Churg-Strauss-Syndrom

Churg-Strauss-Syndrom
Klassifikation nach ICD-10
M30.1 Panarteriitis mit Lungenbeteiligung
Allergische Granulomatose
Churg-Strauss-Granulomatose
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Das Churg-Strauss-Syndrom (CSS) ist eine granulomatöse (etwa: "körnchenbildende") Entzündung der kleinen Blutgefäße, bei der das betroffene Gewebe von bestimmten Entzündungszellen, den eosinophilen Granulozyten, infiltriert (in etwa: "durchwandert") wird. Es ist zum Großteil nachweislich verknüpft mit der Konzentrationserhöhung einer bestimmten Unterklasse von Antikörpern (ANCA (s.u.)) und betrifft sowohl kleinere Arterien als auch Venen. Durch die Entzündungsreaktion werden Gewebe und Organe geschädigt (s.u.). Die Namensgebung stammt von den Pathologen Jacob Churg und Lotte Strauss. Synonyme sind allergische granulomatöse Angiitis und granulomatöse small-vessel Vaskulitis.

Inhaltsverzeichnis

Pathogenese

Die Ursache der Erkrankung ist weitestgehend unbekannt. Eine ANCA-assoziierte autoimmunologische Komponente wird vermutet. So erfolgt auch die Behandlung immunsuppressiv (s.u.).

Pathologie

Ausgeprägte Gewebseosinophilie (rote kernhaltige Zellen außerhalb der Gefäße) mit Gefäßschädigung, HE-Färbung.
Stärkere Vergrößerung.

Feingeweblich zeigt sich eine starke Vermehrung eosinophiler Granulozyten im Gewebe (Gewebseosinophilie), mit Befall vor allem der kleinen Blutgefäße (mit Zerstörung, Blutgerinnselbildung und daraus resultierenden Infarkten). Daneben kann die Entzündung auch direkt auf verschiedene Organe übergreifen, z.B. auf das Herz mit der Folge einer eosinophilen Herzmuskelentzündung.

Symptome

Das CSS hat drei verschiedene klinische Phasen:

  1. allergischer Schnupfen und Asthma bronchiale
  2. eosinophile Entzündung von Lunge und Verdauungstrakt
  3. systemische Gefäßentzündung (Vaskulitis) mit granulomatöser Entzündung

Die vaskulitische Phase beginnt in der Regel etwa drei Jahre nach Anfang der ersten Phase, kann aber auch um Jahrzehnte verzögert auftreten. Des Weiteren tritt ein Befall von Lunge, Herz, Niere, Haut und peripherem Nervensystem auf. Folgende Symptome sind typisch für das CSS:

  1. Allgemeinsymptome (Müdigkeit, grippeartige Symptome wie Fieber und Muskelschmerzen, allgemeines Unwohlsein, Gewichtsverlust in 70 Prozent der Fälle)
  2. Asthma (97 Prozent der Fälle)
  3. Nasennebenhöhlenentzündung (61 Prozent der Fälle)
  4. allergischer Schnupfen
  5. Gelenkschmerzen
  6. Hautmanifestationen (Purpura, Hautknötchen, Nesselsucht)
  7. Herzsymptome, welche auf Herzinfarkt und Herzmuskelentzündung schließen lassen.
  8. Nervenentzündung
  9. durch Nierenbeteiligung Bluthochdruck und Nierenversagen
  10. Symptome, den Magen-Darmtrakt betreffend (Blutungen, „Blinddarmentzündung“, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Magen-Darm-Beschwerden)

Im Labor findet man eine Eosinophilie und Blutarmut sowie Entzündungszeichen (erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit und erhöhtes CRP). Des Weiteren findet man antineutrophile cytoplasmatische Antikörper (p-ANCA), erhöhte IgE-LSpiegel und einen erhöhten Rheumafaktor.

Im Röntgenbild des Brustkorbs findet man bei 25-75 Prozent der Fälle beidseitige, ungleichmäßig verteilte Verschattungen in der Lunge.

Beweisend für das CSS ist die Biopsie aus einem betroffenen Organ oder, wenn dies nicht vorhanden ist, die Biopsie aus Muskel- oder Nervengewebe (dann meist aus dem Nervus suralis).

CSS ist wie alle Vaskulitiden vielschichtig und schwierig in der Diagnose. Die oben angegebenen Allgemeinsymptome müssen nicht sämtlich auftreten. Bei einem unklarem Krankheitsbild ist es aber immer sinnvoll, auch eine Vaskulitis als Auslöser mit einzubeziehen.

Therapie

In den meisten Fällen reicht eine Therapie mit Prednison aus, um die Symptome zu kontrollieren, in wenigen Fällen werden Chemotherapeutika wie Cyclophosphamid eingesetzt. Andere Möglichkeiten der Behandlung sind der Einsatz von Methotrexat, Interferon-α, Immunglobulinen oder der Plasmapherese.

Nomenklatur

Das Churg-Strauss-Syndrom gehört zum Formenkreis der systemischen, nekrotisierenden entzündlichen Erkrankungen der kleinen und mittleren Arterien. Von der klassischen Periarteriitis nodosa (Panarteriitis) ausgehend, über die Kussmaul und Maier 1866 berichtet hatten, beschrieb Wegener 1939 eine granulomatöse Vaskulitis der oberen Atemwege als eigenes Syndrom. Churg und Strauss stellten 1951 ein weiteres Krankheitsbild mit Asthma bronchiale und peripherer Eosinophilie vor. Sie nannten diese Variante ursprünglich „allergische Granulomatose“ und „allergische Angiitis“.

Literatur

Erstbeschreibung

  • J. Churg J, L. Strauss: Allergic Granulomatosis, Allergic Angiitis, and Periarteritis nodosa. Am J Pathol 27 (1951) 277-301. PMID 14819261

Weblinks

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