Fahrraddiebe

Fahrraddiebe
Filmdaten
Deutscher Titel Fahrraddiebe
Originaltitel Ladri di biciclette
Produktionsland Italien
Originalsprache Italienisch
Erscheinungsjahr 1948
Länge 90 Minuten
Altersfreigabe FSK 12
Stab
Regie Vittorio de Sica
Drehbuch Cesare Zavattini
Vittoria de Sica
Suso Cecchi D’Amico
Adolfo Franci
Gerardo Guerrieri
Produktion Giuseppe Amato
, Vittorio de Sica
Musik Alessandro Cicognini
Kamera Carlo Montuori
Schnitt Eraldo da Roma
Besetzung
  • Lamberto Maggiorani: Antonio Ricci
  • Enzo Staiola: Bruno Ricci
  • Lianella Carell: Maria Ricci
  • Vittorio Antonucci: der Dieb
  • Gino Saltamerenda: Baiocco
  • Giulio Chiari: der Bettler

Fahrraddiebe (Originaltitel: Ladri di biciclette) ist ein 1948 entstandener neorealistischer Film von Vittorio de Sica nach einem Roman von Luigi Bartolini.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Um seine Familie zu ernähren, arbeitet Antonio Ricci als Tagelöhner in Rom. Von einem Arbeitsvermittler erhält er endlich eine langersehnte Arbeit als Plakatkleber. Zur Ausübung ist er allerdings auf den Besitz eines Fahrrades angewiesen, das er aber erst kürzlich verpfändet hat.

Kurzentschlossen bringt Antonios Frau die Bettwäsche zum Pfandleiher, um das Fahrrad wieder auszulösen. Antonio fährt also los, klebt die ersten Plakate. Dabei wird sein Fahrrad gestohlen. Er verfolgt den Dieb, kann ihn aber nicht stellen.

Antonio sieht seine Arbeit gefährdet und sucht in ganz Rom nach dem Fahrraddieb. Bei seiner Suche wird er von seinem kleinen Sohn begleitet, der seinen Vater in seiner Hilflosigkeit beobachtet, aber ihm auch beisteht. Durch einen Hinweis eines Bettlers glaubt Antonio, den Dieb gefunden zu haben. Der Dieb lebt in einer ähnlich prekären Lage wie Antonio selbst. Nachbarn, Bekannte und die Familie des Diebes beschützen ihn und Antonio muss mit dem herbeigerufenen Polizisten erfolglos abziehen. Der Zuschauer bleibt im Unklaren, ob der Beschuldigte tatsächlich der Täter ist. Beim aufmerksamen Betrachten des Films wird klar, dass es sich tatsächlich um den wahren Dieb handelt. Er agierte in Zusammenarbeit mit zwei Komplizen. Gemeinsam spähten sie die Lage aus, woraufhin der Erste Antonio während des Diebstahls kurz aufhielt und der Zweite ihn auf eine falsche Fährte lenkte. Beide Komplizen sind auch bei der Konfrontation anwesend. Ein elegant gekleideter Herr, der überraschend im ärmlichen Viertel auftritt, macht den Eindruck eines Mafiosos, als Schutzpatron der lokalen Kleinkriminellen.

Weil Antonio keinen Ausweg mehr sieht, wird er am Ende selbst zum "Fahrraddieb". Er wird jedoch sofort gestellt, kann sich der Verhaftung aber entziehen, weil der Besitzer des Fahrrads auf eine Anzeige verzichtet. Sein Sohn beobachtet jedoch die Tat – ein beschämender Augenblick für Antonio und gleichzeitig Ende des Films. Der Junge wird den Vater nie wieder mit den Augen eines Kindes betrachten, aber aus der naiven Bewunderung ist eine Freundschaft und Partnerschaft entstanden.

Hintergrund

De Sica zeigt die Menschen des Nachkriegsitaliens ungekünstelt und ohne Verschnörkelung. Er zeigt das Umfeld, wie er es selbst vermutlich erfahren hat. Ein Ambiente von Armut und Kleinkriminalität, das nie den Anschein erweckt, als gehe es tatsächlich um gemeinen Diebstahl. Der Film wird zu den Meisterwerken des Neorealismus gezählt. Gedreht wurde fast ausschließlich an Originalschauplätzen und auch die meisten Rollen werden von Laiendarstellern in ihrer eigenen Kleidung gespielt. Dieses Streben nach Realismus ist typisch für den italienischen Neorealismus.

Kritiken

  • "Lebendige Erzählweise, Sensibilität, menschliche Wärme und eine soziale Aussage ohne Sentimentalität machten den mit Laien an Originalschauplätzen gedrehten Film zum Meisterwerk des italienischen Neorealismus."film-dienst
  • "(...) Film des Neorealismus, in dem Alltag nüchtern und ungeschminkt wiedergegeben wird; mit romantischen Obertönen, klar komponiert, sozialkritisch; Filmklassiker (...)." (Wertung: 3½ Sterne = außergewöhnlich)Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz in Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 212

Auszeichnungen

Der Film gewann bei der Oscarverleihung 1950 (bzw. offizielle Zählung 1949) einen Ehrenpreis als Bester ausländischer Film. Zugleich war er in der Kategorie Bestes Drehbuch nominiert. Den Golden Globe Award erhielt der Film als Bester ausländischer Film, den British Film Academy Award als Bester internationaler Film, den New York Film Critics Circle Award als Bester fremdsprachiger Film, den japanischen Kinema Junpo Award ebenfalls als Bester fremdsprachiger Film und die dänische Bodil als Bester europäischer Film. Das National Board of Review zeichnete ihn in den Kategorien Beste Regie und Bester Film (jede Sprache) aus.

Auf dem Filmfestival von Locarno wurde der Film mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. Das Sindacato Nazionale Giornalisti Cinematografici Italiani ehrte Fahrraddiebe in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch, Beste Geschichte, Beste Kamera und Beste Musik.

Bei der ersten von der renommierten Filmfachzeitschrift Sight & Sound im Jahr 1952 unter Filmkritikern durchgeführten Umfrage nach den besten Filmen aller Zeiten belegte Fahrraddiebe den ersten Platz.

Neuverfilmungen

2001 wurde der Film durch den chinesischen Filmemacher Wang Xiaoshuai in einer zeitgemäßen Version unter dem Titel Beijing Bicycle neuinterpretiert.

Eine satirische Verfremdung des Stoffes findet sich in dem Streifen Die Seifendiebe von Maurizio Nichetti (Italien 1988). Zahlreiche Filmzitate erinnern an Fahrraddiebe. Zugleich entsteht durch ständige Unterbrechungen der Handlung mit heutigen Werbespots eine zweite Handlungsebene.

Literatur

  • Hans-Jürgen Kubiak: Die Oscar-Filme. Die besten Filme der Jahre 1927/28 bis 2004. Die besten nicht-englischsprachigen Filme der Jahre 1947 bis 2004. Die besten Animationsfilme der Jahre 2001 bis 2004. Schüren, Marburg 2005, ISBN 3-89472-386-6

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Fahrraddiebe im Lexikon des Internationalen Films

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