Debrezin

Debrezin
Debrecen
Wappen von Debrecen
Debrecen (Ungarn)
DEC
Basisdaten
Staat: Ungarn
Region: Észak-Alföld (Nördliche Große Tiefebene)
Komitat: Hajdú-Bihar
Koordinaten: 47° 32′ N, 21° 38′ O47.53333333333321.633333333333121Koordinaten: 47° 32′ 0″ N, 21° 38′ 0″ O
Höhe: 121 m
Fläche: 461,65 km²
Einwohner: 207.308 (2002)
Bevölkerungsdichte: 449 Einwohner je km²
Telefonvorwahl: (+36) 052
Postleitzahl: 4000
Struktur und Verwaltung
Bürgermeister: Lajos Kósa
Webpräsenz:
Debrecen Hauptplatz mit reformierter Kirche
Csokonai Theater
St. Anna Kirche
Kleine Reformierte Kirche
Typisches Plattenbauviertel in Debrecen
Klimadiagramm von Debrecen

Debrecen [ˈdɛbrɛʦɛn] (deutsch Debreczin, rumänisch Debreţin), der Komitatssitz des Komitats Hajdú-Bihar, liegt im Osten von Ungarn etwa 50 Kilometer von der rumänischen Grenze entfernt.
Die Fläche Debrecens beträgt 46.165 Hektar, die Einwohnerzahl (2002) 207.308; damit ist Debrecen die zweitgrößte Stadt Ungarns. Die Einwohner Debrecens bezeichnen sich noch heute mit dem mittelalterlichen Begriff „Civis“.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bevor die Magyaren das Karpatenbecken eroberten, lebten verschiedene Völker in dieser Gegend. Die Stadt kam durch die Vereinigung mehrerer Siedlungen zustande und wurde 1235 als Debrezun zum ersten mal erwähnt.

Debrecen wird Marktstadt

1361 verlieh König Ludwig der Große (Nagy Lajos) den Bürgern der Stadt das Privileg einer Marktstadt (Mezőváros) mit einem Wahlrecht für eine eigene Gerichtsbarkeit und einen Stadtrat. Dies ermöglichte ein stetiges wirtschaftliches Wachsen der Stadt, bis sie im 16. Jahrhundert ein Handelszentrum wurde, das mit Wien, Polen und Schlesien handelte. Haupteinnahmequelle für das Wohlergehen der Stadt waren der Rinderhandel, die Tierzucht und das handwerkliche Gewerbe. Trotz der florierenden wirtschaftlichen Lage waren die Gebäude einfach gebaute Bauwerke, selbst die Straßen waren kaum befestigt. Bis ins 19. Jahrhundert hinein konnte man kaum mehrstöckige Gebäude innerhalb der Stadt sehen. Zwischen 1450 und 1507 war Debrecen Sitz der Adelsfamilie Hunyadi.

1555 wurde Debrecen von osmanischen Türken erobert. Die Stadt erkaufte sich ihre Selbständigkeit aber durch Tributzahlungen. Während der osmanischen Besatzung kam es dennoch immer wieder zu Problemen, da sich Debrecen an der Grenze zwischen den osmanisch, habsburgisch und siebenbürgisch besetzten Teilen Ungarns befand. Die Bewohner nutzten ihr diplomatisches Können aus, um sowohl vom Osmanischen Reich als auch von den europäischen katholischen Herrschern sowie dem Fürsten von Siebenbürgen Franz II. Rákóczi Nutzen für sich zu ziehen. Diese Offenheit der Stadt gestattete eine rasche und frühe Ansiedelung von Protestanten und Calvinisten, weshalb Debrecen bald als das calvinistische Rom bezeichnet wurde. Die Bewohner der Stadt waren zu dieser Zeit in der Mehrheit Magyaren und konvertierten alsbald im 16. Jahrhundert zum calvinistischen Glauben. Ab 1552 durften sich nur noch Calvinisten in der Stadt niederlassen, 1693 verlieh König Leopold I. der Stadt das Privilegium einer freien Stadt. 1715 kam die Katholische Kirche wieder zurück in die Stadt. Piaristen errichteten zu dieser Zeit die St.-Anna-Kirche. Debrecen war damals ein agrarisches, wirtschaftliches, kulturelles und geisteswissenschaftliches Zentrum. Das Calvinistische Kollegium, der Vorgänger der heutigen Universität Debrecen, hatte zahlreiche bekannte Studenten.

Freiheitskampf 1848 bis 1849

Im ungarischen Freiheitskampf gegen die Habsburger 1848 bis 1849 wurde der ungarische Landtag ins sicherere Debrecen verlegt, wo er im Reformierten Kollegium (Református Kollégium) und in der Großen Reformierten Kirche tagte. In Debrecen verkündete Lajos Kossuth am 14. April 1849 die Entthronung der Habsburger.

Industrielle Revolution

Nach der Zeit des Freiheitskampfes kam es durch den Bau der Eisenbahnlinie 1857 von Pest nach Debrecen zu einem industriellen Aufschwung. Aus jener Zeit stammt die Gründung der Schule für Bodenkultur sowie der Agrarhochschule. Mühlen, Zucker-, Ziegel- und Tabakfabriken sowie Gaswerke entstanden, Banken und andere Dienstleister siedelten sich in der Stadt an. 1865 wurde das heutige Csokonai-Theater (Csokonai Színház), benannt nach Mihály Csokonai Vitéz, eröffnet. Krankenhäuser, Schulen, Kasernen und Kirchen wurden errichtet. Langsam bekam die Stadt im Zentrum ein städtisches Bild, als das Hotel Aranybika sowie das Komitatshaus und das Rathaus gebaut wurden. Im Stadtwald (Nagyerdö), wo sich heute die Universität befindet, fand man 1823 Thermalwasser, welches man im neu errichteten Heilbad Vigadó verwendete. Mit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert fand die Bildung durch die Neugründung der Universität Debrecen einen Aufschwung. 1884 nahm die noch heute bestehende Straßenbahnlinie ihren Dienst auf.

20. Jahrhundert

Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges kam es zum Aufruhr, bedingt durch die rumänische Besatzung. Die Krise brachte die Stadt dazu, mehr auf Tourismus zu setzen. Die Zwischenkriegszeit brachte hierbei einen Aufschwung in dieser Richtung. Es entstand im Umfeld der Universität und der Klinik innerhalb des Stadtwaldes (Nagyerdő = Großer Wald) ein Zentrum für Erholung, Sport und Bildung. Die 1927 gegründete Sommeruniversität bot ein Programm für Allgemeinbildung, Weiterbildung und Sprachbildung an, kombiniert mit Erholung und einem Freizeit- und Sportprogramm. Es entstand ein überdachtes Schwimmbad, Ungarns erstes Sportstadion sowie der Zentralfriedhof. Die Nähe zum Reiseziel Puszta in Hortobágy brachte viele Besucher. 1944 war Debrecen zum zweiten Mal für eine kurze Zeit Hauptstadt und Regierungssitz von Ungarn, als sich hier am Ende des Zweiten Weltkrieges die provisorische Nationalversammlung konstituierte. Im selben Jahr startete die Rote Armee eine Offensive in Richtung Budapest, die Debrecener Operation.

Durch das Bombardement im Zweiten Weltkrieg wurden etwa 70 Prozent der Häuser in Mitleidenschaft gezogen. Mehr als die Hälfte der Gebäude wurden zu Ruinen.

Bevölkerung

Die Bevölkerung ist evangelisch-reformiert (calvinistisch), im Gegensatz zum Rest von Ungarn, der überwiegend katholisch geprägt ist. Die von den Habsburgern initiierte Gegenreformation erreichte Debrecen nicht, da die türkisch besetzten Gebiete in der großen ungarischen Tiefebene zwischen Wien und Debrecen lagen (siehe auch Türkenkriege). Obwohl die Religion in der Zeit des Sozialismus stark an Bedeutung verloren hat, lebt dieser Unterschied im Selbstbild der Debrecener Bürger noch fort.

Bildung und Universitäten

Universität Debrecen (Hauptgebäude)

Debrecen ist eine Universitätsstadt. Mehr als 25.000 Studenten sind derzeit an der Universität Debrecen immatrikuliert. Neben der geisteswissenschaftlichen Fakultät existieren die Technische Universität, die Agrarwissenschaftliche Universität, die Wirtschaftsuniversität und die Medizinische Universität. Die Universitäten sind über Ungarns Grenzen hinaus bekannt und ziehen jährlich über 600 ausländische Medizinstudenten an. Die Medizinische Universität ist mit ihrem großen Klinikbereich und ihrem Ruf von besonderer Bedeutung.

Besonders im Sommer und im Winter werden anspruchsvolle Ungarisch-Intensivkurse unter der Bezeichnung Sommeruniversität (Nyári Egyetem) abgehalten. Studenten kommen aus aller Welt.

Verkehrsanbindung

  • Autobahn: M35 aus Richtung Budapest bis Debrecen direkt.
  • Eisenbahn: Intercitys und Schnellzüge von/nach Budapest, Miskolc u. a.
  • Flughafen: Der Flughafen Debrecen bietet diverse internationale Charter-Destinationen. Linienflüge wurden nach Budapest durchgeführt, sind aber derzeit auf unbestimmte Zeit eingestellt. Der nächste größere internationale Flughafen ist in Budapest.

Kultur

Festivals und Veranstaltungen

Blumenkarneval

Große Reformierte Kirche Debrecen aus Blumen, anlässlich des Blumenfestes am Stephanstag

Jedes Jahr findet um den ungarischen Nationalfeiertag (20. August) herum ein Blumenkarnevall (ung. Virágkarnevál) statt. Neben einem großen Umzug mit blumengeschmückten Wagen, Aufbauten und Gebäuden gibt es ein kulturelles Rahmenprogramm. Dieses Fest ist über die Landesgrenzen hinweg bekannt und zieht jährlich Tausende von Gästen an.

Truthahntage

Debrecen ist berühmt für seine Truthähne bzw. deren Zucht, welche auch durch Gedichte in die Literatur Einzug gehalten haben. Zu Ehren der Truthähne veranstaltet Debrecen im Juni die Truthahntage (ung. Pulykanapok), ein mehrtägiges Straßenfest, bei dem Truthahnspezialitäten auf der Straße zubereitet werden und Volkstanz sowie Musik dargeboten werden.

Kölcsei Frühlingsfestival

Im Frühjahr finden alljährlich kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Theater- und Opernaufführungen, Lesungen und Ausstellungen im Rahmen des Kölcsey-Frühlings (ung. Kölcsey Tavasz) statt. Namensgeber hierfür ist der in Debrecen wirkende Literat Ferenc Kölcsey.

Sehenswürdigkeiten

Altes Komitatshaus Debrecen
Große Reformierte Kirche

Grundsätzlich ist Debrecen kein bevorzugtes Touristenziel. Vor allem außerhalb eines kleinen Bereiches in der Innenstadt ist die Stadt vorwiegend von heruntergekommenen Bauten der kommunistischen Zeit geprägt. Dennoch gibt es einige sehenswerte Gebäude in Debrecen:

  • Große Reformierte Kirche Debrecen: Wahrzeichen Debrecens aus dem Jahre 1819, größte calvinistische Kirche Ungarns
  • Reformiertes Kollegium: Barockgebäude aus dem Jahr 1568, 1802 bei einem Stadtbrand beschädigt, bis 1816 im klassizistischen Stil umgebaut
  • Déri-Museum mit Kunstsammlung
  • Hotel Aranybika (Goldener Stier): Älterer Bauteil des Hotels von 1915, jüngerer Teil aus kommunistischer Zeit, im Inneren der Bartók-Saal, in dem Konzerte und kulturelle Aufführungen stattfinden
  • Kleine Reformierte Kirche: 1726 entstandener und 1870 umgebauter Barockbau
  • St.-Anna-Kirche: katholische Kirche, 1746 fertiggestellt, ehemaliges Piaristen-Ordenshaus
  • Csokonai Színház (Theater und Oper): erbaut 1861-1865
  • Altes Komitatshaus
  • Thermalbäder
  • Universität Debrecen mit ihrem architektonisch interessanten historischen Hauptgebäude

Söhne und Töchter der Stadt

Städtepartnerschaften

Weblinks


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