Elsterfloßgraben

Elsterfloßgraben
Historische Karte zum Elsterfloßgraben
(Verlauf rot gekennzeichnet)

Der Elsterfloßgraben ist ein im 16. Jahrhundert zum Holztransport angelegter Kanal von der Weißen Elster in das Gebiet östlich von Weißenfels und Merseburg sowie nach Leipzig. Der Transport geschah durch ungebundenes Flößen (Triften) von kurzen, maximal ein Klafter (etwa 1,7 Meter) langen Stämmen und vor allem Scheiten.

Inhaltsverzeichnis

Bau und Nutzung

Der Hauptgrund der Anlage des Kanals war der Wunsch des Kurfürstentums Sachsen nach einer eigenen Salzproduktion. Diese geschah in Salinen durch Eindampfen von Sole in großflächigen Pfannen, wozu als Brennmaterial Holz verwendet wurde. Eine für diesen Zweck vorgesehene Solequelle befand sich in Poserna östlich von Weißenfels. Das Holz dazu sollte aus dem Vogtland kommen.

Salzgewinnung nach Georg Agricola

In den Jahren 1578 bis 1580 ließ deshalb Kurfürst August I. von Sachsen nach Plänen von Martin Planer und unter der Bauleitung von Christian Kohlreiber einen Floßgraben anlegen, der mit Wasser der Weißen Elster gespeist zur Rippach (rechter Nebenfluss der Saale) führen und so das Holzflößen bis nach Poserna ermöglichen sollte. Der Abzweig von der Elster lag zunächst bei Pötewitz (heute zu Wetterzeube), wurde ca. 100 Jahre später 3 km flussauf nach Crossen verlegt. Das künstliche Gewässer hatte eine Breite von etwa 3 m an der Oberkante und 1 m am Boden. Seine Länge betrug 77,5 km bei einem Höhenunterschied von nur 25 m. Das Gefälle im Oberlauf war mit ca. 2 cm pro 100 m noch geringer. Dieses und die relativ hohe Abzweigung an der Elster waren notwendig, um die Wasserscheide zwischen Weißer Elster und Saale überwinden zu können. Die Durchflussmenge betrug zwischen 1.500 und 700 Liter pro Sekunde. Dem Graben wurde aber verstärkt Wasser zur Zeit des Flößens im Frühjahr und im Herbst zugeführt. Zu dem Bauvorhaben gehörten auch zahlreiche Brücken (zunächst aus Holz, später Stein, 1780 waren es 81), Über- und Unterquerungen kleinerer Wasserläufe oder ihre Einbindung, Leit- und Auffangrechen für das Holz, Abschlagstellen (Ableitung von Hochwasser) und bei entsprechendem Geländeprofil (Floßgraben im Auftrag) auch Deiche.

Die Saline Poserna musste wegen Unrentabilität allerdings nach wenigen Jahren aufgegeben werden. Neue Salinenstandorte wurden in Teuditz (heute Tollwitz) und Kötzschau eröffnet. Deshalb wurde der Floßgraben etwa ab Kitzen nach Norden geführt mit einem Zweig nach Teuditz über Lützen und einem nach Kötzschau, der bei Wallendorf in die Luppe mündete. Der Floßgabenabzweig nach Poserna zur Rippach wurde stillgelegt.

Holzstapel auf dem Leipziger Floßplatz

Neben dem Salinenbetrieb hatte die Hölzflößerei aber auch Bedeutung für die Brennholzversorgung der Städte. Das waren zunächst vor allem Lützen, Merseburg und Halle. Leipzig nutzte dazu ab Mitte des 16. Jahrhunderts zunächst die Flößerei auf der Pleiße. Als die Wälder in deren Einzugsbereich erschöpft waren, wurde Leipzig an die Elsterflößerei angeschlossen. Zu diesem Zweck wurde vom bisher bestehenden Floßgraben bei Stöntzsch (westlich von Pegau, 1962/63 durch den Braunkohlenbergbau devastiert) ein Abzweig und eine Floßverbindung über Pegau und Zwenkau bis Leipzig geschaffen. Dieser Zweig hieß "Kleiner oder Leipziger Floßgraben". Er wurde nicht komplett künstlich angelegt, sondern Teile des bestehenden Fluss- und Mühlgrabensystems einbezogen bzw. ausgebaut, so z.B. die Elster selbst, die Batschke (ein Abzweig von der Elster bei Zwenkau) und der Leipziger Pleißemühlgraben, der das Holz bis zum Floßplatz (noch heutiger Name) in unmittelbarer Nähe der damaligen Stadt führte. Die erste Flößung über die Elster nach Leipzig erfolgte 1610.

Flößerei und Mühlen schließen sich wegen der Beschädigungsgefahr der Mühleneinrichtungen und der Tatsache, dass Wasser im Floßgraben nur zur Floßzeit gebraucht wird, nahezu aus. Dennoch kam es im Laufe der Zeit zu einer kombinierten Nutzung, so dass Mühlen an benachbarten Bächen Aufschlagwasser aus dem Floßgraben erhielten, und Mühlgräben zum Flößen genutzt wurden, sofern während des Flößens eine Umleitung eingerichtet werden konnte und umgekehrt. Deshalb führte der Floßgraben, zumindest außerhalb der eisfreien Zeit, bald ständig Wasser.

Niedergang

Der Floßgraben bei Kitzen

Im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts erreichte die geflößte Holzmenge ihr Maximum und ging bereits in den 1820er-Jahren deutlich zurück. Gründe dafür waren der Ausbau des Straßensystems auch in den Waldgebieten sowie ab Mitte des Jahrhunderts das Aufkommen des billigeren Transports per Eisenbahn und der zunehmende Ersatz von Brennholz durch Braunkohle. Im Jahre 1864 wurde die Elsterflößerei endgültig eingestellt. An einigen Stellen diente das Wasser des Floßgrabens noch zum Betreiben von Mühlen. Der Wasserdurchsatz wurde aber deutlich reduziert. Da er inzwischen durch verschiedene Länder führte (Herzogtum Altenburg, Preußische Provinz Sachsen und Königreich Sachsen), wurde zu seinem Unterhalt und weiteren Betrieb ein gemeinsamer Zweckverband gegründet, der fast bis Mitte des 20. Jahrhunderts bestand.

Ab 1958 wurde der Elsterfloßgraben durch Braunkohlentagebaue unterbrochen. Hinter den Tagebauen versuchte man, seinen Lauf durch Zupumpen von Wasser aus der Weißen Elster aufrechtzuerhalten. Nach Stilllegung dieser Tagebaue wurde ab 1992 zwischen Elstertrebnitz und Werben ein Stück des alten Floßgrabens auf etwas veränderter Trasse neu errichtet, so dass hier wieder Wasser fließt. Im aktuellen Abbaufeld Schwerzau ist allerdings ein weiterer Rückbau des Floßgrabens notwendig, der nicht vor 2030 wieder neu gestaltet werden kann.

Unabhängig von den durch den Bergbau verursachten Problemen traten seit den 1950er-Jahren zunehmend Undichtheiten auf, die durch Wühltiere noch verstärkt wurden. Dies und die teilweise ungenehmigte Wasserentnahme führten zum häufigen Trockenfallen des Grabens. Es wurden Abdichtungen mit Rasengitterplatten, aber auch Verrohrungen versucht. Starke Verkrautung und zivilisatorisch bedingte Vermüllung des Grabens tun ein Übriges. Übrig bleibt ein dauernder Kampf um die Erhaltung des Grabens durch wenigstens stückweise Reparaturen bei ständig knappen Kassen der beteiligten drei Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen für diesen Zweck.

Heutige Bedeutung

Mündung des Leipziger Floßgrabens in die Pleiße

Der Elsterfloßgraben hat in erster Linie Bedeutung als technisches Denkmal. Er ist ein überregional bedeutendes Ingenieurbauwerk mit Leistungen der Vermessung, der Wasserwirtschaft, des Wasserbaus und des Transportwesens. Er stellt mit einer Gesamtlänge von ca. 93 km, wovon noch über 80 km vorhanden sind, das bedeutendste Kunstgrabensystem des 16. Jahrhunderts auf dem europäischen Kontinent dar. Er steht zugleich auch mit 284 Jahren Flößerei für ein fast 300 Jahre erfolgreiches sächsisches Wirtschaftsunternehmen.

Einen besonderen Rang besitzt der (kleine oder Leipziger) Floßgraben in der Leipziger Region für das Leipziger Neuseenland. Von Markkleeberg in der Nähe seiner Unterbrechung durch den Tagebau Cospuden war er durch den Leipziger Auenwald bis zu seiner Mündung in die Pleiße noch wasserführend. Nunmehr ist der nach der Bergbaustilllegung entstandene Cospudener See durch ein neu angelegtes Floßgrabenstück mit dem noch existierenden Teil verbunden. Seit der Ausbaggerung des Letzteren im Jahre 2004 sind beide Teile mit Booten befahrbar. Zu ihrer schiffbaren Verbindung wurde eine verrohrte Unterführung unter der Brückenstraße durch eine Betonbrücke ersetzt. Am Auslauf des Floßgrabens aus dem See existiert bereits eine Bootsschleuse, eine weitere am Connewitzer Pleißenwehr. Seit ihrer Fertigstellung existiert eine durchgehende Bootsverbindung von der Leipziger Innenstadt über Pleiße und Floßgraben in den Cospudener See und nach seiner Fertigstellung auch in den Zwenkauer See.

Literatur

  • Svetoslav Andronov, Dietmar Baum, Helmut Hartmann, Thomas Nabert, Wieland Rose, Gerd Seidel, Hans-Jörg Steingraf: Der Elsterfloßgraben. Geschichte und Gestalt eines technischen Denkmals, Verlag ProLeipzig, ISBN 978-3-936508-08-6.
  • Fritz Irmscher: Der Floßgraben bei Pegau. in: Mitteilungen des Landesverein Sächsischer Heimatschutz Band XV, Heft 11-12/1926, Dresden 1926, S. 423-432
  • Caroline Schulz: Der Elsterfloßgraben. Ein lineares Denkmal im Dschungel der Zuständigkeiten. in: Wasserbau in Mittelalter und Neuzeit. Mitteilungsblatt Nr. 21 der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit e.V., Paderborn 2009, S. 39-46 (Digitalisat)

Weblinks


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