Tosylgruppe

Tosylgruppe
Struktur der blau markierten Tosylgruppe, in (von oben nach unten) p-Toluolsulfonsäure, Tosylchlorid sowie einem Ester und einem Amid der p-Toluolsulfonsäure

Als Tosylgruppe wird in der organischen Chemie der kovalent gebundene Rest der p-Toluolsulfonsäure (CH3C6H4SO2-)[1] bezeichnet. Diese Gruppe findet sich in der p-Toluolsulfonsäure, den p-Toluolsulfonsäurehalogeniden (Beispiel: Tosylchlorid), den p-Toluolsulfonsäureestern (Tosylate), den p-Toluolsulfonsäureamiden (Toluolsulfonamide) und den p-Toluolsulfonsäurehydraziden. Ihr Name leitet sich von ihrer systematischen Bezeichnung p-Toluolsulfonyl ab. Die Ester werden gewöhnlich als Tosylate bezeichnet und dürfen nicht mit den gleichnamigen Salzen der p-Toluolsulfonsäure verwechselt werden. In Chemikerkreisen wird die Strukturformel wird die Tosylgruppe manchmal mit „Ts“ oder „Tos“ abgekürzt. Die Nosylgruppe und die Brosylgruppe sind strukturell verwandt mit der Tosylgruppe. Der internationale Freiname der Tosylate lautet Tosilate.[2]

Selten werden anstatt der para-substituierten Verbindung auch die ortho- oder meta-substituierten Toluolsulfonsäuren eingesetzt werden, welche eine vergleichbare Reaktivität aufweisen. Gemäß IUPAC bezieht sich die Bezeichnung Tosylate jedoch auf die para-substituierte Verbindung. Aus diesem Grunde sind auch als Formelkürzel nicht p-Ts oder p-Tos zu verwenden.[3]

Inhaltsverzeichnis

Herstellung

Tosylate können durch Deprotonierung eines Alkohols und anschließender Reaktion mit p-Toluolsulfonsäurechlorid hergestellt werden, wobei ein Äquivalent Chlorwasserstoff, der durch eine Base als Hydrochlorid gebunden wird, entsteht:[4]


Tosylat-Synthese

Eigenschaften

Die Tosylgruppe wirkt elektronenziehend, weshalb die zu Grunde liegende p-Toluolsulfonsäure eine starke Säure und die Tosylatgruppe eine gute Abgangsgruppe ist. Diese kann durch geeignete Nukleophile leicht unter Substitution aus dem Molekül abgespalten werden. Aus diesem Grund sind Tosylverbindungen sehr reaktiv und besitzen eine begrenzte Lebensdauer. Diese kann durch Aufbewahrung in Abwesenheit von Nukleophilen, beispielsweise Wasser oder Alkohole, gesteigert werden.

Verwendung

Auf Grund ihrer Eigenschaft als Abgangsgruppe werden Tosylate in der präparativen Organischen Chemie verwendet. Durch Überführung von Alkoholen in Tosylate wird die schlechte Abgangsgruppe HO in eine gute Abgangsgruppe überführt, wodurch Substitutionsreaktionen an dieser Position des Kohlenstoffgerüstes ermöglicht werden. Das Anion der p-Toluolsulfonsäure tritt dabei als Abgangsgruppe aus. Noch reaktiver als die Ester der p-Toluolsulfonsäure (Tosylate) sind die bis zu 10.000 mal schneller reagierenden entsprechenden Triflate, in denen der 4-Methylphenyl-Rest des Tosylates durch einen Trifluormethyl-Rest (daher der Name Triflat) ersetzt ist.[4]


Nucleophile Substitution eines Tosylatrestes

Einzelnachweise

  1. Otto-Albrecht Neumüller (Herausgeber): Römpps Chemie Lexikon, Frank'sche Verlagshandlung, Stuttgart, 1983, 8. Auflage, S. 4303, ISBN 3-440-04513-7.
  2. Ullrich Jahn: Methylbenzolsulfonsäuren, in: Römpp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  3. Tosyl, in Römpp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  4. a b Autorenkollektiv, Organikum, 21. Auflage, S. 217, Wiley-VCH, Weinheim, 2001, ISBN 3-527-29985-8.

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