- Derneburg
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Derneburg und Astenbeck sind Ortsteile der Gemeinde Holle im Landkreis Hildesheim. Derneburg liegt im Harzvorland, an der Kreisstraße 306 zwischen der Hildesheimer Börde und dem Wohldenberg. Eine Autobahnausfahrt der A 7 trägt den Namen Derneburg/Salzgitter. Astenbeck liegt rund einen Kilometer von Derneburg entfernt. Die Orte liegen idyllisch an einem Flusstal, wo die Nette in die Innerste mündet. Die Ortsgeschichte wurde über die Jahrhunderte durch das Kloster Derneburg bestimmt, das im 19. Jahrhundert in ein Schloss umgewandelt wurde.
Inhaltsverzeichnis
Wappen
Das gekrönte „D“ des Derneburger Wappens ist dem Wappen des Abts Gottfried Arnu entnommen, unter dessen Leitung die Mönche des Zisterzienserordens das Derneburger Kloster im 18. Jahrhundert wesentlich umgestalteten.
Derneburg und Astenbeck
Obwohl sich Derneburg und Astenbeck dem Besucher heute als zwei räumlich voneinander getrennte Orte präsentieren, gehören sie doch zusammen. Derneburg ist die größere Siedlung, die in mehreren Abschnitten zwischen 1960 und 1973 entstand. Astenbeck wird durch einige ältere Wohnhäuser, aber vor allem durch die 1818 errichtete Kornbrennerei und die Gutsschenke des Fürsten zu Münster geprägt.
Bis in das 13. Jahrhundert bot sich ein zur heutigen Zeit völlig konträres Bild: Astenbeck war ein bereits 826 erstmals urkundlich erwähntes Dorf mit ca. 1000 Morgen Land, Derneburg bestand bis dahin nur aus einem Herren-Hof, der dem Grafen Hermann von Winzenburg gehörte. Seither gehören beide Siedlungen zu einem gemeinsamen Gutsbezirk.
Verkehrsanbindung
Die Nähe zu den Autobahnen 7 und 39 sowie zur B 6 und B 444 sorgen für eine gute Verkehrsanbindung. Als öffentliche Verkehrsmittel bestehen Busverbindungen und der Bahnhof Derneburg mit der Bahnstrecke Hildesheim–Goslar.
Schlossgeschichte
Klosterperiode
Ursprünglich stand in Derneburg ein Herrenhof, den die Brüder Hermann und Heinrich von Assel von Burchard I. von Loccum zum Lehen hatten. Hermann ermordete 1130 seinen Lehnsherren. Daraufhin übergaben die Brüder Derneburg 1143 als Sühne dem Bistum Hildesheim mit der Maßgabe, ein Nonnenkloster zu gründen. Dies entstand wegen fehlendem Geld erst 1213, als das Konvent der Augustiner–Nonnen von Holle nach Derneburg verlegt wurde. In den darauf folgenden 10 Jahren erweiterte das Kloster seinen Besitz, und verleibte sich unzählige Grundstücke und Zehntabgaben der umliegenden Dörfer ein. Auch übergab Bischof Konrad II. 1223 die Haupt- und Taufkirche St. Martin in Sottrum dem Propst des Augustinerklosters Derneburg. Eine Urkunde über die Inkorporation der Sottrumer Kirche in das Kloster Derneburg ist nicht vorhanden. Dies war auch die Ursache für die im Jahre 1436 angeordnete Untersuchung auf dem Konzil von Basel, welches die Rechtmäßigkeit dieser Übertragung an das Kloster prüfen sollte. Der urkundliche Nachweis der Inkorporation konnte nicht erbracht werden, da laut Angaben des Klosters die Urkunden verbrannt seien. Die Untersuchung muss jedoch letztlich zugunsten des Klosters ausgefallen sein, da sich im 16. Jahrhundert das gesamte Vermögen der Sottrumer Kirche im Besitz des Klosters befand.[1]
Anfang des 14. Jahrhunderts verarmte das Kloster, und die klösterlichen Sitten wurden von den Schwestern immer weniger eingehalten. 1370 erfolgte eine Exkommunikation. Der Abt Heinrich Barnten aus dem Kloster Marienrode ließ die ungefolgsamen Nonnen 1443 kurzerhand räumen und übergab die Ordenseinrichtung den Zisterziensern. Diese schickten Nonnen aus Kloster Wöltingerode nach Derneburg.
Im Jahr 1523 stellte sich die Klosterpfarrei St. Andreas im Rahmen der Hildesheimer Stiftsfehde unter den Schutz Erichs I. von Calenberg, weil immer wieder Plünderungen durch Reiter Herzog Heinrichs II. stattfanden. Kloster Derneburg - als Exklave Calenbergs - wurde deshalb erst 1543 durch die Kirchenvisitation der Markgräfin Elisabeth von Brandenburg, Fürstin von Calenberg-Göttingen, reformiert.[1]
Mit der Reformation im 16. Jahrhundert wurde das Kloster in ein lutherisches Jungfrauenstift umgewandelt, das sich bis ins 17. Jahrhundert im Besitz der Herzöge von Braunschweig befand. Den Grundstein für den noch heute sichtbaren Reichtum Derneburgs legten die Mönche des Zisterzienserordens. Von 1735 bis 1749 schufen sie die barocke Klosterkirche und die Gebäude der Domäne.
Umbau zum Schloss
Durch Säkularisation lösten die Preußen 1803 das Kloster mit 14 Mönchen sowie einem Abt auf und machten es zu einer preußischen Staatsdomäne. Vier Jahre später besetzten französische Truppen das Gut und plünderten es. 1815 fiel Derneburg als Teil des Hochstifts Hildesheim nach dem Wiener Kongress an das welfische Königreich. König Georg III. schenkte das verwahrloste ehemalige Kloster Derneburg und dessen Grundbesitz dem hannoverschen Minister Graf Ernst zu Münster (1766–1839) als Dank für seine Verhandlungserfolge beim Kongress. Sein Sohn Georg Herbert wandelte 1846–1848 das Klostergebäude in ein Schloss um. Die Gebäude bekamen im Zuge von Um- und Neubauten eine architektonische Gestaltung im englisch-gotischen Tudorstil, der in Niedersachsen ungewöhnlich war, aber der Vorstellungswelt des in London aufgewachsenen Grafen entsprach.
Mit Hilfe des hannoverschen Architekten Georg Ludwig Friedrich Laves entstanden schon unter Graf Ernst zu Münster rund um das Schloss ein englischer Landschaftsgarten und in Schlossnähe die Einrichtungen:
- „Tee"-Tempel“ (1830) (im Volksmund). Tempelartiges Bauwerk im antiken griechischen Stil mit dorischen Säulen als Aussichtspunkt des Grafen, früher mit Kaminzimmer.
- Lavesbrücke (1838). 1992 rekonstruierte Fußgängerbrücke über die Nette mit dem „Lavesbalken“, einem Fischbauchträger unterhalb. Die Bauweise ermöglicht eine zierliche Brücke beim Überspannen längerer Strecken.
- Mausoleum (1839). Als ägyptische Steilpyramide von elf Metern Höhe errichtet. Im Inneren befindet sich das von-Münstersche Familiengrab für den Bauherren und zahlreiche weitere Familienangehörige.
- Turmruine bei Astenbeck, die früher Teil der Sichtachse zum Tee-Tempel war. Heute ist die Sichtachse durch den Baumbewuchs verdeckt, der Turm ist jedoch von der B 6 aus zu sehen.
Heute
Während des Zweiten Weltkriegs war das Schloss ein Lazarett der Wehrmacht, nach dem Krieg ein Lazarett der britischen Rheinarmee. Im Schloss suchten nach dem Krieg viele Heimatvertriebene Zuflucht, so dass ein Flüchtlingslager entstand. Darin lebten in einem Altenbereich fünf Jahre lang rund 250 ältere Menschen. Daraus entstand das St. Josef-Heim der Caritas, das 1952 nach Hildesheim verlegt wurde, da der nach England geflohene Graf zu Münster seine Schlossräume zurückforderte.
1955 erwarb das Land Niedersachsen den Grundbesitz des Schlosses für den Betrieb der früheren benachbarten Schlossdomäne. Das Schloss blieb weiter im Besitz der Familie Münster, die es nach fünf Generationen durch Peter Graf zu Münster 1975 an den Künstler Georg Baselitz veräußerte. 2006 erwarb schließlich der US-amerikanische Broker und Kunstsammler Andrew J. Hall die Immobilie. Das Schloss ist in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Es befindet sich ebenso wie die staatliche Domäne in einem guten baulichen Zustand.
Eine weitere Sehenswürdigkeit in Derneburg ist neben dem Schloss das unmittelbar daran angrenzende Glashaus. Das frühere Gewächshaus des Schlosses ist heute ein kultureller Veranstaltungsort.
Lavespfad
Seit 1988 verbindet der von der Gemeinde Holle angelegte „Laves-Kulturpfad“ die historischen Bauten und Einrichtungen des Architekten Georg Ludwig Friedrich Laves in den Parkanlagen des Schlosses. Es ist ein Rundweg, der zu Laves-Brücke, Mausoleum, Teehaus, Fischerhaus und zum Glashaus führt. Jährlich kommen etwa 20.000 Besucher nach Derneburg wegen der historischen Stätten rund um das Schloss und dem Lavespfad.
Dernburger Fischteiche
Die von den Mönchen angelegte Fischteiche gehören zum Naturschutzgebiet „Mittlere Innerste mit Kahnstein“. Die Teiche sind seit 2008 im Besitz der Paul-Feindt-Stiftung für Naturschutz und Landschaftspflege. Hier befindet sich das Kerngebiet einer binnenländischen Brutpopulation des Mittelsägers. Weitere Brutvogel sind Haubentaucher, Zwergtaucher, Schwarzhalstaucher, Graureiher, Eisvögel, Wasseramsel. Das erste erfolgreiche Brutnachweis eines Seidensängers in Deutschland fand hier 1975 statt.
Literatur
- Hans Adolf Schultz: Burgen und Schlösser des Braunschweiger Landes. Braunschweig 1980, ISBN 3-878840128
- Ernst Andreas Friedrich: Wenn Steine reden könnten. Band III, Landbuch-Verlag, Hannover 1995, ISBN 3-7842-0515-1
- Anna-Franziska von Schweinitz: Die Derneburger Grabpyramide und ihr Vorbild im Schaumburger Wald. In: Hildesheimer Jahrbuch für Stadt und Stift Hildesheim 70/71, 1998/99, S. 219-231
- Nicolaus Strube: Ästhetische Lebenskultur nach klassischen Mustern. Der hannoversche Staatsminister Ernst Friedrich Herbert Graf zu Münster im Lichte seiner Kunstinteressen. Hannover 1992, ISBN 3-7752-5862-0
- Heinz-Peter Gerber: Der Laves-Kulturpfad in Holle - Derneburg, ISBN 3-8067-8517-1
Weblinks
Commons: Derneburg – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Laves-Kulturpfad
- Webseite der Gemeinde Holle
- Schloss Derneburg bei www.burgen.de
- Geschichte des Klosters
- Hildesheimer Zeitung 2006 über Flüchtlingslager im Schloss (pdf, 90 kB)
- Paul-Feindt-Stiftung zu Fischteichen
Einzelnachweise
- ↑ a b Geschichte St. Andreas in Sottrum, eingesehen am 23. Dezember 2010
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