Daniel Lerner

Daniel Lerner

Daniel Lerner (* 30. Oktober 1917 in Brooklyn; † 1. Mai 1980 in Santa Cruz, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Propagandaforscher, Professor für Soziologie und Spezialist für Psychologische Kriegsführung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lerners Vater war jüdischer Emigrant des Russischen Kaiserreiches. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Lerner als Chefeditor der Psychological Warfare Division des SHAEF. Nach dem Sieg der Alliierten im ETO (European Theater of Operations) wurde diese Einheit zur Information Control Division des OMGUS umgewandelt und Lerner wurde Chief of Intelligence. 1946 verließ er den militärischen Dienst und kehrte an die New York University zurück um zu promovieren.

Aus eigenen Erfahrungen, deutschem und alliiertem Propagandamaterial sowie Befragungen Kriegsgefangener und ehemaliger PWD-Kollegen fertigte er 1945 seine Dissertation (“Sykewar“), die ein Standardwerk über Art und Wirkung der alliierten Propaganda im 2. Weltkrieg ist. Auf zwei Reisen durch Europa 1946/47 ergänzte er im Auftrag der Hoover Institution der Stanford University sein während des Krieges gesammeltes deutsches Propagandaarchiv (heute: Lerner (Daniel) Collection).

1953 wechselte Lerner ans MIT in Cambridge. 1958 wurde er am dortigen Center for International Studies (CIS) Ford Professor of Sociology and International Communications. Er lehrte zeitweise an verschiedenen Universitäten in Europa, Asien und dem Mittleren Osten.

Werk

Lerner entwarf im Kalten Krieg als Alternative zum sowjetischen Sozialismus ein entwicklungspolitisches Konzept für die Dritte Welt. Demnach wäre, anders als in der „Modernisierungstheorie“ seines Institutskollegen Walt Whitman Rostow, weniger industrieller Fortschritt (Hardware-Material) die Basis um „die Prädisposition der Drittwelt-Individuen in Richtung einer westlichen Entwicklung zu modifizieren“, sondern eher psychologische Barrieren und der Unwillen neue Verhaltensweisen zu adaptieren („Software-Probleme“).

Weiter hielt er, entgegen der verbreiteten Vorstellung, das der Aufstieg revolutionärer Eliten seine Ursachen in Kapitalismus und seinen Problemen hat, diesen Aufstieg eher für eine Folge des Zerfalls von Monarchien, Diktaturen oder kolonialen Regimen in den jeweiligen Ländern.

Den größten Teil von Lerners Forschungen, die vor allem 1950–69 stattfanden, finanzierte das MIT. Seine Tätigkeit betraf die Überprüfung der Wirkung und Effizienz amerikanischer Propaganda und Politik, etwa von Voice of America im Vergleich zu anderen Radiosendern, die in der Hoch-Zeit des Kalten Krieges auch vom Außenministerium bezahlt wurde.

Spätere entwicklungspolitische und Kommunikationsforscher bemängelten Lerners Vorstellungen von westlicher Dominanz und Ethnozentrismus, was er selbst als „neue, linke anti-amerikanische Propaganda“, als „unwissenschaftlich und atheoretisch“ ansah.[1]

Auszeichnungen

Werke

  • mit Richard Crossman: Sykewar: Psychological Warfare against Germany, from D-Day to VE-Day. New York. George W. Smart. 1949 teilw. online
  • The Nazi Elite. Stanford, CA. Stanford University Press. 1951
  • The Passing ofTraditional Society: Modernizing the Middle East. New York. Free Press. 1958
  • mit Harold D. Lasswell: World Revolutionary Elites. Studies in Coercive Ideological Movements. Cloth / April 1965
  • Paper Bullets: Great Propaganda Posters, Axis and Allied Countries in WWII. New York. Chelsea House. 1977

Literatur

  • Sven Papcke und Georg W. Oesterdiekhoff: Schlüsselwerke der Soziologie. S. 267, Google Buchsuche

Weblinks

Verweise

  1. Daniel Lerner, Cold War Propaganda and US Development Communication Research Umani Bah, Journal of Third World Studies, Spring 2008

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