- Elektromagnet
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Ein Elektromagnet besteht aus einer Spule, in der sich bei Stromdurchfluss ein magnetisches Feld bildet. In der Spule befindet sich meist ein offener Eisenkern, der das Magnetfeld führt und verstärkt. Die Erfindung des Elektromagneten gelang dem Engländer William Sturgeon im Jahre 1826. Erstmals nachgewiesen wurde die elektromagnetische Wirkung 1820 von dem dänischen Physiker Hans Christian Ørsted.
Inhaltsverzeichnis
Wirkprinzip
Ein stromdurchflossener Leiter verursacht ein Magnetfeld in seiner Umgebung (Entdeckung durch Hans Christian Ørsted 1820).
Die Richtung der magnetischen Feldlinien einer einzelnen Windung der Spule lässt sich mit der Korkenzieherregel (auch Rechte-Hand-Regel) bestimmen: Wird der Leiter so von der Hand umfasst gedacht, dass der abgespreizte Daumen in die Richtung vom Plus- zum Minuspol (technische Stromrichtung) zeigt, dann zeigen die Finger die Richtung der Feldlinien des Magnetfeldes an. Die Felder der einzelnen Windungen summieren sich zu einem den Wicklungsquerschnitt umlaufenden Gesamtfeld. Die Feldlinien verlaufen ebenso wie bei einer einzelnen Windung (alle Stromrichtungen der Windungen sind gleichsinnig!) und verlassen den Eisenkern – dort bildet sich der magnetische Nordpol. Alle Feldlinien treten am magnetischen Südpol wieder in den Eisenkern ein.
Die Magnetfeldlinien konzentrieren sich im Inneren der Spule. Die magnetische Flussdichte ist im Zentrum der Spule am höchsten. Außerhalb der Spule ist die magnetische Flussdichte geringer, sie nimmt mit der Entfernung schnell ab, so dass Elektromagnete nur in geringen Entfernungen eine große Wirkung haben.
Soll Arbeit verrichtet werden, muss der Magnetfeldkreis ferromagnetisch und inhomogen sein, d. h. eine Unterbrechung im Eisenkern enthalten, welche durch die Arbeit verkleinert werden soll.
Die Lenzsche Regel besagt sinngemäß, dass eine Kraft oder Bewegung so gerichtet ist, dass sie ihrer Ursache (in diesem Fall dem Stromfluss) entgegenwirkt. Folglich ist ein Magnetkreis um eine stromdurchflossene Spule bestrebt, seinen magnetischen Widerstand zu verringern und auch Luftspalte zu schließen: Dadurch erhöht sich die Induktivität und in der Spule wird eine Spannung induziert, die die gleiche Polarität wie die Speisespannung hat – der Strom verringert sich während des Zueinander-Bewegens der Eisenteile des Magnetkreises.
Eisenteile des Magnetkreises bestehen aus einem Joch (feststehender Teil) und beweglichen Teilen wie Zuganker, Klappanker oder zu transportierenden Eisenteilen (Magnetkran).
Theorie
Für eine lange elektromagnetische Spule der Länge l {Maßeinheit: m (Meter)} und der Windungszahl n {ohne Maßeinheit}, durch die ein Strom I {Maßeinheit: A (Ampère)} fließt, berechnet sich die magnetische Feldstärke H {Einheit: A/m} zu
bzw. die magnetische Flussdichte B {Maßeinheit: T (Tesla)} zu
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Darin ist μ0 die magnetische Feldkonstante und μr die Permeabilität des von der Spule umschlossenen Raumes.
- .
In Vakuum (bzw. genähert in Luft) ist die relative Permeabilität μr = 1, in ferromagnetischen Materialien liegt ihr Wert zwischen 4 und 15.000 bis zum Erreichen der materialabhängigen magnetischen Sättigung.
Bauformen und Besonderheiten
Zug-, Klappanker- und Haltemagnete
Sie dienen der Betätigung (Zug-, Druck- und Klappankermagnete), als Kupplung oder zum Transport. Sie unterscheiden sich durch die Ankerform:
- Zug- und Druckmagnete besitzen stabförmige Anker
- Schütz-Betätigungsspulen besitzen I- oder T-förmige Anker und entsprechend ein E-förmiges Joch
- beim Klappanker (siehe auch Klappanker-Relais) schwenkt ein abgewinkeltes Ankerblech um eine der Kanten des Jochs
- bei Kupplungsmagneten (Magnetkupplung) ist der Anker eine Scheibe
- Halte- und Transportmagnete verwenden das Transportgut als „Anker“. Beispiele sind auch Magnetscheider und Magnetkran.
Mit Gleichspannung betriebene Magnete besitzen eine stark nichtlineare Kraft-Weg-Kennlinie bei Annäherung des Ankers an das Joch. Berühren sich beide, ist die Kraft am größten. Mit der Entfernung sinkt sie nahezu hyperbolisch ab. Ursache ist die mit der Verringerung des Luftspaltes ansteigende magnetische Flussdichte. Die zu Beginn des Anziehens geringe Kraft macht sie ungeeignet für Einsatzfälle, die sofort eine große Kraft benötigen. Auswege sind:
- überhöhte Spannung als Anzughilfe
- konstruktive Gestaltung der Magnetpole (Anker und Joch):
- Andrehungen vergrößern die Kraft auch bei großen Hüben
- Proportionalmagnete (zum Beispiel für Proportionalventile) besitzen einen bei kleiner werdendem Abstand wirksam werdenden magnetischen Nebenschluss[1].
Anders ist das bei Wechselspannung: Hier bewirkt die bei großem Luftspalt verringerte Induktivität einen erhöhten Stromfluss beim Anziehen. Wechselstrom-Zugmagnete (oder auch Relais- und Schützspulen) haben daher bereits zu Beginn des Anziehens eine große Kraft.
Um die Kraft bei Wechselstrom-Zugmagneten während der Strom-Nulldurchgänge aufrechtzuerhalten, setzt man Kurzschlusswindungen wie bei einem Spaltpolmotor ein – diese erzeugen in einem Teil des Magnetkreises ein phasenverschobenes Magnetfeld. Eine weitere Möglichkeit sind Drehstrom-Zugmagnete, diese erfordern jedoch drei separate Schenkel von Joch und Anker.
Beim Abschalten des Stromes können durch Selbstinduktion Überspannungen entstehen, die wiederum Funken oder Lichtbögen hervorrufen. Diese können zur Zerstörung des Schalters führen. Als Abhilfe werden bei Gleichstrom Schutzdioden, bei Wechselstrom Varistoren eingesetzt.
Tauchspulmagnete
Tauchspulen können auch in Zug- und Druckmagneten verbaut sein. Ein üblicher englischer Begriff ist auch voice coil. Entweder ist auch eine Parallelführung vorhanden oder der Anwender muss durch die Konstruktion selbst eine Führung der Spule im Dauermagnet gewährleisten. Bei Tauchspulmagneten bewegt sich wie beim elektrodynamischen Lautsprecher eine Spule (Zylinderspule) im Luftspalt eines Dauermagneten durch die Lorentzkraft. Sie weisen gegenüber den oben beschriebenen Bauformen eine lineare Kraft/Weg-Kennlinie auf. Die bewegte Masse ist gering, daher ist die Dynamik hoch. Die erreichbare Kraft pro Masse ist jedoch geringer.
Magnetspulen
Elektromagnete mit und ohne Joch, jedoch ohne bewegte Anker oder ähnliches werden meist nicht als Elektromagnet bezeichnet. Relevante Begriffe sind Solenoid (Zylinderspule), Helmholtzspule, Ablenkmagnet, Dipolmagnet.
Magnetscheiben
Hohe Flussdichten auch ohne Supraleitung lassen sich durch Magnete erreichen, bei denen jede Spulenwindung aus einer geschlitzten Scheibe aus Kupfer besteht. Die mittige Lochung dient zur Aufnahme der Probe.
Die nächste Platte wird mit etwas Überlappung zur vorhergehenden platziert. Hier entsteht ein direkter elektrischer Kontakt. Der übrige Bereich wird durch eine Isolationszwischenschicht elektrisch getrennt und bildet so die nächste Windung.
Die außen radial eingebrachten Bohrungen dienen zur Aufnahme von Montagebolzen, darüber hinaus sind über die Fläche verteilt viele kleine Bohrungen eingebracht. Diese gestatten die Passage von Kühlflüssigkeit. Wegen der im Inneren höheren elektrischen Stromdichte (wegen des kürzeren Stromweges auf dem kleineren Kreisumfang) sind nach innen hin im Verhältnis mehr Bohrungen vorgesehen.
Die Platten werden zu einem Plattenstapel zusammengesetzt, der etwa gleich hoch wie breit ist. Bei Scheibendurchmessern von ca. 40 cm, Bohrungsdurchmessern von ca. 5 cm, Scheibendicken von ca. 2 mm, Stromstärken bis 20 kA, Scheibenzahlen von 250 und großem Aufwand an Wasserkühlung lassen sich so Flussdichten bis 16 Tesla erreichen; bei einem Bohrungsdurchmesser von 3 cm bis zu 19 Tesla. Hierbei findet kein Eisenkern Anwendung, die zu untersuchende Probe wird direkt im Mittelpunkt des Magneten positioniert.
Der elektrische Leistungsbedarf erreicht bis zu 5 MW (ca. 1 V je Windung). Für Dauerbetrieb muss die vollständig in Wärme gewandelte elektrische Leistung durch eine ausreichend dimensionierte Kühlung abgeführt werden.
Im Impulsbetrieb können auch mit ungekühlten Spulen infolge der Wärmekapazität des Spulenwerkstoffes kurzzeitig hohe Flussdichten erreicht werden. Bei Experimenten mit noch höheren magnetischen Flussdichten werden die Spulen allerdings bei jedem Versuch mechanisch oder thermisch zerstört.
Eigenschaften von Betätigungsmagneten
Gleichspannungsmagnet Wechselspannungsmagnet konstant hohe Stromaufnahme Stromaufnahme stark von Ankerstellung abhängig längere Schaltzeit schnelles Schalten beim Abschalten oft Schutz des Schaltelementes (beispielsweise durch eine Freilaufdiode) nötig Entstörglied (Boucherotglied) empfehlenswert große Abfallverzögerung bei Freilaufdiode geringe Abfallverzögerung Restluftspalt als Klebeschutz erforderlich Spaltpol/Kurzschlusswindung zur Vermeidung von Brumm-Geräuschen erforderlich Schaltzeit durch Überspannung verringerbar Schaltzeit nicht beeinflussbar Anwendungen
1. Spule mit ferromagnetischem Kern (meist aus Eisen)
- Betätigungsmagnete von Relais und Schützen
- Türöffner-Magnet, Magnete in Summern und Tür-Gongs
- Magnetkupplungen (in Vakuumpumpen oder Klimakompressoren im Kfz) und Bremsen (mit Rückstellfeder in Rasenmähern und an Kranen)
- Zugmagnete, Schubmagnete
- Hubmagnete (Magnetkran in Stahlwerken)
- Magnetschienenbremse bei Schienenfahrzeugen
- Magnete, um Weichen von Schienenfahrzeugen zu stellen
- Wechselstrom-Magnete in Membranpumpen oder Dosierpumpen (Luftpumpe für Aquarien, Additive oder Kraftstoffe) und Schwingförderern
- Erregerfeld-Erzeugung in Elektromotoren (wie im Staubsauger) und Generatoren (Kfz-Lichtmaschine, Kraftwerk)
- Separatoren zur Stofftrennung „ferromagnetisch“ / „nicht ferromagnetisch“ (Magnetscheider, zur Müllsortierung)
- Ablenkmagnete in Teilchenbeschleunigern für geladene Teilchenstrahlen
- Ablenkspulen- und Fokussiermagnete (Elektronenmikroskop, Elektronenstrahlschweißen, Bildröhren)
- Stickstoffgekühlte Pulsmagneten für Hochfelduntersuchungen. Bestes Beispiel liefert der Europarekordhalter für hohe Magnetfelder, das Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden.
- Elektromagnetisch betätigte Einspritzinjektoren bei Dieselmotoren mit dem Einspritzverfahren Common-Rail
- Mit Magnetfilter (überwiegend Elektro-Magnetfilter) werden ferromagnetische Feststoffe (feinverteilte Eisenoxide) aus den Umlaufkondensaten von Kraftwerken und den Umlaufwässern von Fernheiznetzen abfiltriert[2].
2. Spule ohne ferromagnetisches Kernmaterial
- Felderzeugung für Wanderfeldröhren
- Felderzeugung für Induktionsöfen
- Betätigungsspule für Reedkontakte
- supraleitende Magnete in Kernspinresonanz-Tomografen und zur Forschung, so in Kernfusionsreaktoren auf Basis der Fusion mittels magnetischen Einschlusses
- ungekühlte Magnetspulen für Hochfeld-Untersuchungen (nur Impulsbetrieb – oft muss die Spule nach jedem Experiment erneuert werden)
- Umformen, Schweißen, Fügen und Schneiden von Metallen
- Bittermagnet (benannt nach seinem Entwickler am National Magnet Laboratory des MIT Francis Bitter), bestehend aus einem Stapel von etwa 250 Leiter- und Isolatorplatten, durch Wasserkühlung Felder bis 20 Tesla im Dauerbetrieb, bis zu 100 Tesla im Impulsbetrieb erreichbar
Siehe auch
Literatur
- Klaus D. Linsmeier, Achim Greis: Elektromagnetische Aktoren. Physikalische Grundlagen, Bauarten, Anwendungen. In: Die Bibliothek der Technik, Band 197. Verlag Moderne Industrie, ISBN 3-478-93224-6.
- Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18.Auflage, Verlag - Europa - Lehrmittel, Wuppertal 1989, ISBN 3-8085-3018-9.
- Horst Stöcker: Taschenbuch der Physik. 4. Auflage, Verlag Harry Deutsch, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-8171-1628-4.
- Das große Buch der Technik. Verlag für Wissen und Bildung, Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH, Gütersloh 1972.
- Kallenbach, et. al (2008): Elektromagnete. 3. Auflage, Vieweg + Teubner Verlag, Wiesbaden, ISBN 978-3-8351-0138-8.
- Greg Boebinger, Al Passner, Joze Bevk: Elektromagnete höchster Leistung. Spektrum der Wissenschaften, März 1996, S. 58-63
Weblinks
Commons: Electromagnets – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Präsentation der TU Dresden (pdf-Datei, 8,2 MB, abgerufen am 30. Juni 2011)
Einzelnachweise
- ↑ http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/fakultaet_maschinenwesen/ifd/lehre/praktikum_fluidtechnik/versuch_1_anleitung_ss2010.pdf Magnetantriebe: Bauformen und Kennlinien
- ↑ R.Narewski, A.Langner; Verfahren zur Abscheidung feinstkörniger Eisenoxide aus dem Heizwasser von Fernheiznetzen; in:VGB Kraftwerkstechnik, Jg. 76, 1996, Heft 9, S.772 - 776
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