Werner von Grundherr zu Altenthann und Weiherhaus

Werner von Grundherr zu Altenthann und Weiherhaus

Werner von Grundherr zu Altenthann und Weiherhaus (* 22. Januar 1888 in Nürnberg; † 8. November 1962 in Weißenburg in Bayern) war ein deutscher Diplomat in der Zeit des Nationalsozialismus und Botschafter der Bundesrepublik in Griechenland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines bayerischen Offiziers war Kadett in der Kadettenanstalt Oranienstein und in der Preußischen Hauptkadettenanstalt Groß-Lichterfelde. Nach dem Abitur und dem Militärdienst studierte er ab 1909 an den Universitäten Berlin und Greifswald Staats- und Geschichtswissenschaft. Von August 1914 bis Januar 1918 war von Grundherr Soldat im Ersten Weltkrieg, zuletzt im Rang eines Rittmeisters.

Am 30. Januar 1918 trat er in den Auswärtigen Dienst ein. Nach seiner Ausbildung war er in Bukarest und Athen und zwischen 1925 und 1934 bei der Gesandtschaft in Helsingfors tätig. Ab 1934 wieder in Berlin tätig und leitete das Skandinavien-Referat. Er führte ab 1940 die Amtsbezeichnung Gesandter. Dabei war er auch an der Finanzierung des Quisling-Regimes in Norwegen federführend beteiligt[1].

Antrag auf NSDAP-Mitgliedschaft

Von Grundherr stellte am 4. Juni 1940 den Antrag auf Aufnahme in die NSDAP, der mit Martin Bormanns Schreiben vom 13. September 1941 mit dem Grund „ausgeprägte Eitelkeit, Standesdünkel, früheres Desinteresse an der NSDAP und offensichtlicher Opportunismus“[2] abgelehnt wurde. Nach dem Krieg reklamierte von Grundherr, dass er einer Beförderungssperre unterlegen war, eben weil er kein Parteigenosse gewesen war.[3]

Mitwirkung am Holocaust

Ende 1941 hatten der Judenreferent im Auswärtigen Amt Franz Rademacher und er als Skandinavienreferent den Gesandten in Dänemark Cécil von Renthe-Fink "mehrfach mündlich gebeten", "bei passender Gelegenheit gesprächsweise darauf hinzuweisen, daß nach den Worten des Führers die Judenfrage in Europa endgültig gelöst würde und es daher klug wäre, wenn Dänemark von sich aus sich rechtzeitig darauf einstellte."[4].

Die Vertretung des Auswärtigen Amtes in Kopenhagen war auch an den Plänen zur Deportation der dänischen Juden beteiligt und wurde am 17. September 1943 in einem von ihm entworfenen, von Otto von Erdmannsdorff paraphierten und von Andor Hencke unterschriebenen Schriftstück ersucht, „über die Art der Durchführung des Abtransports der Juden, der im Prinzip beschlossen ist, genaue Vorschläge zu machen“.[5].

Am 5. Mai 1945 wurde von Grundherr bei Salzburg verhaftet und war bis März 1947 in US-amerikanischer Internierung. In der Anklage gegen Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop war er zunächst als Zeuge im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher geplant. Über seine Entnazifizierung ist nichts bekannt.

Im Januar 1950 wurde er in der Dienststelle für Auswärtige Angelegenheiten beim Bundeskanzleramt wieder eingestellt und war zunächst mit der Wiedereinstellung des Beamten des höheren Dienstes befasst. Ab Oktober 1950 leitete er das Generalkonsulat in Athen, das 1951 zur Botschaft erhoben wurde. Im Juli 1952 wurde er auf Verlangen des Untersuchungsausschusses 47 des Deutschen Bundestages zur Personalpolitik im Auswärtigen Dienst beurlaubt und ging in den Ruhestand und machte damit, so die Biografie beim Munzinger-Archiv, Beanstandungen gegenstandslos, die wie in den gleichgerichteten Fällen einiger anderer bisheriger Mitglieder des Auswärtigen Dienstes der Bundesrepublik in der Presse gegen seine Wieder- und Weiterbeschäftigung erhoben worden waren.[6] Das Auswärtige Amt hatte im Falle der Anhörung Grundherrs im Bundestagsausschuss diplomatische Störungen in Skandinavien und in Griechenland befürchtet[7].

Von Grundherr blieb auch nach seiner Pensionierung noch mit dem Auswärtigen Dienst der Bundesrepublik verbunden und hatte den Auftrag, angehenden Diplomaten an der Diplomatenausbildungsstätte in Speyer auszubilden[8].

Werke

  • Über die wirtschaftliche und politische Bedeutung der Kapitalanlagen im Auslande, Greifswald, Phil. Diss., 1914

Literatur

Weblinks

  • Werner von Grundherr zu Altenthann und Weiherhaus bei Munzinger vom 22. April 1963

Einzelnachweise

  1. Conze u.a., Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, München 2010, S. 528
  2. Hans-Jürgen Döscher, Das Auswärtige Amt im Dritten Reich. Diplomatie im Schatten der Endlösung. Berlin 1987, S. 70, Anm. 14
  3. Hans-Jürgen Döscher, Das Auswärtige Amt im Dritten Reich. Diplomatie im Schatten der Endlösung. Berlin 1987, S. 70, Anm. 14
  4. Akten zur deutschen auswärtigen Politik, Ser. E, 1941–1945: Bd. 1: 12. Dezember 1941 bis 28. Februar 1942. 1969, S. 186: Anmerkung des Herausgebers zu einem Schreiben vom 6. Januar 1942
  5. Léon Poliakov, Joseph Wulf: Das Dritte Reich und seine Diener. Fourier, Wiesbaden 1989, ISBN 3-925037-45-4. S. 102
  6. Nach der Biografie bei Munzinger ging er aus eigenen Stücken in den Ruhestand.
  7. Conze u.a., Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, München 2010, S. 483
  8. Conze u.a., Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, München 2010, S. 527f

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Grundherr von Altenthann und Weiherhaus — Das Wappen der Grundherr Die Grundherr von Altenthann und Weiherhaus (auch: Grundherr zu Altenthann und Weyerhaus) sind eine der ältesten Patrizierfamilien der Freien Reichsstadt Nürnberg, erstmals urkundlich erwähnt im Jahr 1265. Die Grundherr… …   Deutsch Wikipedia

  • Werner von Bargen — (* 14. Februar 1898 in Wischhafen; † 22. November 1975 in Bonn) war ein deutscher Diplomat. Leben Werner von Bargen war Soldat im Ersten Weltkrieg und zum Kriegsende Leutnant im 4. Garderegiment. Er studierte anschließend bis 1921 an den… …   Deutsch Wikipedia

  • Weiherhaus — ist der Name folgender Orte und Ortsteile: in Bayern Weiherhaus (Altenthann), ein Ortsteil der Gemeinde Altenthann im Landkreis Regensburg Weiherhaus (Altmannstein), ein Ortsteil des Marktes Altmannstein im Landkreis Eichstätt Weiherhaus… …   Deutsch Wikipedia

  • Otto von Erdmannsdorff — (* 22. Oktober 1888 in Dresden; † 30. Dezember 1978 in Starnberg) war ein deutscher Karrierebeamter im Auswärtigen Dienst, wurde Mitglied der NSDAP und Botschafter in Budapest, war Angeklagter beim Wilhelmstraßen Prozess, wo er als Nicht Schuldig …   Deutsch Wikipedia

  • Hans von Wangenheim — Hans Freiherr von Wangenheim (* 1859; † 1915) war ein deutscher Diplomat aus dem Adelsgeschlecht von Wangenheim. Zu den Posten, die von Wangenheim im Laufe seiner diplomatischen Laufbahn wahrnahm, zählt unter anderem der des deutschen… …   Deutsch Wikipedia

  • Burgen, Schlösser und Herrensitze im Stadtgebiet Nürnberg — Diese Liste der Burgen und Herrenhäuser in Nürnberg umfasst neben Burgen, Schlössern und Herrenhäusern auch einige weitere Bauwerke wie erwähnenswerte Bürgerhäuser, befestigte Kirchen und Friedhofsbefestigungen. Einige sind auch heute im guten… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der deutschen Botschafter — Inhaltsverzeichnis 1 Ranghöchste Vertreter bei Völkerrechtssubjekten 1.1 Ständige Vertretung bei der Europaische Union Europäischen Union (früher EG), Brüssel …   Deutsch Wikipedia

  • Patriziat (Nürnberg) — Das Patriziat der Freien Reichsstadt Nürnberg, die für den Inneren Rat berechtigten Familien, stellte das eigentliche Machtzentrum Nürnbergs bis zur französischen Besetzung im Jahr 1806 dar. Von 1256 bis zur französischen Besetzung und der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”