Diffusor (Motorsport)

Diffusor (Motorsport)
Roter schraffierter Bereich = Wirkflächen des Diffusors

Als Diffusor bezeichnet man im Motorsport Wirkflächen im Unterbodenbereich eines Rennwagens zur Verbesserung der Aerodynamik durch eine Sogwirkung. Diese Sogwirkung durch den Bodeneffekt wurde bereits 1977 in der Formel 1 beim Rennwagen Lotus 78, dem ersten „Wingcar“, technisch umgesetzt. Der Diffusor sorgt durch seine asymmetrische Form für eine Druckverteilung im Unterboden und damit für Abtrieb.

Inhaltsverzeichnis

Bauarten

Frontdiffusor

Beim Frontdiffusor leiten Leitbleche unter dem Frontspoiler den Luftstrom seitlich hinter den vorderen Radkästen nach oben. Anwendungen finden sich bei Prototypen und Gruppe CN Fahrzeugen.

Heckdiffusor

Heckdiffusor eines Ferrari F430

Das nach hinten hochgezogene Leitwerk des Unterbodens am Heck eines Rennwagens bezeichnet das Ende des Heckdiffusors. Der Einsatz eines Heckdiffusors unterliegt technischen Restriktionen der FIA.

In der Formel 1 bewirkt der Heckdiffusor, dass der Windschatten voranfahrender Fahrzeuge schlechter genutzt werden kann. Der Heckdiffusor war bis zur Regeländerung 2009 mit bis zu 70 Prozent – bei einem Anteil von 10 Prozent am Gesamtluftwiderstand – am Gesamtabtrieb des Formel 1 Rennwagens beteiligt.[1] Nachfolgende Fahrzeuge geraten durch ihn in Luftverwirbelungen, welche den Anpressdruck verringert. Um die durch die Heckdiffusoren entstehenden Turbulenzen hinter dem Auto zu verringern und so das Fahren im Windschatten und somit auch das Überholen zu erleichtern, passte die FIA zur Formel-1-Saison 2009 die Vorgaben zum Unterboden an. Im Artikel 3.12.7 des offiziellen technischen Reglements heißt es nun: „Kein von unter dem Auto sichtbares Karosserieelement, das bis zu 350 mm hinter der Hinterachslinie liegt, darf höher als 175 mm sein.“[2] Durch diese Änderung wurden die bisherigen Heckdiffusoren in ihrer Bauform und damit ihrer Wirkung beschnitten, der Anteil am Gesamtabtrieb betrug danach noch etwa 40 Prozent.[3]

Doppeldiffusor eines Brawn BGP 001 (2009)

Doppeldiffusor, Formel 1

Der sogenannte Doppeldiffusor, bei den Formel-1 Rennwagen von Brawn GP (Brawn BGP 001), Williams (Williams FW31) und Toyota (Toyota TF109) in der Saison 2009 zuerst angebracht, verstärkte den Anpressdruck durch eine zweite kürzere Platte über dem eigentlichen Diffusor. Der Doppeldiffusor des Brawn BGP 001 hatte darüber hinaus einen von unten nicht sichtbaren Zentralkanal, der gegenüber einfachen Diffusoren einen höheren Abtrieb und damit mehr Bodenhaftung erbrachte.

Die Möglichkeit einer solchen Regelauslegung bestand bereits zuvor, brachte jedoch erst mit der Regeländerung 2009 zur Verkleinerung der Diffusoren einen realen Vorteil.[4] Als in den Wintertests vor der Saison 2009 die Vorteile der drei mit Doppeldiffusoren ausgerüsteten Teams deutlich wurde, begann die Diskussion um deren Legalität. Die Teams Ferrari, BMW Sauber, Renault und Red Bull legten vor dem ersten Rennen in Australien Protest gegen die verbauten Doppeldiffusoren ein. Die zuständigen Rennkommissare wiesen den Protest jedoch zurück und erklärten die Diffusoren für regelkonform.[5] Die protestierenden Teams gingen gegen diese Entscheidung in Berufung, doch das FIA-Berufungsgericht schloss sich den Rennkommissaren in seiner Entscheidung vom 15. April 2009 an und erklärte die Doppeldiffusoren in letzter Instanz für legal.[6] Beim Grand Prix von China, wenige Tage nach der Entscheidung der FIA, gingen McLaren und Renault mit modifizierten Diffusoren an den Start, die restlichen Teams zogen mit neuen Entwicklungen nach. Bereits im März 2008 schlug Ross Brawn, damals Teamchef von Honda F1 vor, das Diffusor-Reglement einfacher und präziser zu gestalten.[7] Zur Formel-1-Saison 2011 wurde der Doppeldiffusor verboten.[8]

Dreifachdiffusor Toyota TF109

Dreifachdiffusor, Formel 1

Toyota entwickelte in der Saison 2009 aus dem Doppeldiffusor einen Dreifachdiffusor bei seinem Modell Toyota TF109.[9]

Angeblasener Diffusor, Formel 1

Zur Formel-1-Saison 2010 wurde von Red Bull Racing der „angeblasene Diffusor“ erfunden. Beim Rennwagen Red Bull RB6 wurden die heißen Auspuffabgase auf das Diffusordach geleitet.[10][11]

Literatur

  • Michael Trzesniowski: Rennwagentechnik, Vieweg und Teubner Verlag, Wiesbaden, 2. Auflage 2010, ISBN 978-3-8348-0857-8
  • Hans-Hermann Braess, Ulrich Seiffert: Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik. 2. Auflage, Friedrich Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden, 2001, ISBN 3-528-13114-4

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Diffusor – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Michael Trzesniowski, Seite 128
  2. Offizielles technisches Reglement der FIA vom 17. März 2009 (englisch)
  3. Michael Trzesniowski, Seite 156
  4. „Der Insider: Diffusoren, KERS, Spionage und Co.“ – motorsport-total.com am 14. April 2009
  5. „Protest gegen Diffusoren abgewiesen!“ – motorsport-total.com am 26. März 2009
  6. „FIA entscheidet: Diffusoren sind legal!“ – motorsport-total.com am 15. April 2009
  7. „Brawn: "Nun sind sie interessiert"“ – motorsport-total.com am 5. April 2009
  8. formula1.com vom 30. November 2010 Farewell to F-ducts and double diffusers
  9. formula1.com Toyota TF109 - 'triple-deck' diffuser, abgerufen am 2. Februar 2011
  10. Auto Motor und Sport Extra: Ausgabe 26/2010. Technik Neuheiten 2010: Luftnummer. Seite 16 ff
  11. formula1.com vom 13. März 2010 Red Bull RB6 - new exhaust positioning

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