Protonenpumpenhemmer

Protonenpumpenhemmer

Protonenpumpenhemmer, auch Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI), im medizinischen Jargon auch als „Magenschutz“ bezeichnet, sind Arzneistoffe, die die Bildung von Magensäure über die Hemmung der H+/K+-ATPase – einer sogenannten Protonenpumpe – in den Belegzellen des Magens unterdrücken. Sie sind in der Humanmedizin angezeigt zur Behandlung der Refluxösophagitis, von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren und in der Eradikationstherapie von Infektionen mit Helicobacter pylori. Eine weitere Indikation einiger PPI ist das Zollinger-Ellison-Syndrom.

Wirkstoffe dieser Klasse sind Omeprazol und dessen reines S-Enantiomer Esomeprazol sowie Pantoprazol, Lansoprazol und Rabeprazol. Protonenpumpenhemmer werden in Form magensaftresistenter Kapseln oder Tabletten verabreicht. Teilweise stehen die Substanzen auch für eine intravenöse Anwendung zur Verfügung.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Protonenpumpenhemmer helfen, viele Magenoperationen zu vermeiden: Früher waren rezidivierende Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre (Ulcera ventriculi oder Ulcera duodeni) die häufigsten Gründe für eine Magenresektion, die dann in der Regel als Teilresektion nach Billroth („Billroth I“ oder „Billroth II“) ausgeführt wurde. Seit den 1990er-Jahren hat die Rate operationswürdiger Geschwüre in der westlichen Welt aufgrund der guten Wirksamkeit und des breiten Einsatzes der PPI drastisch abgenommen.

Wirkungsweise

Protonenpumpenhemmer werden im Dünndarm resorbiert und gelangen über den Blutkreislauf in die sekretorischen Kanäle der Belegzellen des Magens. Bei allen Substanzen handelt es sich um Prodrugs, die erst am Ort der Wirkung umgewandelt werden in die aktive Form, welche an die H+/K+-ATPase bindet und diese irreversibel in ihrer Funktion als Protonenpumpe blockiert. Die Blockierung ist dosisabhängig und wirkt sowohl auf die Ruhe- (basale) als auch auf die stimulierte Magensäuresekretion. Die Verminderung der Säureproduktion im Magen und der resultierende Anstieg des pH-Werts des Magensaftes führt zu einer Abmilderung der Aggressivität des Magensafts und somit zu einer beschleunigten Heilung von Magenwandverletzungen (wie z. B. Schleimhauterosionen oder Ulcera).

Protonenpumpenhemmer wirken trotz ihrer kurzen Plasmahalbwertszeit von nur 0,5 bis 1,5 Stunden dennoch etwa 1–3 Tage lang, denn erst nach dieser Zeit hat sich die H+/K+-ATPase durch Neubildung wieder regeneriert.

Protonenpumpenhemmer werden vollständig durch das Cytochrom-P450-System (CYP) metabolisiert. Dabei erfolgt der überwiegende Teil der Verstoffwechselung durch das vielgestaltige (polymorphe) CYP2C19, ein geringer Teil wird durch CYP3A4 verstoffwechselt.

Nebenwirkungen und Anwendungsbeschränkungen

Protonenpumpenhemmer zählen mit einem globalen Umsatz von 26,5 Mrd. US Dollar (2008) zu den weltweit am häufigsten verordneten Medikamenten und gelten als relativ sicher. Die häufigsten Nebenwirkungen sind gastrointestinaler Natur; außerdem können Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Hautveränderungen und veränderte Leberwerte, besonders anfangs, die Therapie begleiten. Gravierende Nebenwirkungen, u. a. Sehstörungen bis zur Erblindung, wurden dagegen nur sehr selten, insbesondere unter parenteraler Verabreichung, z.B. durch Injektion, beobachtet.

  • Generell werden Protonenpumpenhemmer nicht für den Einsatz bei Kindern empfohlen, weil keine Erfahrungen mit der Anwendung in dieser Gruppe vorliegen. Allerdings sind einige Omeprazolformulierungen für die Therapie der schweren Refluxösophagitis bei Kindern ab 2 Jahren zugelassen, wenn sich diese anderen therapeutischen Maßnahmen gegenüber als resistent erwiesen hat. Langzeiterfahrungen liegen nicht vor, und die Behandlung sollte durch einen pädiatrischen Facharzt durchgeführt werden.
  • Patienten mit schweren Leber- bzw. Nierenfunktionsstörungen sowie Schwangere und Stillende sollen PPI nicht oder nur nach besonderer Nutzen-Risiko-Abwägung einnehmen.
  • Protonenpumpenhemmer stehen im Verdacht, die Entwicklung von Nahrungsmittelallergien (Jensen-Jarolim et al.) sowie das Risiko, an einer Lungenentzündung (Pneumonie) zu erkranken, zu fördern. Herzig et al. schätzen, dass bis zu 0,9 Prozent aller im Krankenhaus erworbenen Pneumonien in den USA den PPI anzulasten seien und damit allein in den USA bis zu 33.000 Todesfälle pro Jahr vermieden werden könnten.[1]
  • Bei hochdosierter PPI-Therapie erhöht sich das Risiko für Schenkelhalsfrakturen („Hüftbrüche“) auf das Doppelte. [2]
  • In Kombinationsgabe mit Clopidogrel bei akutem Koronarsyndrom stehen Protonenpumpenhemmer im Verdacht, die schützende Wirkung von Clopidogrel abschwächen zu können.[3]
  • Die längerfristige Einnahme dieser Medikamente kann dazu führen, dass nach Absetzen des Medikaments der Magen zu viel Säure bildet, auch wenn er vor Beginn der Behandlung gesund war, was zu einer PPI-Abhängigkeit führen kann.[4]
  • Sehr selten kann es bei der Therapie mit PPI zu einer interstitiellen Nephritis kommen.[5]
  • Enteritiden durch Salmonella oder Campylobacter treten durch PPI nach Logan et al. bis zu dreimal häufiger auf und werden mit dem Verlust der natürlichen Säurebarriere erklärt. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf eine Entstehung einer Hypomagnesiämie, und auch eine Eisen- und Vitamin-B12-Malabsorption kommt offenbar häufiger vor.[6]

Arzneimittel auf dem deutschen Markt

INN Handelspräparat(e) Darreichungsform(en)
Omeprazol Antra MUPS, Gastracid, sowie zahlreiche Generika magensaftresistente Tabletten/Kapseln mit 10, 20 oder 40 mg; Infusion mit 40 mg
Esomeprazol Nexium magensaftresistente Tabletten/Kapseln mit 10, 20 oder 40 mg; Infusion mit 40 mg
Pantoprazol Rifun, Pantozol, Pantoloc magensaftresistente Tabletten bzw. Kapseln mit 20 oder 40 mg; Infusion mit 40 mg
Lansoprazol Agopton, Lanzor magensaftresistente Kapseln mit 15 oder 30 mg
Rabeprazol Pariet magensaftresistente Tabletten mit 10 oder 20 mg

Einzelnachweise

  1. Herzig, S. J. et al., Acid-suppressive medication use and the risk for hospital acquired pneumonia. J. Am. Med. Ass. 301 (2009) 2110-28
  2. Frakturgefahr durch Säurehemmer. In: MMW-Fortschr. Med. 149, Nr. 3, 2007, S. 3
  3. Ho PM, Maddox TM, Li Wang MS, et al. : Risk of Adverse Outcomes Associated With Concomitant Use of Clopidogrel and Proton Pump Inhibitors Following Acute Coronary Syndrome, JAMA, March 4, 2009—Vol 301, No. 9, S. 937-944
  4. Kenneth E.L. McColl und Derek Gillen: Proton-Pump Inhibitor Therapy Induces Acid-Related Symptoms in Healthy Volunteers After Withdrawal of Therapy. In: Gastroenterology 137 (2009), S. 20-22
  5. Simpson IJ, Marshall MR, Pilmore H, et al.: Proton pump inhibitors and acute interstitial nephritis: report and analysis of 15 cases, Nephrology (Carlton). 2006 Oct;11(5):381-5, PMID 17014549
  6. Logan, I. C. et al., Gastric acud suppressants - too much of a good thing ? Age and Ageing 39 (2010) 410-11

Literatur

  • Manfred Schubert-Zsilavecz & Holger Stark (2005): Protonenpumpeninhibitoren. In: Pharmazie in unserer Zeit. Bd. 34, Nr. 3, S. 194-199, ISSN 0048-3664
  • Holger Stark, Yvonne Syha, Laura Popescu, Manfred Schubert-Zsilavecz (2005): Neue Wirkstoffe zur GERD-Behandlung. In: Pharmazie in unserer Zeit. Bd. 34, Nr. 3, S. 224-227, ISSN 0048-3664
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