- Corps Franconia Jena
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Das Corps Franconia Jena zu Regensburg ist ein Corps (Studentenverbindung) im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dem ältesten Dachverband deutscher Studentenverbindungen. Das Corps ist pflichtschlagend und farbentragend.
Es ist das einzige Corps an der Universität Regensburg und vereint Studenten und ehemalige Studenten dieser Hochschule sowie ehemalige Studenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Die Corpsmitglieder werden "Jenenser Franken" genannt.
Inhaltsverzeichnis
Couleur
Franconia Jena hat die Farben grün-rot-gold (von unten) mit goldener Perkussion. Dazu wird eine grüne Mütze getragen. Die Renoncen der Jenenser Franken tragen ein Fuchsenband in grün-rot (von unten) ebenfalls mit goldener Perkussion.
Der Wahlspruch lautet Ehre, Freiheit, Einigkeit!, der Wappenspruch Gladius sit vindex noster![1]
Geschichte
Vorgeschichte
Bereits von 1800 bis 1815 hat es in Jena eine Franconia mit den Farben grün-rot-gold gegeben. Damals wurden die Corps an den meisten Universitäten noch Landsmannschaft genannt. Diese Franconia bildete mit der Vandalia, der Thuringia, der Saxonia und der Curonia einen so genannten Senioren-Convent (SC), der als Gremium der landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse das Gemeinschaftsleben der Studenten an der Universität regelte (siehe dazu SC-Comment). Im Rahmen der nationalen Begeisterung der aus den Freiheitskriegen zurückgekehrten Studenten entstand in Jena die Idee, die landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse an der Universität und damit den SC aufzulösen und eine Gemeinschaft aller Studenten, die damals Burschen genannt wurden, zu gründen. Die erste Franconia in Jena gehörte somit zu den Gründungsverbindungen der Urburschenschaft, deren Idee sich in ganz Deutschland und darüber hinaus ausbreiten sollte.
Die Urburschenschaft existierte von 1815 bis 1819 und umfasste in dieser Zeit rund 60 Prozent aller in diesen Jahren in Jena immatrikulierten Studenten. Diese Gemeinschaft zerbrach jedoch bald wieder - auch unter dem Druck der politischen Verfolgungen im Rahmen der Karlsbader Beschlüsse. In den folgenden Jahren hatte sich in Jena auf der einen Seite auch die burschenschaftliche Bewegung zersplittert, andererseits wurden auch die alten landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse - jetzt unter dem später allgemein üblichen Namen "Corps" - wieder gegründet.
Entstehung und Entwicklung des Corps
Eine der verschiedenen Burschenschaften, die sich nach der Auflösung der Urburschenschaft gegründet hatten, war die Burschenschaft Germania. Aus ihr traten bald 21 Studenten aus und stifteten am 20. Januar 1821 das Corps Franconia, wobei sie an die alte Tradition der Franconia in Jena anknüpften.
Als Wahlspruch wählten die Stifter des Corps „Ehre-Freiheit-Einigkeit“, eine Abwandlung des burschenschaftlichen Wahlspruches „Ehre-Freiheit-Vaterland“. Als Farben wählten sie „Grün-Rot-Gold“ (in Jena werden die Farben von unten gelesen). Grün-Rot waren die Uniformen der Husaren-Feldgarde des Hochstifts Würzburg und galten in jener Zeit als fränkische Landesfarben. Durch das Gold wurden die Farben dem Zeitgeschmack entsprechend zur Trikolore ergänzt. Die Übernahme der Farbe Gold in die Couleurfarben erinnert auch wieder an die Farben der Burschenschaft Schwarz-Rot-Gold, die später zur deutschen Nationalflagge wurden. Die Stifter knüpften damit vor allem jedoch ganz bewusst an die Tradition der alten Franconia aus Jena an, indem sie ihre Farben übernahmen. Der Wappenspruch "Gladius sit vindex noster" stammt ebenso von der alten Franconia.
Das ursprüngliche landsmannschaftliche Prinzip, nur Studenten aus fränkischen Herkunftsgebieten aufzunehmen, existierte zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr. Gemäß der corpsstudentischen Idee, die auf dem Deutschen Idealismus beruht, wurde mehr Augenmerk auf Charakter und Persönlichkeit gelegt. Bis heute steht das Corps allen männlichen Studenten gleich welcher regionalen Herkunft, Nationalität, Hautfarbe, Religion oder politischen Ausrichtung offen.
Mit der Hallenser Marchia II soll Franconia Jena das älteste Corpskartell begründet haben.[2] Das 1823 geschlossene und zuletzt älteste Kösener Kartell mit Bremensia war mit Franconia München ab 1858 der Kern des grünen Kreises. Seine Bezeichnung ergab sich wohl daraus, dass die ersten Corps dieses Kreises Grün in ihrer Couleur hatten und viele Mitglieder aus dem landbesitzenden und jagenden Adel stammten.
Im Jahr 1848 hörte die staatliche Verfolgung der Corps als Geheimbünde weitgehend auf. In Folge gründete sich der Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dessen Aufgabe es ist, die Verbindungen zwischen den Corps an den verschiedenen Universitätsstädten in Deutschland und Österreich aufrechtzuerhalten und die alle Corps angehenden Verhältnisse zu regeln. Dazu tagt der Kösener Congress jedes Jahr in Bad Kösen, Sachsen-Anhalt. Wie alle Jenenser Corps ist Franconia Gründungsmitglied des Kösener Senioren-Convents-Verbands (KSCV). Franconia war 1873 für Jena und 2007 für Regensburg präsidierendes Vorortcorps und stellte die Vorsitzenden des oKC.
1935 wurde unter der Herrschaft der Nationalsozialisten der KSCV und das Corps Franconia zwangsaufgelöst. Bis dahin galten gerade auch die grünen Corps als recht elitäre „Feudalcorps“ und waren damit neben Juden und Freimaurern als weiteres Feindbild für die Nationalsozialisten auf dem Weg zur gleichgeschalteten „Volksgemeinschaft“ prädestiniert.
Am 21. Januar 1950 wurde das Corps in Frankfurt am Main wieder gegründet, was in Jena zu Zeiten der DDR nicht möglich war. 1951 rekonstituierte sich der KSCV in Bad Godesberg, um dann regelmäßig in Würzburg zu tagen. 1967 verlegte das Corps Franconia seinen Sitz nach Regensburg und kaufte das Anwesen in der Ludwig-Eckert-Straße 4.
Seit der deutschen Wiedervereinigung findet der Kösener Congress wieder in Bad Kösen statt. Zwei Corps aus Jena haben sich seitdem wieder in ihre alte Universitätsstadt zurückverlegt. Trotzdem beschloss im Jahre 1991 die Versammlung aller Mitglieder der Franconia Jena (GrFCC), vorerst nicht nach Jena zurückzukehren.
Corpshaus
Das Haus nahe der Saale in Jena-Paradies gelegene Corpshaus wurde im Oktober 1911 aus Anlass des 90. Stiftungsfestes eingeweiht.[4]
Bierstaat zu Henneberg-Wöllnitz
Das Corps Franconia Jena ist das einzige Corps, welches die alte studentische Tradition des Bierstaats aufrechterhält. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Versuche, zumindest die Jenenser Tradition der „Bierherzogtümer“ in Westdeutschland wiederzubeleben, was aber, mit Ausnahme des nach Regensburg umgezogenen Corps Franconia Jena, misslang. Heute sind diese Veranstaltungen weitgehend vergessen, und es existiert nur noch ein einziger Bierstaat, der zu Henneberg-Wöllnitz, dessen Herrscher jährlich unter der Ägide der Jenenser Franken in Regensburg gefunden wird. Andernorts geriet er in Vergessenheit oder ist Gegenstand studentenhistorischer Abhandlungen.
Das Corps Franconia Jena feiert seit dem 3. März 1823 den Hoftag, der zu Jenenser Zeiten mit einem großen Umzug durch Jena begangen wurde. Mitglied des Bierstaates konnte jeder ehrenhafte Mann werden, so waren einige alte Bauern aus Wöllnitz hochangesehene Ritter. Der Herrscher des Bierstaates zu Henneberg-Wöllnitz heißt "Popp". Er ist unbeschränkter Herrscher über den Biercomment und entscheidet bei einem Biergericht über die rechte Auslegung des sich ständig verändernden Biercomments. Otto von Bismarck besuchte als Student von Göttingen aus 1833 Jena und den Bierstaat zu Henneberg-Wollnitz.
Bekannte Mitglieder
- Otto Ehrenfried Ehlers (1855–1895), Forschungsreisender
- Georg von der Gabelentz (1840–1893), Orientalist und Sinologe, Professor in Berlin
- Friedrich Gärtner (1882– ), Ministerialbeamter in der Arbeitsverwaltung
- Claus-Dieter Heidecke (* 1954), Chirurg in Greifswald
- Adolf Hemberger (1929–1991), Professor für Methodologie und Wissenschaftstheorien
- Rolf Nonnenmacher (* 1954), Sprecher des Vorstands der KPMG
- Christian Heinrich Plaß (1812–1878), Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
- Ernst I. Herzog von Sachsen-Altenburg (1826–1909), Herzog von Sachsen-Altenburg
- Ernst II. Herzog von Sachsen-Altenburg (1871–1955), Herzog von Sachsen-Altenburg
- Konrad Seige (* 1921), Internist und Hochschullehrer in Halle
- Julius Hans von Thümmel (1824–1895), Jurist und Politiker im Königreich Sachsen
- Arnulf Thiede (* 1942), Chirurg, Emeritus in Würzburg
- Philipp Wagner (1829–1906), Mediziner und Präsident des Allgemeinen Deutschen Bäderverbandes
Einzelnachweise
- ↑ deutsch: Das Schwert sei unser Rächer!
- ↑ G. G. Winkel: Kösener SC-Kalender. Leipzig 1920
- ↑ Conrad, Buttenberg, Hädicke, Geisler (Thuringia); Mehliss, v. Klopmann, v. Heyking, v. Drachenfels, v. der Ropp, v.Lilienstern (Franconia); Engelbrecht, Pomme, Stomps (Saxonia); Nitze, Köhler, Fabricius (Guestphalia)
- ↑ Kurt Wagner: Das 90jährige Stiftungsfest der Franconia zu Jena. In: Academische Monatshefte 28 (1911/12), S. 253-261
Literatur
- Vorstand des Verbandes Alter Corpsstudenten e.V. (VAC) (Hrsg.), Handbuch des Kösener Corpsstudenten, Band II, 6. Auflage, Stamsried 1985
Weblinks
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