Versorgungssicherheit

Versorgungssicherheit

Versorgungssicherheit ist ein Ziel der Energiepolitik. Dieses Ziel steht neben anderen Zielen, wie der Umweltverträglichkeit, der Effizienz oder der günstigen Energiepreise.

Inhaltsverzeichnis

Strom und Gasmarkt in Deutschland

In Deutschland regelt das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die Anforderungen an Versorgungssicherheit. § 1 EnWG definiert als Ziel die „möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche“ Versorgung der Allgemeinheit mit Strom und Gas. Zur Erreichung dieses Ziels haben die Betreiber von Übertragungsnetzen insbesondere durch entsprechende Übertragungskapazität und Zuverlässigkeit des Netzes zur Versorgungssicherheit beizutragen (§ 12 EnWG). Das gleich gilt für die Betreiber von Fernleitungsnetzen (§ 15 EnWG). Investitionen, die der Versorgungssicherheit dienen, können nach § 21a EnWG durch Rechtsverordnung begünstigt werden. Auch bestehen Begünstigungen bezüglich des Planfeststellungsverfahren nach § 43b EnWG, wenn die Versorgungssicherheit berührt ist.

Die Versorgungssicherheit wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Form eines Monitorings überwacht (§ 51 EnWG). Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veröffentlicht alle zwei Jahre spätestens zum 31. Juli einen Bericht über die bei dem Monitoring der Versorgungssicherheit gewonnenen Erkenntnisse.[1] Ebenfalls alle zwei Jahre berichtet die Bundesnetzagentur (§ 63 EnWG).

Stellt sich heraus, dass die Versorgungssicherheit mit den vorhandenen Anlagen und den getroffenen Maßnahmen zur Energieeffizienz nicht gesichert ist, kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Bau neuer Kapazitäten oder Nachfragesteuerungsmaßnahmen verordnen (§ 53 EnWG).

Diskussion um Atomausstieg

Insbesondere in der Diskussion um Atomausstieg und den Ausbau erneuerbarer Energien spielt die Frage der Versorgungssicherheit eine Rolle. Hier wird mit dem politischen Schlagwörtern Stromlücke oder Versorgungslücke diskutiert, ob und in wie weit ein Mangel an Kraftwerkskapazitäten und eine daraus folgende Unterversorgung mit elektrischer Energie entstünde, wenn die Kernkraftwerke ohne den gleichzeitigen Bau großer Kohlekraftwerke abgeschaltet würden.

Insbesondere Umweltschützer äußern daher Kritik an diesen Argumenten und befürchten, dass aufgrund von neuen Kapazitäten bzw. laufzeitverlängerten Kernkraftwerken der Ausbau an Kraftwerken, welche auf erneuerbare Energiequellen basieren, ins Stocken kommen könnte. Atom- und Kohlekraftwerke haben eine Laufzeit von 30 bis 50 Jahren. Dies ist weit länger als eine Stromlücke dauern würde.
Auch das Umweltbundesamt kam 2008 in einer Studie zum Schluss, dass Szenarien zur „Stromlücke“ übertrieben erscheinen und dass es Alternativen gebe.[2] So könnten nach Aussage von Andreas Troge, dem Präsidenten des Umweltbundesamtes.[3] die wegfallenden Kapazitäten der Kohle- und Kernkraftwerke durch Fortschritte bei der Effizienz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien „spielend aufgefangen werden, sofern rechtzeitig politisch nachgesteuert“ würde. Dies hätten Berechnungen des Umweltbundesamts und des Aachener Technologie-Instituts ISuSI ergeben. [4]

Auch der aktuelle Monitoringbericht des Bundeswirtschaftsministeriums zur Versorgungssicherheit sieht keine Gefahr eines Versorgungsengpasses bei planmäßigem Ausstieg aus der Kernenergie, selbst bei einem konservativ geschätzten Wachstum der Erneuerbaren Energien auf nur 23 Prozent bei der Bruttostromerzeugung bis 2020.[1]

Dagegen sieht eine von der Deutsche Energie-Agentur ausgearbeitete und von den großen Energieversorgungsunternehmen finanzierte Kurzanalyse zur Kraftwerks- und Netzplanung die entsprechende Thesen als belegt an.[5]. Die Neutralität der Analyse ist umstritten.[6]

Diskussion um erneuerbare Energien

Auch in der Diskussion um den verstärkten Einsatz erneuerbare Energien ist das Thema Versorgungssicherheit ein kontroverses. Eine wesentliche Eigenschaft erneuerbarer Energien ist die Tatsache, dass diese in Abhängigkeit von Wind bzw. Sonnenstand und Wetter in unterschiedlichem Umfang zur Verfügung stehen. Zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit sind daher Investitionen in Netze, Speichertechnologien oder Schattenkraftwerke notwendig. In welchem Umfang hier Aufwände entstehen ist politisch strittig.

Diskussion um Kohlekraftwerke

Nach Ansicht von Umweltorganisationen sind zur Deckung der Stromnachfrage keine weiteren Kohlekraftwerke über die bereits im Bau befindlichen Kraftwerke hinaus mehr erforderlich, da erneuerbare Energien und Energieeffizienz den Strombedarf decken könnten, auch wenn alte Kohlekraftwerke vom Netz gingen. Bislang hatten die Energieversorger diese Ansicht bestritten, allerdings werden immer mehr Kraftwerksprojekte zurückgezogen. „Kraftwerksprojekte fallen wie Dominosteine“, überschrieb das Handelsblatt im Februar 2010 einen Bericht über zahlreiche zurückgezogene Planungen neuer Kohlekraftwerke in Deutschland[7]. Binnen 12 Monaten seien sieben Großprojekte abgesagt worden. Grund seien „immer wieder Proteste von Bürgern vor Ort“. Doch spielten auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle: „Angesichts des rasant wachsenden Anteils erneuerbarer Energien, deren Stromerzeugung stark schwankt, wird es immer schwieriger, ein Kohlekraftwerk über lange Zeiträume im Volllastbetrieb zu fahren. Das macht den Betrieb weniger wirtschaftlich“, konstatiert das Handelsblatt. Zudem lassen steigende Kosten für den Kraftwerksneubau, den Brennstoff Kohle und für Emissionszertifikate die Rentabilität neuer Kohlekraftwerke ebenso schrumpfen wie die Aussicht auf längere Laufzeiten der Atomkraftwerke.[7] – Der dänische Energiekonzern DONG investiert deshalb am Standort Deutschland statt in Kohlemeiler künftig lieber in Gaskraftwerke, berichtet die Financial Times Deutschland. Sie seien als flexibler Ausgleich für schwankende Strommengen aus Wind und Sonne die beste Alternative und emittierten zudem wesentlich weniger Kohlendioxid als Kohlekraftwerke.[8]

Nach Ansicht des Sachverständigenrats für Umweltfragen sind weder längere AKW-Laufzeiten noch neue Kohlekraftwerke erforderlich. Der Rat warnt davor, dass durch signifikante Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke Überkapazitäten im System entstehen. Die konventionellen Kraftwerke seien auf Dauer nicht mit der erneuerbaren Stromerzeugung vereinbar, da ihre Leistung nicht schnell genug an die Schwankungen der Wind- und Sonnenenergie angepasst werden kann. Das dauerhafte Nebeneinander von konventioneller und wachsender erneuerbarer Stromerzeugung würde das System ineffizient und unnötig teuer machen. Prof. Dr. Olav Hohmeyer, Mitglied im Sachverständigenrat, betont: „Für die Übergangszeit sind weder Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke noch neue Kohlekraftwerke erforderlich. Die Brücke zu den erneuerbaren Energien steht bereits“.[9]

Mineralölmarkt in Deutschland

Spätestens seit der ersten Ölkrise ist deutlich, dass eine Versorgungssicherheit in Bezug auf Erdölprodukte nur eingeschränkt besteht. Zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit haben daher die meisten Staaten Strategische Ölreserven angelegt, die Schwankungen der Versorgung ausgleichen sollen. Auch für Erdgas bestehen entsprechende Speicher. Die Kapazität beträgt in Deutschland mindestens den Verbrauch für 90 Tage.

Strommarkt in Österreich

In Österreich regelt das Versorgungssicherheitsgesetz die Versorgungssicherheit im Strommarkt[10].

Strommarkt in der Schweiz

Siehe: Schweizer Energiepolitik

EU-Recht

In der EU regelt die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie die Vorschriften über die Versorgungssicherheit mit Strommarkt[11].

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Monitoring-Bericht 2008. Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, abgerufen am 17. September 2011 (pdf).
  2. Pressemeldung zur Kurz-Studie des Umweltbundesamtes vom 7. April 2008
  3. „Eine ‚Stromlücke’ ist nicht zu erwarten“, UBA-Pressemitteilung vom 7. April 2008
  4. UBA: Atomausstieg und Versorgungssicherheit“. Berlin 2008; DUH-Hintergrundpapier: „Stromlücke oder Stromlüge? Zu einer interessengeleiteten Debatte über die Zukunft der Stromversorgung in Deutschland“, Deutsche Umwelthilfe (DUH), 7. April 2008; Harry Lehmann und Stefan Peter: Das deutsche Ausbaupotential Erneuerbarer Energien im Stromsektor. ISuSI: Aachen 2005
  5. Kurzanalyse der Kraftwerks- und Netzplanung in Deutschland bis 2020 (mit Ausblick auf 2030) vom 12. März 2008
  6. Nadine Michel: Trotz Überschüssen - Energieagentur warnt vor Stromlücke, 21. Oktober 2009, online unter taz.de.
  7. a b Kraftwerksprojekte fallen wie Dominosteine. Handelsblatt GmbH, 7. Februar 2010, abgerufen am 17. September 2011.
  8. Dong stellt von Kohle auf Gas um. Financial Times Deutschland, 12. Februar 2010, abgerufen am 17. September 2011.
  9. Pressemitteilung: Klimaverträglich, sicher, bezahlbar: 100% erneuerbare Stromversorgung bis 2050
  10. Versorgungssicherheitsgesetz
  11. Richtlinie 2003/54/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG, ABl. Nr. L 176 vom 15. Juli 2003 S. 37

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