Ernst Koch (Schriftsteller)

Ernst Koch (Schriftsteller)

Ernst Koch (* 3. Juni 1808 in Singlis bei Borken (Hessen); † 24. November 1858 in Luxemburg), Pseudonyme: Eduard Helmer, Leonhard Emil Hubert, Hubertus, C. Mons, war ein romantischer Dichter und Jurist.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Kindheit und Jugend

Ernst Koch wurde in Singlis bei Borken im Haus seines Großvaters, des Vogts der Philipps-Universität Marburg, Conrad Hermann Murhard, geboren. Er war das erste Kind von Johanna Auguste geb. Murhard und Karl Georg Koch, seinerzeit Friedensrichter (nach dem Recht des Königreichs Westphalen) in Oberaula.

Seine Kindheit verbrachte er zunächst in Neukirchen und Waldkappel, bis er vom 8. bis 14. Lebensjahr in Witzenhausen lebte, das er später in Prinz Rosa-Stramin verklärend „Lenzbach“ nannte. Nach der Versetzung seines Vaters nach Kassel besuchte er dort das Lyceum Fridericianum. Als einer der Besten seines Jahrgangs durfte er zum Abschluss eine „valediction“ (Abschiedsrede) halten. Titel seiner Abschiedrede – gehalten am 21. März 1825 – war „de reverentia parentum“" („Über die Ehrfurcht vor den Eltern“).

Studium

Nach dem Schulbesuch studierte er Rechtswissenschaften in Marburg und Göttingen. Er promovierte 1829 bei dem Marburger Professor für Staatsrecht Sylvester Jordan. Seine Dissertation trägt den Titel „De iure eius qui speciem ex materia aliena fecit“ („Über die Rechte desjenigen, der aus fremder Materie etwas herstellt“; heute: §§ 946 ff BGB: Verbindung, Vermischung, Verarbeitung). Er war Mitglied der Corps Hassia Marburg und Hassia Göttingen (1826).[1]

Seine Absicht, sich im Sommer 1830 in Berlin an der Königlichen Friedrich-Wilhelms Universität zu habilitieren, gab er wegen der Julirevolution von 1830 und der folgenden politischen Ereignisse im Kurfürstentum Hessen auf. Prägend für ihn waren die Zusage einer Verfassung durch den hessischen Kurfürsten am 15. September 1830 und die Proklamation der Kurhessischen Verfassungvon von 1831. An deren Formulierung war sein Doktorvater maßgeblich beteiligt. Koch kehrte nach Kassel zurück und wurde dort 1831 Referendar am Obergericht.

Dichter und Politiker

Ermutigt durch die in der neuen Verfassung gewährte „Pressefreiheit“ (§ 37 der Verfassung), gründete Ernst Koch mit seinem ehemaligen Studienkollegen Salomon Hahndorf die Kasselschen Blätter für Geist und Herz, in denen er jedoch wegen des massiven Einschreitens seines Vaters lediglich einen Artikel veröffentlichen konnte. In den Wöchentlichen Unterhaltungen, ein Begleiter des Verfassungsfreunds veröffentlichte er im Zeitraum November 1831 bis April 1832 u.a. sechs Artikel, die er nachts heimlich schrieb. Er betitelte sie Vigilien des armen Rechtskandidaten Leonhard Emil Hubert.

1832 war Koch zudem beruflich erfolgreich. Er wurde zunächst Sekretär des Landtagskommissars, später auch „Referent“ im Innenministerium, das von dem reaktionären Ludwig Hassenpflug geleitet wurde. Die Bekanntschaft mit der in Kassel zu Besuch weilenden Henriette von Bosse, der 19jährigen Tochter eines Oberstleutnants, fiel in diese Lebensepoche. 1832 verlobte er sich mit Henriette, die bei ihren Eltern in Braunschweig lebte, so dass der Kontakt der Verlobten nur durch Briefwechsel möglich war. Ostern 1833 besuchte Ernst Koch seine Braut in Braunschweig.

Aufgrund der von Hassenpflug betriebenen „reaktionären Politik“, die sich u.a. gegen die kurhessische Verfassung von 1831 richtete, wollte Ernst Koch nicht unter seiner Leitung arbeiten. Er gab 1834 seine Stelle als Referent auf, um seine juristische Ausbildung als Referendar – ohne Bezüge – fortzusetzen. Da er diese berufliche Veränderung seiner Braut und deren Eltern verschwieg, lösten diese die Verlobung.

Auf Drängen und mit finanzieller Unterstützung seiner Freunde, darunter seines Freundes Salomon Hahndorf, fasste Koch seine bereits fertig gestellten, bis dahin unveröffentlichten Texte zusammen und veröffentlichte sie als Buch unter dem Titel Prinz Rosa-Stramin. Zu dem merkwürdigen Titel hatte ihn Henriette angeregt, da sie ihm ein in rosa Stramin gebundenes Notizbuch schenkte, auf das sie einen persischen Prinzen gestickt hatte.

Franz Dingelstedt bezeichnete dieses Werk in August Lewalds Zeitschrift „Europa“ als einen „Torso, ein Fragment ohne Anfang und Ende, allein eine schwellende Saat...“. Prinz Rosa-Stramin schildert Ereignisse aus Kochs Jugend- und Studentenzeit, verklärt Witzenhausen als "Lenzbach" und setzt sich ironisierend mit dem damals aktuellen Bürgergardewesen auseinander. Im Vergleich seiner Studienstädte (um 1826) kommt Koch darin zu dem vielzitierten, für Marburg positiven Urteil: „Göttingen hat eine Universität, Marburg ist eine, ...“ Er besingt darin auch seine Verlobte Henriette von Bosse. Der letzte Satz des Buches lautet: "Henriette. Henriette, ich liebe dich und du bist schön wie die Sonne im Aufgang!"

Flucht und Exil

„...ich begann statt der Prüfungsarbeiten ein ungebundenes Leben, das mich in Schulden und allerlei Verwirrung stürzte, und im December 1834 zu dem Entschlusse brachte, das Vaterland heimlich und ohne bestimmte Aussicht zu verlassen“, so schildert Koch selbst die Situation, die ihn zu seiner Flucht aus Kassel veranlasste. Seine Flucht führte ihn nach Straßburg und anschließend nach Paris. Da er keine Möglichkeit fand, seinen Unterhalt zu verdienen, zwang ihn finanzielle Not, in die Fremdenlegion einzutreten.

Nach einem Aufenthalt in Nordafrika zog Koch mit der von Frankreich an die Regentin Maria Christina von Spanien „verkauften“ Legion nach dort, wo sie in verlustreichen Kämpfen des Ersten Carlistenkriegs eingesetzt wurde. Von 7.000 Legionären überlebten diesen spanischen Bürgerkrieg nur 381. In der Erzählung Aus dem Leben eines bösen Jungen schildert Koch später seine Erlebnisse als Fremdenlegionär. Noch in Spanien trat Ernst Koch zum römisch-katholischen Glauben über.

Rückkehr nach Kassel und Berufung nach Luxemburg

In einem sechswöchigen Fußmarsch kehrte Koch 1837 aus Spanien wieder nach Kassel zurück, wo er bei einem Advokaten arbeitete. Im Jahr 1839 holte der nunmehr als Zivilgouverneur in Luxemburg arbeitende Ludwig Hassenpflug Ernst Koch als Regierungssekretär nach dort. Hier heiratete Ernst Koch 1841 Octavie Mullendorf. Aus der Ehe gingen 10 Kinder hervor, von denen aber sieben früh starben. Von 1850 an war Ernst Koch Gymnasialprofessor für deutsche Sprache und Literatur am Luxemburger Athenäum.

Im Alter von 50 Jahren starb er in Luxemburg an Lungenschwindsucht. Sein Grab befindet sich dort auf dem Friedhof Nôtre Dame.

Nachwirkung

Von Ernst Koch ist kein Bild auf die Nachwelt gekommen.“ Dieser Satz von Wilhelm Eckhardt (1871 - 1934, Rechtsanwalt, Justizrat und „Witzenhäuser aus Neigung“) zu der von Otto Ubbelohde illustrierten Ausgabe des "Prinz" gilt auch heute noch. Dies gilt auch für das Bild im Rathaus von Witzenhausen, das über 100 Jahre nach seinem vermeintlichen Entstehen erstmals nachzuweisen und 1950 erstmals veröffentlicht worden ist.[2]

Die Kochstraße im Kasseler Stadtteil Wehlheiden, die „Rue Ernest Koch“ in Luxemburg, in Witzenhausen die Ernst-Koch-Straße sowie die dortige Bibliothek erinnern an Ernst Koch. Gedenktafeln befinden sich am Geburtshaus in (Borken-)Singlis, am früheren Wohnhaus der Familie Koch in Witzenhausen und an einem Haus am Marburger Marktplatz.

Noch zu Kochs Lebzeiten erschien „Prinz Rosa-Stramin“ in zwei Auflagen; weitere drei erschienen noch im 19. Jahrhundert, jeweils mit einem „Geleitswort“ von Karl Altmüller, sowie eine Reclam-Ausgabe mit Vorwort von Franz Brümmer. Die von Otto Ubbelohde illustrierten Ausgaben erschienen 1922, 1924 (2. Auflage) und als Reprint 1965. Eine Taschenbuchausgabe erschien 1960 in Luxemburg bei „éditions du centre J. Krippler-Muller“.

Werke

  • Vigilien des armen Rechtskandidaten Leonhard Emil Hubert
  • Prinz Rosa-Stramin
  • Prinz Rosa-Stramin Teil 2 (Fragment, nie erschienen, wahrscheinlich von Koch vor seinem Tod verbrannt)
  • Salon Novellen
  • Erzählungen, darunter Aus dem Leben eines bösen Jungen, Kassel 1847.
  • Ernst Koch´s Gedichte aus dessen Nachlasse gesammelt und herausgegeben von einem Freunde des Verstorbenen, Luxemburg 1859, Druck und Verlag von B. Bück

Literatur

  • Klaus Beckenbach: Ernst Koch – Kritische Anmerkungen zu den angeblichen Portraits des Dichters. In: Hessische Heimat 2008 (2/3), S. 51 – 57.
  • Wilhelm A. Eckhard (Hrsg.): Ernst Koch, Prinz Rosa-Stramin. = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen Band 46/09. Marburg 2008. ISBN 978-3-7708-1319-3
  • J.P. Henrion: Ernst Koch. Sein Leben und seine Werke. Programmabhandlung des Athenäums, Luxemburg 1878.
  • Joseph Kohnen: Schaffen in der Bescheidenheit. Zur Erinnerung an Ernst Koch (1808–1858). In: Nos cahiers. Letzebuerger Zaitschreft für Kultur, Luxemburg 2007, Heft 4, S. 31-47
  • Ludwig Rinn: Otto Ubbelohdes Zeichnungen zu „Prinz Rosa-Stramin“ . In: Hessische Heimat 2008 (2/3), S. 58 – 62.
  • Raimund Steinert: Nachwort. In: Ernst Koch: Prinz Rosa-Stramin, S. 191- 199. Gustav Kiepenheuer Verlag, 1917
  • Franz BrümmerKoch, Ernst. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 51, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 292–294.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kösener Korps-Listen 1910, 73, 58; 160, 175
  2. Beckenbach.

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