- Erwin Hagedorn
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Hans Erwin Hagedorn (* 30. Januar 1952 in Eberswalde; † 15. September 1972 in Leipzig) war ein deutscher Sexualstraftäter und mehrfacher Kindermörder. Die Hinrichtung von Erwin Hagedorn war die letzte Vollstreckung einer zivilen Todesstrafe in der DDR. Eine Folge der Kriminalserie Polizeiruf 110, die den Fall Hagedorn zum Vorbild hatte, fiel der Zensur zum Opfer und durfte in der DDR nicht gesendet werden; sie wurde 2011 aus dem der Vernichtung entgangenen Kameranegativ und dem Drehbuch rekonstruiert und zum 40-jährigen Jubiläum der Sendereihe veröffentlicht[1], [2].
Inhaltsverzeichnis
Verbrechen und Fahndungsmaßnahmen
Der in einer Mitropa-Bahnhofsküche arbeitende Kochlehrling Hagedorn ermordete im Mai 1969 zwei 9-jährige Schüler und im Oktober 1971 einen 12-jährigen Jungen im gleichen Eberswalder Wald an der Drehnitzwiese auf grausame Weise mit einem Messer.
Es folgte eine langwierige und zeitweilig eingestellte Fahndung nach dem Täter. Außerdem ließ die Polizei erstmals in der DDR durch den Berliner Gerichtspsychiater Hans Szewczyk ein Täterprofil anfertigen. Nach dessen Ergebnissen handelte es sich bei dem Mörder aller Wahrscheinlichkeit nach um einen pädophilen Sadisten, der schon früher durch harmlos wirkende Annäherungsversuche an Kinder aufgefallen sein musste. Großangelegte Befragungen in Schulklassen führten die Kripo dann auf die entscheidende Spur: Nach dem Hinweis eines einst gequälten Jungen, der aus Scham jahrelang geschwiegen hatte, konnte Erwin Hagedorn am 12. November 1971 festgenommen werden und gestand die Sexualmorde sofort.
Hagedorns bis dahin in der DDR beispiellose Verbrechen wurden in Form eines dokumentarischen Lehrfilms mit ihm selbst in der Hauptrolle an den Originaltatorten nachgestellt, Kinder von Kriminalisten spielten die Opfer. Der Drehstab begleitete auch die Vernehmungen und den Prozess mit der Kamera. Hagedorn gab sich gegenüber den Ermittlern stets außerordentlich kooperativ und äußerte sich ohne sichtbare Gefühlsregung zu seinen Taten.
Prozess und Hinrichtung
Am 15. Mai 1972 wurde er vom 1. Strafsenat des Bezirksgerichts Frankfurt (Oder) wegen mehrfach vollendeten und mehrfach vorbereiteten Mordes (in acht Fällen) sowie sexuellen Missbrauchs von Kindern zum Tode verurteilt. Die Revisionsverhandlung bestätigte den Richterspruch der Vorinstanz. Ein von Hagedorns Eltern eingereichtes Gnadengesuch lehnte der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht[3] ab. Hagedorns freimütige Selbstdarstellung im Film soll diese Entscheidung maßgeblich beeinflusst haben.
Der erst 20-jährige Hagedorn wurde am 15. September 1972 in der Strafvollzugseinrichtung Leipzig durch einen unerwarteten Nahschuss mit der Pistole in den Hinterkopf hingerichtet. Der Leichnam wurde im Krematorium des Leipziger Südfriedhofes eingeäschert und geheim begraben. Über die Hinrichtung wurde republikweit in der Tageszeitung Neues Deutschland berichtet.
Siehe auch
Literatur
- Friedhelm Werremeier: Der Fall Heckenrose, München/Gütersloh/Wien 1975, ISBN 3570004929 – eine populäre Darstellung des Falles
- Gunther Geserick/Klaus Vendura/Ingo Wirth: Zeitzeuge Tod. Spektakuläre Fälle der Berliner Gerichtsmedizin, Leipzig 2006 (4. Aufl.), S. 112-125
- Kerstin Brückweh: Mordlust. Serienmorde, Gewalt und Emotionen im 20. Jahrhundert (Campus Historische Studien Bd. 43). Frankfurt am Main/ New York: Campus Verlag 2006. ISBN 978-3-593-38202-9
- Wolfgang Mittmann: „Tatzeit. Große Fälle der deutschen Volkspolizei. Band 1 und 2“, Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2000 (1.Auflage), ISBN 3-360-00895-2, S. 445-508
Nachweise
- ↑ http://www.sueddeutsche.de/medien/polizeiruf-im-alter-von-die-verbotene-folge-1.1111296
- ↑ http://www.klatsch-tratsch.de/2011/06/23/heute-abend-wird-geheimnis-um-37-jahre-verschollenen-tv-krimis-geluftet/81120
- ↑ Ulbricht hatte seine anderen Ämter 1971 verloren, blieb aber bis zu seinem Tod 1973 Staatratsvorsitzender. Bundeszentrale für politische Bildung, Informationen zur politischen Bildung (Heft 258): Die DDR in den siebziger Jahren. Abgerufen am 6. September 2011.
Weblinks
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