Stella Maris (Norderney)

Stella Maris (Norderney)
Sommerkirche Stella Maris

Die römisch-katholische Kirche Stella Maris auf der ostfriesischen Insel Norderney wurde 1931 im Stil der Neuen Sachlichkeit nach den Plänen von Dominikus Böhm erbaut. Sie ist die größte katholische Kirche in Ostfriesland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Jahr 1884, als die Kirche St. Ludgerus auf Norderney fertiggestellt wurde, erfolgte auch die Neugründung der römisch-katholischen Kirchengemeinde.[1] Der erste Pfarrer wurde 1909 eingeführt. Als die Gästefrequenz der katholischen Kurgäste und die Anzahl der Kinder in den Erholungsheimen nach dem Ersten Weltkrieg stark anstieg, erhielt die Kirchengemeinde Norderney 1923 den Status einer selbstständigen Kuratiegemeinde. An der Goebenstraße wurde Stella Maris im Jahr 1931 nach einem Entwurf des Architekten Dominikus Böhm von den Kölner Werkschulen als Filial- und Sommerkirche konzipiert. Ursprünglich war das moderne Gotteshaus als Sommerkirche ohne Heizung konzipiert.[2] Während des Zweiten Weltkriegs litt das Gebäude unter den Erschütterungen. Hinzu traten Schäden durch teils minderwertige Baumaterialien und die salzhaltige Luft. Die Marmorplatten des Altars waren derart in Mitleidenschaft gezogen, dass der Altar mit Backsteinen neu aufgeführt und mit einer Mensa aus Naturstein abgeschlossen wurde.[3] In den Nachkriegsjahren wuchs die Gemeinde durch den Zuzug von Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten auf über 800 Mitglieder an.[4] 1974 wurde die Kirchengemeinde eine selbstständige Pfarrgemeinde. Nachdem die Anzahl der Kurgäste in den 1960er und 1970er Jahren weiter zugenommen hatte, wurde von 1978 bis 1980 ein Erweiterungsbau mit Nebenräumen und einer Einliegerwohnung durchgeführt, der architektonisch aber umstritten blieb. Mit der Altarweihe am 2. Mai 1980 wurden diese Umbaumaßnahmen abgeschlossen.[3] Seitdem ist eine ganzjährige Nutzung des Gebäudes möglich, da eine Heizungsanlage eingebaut und die Raumaufteilung verändert wurde. Nach einer Renovierung im Jahr 1987 kam es von 2006 bis 2008 zu einer grundlegenden Umgestaltung durch den Architekten Bruno Braun aus Düsseldorf, der den Innenraum wieder auf das Konzept von Böhm zurückführte. Altar und Ambo wurden in Anlehnung an den ersten Entwurf wieder aus Sandstein gestaltet.

Heute wird St. Ludgerus als Werktagskirche genutzt und im Winter die sonntägliche Eucharistie in Stella Maris gefeiert. Die Kirchengemeinde umfasst gegenwärtig 500 Mitglieder (Stand 2009)[5] und gehört zum Dekanat Ostfriesland im Bistum Osnabrück.

Baubeschreibung

Architektonisch beschreitet der Bau des Gotteshauses im Stil der Neuen Sachlichkeit neue Wege.[6] Gegenüber den sonst üblichen roten Backsteinbauten der ostfriesischen Kirchen zeichnet sich Stella Maris durch die ungewohnte Formen mit großflächigen weißen Putzfassaden aus. Nur kleine Fensteröffnungen, ein Rundfenster und zwei Rechteckfenster, lassen wenig Licht in den Innenraum fallen. Ein Pultdach schließt das Gebäude ab. Das Äußere wird durch den vorgezogenen Eingangsbereich an der Straßenseite geprägt, über dem auch das Geläut angebracht ist. Die zwei Bronzeglocken wurden 1970 mit den Schlagtönen h1 und d2 von der Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock aus Gescher gegossen.[3]

Innenausstattung

Kreienbrink-Orgel

Das Gotteshaus bietet 700 Gläubigen Raum. Das hohe kubusförmige Hauptschiff und der Chor werden durch eine flache Decke abgeschlossen, die abgewinkelt über das eingerückte, niedrigere Seitenschiff und die Sakristei führt.[7] Drei Stahlträger tragen die Mauerschale, die beide Bereiche voneinander trennt. Über dem Eingang befindet sich eine Empore, die über eine Treppe von außen zugänglich ist. Der Innenraum bleibt wegen der kleinen Fenster in einem mystischen Halbdunkel gehüllt. Durch die Lichtführung wird die zentrale Rolle des Altars unterstrichen, der nach Böhm als christozentrische, mystische Mitte fungieren sollte.[3] Der Maler Richard Seewald, der wie der Architekt Böhm von den Kölner Werkschulen kam, schuf 1931 das große Ölgemälde der Kirchenpatronin Maria „Stella Maris“ über dem Altar. Es weist maritime Motive wie Wellen, Schiffe und einen Leuchtturm auf.[8] Der Altarbereich ist vom übrigen Kirchenschiff durch drei Stufen und die dunklen Steinplatten abgegrenzt.

Die Firma Orgelbau Kreienbrink schuf 1969 die Orgel für die Bremer Herz-Jesu-Kirche. Im Jahr 2010 wurde sie gebraucht erworben und im selben Jahr durch den Westfälischen Orgelbau S. Sauer in die Stella-Maris-Kirche eingebaut.[9] Das Instrument verfügt über 20 Register auf zwei Manualen und Pedal.

Siehe auch

Literatur

  • Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3.
  • Ingrid Winkler: Entstehung und Entwicklung der Katholischen Kirchengemeinde St. Ludgerus auf Norderney. In: Heinrich Smeins (Hrsg.): Norderney auf dem Weg in das dritte Jahrtausend. Geschichte und Gegenwart der Nordseeinsel Norderney. 2, Eigenverlag, Norderney 1993.
  • Walter Zahner: St. Ludgerus und Stella Maris Norderney. 1 Auflage. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2009, ISBN 978-3-89870-567-7.

Weblinks

 Commons: Stella Maris (Norderney) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Walter Zahner: St. Ludgerus und Stella Maris Norderney. 1 Auflage. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2009, ISBN 978-3-89870-567-7, S. 4.
  2. Walter Zahner: St. Ludgerus und Stella Maris Norderney. 1 Auflage. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2009, ISBN 978-3-89870-567-7, S. 21.
  3. a b c d Stella Maris Norderney. In: Künstlerseelsorge Hildesheim. (Online PDF; 178 kB).
  4. Ingrid Winkler: Entstehung und Entwicklung der Katholischen Kirchengemeinde St. Ludgerus auf Norderney. In: Heinrich Smeins (Hrsg.): Norderney auf dem Weg in das dritte Jahrtausend. Geschichte und Gegenwart der Nordseeinsel Norderney. 2, Eigenverlag, Norderney 1993, S. 105.
  5. Walter Zahner: St. Ludgerus und Stella Maris Norderney. 1 Auflage. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2009, ISBN 978-3-89870-567-7, S. 6.
  6. Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3, S. 370.
  7. Stella Maris (Norderney). In: archINFORM.
  8. Walter Zahner: St. Ludgerus und Stella Maris Norderney. 1 Auflage. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2009, ISBN 978-3-89870-567-7, S. 23.
  9. Radiogottesdienst von Norderney. In: Norderneyer Morgen. Nr. 127, 12. Juni 2010, S. 2 (Online Ausgabe PDF; 1,2 MB).
53.7094967.145171

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