Adjuvans (Pharmakologie)

Adjuvans (Pharmakologie)

Ein Adjuvans, Mehrzahl Adjuvantien, Adjuvantia oder Adjuvanzien (von lateinisch adiuvare = unterstützen, helfen) ist ein Hilfsstoff, der die Wirkung eines Reagenz (in der Labormedizin) oder eines Arzneistoffes (in der Pharmakologie) verstärkt.[1] Chemisch-physikalisch handelt es sich häufig um Lösungsvermittler, Emulsionen oder Mischungen daraus. Idealerweise sollte ein Adjuvans keine eigenen pharmakologischen Wirkungen aufweisen.

Ein Beispiel für eine arzneiliche Wirkverbesserung durch Adjuvanzien stellt etwa der Einsatz von Penetrationsbeschleunigern dar,[2] wie dem Dimethylsulfoxid (DMSO) in manchen Arzneimitteln zur Anwendung auf der Haut. Durch das beschleunigte Eindringen des Arzneistoffes werden höhere Wirkspiegel im Gewebe erreicht.

Ein klassisches Einsatzgebiet für Adjuvanzien aber ist die Immunologie.

Abzugrenzen ist das Adjuvans als immunologischer Wirkungsverstärker von der adjuvanten Therapie als unterstützende medikamentöse Therapiemaßnahme wie beispielsweise in der Onkologie, Schmerztherapie oder Rheumatherapie. Diese beugt den Nebenwirkungen des Hauptwirkstoffes vor (Beispiele sind die Gabe von Antiemetika in der Schmerztherapie mit Opioiden oder von Protonenpumpenhemmern in der Rheumabehandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika) oder ermöglicht dessen Dosisreduktion (z. B. gleichzeitige Gabe von Coffein mit Paracetamol und/oder Acetylsalicylsäure). Der für die Begleitbehandlung eingesetzte Arzneistoff, der selbst pharmakologisch wirksam, aber nicht Hauptwirkungsträger ist, wird auch als Adjuvans bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Adjuvanzien in der Immunologie

In der Immunologie werden Adjuvanzien eingesetzt, um die Immunantwort auf eine verabreichte Substanz unspezifisch zu steigern. Das heißt, dass für die spezifische Immunantwort das Antigen, für die Stärke der Antwort im Wesentlichen das Adjuvans verantwortlich ist. Adjuvanzien führen zu einer lokalen Gewebereizung und binden außerdem das Antigen, so dass es nur verzögert freigesetzt wird. Dadurch werden eine erhöhte Antikörperbildung und eine verstärkte Immunantwort erreicht.

Therapeutisch sind Adjuvanzien als Bestandteil von Impfstoffen bedeutsam. In ihrer Funktion als Wirkverstärker stellen sie keinen Arzneistoff, sondern einen pharmazeutischen Hilfsstoff dar. Grundsätzlich gilt die Regel, dass zum Erzielen des erwünschten Effekts die Hilfswirkung eines Adjuvans umso mehr benötigt wird, je kleiner das in Frage kommende Antigen ist. Die Regel trifft nicht zu für Lebendimpfstoffe und Impfstoffe aus bakteriellen Ganzkeimen, da diese zum Erzielen einer entsprechenden Immunantwort keine Adjuvanzien benötigen.[3]

Beispiele zu Adjuvanzien für Humanimpfstoffe
Bezeichnung/ Handelsname Typ, Zusammensetzung/Aufbau[4][5] Beschreibung, Verwendung
Aluminiumhydroxid Anorganische Verbindung, Gelstruktur. Aluminiumhydroxid bindet das Antigen durch Adsorption und setzt es langsam frei. Verwendung als Adsorptionsmittel in verschiedenen inaktivierten Impfstoffen wie z.B. Tetanus-, Diphtherie-, Pertussis-, Hepatitis A-Impfstoff[6]
MF59 Öl-in-Wasser-Emulsion.
Bestandteile: Squalen, Polysorbat 80, Sorbitantrioleat
Nach Injektion geht MF59 schnell in das Lymphsystem über und beschleunigt die Aufnahme der Antigene in das Immunsystem.[4][7] Verwendung als Wirkverstärker in Influenza-Impfstoffen (z. B. Fluad, Focetria, Celtura)
AS03 Öl-in-Wasser-Emulsion.
Bestandteile: Squalen, Polysorbat 80, DL-α-Tocopherol
Verwendung als Wirkverstärker in Influenza-Impfstoffen wie z. B. Pandemischer Influenza-Impfstoff A/H1N1 (Pandemrix)[8]
MPL Monophosphoryl-Lipid A, ein gereinigtes Derivat von Lipopolysacchariden aus Bakterienzellwänden von Salmonella minnesota Bestandteil von kombinierten Adjuvanzien (Adjuvant Systems, AS)
QS21 Oberflächenaktiver Stoff (Saponin) aus der Rinde des südamerikanischen Seifenrindenbaums (Quillaja saponaria) Verwendung als Matrix in den sogenannten ISCOMs (immunstimulating complexes) und in den kombinierten Adjuvanzien
AS04 Kombiniertes Adjuvans.
Komplex aus MPL und Aluminiumhydroxid bzw. Aluminiumphosphat
Aktivierung des Toll-like-Rezeptors TLR4. Bestandteil in Fendrix (Hepatitis B-Impfstoff), Cervarix (HPV-Impfstoff)
AS01 Kombiniertes Adjuvans.
Liposomen, MPL und QS21.
Aktivierung von Toll-like-Rezeptoren, experimentelle Verwendung
AS02 Kombiniertes Adjuvans.
Öl-in-Wasser-Emulsion, MPL und QS21.
Aktivierung von Toll-like-Rezeptoren, experimentelle Verwendung (Entwicklung Malaria-Impfstoff)
IC31 Kombination des Peptids KLK mit dem Oligodesoxynukleotid ODN1[9] Aktivierung des Toll-like-Rezeptors TLR9. Experimentelle Verwendung (Entwicklung von Impfstoffen gegen Malaria, Influenza, Tuberkulose)
CpG-Oligonukleotid Immunstimulierende DNA-Sequenzen (ISS) aus synthetisch hergestellten Oligonukleotiden mit CpG-Motiven experimentelle Verwendung in der Entwicklung von Hepatitis B- und Influenza-Impfstoffen
ISCOMATRIX Hersteller: CSL Behring. Besteht aus dem gereinigtem Quillariasaponin QS21, Cholesterol und Phospholipiden der Zellmembran, welche unter geeigneten Bedingungen 40-50 nm große „Käfigstrukturen“ ausbilden[10] experimentelle Verwendung in Humanimpfstoffen (zugelassen in Impfstoffen gegen Pferdeinfluenza)[10]
Virosomen Doppelmembran aus Phospholipiden (Liposomen), in die die viralen Antigenstrukturen (z.B. Influenzavirus A-Hämagglutinin und Neuraminidase) eingebaut werden; rekonstituierte („künstliche“) Virushülle. Einsatz in Hepatitis A-Impfstoffen wie HAVpur und Epaxal

Zu den ältesten immunologischen Emulsionsadjuvanzien zählen das inkomplette Freund-Adjuvans (IFA), eine mit einem Emulgator stabilisierte experimentell verwendete Wasser-in-Öl-Emulsion auf Mineralölbasis und das Adjuvans 65,[1] eine Wasser-in-Öl-Emulsion mit Erdnussöl. Beide führen wegen ihrer ausgeprägt öligen Eigenschaften zu einer starken Gewebereizung.

Weitere bekannte und verwendete Adjuvanzien sind das Keyhole Limpet Hemocyanin (KLH) und das Bacillus Calmette-Guérin (BCG).

Einzelnachweise

  1. a b Adjuvanz im Lexikon der Biologie, wissenschaft-online
  2. P.C. Schmidt: Fiedler Encyclopedia of Excipients. Editio Cantor, 2007, S. 154
  3. K.-J. Steffens: Impfstoffe: Innovation durch galenische Entwicklung. In: Pharmazeutische Zeitung, Ausgabe 04/2002
  4. a b H. Gießen: Adjuvanzien. Hilfsstoffe für bessere Vakzinen. In: Pharmazeutische Zeitung, Ausgabe 48/2007
  5. Dose Optimization Strategies for Vaccines: The Role of Adjuvants and New Technologies. Februar 2008. Report des The National Vaccine Advisory Committee (NVAC) im U.S. Department of Health & Human Services
  6. Kommentar zum Europäischen Arzneibuch 4.08, Loseblattsammlung, 21. Lfg. 2005
  7. Novartis MF59® Adjuvant Fact Sheet
  8. Pandemrix: Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, Stand 2. Oktober 2009
  9. IC31® auf der Website des Herstellers, Intercell AG [1]
  10. a b CSL Behring ISCOMATRIX® Adjuvant

Weiterführende Literatur

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Adjuvans – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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