler Kirche ist der unterste Teil des Glockenturms aus der spätromanischen Zeit.[5] Die später eingebaute Türe in der Südwand des Turm trägt die Jahreszahl 1590 und die Initialen HB VB für Hans Balthasar von Baden. Die Turmhalle sowie ihre Kreuzrippengewölbe geht auf das 14. Jahrhundert zurück. An der Ostseite des Turm wurde in der Spätgotik (1464) eine Begräbniskapelle für die Freiherren von Baden angebaut. Anbau wie auch Turmuntergeschoss wurden im 15. und 16. Jahrhundert mehrfach ausgemalt. Die ältesten heute noch schwach erhaltenen Darstellungen sind vier Medaillons in der Turmhalle aus der Zeit um 1464. Viele der Kunstwerke, wie bis 1908 noch sichtbar eine Mandorla in der Kapelle, sind nicht erhalten geblieben.[6] Da sich die Bemalung in der Kapelle an vielen Stellen löste wurde sie 1684 vollständig übertüncht.[7]

Neubau des Langhauses

Deckenfresko von Josef Mariano Kitschker (1922)

Im Jahr 1718 wurde das Langhaus neu erbaut. Gleichzeitig erhielt der Chor neue Fenster mit Segmentbögen und einer flach gewölbten Decke. Über dem Westeingang erinnert die Jahreszahl an die Neuerbauung und die Buchstaben ICFFVB : MIFVB : GVFK an die Adligen Johann Conrad Friedrich Freiherr von Baden, Maria Johanna Freifrau von Baden, geb. Freiin von Kagenegg. 1720 stellten Bergleute aus Liel eine aus Rom geholte vergoldete Figur der heiligen Barbara sowie eine Fridolinsfigur unbekannter Herkunft auf.[8]

Da bereits 100 Jahre nach dem Neubau der bauliche Zustand ruinös war mahnte in den 1820er Jahren eine Renovierung an, die sich aus Streitigkeiten um die Baupflicht hinauszögerte. Bis auf kleinere Ausbesserungsarbeiten 1832, an denen auch der Stuckateur Jodok Friedrich Wilhelm beteiligt war,[9] wurden die dringend benötigten Arbeiten nicht ausgeführt. Erst in den Jahren 1850 bis 1855 vollzog man die Arbeiten am Langhaus und renoviert dabei auch den Turm und die Begräbniskapelle.[10]

Im Jahr 1908 baute man an der Südwand des Glockenturms eine neue Sakristei an und legte weitere Fresken in der Begräbniskapelle frei. Die Kapelle wurde von 1910 bis 1912 instand gesetzt und öffnete die vermauerten Fenster. Neben einer schlichten Verglasung ergänzte man Wappen von Adelsfamilien, die in Liel und am Oberrhein gewirkt haben. 1914 schuf eine Werkstatt aus Sigmaringen einen neuen Altar im neugotischen Stil. Aufgrund von Spenden entstand 1922 das große Deckengemälde im Langhaus durch den Karlsruher Künstler Josef Mariano Kitschker (1879–1929). [11]

In den Jahren 1965 bis 1968 fanden umfangreiche Instandsetzungsarbeiten statt, bei denen man die Verbindungen zwischen Chor und Turmhalle sowie das südliche Seitenportal schloss. Der barocke Altar wurde durch einen modernen ersetzt.[12] Nach Abschluss der Arbeiten wurde die Kirche am 6. Oktober 1968 durch Bischof Karl Gnädinger geweiht.

Beschreibung

Kirchenbau

Die Kirche St. Vinzenz steht am nordöstlichen Rand des Dorfes Liel. Nach Norden schließt sich ein Friedhofsgelände an. Das rechteckige Langhaus ist mit einem Satteldach gedeckt. Östlich davon ist ein dreistöckiger Glockenturm mit Eckquaderung angebaut. Im obersten Geschoss hat der Turm zu allen Seiten zweigeteilte, romanische Klangarkaden. An den Giebelseiten befinden sich Ziffernblätter der Turmuhr. Der Turm ist mit einem parallel zum Langhaus verlaufenden Satteldach abgeschlossen, der an den Enden der Dachkante je ein Kreuz trägt. Südlich vom Turm setzt sich der ebenfalls über Satteldach gedeckte Kapellanbau. An den Wänden des Anbau befinden sich vier Grabsteine. An der Nordwand erinnert ein Epitaph an Hieronymus von Baden († 18. Tag vor Hornung 1603), an der Nordostwand stehen zwei Tafeln für Junger Hans Heinrich von Baden († 23. Juni 1606) und Hans Balthasar von Baden († 30. August 1613). An der Südostwand erinnert ein Epitaph an Maria Johanna Agnes von Baden, geb. Kagenegg († 31. März 1737).

Inneres und Ausstattung

Langhaus mit Blick Richtung Chor

Das Langhaus ist mit einer flachen Decke eingezogen. Zum Chor hin befinden sich an den Ecken in stark geschwungenen, gemalten Kartuschen Fresken ebenso wie ein zentrales Fresko mittig auf der Decke, welche Maria, Jesus und den Weltenrichter darstellt. Beidseitig vom Triumphbogen stehen kunstvoll eingefasste Seitenaltäre. Der linke zeigt die Mondsichelmadonna, im Oberbild der heilige Josef von Nazaret. Das rechte stellt die heilige Barbara von Nikomedien mit ihren Attributen, dem Kelch und dem Schwert. Das Oberbild zeigt den heiligen Stephanus. An der Nordwand des Langhauses ist ein Kanzel mit Schalldeckel angebracht. Im Chor steht seit den 1960er Jahren ein schlichter rötlicher Altartisch mit den Reliquien der Märtyrer Felicissimus und Agapitus.[12] An der Chorrückwand hängt ein schlichtes Holzkruzifix.

Glocken und Orgel

Das vierstimmige Geläut aus Eisenhartguss der Kirche St. Vinzenz setzt sich wie folgt zusammen:

Name Schlagton Gussjahr Gießerei
Christus König e′ 1950 J. F. Weule, Bockenem
St. Vinzentius g′ 1950 J. W. Weule, Bockenem
St. Fridolin a′ 1950 J. W. Weule, Bockenem
St. Barbara c′′ 1950 J. W. Weule, Bockenem
Orgelempore

Die Orgel wurde 1834 von Franz Josef Merlin erbaut. Trotz vieler Reparaturen und teilweisem Substanzverlust steht sie unter Denkmalschutz. Sie verfügt über eine mechanische Traktur und hat ein Manual, ein Pedal und zehn Register.[13]

Literatur

  • Johannes Helm: Kirchen- und Kapellen im Markgräflerland, Müllheim/Baden 1989, ISBN 3-921709-16-4, S. 295–298 .

Weblinks

 Commons: St. Vinzenz (Liel) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Seelsorgeeinheit Schliengen
  2. A. Futter: Zur Datierung der beiden Kirchenverzeichnisse in den Einsiedler Codices 29 und 319. Ein Beitrag zur Frühgeschichte einiger Breisgauer und Schweizer Kirchenpatrozinien Freiburger Dissertation, 1949, S. 30 ff
  3. F. Fischer: Aus der Geschichte der des Dorfes Liel 952–1952, 1952, S. 60
  4. Helm: Kirchen- und Kapellen im Markgräflerland, S. 295 (06.1)
  5. H. Gombert: Der Landkreis Müllheim im Markgräflerland, 1971, S. 52
  6. Helm: Kirchen- und Kapellen im Markgräflerland, S. 295 (06.4)
  7. Joseph Sauer: Kirchliche Denkmalskunde und Denkmalspflege in der Erzdiözese Freiburg 1908/09. In: F.D.A. 37 (N.F. 10), 1909, S. 283 ff.
  8. S. Pletscher: Bad Liel und seine Umgebung, 1886
  9. Julius Wilhelm: Der Stukkator Jodok Friedrich Wilhelm (1797-1843). Eine Skizze seiner Tätigkeit. In: F.D.A. 35 (N.F. 8), 1907, S. 2378 ff.
  10. F. Fischer: Aus der Geschichte der des Dorfes Liel 952–1952, 1952, S. 60
  11. Helm: Kirchen- und Kapellen im Markgräflerland, S. 297 (06.8)
  12. a b Helm: Kirchen- und Kapellen im Markgräflerland, S. 297 (06.9)
  13. Helm: Kirchen- und Kapellen im Markgräflerland, S. 298
47.7397707013897.6122084261111

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