- Stadttheater
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Ein Stadttheater im deutschen Sprachgebiet ist heute ein Theater der öffentlichen Hand. Im Unterschied zum Landestheater oder Staatstheater wird es nicht vom Staat, sondern von der Stadt finanziert, in der es sich befindet. Die Stadttheater haben sich zum Teil aus privatwirtschaftlichen Theatern entwickelt, die im späteren 18. oder 19. Jahrhundert gegründet wurden.
In der Regel ist ein Stadttheater nicht bloß ein Haus, sondern eine kulturelle Institution mit fest angestelltem Personal und künstlerischem Ensemble, in der ein Repertoirebetrieb möglich ist. So spricht man oft vom teuren, aber einzigartigen System der deutschsprachigen Stadttheater. Jürgen Flimm meinte als scheidender Präsident des Deutschen Bühnenvereins im Jahr 2003, das „System des Stadttheaters“ sei in Gefahr. – Die Stadttheater sind aus den Hoftheatern des 18./19. Jahrhunderts, zum kleineren Teil auch aus privaten bürgerlichen Theatern hervorgegangen.
Oft wird „Stadttheater“ auch als Gegenbegriff zu anderen Formen der darstellenden Kunst gebraucht. Früher als Gegenpol zu Zirkus, Schaubude und Singspielhalle, heute als Gegengewicht zum privatwirtschaftlichen Theater (Musicaltheater), zum Theaterfestival, zur freien Theaterszene und weiteren Formen der Eventkultur.
Geschichte
Das Haus des Bremer Stadttheaters zum Beispiel war 1792 von dem Prinzipal einer Wandertruppe als fester Spielort erbaut worden. Es wurde nach wechselnden Besitzern von einem lokalen Verein übernommen und seit 1824 Stadttheater genannt. Eine Förderung durch den Senat der Stadt kam damals nicht zustande. Seit den 1830er-Jahren wurde es ebenso wie viele Theater jener Zeit im deutschen Sprachgebiet (wie auch das Stadttheater Zürich oder das Stadttheater Riga) als Aktiengesellschaft betrieben.
In den kleinen Städten war das Stadttheater oft das einzige Theater in bürgerlicher Hand, im Unterschied zum fürstlichen Hoftheater. Ein „Stadttheater“ musste durchaus nicht immer das hauptsächliche oder das öffentlich geförderte Theater der Stadt sein. Es konnte sich um ein privatwirtschaftliches Theater unter vielen handeln wie beim Wiener Stadttheater.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in den kleineren Städten viele Stadttheater von Bürgerinitiativen neu gegründet. Dies hat mit dem Aufstreben eines bürgerlichen Verständnisses von Kultur und Bildung zu tun und stellte sich einerseits gegen das Hoftheater und andererseits gegen die wirtschaftlich erfolgreiche Unterhaltungsindustrie. Der Versuch, ein Stadttheater Dortmund als Aktiengesellschaft in einem Zirkusgebäude einzurichten, scheiterte zum Beispiel mehrmals. Manche Stadttheater wie das Stadttheater Schaffhausen (1867) oder das Grillo-Theater in Essen (1892) gehen auch auf Einzelinitiativen vermögender Bürger zurück. Manche dieser Theater blieben, wie etwa in Schaffhausen, zur Hauptsache Gastspielbetriebe ohne eigenes Ensemble.
Am Ende des 19. Jahrhunderts vermehrten sich die Stadttheater stark. Das Architekturbüro Büro Fellner & Helmer hatte sich darauf spezialisiert und baute in vielen Städten Mittel- und Osteuropas repräsentative Häuser.
Kulturauftrag und wirtschaftlicher Betrieb des Theaters ließen sich allerdings selten verbinden. Um etwa 1900 gingen viele der Aktiengesellschaften in den Besitz der öffentlichen Hand über. Das Stadttheater Bern wurde 1903 zwar noch von einer Aktiengesellschaft errichtet, aber wenig später an die Stadt Bern verkauft.
Ein nicht unbeträchtlicher Teil der heute noch bestehenden Stadttheater wurde erst in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg von den Städten selbst erbaut wie das Stadttheater Gießen (1906), das Stadttheater Klagenfurt (1908), das Stadttheater Freiburg (1910) oder das Stadttheater Bremerhaven (1911).
Siehe auch
Literatur
- Stefan Koslowski: Stadttheater contra Schaubuden. Zur Basler Theatergeschichte des 19. Jahrhunderts. Zürich: Chronos 1998.
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