Erich vom Bruch

Erich vom Bruch

Erich vom Bruch (* 29. Oktober 1885 in Solingen; † 7. Mai 1933 in Leer) war Bürgermeister der Stadt Leer und frühes Opfer des Nationalsozialismus.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Ausbildung

Erich vom Bruch, Sohn eines Kaufmanns, absolvierte das Gymnasium in Solingen und legte dort 1904 das Abitur ab. An der Universitäten Marburg, Bonn und Tübingen studierte er von 1904 bis 1907 Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. 1904 wurde er Mitglied der Burschenschaft Germania Marburg.[1] 1907 bestand er das Referendarexamen vor dem Oberlandesgericht Köln und wurde 1908 in Tübingen mit einer Arbeit über „Bürgschaft und Pfandrecht bei der naturalis obligatio des römischen Rechts“ promoviert. Während seines Justizvorbereitungsdienstes war er in mehreren Gemeinde angestellt und legte in Berlin 1913 das Gerichtsassessor-Examen ab.

Beruf

Nach seiner erfolgreichen Assessorprüfung trat er seine erste Stelle als besoldeter Beigeordneter der Stadt Ohligs an, die er vom 1. Oktober 1917 bis 1920 innehatte. Sodann stellte er sich zur Wahl um die Stelle des Bürgermeisters von Leer. Durch das Bürgervorsteherkollegium wurde er am 27. Oktober bestätigt. Seine Amtsgeschäfte waren geprägt von Gesprächen mit Vertretern des Handels und der Schifffahrt. Einer seiner Schwerpunkte war der Plan, die Gemeinde auf eine solide wirtschaftliche Grundlage zu stellen, wobei er auch vor Steuer- und Gebührenerhöhungen nicht zurückschreckte.

Er übernahm die Arbeiten seiner Vorgänger und baute diese weiter aus. Darunter fielen der Bau der Seeschleuse und des Hafenbeckens sowie die Bedeichung der Ems. In dieser Zeit erschien seine Denkschrift über den weiteren Ausbau des Hafens der Stadt Leer. Nach schwierigen wirtschaftlichen Zeiten (Inflation) kann nach der Einführung der Rentenmark am 1. Dezember 1923 durch Bebauung Wirtschaft angesiedelt werden. Zu diesen Neubauten gehörte auch der am 1. Dezember 1925 begonnene und am 2. März 1927 eröffnete Viehmarkt. Er war der modernste und größte im Deutschen Reich seiner Art. Zu den Maßnahmen der Wirtschaftsförderung sowie der Verbesserung der Lebensverhältnisse gehörten neue Brücken und Dämme, die Hafenerweiterung, eine bessere Anbindung an die Bahn, die Modernisierung beziehungsweise Errichtung einer Kanalisation, ein neuer Wasserturm und die des Kreiskrankenhauses Leer. Durch eine solide und überzeugende Finanzplanung konnte vom Bruch auch Zweifel in der Stadt aus dem Weg räumen.

Vom Bruch war Mitglied im Kreistag. Er trat zur Wahl als Kandidat auf einer bürgerlichen Einheitsliste an.

1929 nahm er an der Eröffnung der renovierten Synagoge in Leer teil.[2]

Krise und Selbstmord

Wie überall in Deutschland verschlechtert sich die Wirtschaftslage auch in Leer am Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre. Bei den Reichstagswahlen am 13. März 1932 wird die NSDAP von 32,38 % gewählt, beim zweiten Wahlgang am 10. April 1932 von 40,74 %. Die Stimmung kippt und es kommt zu Steuerprotestversammlungen. Es wird die Senkung der Ortssteuern und der Abbau der Verwaltung gefordert. Die Maßnahmen, die seit 1923 erfolgreich Wirtschaft ansiedeln ließen und Arbeitsplätze schafften, zählen in der öffentlichen Meinung nicht mehr und werden als verschwenderisch angeprangert. Vom Bruchs muss die meiste Zeit mit Rechtfertigungen herumschlagen und wird sogar vom preußischen Innenminister und vom Regierungspräsidenten in Aurich aufgefordert zu den öffentlich erhobenen Vorwürfen Stellung zu beziehen.

Nach weiteren Wahlerfolgen der NSDAP werden vom Bruch Nähe zur SPD unterstellt und er gerät ins Visier der neuen Machthaber. Auf der einen Seite weigert er sich sozialdemokratische Amtsträger zu entlassen, auf der anderen Seite weigerte er sich, die in seiner Amtszeit gebaute Viehhalle für eine Massenkundgebung der Nazis freizugeben. Die Begründung vom Bruchs war, er wolle "Rücksicht auf die Viehhändler [nehmen], die zu 90 % jüdischen Glaubens sind".

Am 28. März 1933 wird das Rathaus von der SA besetzt und vom Bruch kurzzeitig unter Hausarrest gestellt. Sein Gehalt wird nicht mehr bezahlt. Am 28 Oktober 1933 wird die Eröffnung der gerichtlichen Voruntersuchung schriftlich formuliert. Vom Bruch erschießt sich einen Tag später in seiner Wohnung im Rathaus. Zwar wird auch er im anschließenden Prozess, bei dem es hauptsächlich um Korruption auf dem Viehmarkt geht, immer wieder benannt, aber wirklich belastet werden kann er nicht.

Würdigung

Nach dem Nationalsozialismus erfolgt eine die Rehabilitierung und Würdigung seiner Arbeit. Die Rathausbrücke wird im Frühjahr 1949 in „Dr.-vom-Bruch-Brücke“ umbenannt.

Werk von Erich vom Bruch

  • Bürgschaft und Pfandrecht bei der naturalis obligatio des römischen Rechts, 1908 (Dissertation)
  • Denkschrift über den weiteren Ausbau des Hafens der Stadt Leer, Leer 1922
  • Neue Marktanlage für die Stadt Leer in Ostfriesland, in: Deutsche landwirtschaftliche Tierzucht 32, 1928, S. 697-701.

Literatur

  • Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I Politiker, Teilband 1: A-E. Heidelberg 1996, S. 141-142.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I Politiker, Teilband 1: A-E. Heidelberg 1996, S. 141.
  2. Herbert Obenaus, David Bankier, u.a.: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Wallstein Verlag 2005, S. 949. (ISBN 3892447535) Zum Teil Online Einsehbar bei Google-Books

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