- Debye-Modell
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Das Debye-Modell beschreibt eine Methode zur Berechnung des Beitrags zur Wärmekapazität eines kristallinen Festkörpers, den die quantisierten Schwingungen in Kristallgittern, die sog. Phononen, ergeben; es stellt sich u.a. heraus, dass dies in der Regel der wesentliche Beitrag ist. Die von Peter Debye 1911 und 1912 entwickelte „Theorie der spezifischen Wärme von Kristallen“ gilt überdies als eine der ersten theoretischen Bestätigungen der 1900 von Max Planck erstmals vorgestellten Quantenthese[1].
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen des Modells
Gegenüber dem Einstein-Modell (von 1906), welches N unabhängige Oszillatoren mit identischer Frequenz annimmt, geht das Debye-Modell (1912) von einer Vielzahl möglicher Frequenzen und von Null verschiedener Ausbreitungsgeschwindigkeit aller Wellen bzw. Phononen aus. Jedoch wird durchgehend die Langwellennäherung vorausgesetzt, d.h. es wird der Einfachheit halber angenommen, dass bis zu einer Grenzfrequenz, der sog. Debyefrequenz ωD, immer strenge Proportionalität zwischen Frequenz und Wellenvektor (also eine lineare Dispersionsrelation) gilt, wobei ein longitudinaler und zwei transversale Schallwellen-Freiheitsgrade vorausgesetzt werden.
Bemerkenswert an diesem Ansatz ist, dass er (abgesehen von der Nichtexistenz longitudinaler Lichtwellen) mit den Annahmen Plancks zur Berechnung der Hohlraumstrahlung identisch ist, wenn man die Schallgeschwindigkeit durch die Lichtgeschwindigkeit ersetzt. Somit ergeben sich für einen strahlenden Hohlraum (→Plancksches Strahlungsgesetz) Formeln mit demselben Aufbau, wie für einen erwärmten Festkörper, bei dem Teilchen in gitterförmiger Anordnung schwingen. In beiden Fällen folgen charakteristische "T3-Gesetze".[2] (s.u.).
Phononen existieren aber nur bis zu einer Maximalfrequenz (im Debye-Modell also bis zu ωD). Diese Maximalfrequenz ergibt sich aus der Summe aller möglichen Schwingungsmoden, da deren Gesamtzahl höchstens gleich dem Dreifachen der Anzahl der schwingenden Gitterteilchen (Atome) sein kann. Daraus folgt auch, dass ωD grundsätzlich etwas niedriger ist (, mit der unten benutzten Bezeichnung ωmax) als die eines entsprechenden harmonischen Oszillators (siehe Bild) ohne Frequenzbegrenzung.
Ergebnisse des Modells
Debye-Temperaturen verschiedener Materialien ΘD in K Blei 95 Natrium 160 Gold 165 Silber 215 Kupfer 345 Aluminium 428 α-Eisen 464 Chrom 610 Diamant 1850 Temperaturbereiche
Das Modell macht korrekte Voraussagen über die Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität, und zwar sowohl im Niedrigtemperaturlimes als auch für den Hochtemperaturgrenzwert.
Im Niedrigtemperaturbereich, d. h. für (ΘD ist die sog. Debye-Temperatur) gilt für den Phononen-Anteil der spezifischen Wärmekapazität:
wobei ist, mit dem reduzierten planckschen Wirkungsquantum und der Boltzmann-Konstante kB.
Die Debye-Temperatur ist dabei proportional zu einer effektiven Schallgeschwindigkeit, zu der die transversalen Schallwellen zu 2/3 und die longitudinalen Schallwellen zu 1/3 beitragen; und zwar gilt präzise
Sie ist somit ein Maß für die Härte des Kristalls.
Im Hochtemperaturbereich, d. h. für , gilt für die Innere Energie die Beziehung U = 3NkBT und somit für die Wärmekapazität
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In diesem Limes ergibt sich also, wie schon beim Einstein-Modell, das Gesetz von Dulong-Petit.
In beiden Grenzfällen ist die Theorie völlig korrekt, während das intermediäre Verhalten durch die Debye-Theorie nur im Sinne einer „vernünftigen Interpolation“ beschrieben wird, die man gegebenenfalls verbessern kann (s. u.). Und zwar ist das Tieftemperaturverhalten deshalb korrekt, weil im Limes die Debye-Näherung mit dem exakten g(ω) übereinstimmt; das Hochtemperaturverhalten ist deshalb korrekt, weil die Debye-Näherung per constructionem auch die Summenregel
erfüllt.
Zur Begründung der angegebenen Resultate
Das Debye-Modell nähert die Dispersionsrelation von Phononen in der angegebenen Weise linear an. Die Berechnung, die auch für den (realistischen!) Fall elementar durchgeführt werden kann, dass longitudinale und transversale Schallgeschwindigkeit sich erheblich unterscheiden, dauert lange, so dass Details hier nur aus Platzgründen unterbleiben[3].
Da in einem Festkörper höchstens dreimal so viele Schwingungsmoden wie Atome vorhanden sein können, die Zustandsdichte für hohe ω jedoch divergiert, muss die Dichte bei einer bestimmten (materialabhängigen) Frequenz ωmax (in der Debye-Näherung: bei ωmax = ωD) abgeschnitten werden.
Ausgehend von der exakten Formel für die Schwingungsenergie U,
ergibt sich obige Wärmekapazität Cv explizit durch Ausführung des Integrals und Differentiation nach der Temperatur T,
Hierin ist g(ω)dω die Zahl der Schwingungsmoden mit Kreisfrequenzen
(Man beachte, dass oben statt der Debye-Näherung gD das exakte g(ω) steht, und statt ωD die exakte Maximalfrequenz. In der Tieftemperaturnäherung benutzt man, dass man in dieser Näherung die obere Integrationsgrenze durch ersetzen kann und dass die niedrigsten nicht-trivialen Terme der Taylorentwicklungen von g und gD bei übereinstimmen. Für das Hochtemperaturverhalten ersetzt man im Nenner den Term ex − 1 einfach durch x und berechnet das verbleibende Integral mit der Summenregel. Die Zustandsdichte g(ω) (die für die Tieftemperaturnäherung explizit benötigt wird) kann im Debye-Modell angegeben werden, wobei ωmax zu ωD wird.
Die konkrete, über die Debye-Näherung hinausgehende Berechnung der Zustandsdichte g, ist allerdings nicht allgemein analytisch, sondern nur numerisch oder für Teile der Temperaturskala genähert lösbar, wie oben für tiefe Temperaturen. Hier liegen auch die oben angedeuteten Verbesserungsmöglichkeiten für das intermediäre Verhalten.
Verallgemeinerung für andere Quasiteilchen
Das Debye'sche Verfahren kann für andere bosonische Quasiteilchen im Festkörper leicht in analoger Weise durchgeführt werden, z. B. in ferromagnetischen Systemen für sog. Magnonen anstelle der Phononen. Man hat jetzt andere Dispersionsrelationen für , z. B. im genannten Fall, und andere Summenregeln, z. B. Auf diese Weise ergibt sich in Ferromagneten bei tiefen Temperaturen ein Magnonenbeitrag zur Wärmekapazität, der gegenüber dem Phononenbeitrag , dominiert. In Metallen dagegen kommt der Hauptbeitrag , natürlich von den Elektronen. Er ist fermionisch und wird mit anderen Methoden berechnet, die auf Arnold Sommerfeld zurückgehen.
Einzelnachweise
- ↑ Peter Debye (1884-1966): Nobelpreisträger für Chemie
- ↑ Für eine ausführliche klassische Herleitung siehe z.B.: Georg Joos, Lehrbuch der theoretischen Physik - 12. Aufl. - Frankfurt am Main : Akademische Verlagsgesellschaft, 1970 - einerseits "Die Debyesche Theorie der spezifischen Wärme fester Körper" S. 566 ff, bzw. anderseits "Das Plancksche Strahlungsgesetz" S. 580 ff.
- ↑ Weitere Details findet man z. B bei Werner Döring, Einführung in die Theoretische Physik, Bd. 5, §14, Sammlung Göschen, De Gruyter, Berlin 1957
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