Stadttheater Königsberg

Stadttheater Königsberg
Stadttheater und Paradeplatz auf einer alten Postkarte

Das Stadttheater Königsberg in Ostpreußens Provinzialhauptstadt war zwischen 1755 und 1945 eines der renommiertesten Theater in Preußen und im Deutschen Reich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorläufer

Das Königsberger Theater begann mit Fastnachtsspielen und Schulkomödien am Anfang des 16. Jahrhunderts. 1552 wurde die „Eroberung Roms“ von Georg Sabinus im Schlosshof, 1573 „Der Sündenfall“ des Schulmeisters Roll aufgeführt. 1605 ließ sich die Herzogin Marie Eleonore im Königsberger Schloss von englischen Komödianten vorspielen; 1618 brachten sie Shakespeare. Die erste Oper, Simon Dachs „Cleomedes“ von Heinrich Albert (Komponist), wurde 1635 vor König Wladislaus IV. von Studenten aufgeführt. 1688 ging Marlowes „Dr. Faustus“ über die Bretter. Von Direktor Hilferding veranlasst, spielte die Schönemannsche Gesellschaft im Altstädtischen Junkerhof den Dr. Faustus, Molières „Tartuffe“ und Gottscheds „Sterbender Cato“.[1]

1753 schenkte Friedrich II. (Preußen) dem Theaterdirektor Ackermann den Kreytzenschen Platz zum Bau eines ständigen Theaters. Mit dem Geld des Kaufmanns Friedrich Saturgus baute Ackermann das Theater mit 300 Sitzen als das erste im Königreich Preußen. Mit Racines „Mithridate“ wurde es 1755 eröffnet. Es folgte Lessings „Miss Sara Sampson“. Aus Angst vor dem Siebenjährigen Krieg verließ Ackermann 1756 Königsberg und ging nach Leipzig.[1]

1768 schrieb von Hippel die ersten Theaterkritiken in Kanters Königsbergschen Gelehrten und Politischen Zeitungen. 1769 führte Direktor Doebbelin Lessings „Minna von Barnhelm“ auf. Zwischen 1771 und 1787 pflegte Johanna Caroline Schuch das Singspiel.[1] 1785 gab es die Erstaufführungen von Schillers „Die Räuber“, „Fiesco“ und „Don Carlos“ und Goethes „Clavigo“. 1788 brachten die Geschwister Schuch Mozarts „Belmont und Konstanze“, 1793 den „Don Juan“ und 1794 die „Zauberflöte“.[1]

1795 brannte das Theater ab. Weitergespielt wurde im Altstädtischen Junkerhof. Dort fand 1798 die Erstaufführung von „Figaros Hochzeit“ statt. 1800 wurde ein neues Theater nach Entwürfen von Friedrich Gilly an alter Stelle gebaut. Nach einem neuerlichen Brand wurde es 1802 abermals aufgebaut. Direktor Steinberg brachte 1803 Zacharias Werners „Weihe der Kraft“, Schillers Wallenstein-Trilogie und „Maria Stuart“, 1804 Lessings „Nathan der Weise“ und 1807 Schillers „Die Braut von Messina“. Zu Beginn von Napoleons Feldzug gegen Preußen wurden Lieder von Max von Schenkendorf aufgeführt. 1809 kam Racines Tragödie „Phädra“ auf die Bühne. Danach wurde das Theater Konzert- und Gesellschaftshaus.[1]

Stadttheater

Der Grundstein für das Stadttheater wurde 1806 durch den Minister für Ostpreußen des Deutschen Reiches Friedrich Leopold von Schrötter auf dem Paradeplatz in Königsberg gelegt. Das von Valerian Müller entworfene Gebäude stand zum Teil auf den Fundamenten der im Bau stecken gebliebenen Garnisonskirche. Am 9. März 1808 wurde es von Direktor Carl Steinberg in Gegenwart des Hofes mit der Oper Titus eröffnet. Aus ungeklärten Gründen brannte das Gebäude bereits 1. Juli 1808 ab. Die Wiedereröffnung fand in Gegenwart des Königspaares im Dezember 1809 mit dem Festspiel Die Weihe statt.

1810 fand im Theater die Erstaufführung von Wilhelm Tell, 1811 von Die Jungfrau von Orléans statt. Die künstlerische Leitung hatte August von Kotzebue. 1815 wurden Johann Wolfgang von Goethes Iphigenie auf Tauris und der Götz von Berlichingen aufgeführt. 1819 brachte Direktor Hurray Beethovens Fidelio und Webers Freischütz zur Erstaufführung.

Nach dem Zusammenbruch des Theaters 1828 und der Auflösung des Ensembles, feierten 1830 Der zerbrochne Krug von Heinrich von Kleist und 1832 Goethes Faust I Premiere. Kein Erfolg war die Uraufführung von Der letzte Held der Marienburg von Eichendorff im Jahr 1831. Von 1834 bis 1845 war Anton Hübsch Direktor des Theaters. Der Komponist Richard Wagner war 1836 bis 1837 Kapellmeister am Stadttheater, 1836 hatte er die dort engagierte Schauspielerin Minna Planer geheiratet. 1854 erhielt das Theater eine Gasbeleuchtung. 1879 kam es unter der Regie von Max Staegemann und dem Dirigat von Emil Paur zur deutschen Erstaufführung von Bizets Oper Carmen, mit der ihr weltweiter Siegeszug begann.

Über Jahre fungierten studentische Mitglieder der Corps Littuania und Masovia als Türsteher. Sie hatten darauf zu achten, daß nur durch den Albertus ausgewiesene Studenten für 6 Silbergroschen in das Stehparterre gelassen wurden. Dafür durften sie die Aufführung unentgeltlich verfolgen.[2]

Nachdem das Theater nach 1890 erneut zusammengebrochen war, wurden 1893 das Theaterfoyer umgebaut und Restaurants angebaut. 1903 erhielt das Theater elektrische Beleuchtung. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde das Theater als Lazarett umgewidmet. Am 27. August 1918 als reines Opernhaus wiedereröffnet, wurde es 1924 mit dem Neuen Schauspielhaus zum Ostpreußischen Landestheater zusammengelegt. Ab 1925 war Erwin Scharfenorth Bühnenbildner und Ausstattungsleiter.

Die Erstaufführung von Der Rosenkavalier von Richard Strauss fand 1927 statt. 1928 erwarb die Stadt beide Theater. Im Zweiten Weltkrieg endete die Geschichte des Theaters, als es Ende August 1944 bei den Luftangriffen auf Königsberg bis auf die Grundmauern niederbrannte.

Direktoren

  • Joh. P. Hilferding
  • Conrad E. Ackermann (bis 1756)
  • Franz Schuch (1763-1765)
  • Karl Th. Doebbelin
  • Johanna Caroline Schuch
  • Carl Steinberg
  • Max Staegemann

Wirkstätte

Am Stadttheater Königsberg wirkten:

Einzelnachweise

  1. a b c d e Herbert Meinhard Mühlpfordt: Königsberg von A bis Z. Ein Stadtlexikon. Aufstieg-Verlag, München 1972, ISBN 3-7612-0092-7
  2. John Koch (Anglist): Die Geschichte des Corps Baltia. Königsberg 1906, S. 48

Galerie

Literatur

  • Robert Albinus: Königsberg-Lexikon. Stadt und Umgebung. Sonderausgabe. Flechsig, Würzburg 2002, ISBN 3-88189-441-1.
  • Richard Armstedt: Geschichte der königl. Haupt- und Residenzstadt Königsberg in Preußen. Hobbing & Büchle, Stuttgart 1899 (Deutsches Land und Leben in Einzelschilderungen. 2, Städtegeschichten), (Nachdruck: Melchior-Verlag, Wolfenbüttel 2006, ISBN 3-939102-70-9 (Historische Bibliothek)).
  • Fritz Gause: Die Geschichte der Stadt Königsberg in Preußen. 3 Bände. 2./3. ergänzte Auflage. Böhlau, Köln u. a. 1996, ISBN 3-412-08896-X.
  • Baldur Köster: Königsberg. Architektur aus deutscher Zeit. Husum Druck, Husum 2000, ISBN 3-88042-923-5.
  • Jürgen Manthey: Königsberg. Geschichte einer Weltbürgerrepublik. Hanser, München u. a. 2005, ISBN 3-446-20619-1.
  • Gunnar Strunz: Königsberg entdecken. Unterwegs zwischen Memel und Haff. Trescher, Berlin 2006, ISBN 3-89794-071-x (Trescher-Reihe Reisen).

Weblinks


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