- Ehrhart Neubert
-
Ehrhart Neubert, Pseudonym Christian Joachim, (* 2. August 1940 in Herschdorf) ist ein deutscher Theologe und DDR-Oppositioneller.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Neubert entstammt einem evangelischen Pfarrhaus, besuchte die Oberschule und nahm nach dem Abitur 1958 ein Studium der evangelischen Theologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena auf. Von 1964 bis 1984 wirkte er zunächst als Vikar und später als Pfarrer in Niedersynderstedt bei Weimar. Ab 1973 war er zugleich Studentenpfarrer in Weimar. 1976 trat er der DDR-CDU bei, die er jedoch 1984 wieder verließ. Ab 1984 war er Referent für Gemeindesoziologie in der Theologischen Studienabteilung beim Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR in Berlin.
Der Theologe gehörte in der DDR oppositionellen Kreisen an und sympathisierte mit den bürgerrechtlichen Forderungen Robert Havemanns. Er war seit 1979 Mitarbeiter in verschiedenen Friedenskreisen und geriet dadurch nicht nur in Konflikt mit staatlichen Behörden, sondern auch mit der eigenen Kirche, deren Führung sich den Staatsbehörden teilweise anbiederte. Er trat jedoch auch als Referent bei der Christlichen Friedenskonferenz auf. Seine Arbeiten erschienen im Westen unter dem Pseudonym „Christian Joachim“.
Während der Friedlichen Revolution gehörte Neubert 1989 zu den Gründern des Demokratischen Aufbruches und arbeitete am Programm der neuen Partei mit, deren stellvertretender Vorsitzender er war. Er vertrat den Demokratischen Aufbruch bei manchen Sitzungen des Zentralen Runden Tisches und wirkte in verschiedenen Untersuchungskommissionen mit. Im Januar 1990 trat er nach internen Machtkämpfen aus der Partei aus. Er engagierte sich im Komitee „Freies Baltikum“. Von 1992 bis 1995 war er Mitglied des Bündnis 90 in Brandenburg (später Bündnis 90/Die Grünen).
In der „Initiative Recht und Versöhnung“ trat er für die Rechte von MfS-Verfolgten und eine konsequente Aufarbeitung von Stasiverstrickungen in der evangelischen Kirche ein. 1992 berief ihn die brandenburgische Landtagsfraktion des Bündnis 90 zum Mitarbeiter im Stolpe-Untersuchungsausschuss, dem er bis 1994 angehörte. 1996 wurde Neubert Mitglied der CDU. Im selben Jahr promovierte Neubert zum Dr. phil. an der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit zur Geschichte der DDR-Opposition von 1949–1989.
Neubert arbeitete ab 1997 als Fachbereichsleiter in der Abteilung Bildung und Forschung beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Zusammen mit Joachim Gauck ist Neubert Autor des deutschen Beitrages in der 1997 erschienenen deutschsprachigen Ausgabe des Schwarzbuches des Kommunismus. Daneben ist er Autor einer Vielzahl von Schriften zu Widerstand und Opposition, sowie zur religiösen Situation in der DDR. Von 1998 bis 2003 war er ehrenamtlich im Vorstand der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur tätig. Seit 1996 setzt sich Neubert als Gründungsmitglied des „Bürgerbüro Berlin e. V., Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur“[1] für die Belange der Opfer des DDR-Sozialismus ein. Er ist heute, in Nachfolge von Bärbel Bohley, dessen Vorsitzender.
Seit 2005 befindet sich Ehrhart Neubert im Ruhestand. Er nimmt Aufgaben als Pfarrer im Ehrenamt wahr, so in Limlingerode. Nach der Trennung von seiner Frau Sabine lebt Neubert mit seiner zweiten Frau Hildigund in Erfurt, wo diese Landesbeauftragte für die Stasiunterlagen ist.
Schriften
- Eine Protestantische Revolution, kontext-Verlag, Berlin 1990.
- Geschichte der Opposition in der DDR 1949-1989, Berlin 1997, ISBN 3-86153-163-1.
- mit Bärbel Bohley: Wir mischen uns ein - Ideen für eine gemeinsame Zukunft, Freiburg 1998, ISBN 3-451-04619-9.
- mit Bernd Eisenfeld: Macht, Ohnmacht, Gegenmacht: Grundfragen zur politischen Gegnerschaft in der DDR, Bremen 2001, ISBN 3-86108-792-8.
- mit Ilko-Sascha Kowalczuk/Bernd Eisenfeld: Die verdrängte Revolution - Der Platz des 17. Juni 1953 in der deutschen Geschichte, Bremen 2004, ISBN 3-86108-387-6.
- Unsere Revolution - Die Geschichte der Jahre 1989/90, München 2008, ISBN 3-492-05155-3. Besprechung in Freiheit und Recht, März 2009, Seite 19-20
- Politische Verbrechen in der DDR, in: Stéphan Courtois (Hg.), Das Schwarzbuch des Kommunismus, München, 1998, S. 829-884
Auszeichnungen
Ehrhart Neubert erhielt 2005 das Bundesverdienstkreuz. Ihm wurde 2010 der Friedrich-Schiedel-Literaturpreis verliehen.[2]
Literatur
- Jan Wielgohs: Neubert, Ehrhart. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 2.
Weblinks
- Literatur von und über Ehrhart Neubert im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Stiftung Aufarbeitung: Kurzbiografie
- Chronik der Wende: Biographie Ehrhart Neuberts
- Vertretung des Freistaates Thüringen beim Bund: Ehrhart Neubert verabschiedet.
- Video-Interview mit Erhart Neubert zu seinem Buch "Unsere Revolution"
Einzelnachweise
- ↑ Website des Bürgerbüros.
- ↑ Literaturpreis geht an DDR-Oppositionellen. Schwäbische Zeitung vom 21. September 2010.
Kategorien:- DDR-Opposition
- Evangelischer Theologe (20. Jahrhundert)
- Aufarbeitung der SED-Diktatur
- Träger des Bundesverdienstkreuzes (Ausprägung unbekannt)
- CDU-Mitglied (DDR)
- DA-Mitglied
- Bündnis-90/Die-Grünen-Mitglied
- CDU-Mitglied
- Deutscher
- Geboren 1940
- Mann
Wikimedia Foundation.