Aktion Brandt

Aktion Brandt

Die Aktion Brandt war ein nationalsozialistisches Programm, welches ab etwa 1943 dazu diente, Bettenplätze für Ausweichkrankenhäuser und Lazarette zu schaffen. Hierzu wurden Patienten der Heil- und Pflegeanstalten verlegt oder getötet. Die nach dem Bevollmächtigten für das Sanitäts- und Gesundheitswesen Karl Brandt benannte Aktion trat damit die Nachfolge der Aktion T4 an.

Die Aktion T4, bei der unter der euphemistischen Bezeichnung „Euthanasie“ ab Anfang 1940 geistig kranke und psychisch behinderte Menschen getötet wurden, war zuvor von Hitler durch eine Verfügung vom 24. August 1941 eingestellt worden. Bis dahin wurden in den insgesamt sechs Tötungsanstalten 70.273 Menschen vergast. Zwar wurde die „Euthanasie“ in verschiedenen Formen weitergeführt, die „Erwachseneneuthanasie“ wurde jedoch nicht mehr durch zentralisierte Vergasung durchgeführt, sondern erfolgte dezentral in den einzelnen Heil- und Pflegeanstalten mittels Überdosierung von Medikamenten oder systematischem Verhungernlassen der Patienten. Andere Beispiele für fortgesetzte Tötungsprogramme sind die „Aktion 14f13“ für nicht arbeitsfähige KZ-Häftlinge oder die bis Kriegsende durchgeführte Kinder-„Euthanasie“, bei der körperlich oder geistig behinderte Kinder bis zum Alter von drei Jahren getötet wurden. Im weiteren Kriegsverlauf fielen diesem Programm in speziell hierfür eingerichteten „Kinderfachabteilungen“ auch ältere Kinder und Jugendliche zum Opfer.

Inhaltsverzeichnis

Organisation

Am 24. August 1941, an dem Hitler die bisherige „Erwachseneneuthanasie“ stoppte, ordnete er auch die Errichtung von Ersatzbauten für beschädigte Krankenhäuser in luftkriegsgefährdeten Städten an. Hierfür sollte die Organisation Todt Ausweichkrankenhäuser bauen, die an die Heil- und Pflegeanstalten angeschlossen werden sollten („Todt-Aktion“).

Am 29. Oktober 1941 wurde Herbert Linden zum „Reichsbeauftragten für die Heil- und Pflegeanstalten“ ernannt. (Verordnung vom 23. Oktober 1941, Reichsgesetzblatt – RGBl – 1941 I S. 653). Linden war zuvor Ministerialdirigent und Referent in der Abteilung IV Gesundheitswesen im Reichsministerium des Inneren und fungierte hier als Koordinator zu der mit der Durchführung der „Euthanasie“ beauftragten „Kanzlei des Führers“.

Karl Brandt, der chirurgische Begleitarzt Hitlers und dessen medizinischer Beauftragter für die Aktion T4, hatte auch für die katastrophenmedizinische Versorgung der luftkriegsgefährdeten Gebiete bereits von Beginn an eine koordinierende Funktion mit der staatlichen Gesundheitsverwaltung im Reichsinnenministerium inne, obwohl die formelle Ermächtigung durch „Erlaß des Führers über das Sanitäts- und Gesundheitswesen“ erst am 28. Juni 1942 (RGBl 1942 I S. 515) erfolgte. Danach wurde er für Sonderaufgaben und Verhandlungen zum Ausgleich des Bedarfs an Ärzten, Krankenhäusern und Medikamenten zwischen dem militärischen und dem zivilen Sektor des Sanitäts- und Gesundheitswesens bevollmächtigt. In dieser Funktion war er Hitler direkt unterstellt und erhielt von diesem unmittelbar Weisungen. Gleichzeitig wurde der Staatssekretär im Reichsinnenministerium und „Reichsgesundheitsführer“ Leonardo Conti als Verantwortlicher für alle einheitlich zu treffenden Maßnahmen im Bereich des zivilen Gesundheitswesens bestellt.

Am 5. August 1942 forderte Linden von den zuständigen Behörden mittels Schnellbrief eine Stellungnahme zu folgenden Fragen:

In der letzten Zeit hat sich immer wieder gezeigt, daß zur Beschaffung von Krankenhausbetten in Katastrophenfällen in steigendem Maße auf Heil- und Pflegeanstalten zurückgegriffen werden muß. Da über die Betten, die durch die bisher betriebenen planwirtschaftlichen Vorkehrungen in den Anstalten gewonnen worden sind, anderweitig verfügt ist, bedarf es zusätzlicher Maßnahmen, um weiteren Ansprüchen gerecht werden zu können. Ich ersuche daher, mir bis zum 15. August d.J. (Frist genau einhalten) zu berichten
1) wieviele Geisteskranke in den Anstalten (einschl. charitative und private) des dortigen Bezirks bei bestmöglicher Ausnutzung der vorhandenen Bettenzahl noch untergebracht werden können,
2) wieviele Geisteskranke darüber hinaus in Katastrophenfällen durch Herrichtung von Notlagern in
a) heizbaren Gängen, Gemeinschaftsräumen usw.
b) in Kapellen von Anstalten
noch zusätzlich aufgenommen werden können. (…)
3) (nur für luftgefährdete Gebiete): welche Heil- und Pflegeanstalten im eingetretenen besonderen Katastrophenfall zu räumen sind um als Hilfskrankenhaus Verwendung zu finden. Hierzu bitte ich mir tunlichst solche Anstalten zu benennen, die als nicht besonders luftgefährdet anzusehen sind.
Beim Eintreten eines Katastrophenfalles würde ich für sofortige Räumung dieser Anstalten sorgen, so daß innerhalb kürzester Frist die Überstellung der obdachlos gewordenen Kranken aus den zu räumenden Krankenhäusern in die zu schaffende Ausweichanstalt erfolgen kann. Es muß den örtlichen Stellen überlassen bleiben, schon jetzt Maßnahmen zu erwägen, um die Umstellung der zu räumenden Anstalten auf den Krankenhausbetrieb sicherzustellen.
Da nach meinen vorstehenden Ausführungen die Heil- und Pflegeanstalten in Katastrophenfällen eine wesentliche Reserve für die zusätzliche Beschaffung von Krankenbetten bieten sollen, können sie zur Unterbringung von Obdachlosen in Zukunft nicht mehr in Frage kommen. Weiterhin bitte ich davon abzusehen, schon jetzt die Räumung der Heil- und Pflegeanstalten, die in oder an der Peripherie gefährdeter Städte liegen, zu verlangen, da die Räumung dieser Anstalten meine Bewegungsfreiheit in wirklich eintretenden Katastrophenfällen stark einschränken muß.[1]

Aufgrund der Luftschutzpflicht nach § 2 des Reichsluftschutzgesetzes vom 26. Juni 1935 (RGBl 1935 I S. 827) sollten für Katastrophen- und Luftkriegsfälle ausreichende Kapazitäten in Heil- und Pflegeanstalten bereitstehen. Dies sollte einerseits durch dichtere Belegung und Notbetten und andererseits durch Verlegen geisteskranker Patienten aus überfüllten Anstalten in weniger gefährdete Landesteile erreicht werden. Bereits im Vorfeld wurden die einzelnen Heil- und Pflegeanstalten aufgefordert, die hierzu in Betracht kommenden Patienten aufzulisten.

Die für Luftkriegsopfer und Reserve- bzw. Ersatzkrankenhäuser vorgesehenen Kapazitäten stellten eine Gelegenheit dar, die „Euthanasie“ wieder in großem Maßstab aufzunehmen. Die nach außen dargestellten Gründe verschleierten die Absicht, die Kranken zu töten. Im Gegensatz zur Aktion T4 gab es keine differenzierenden Selektionskriterien mehr, so dass eine Begutachtung durch Ärzte und zentrale Tötungslisten entfallen konnten. Die Auswahl der Opfer wurde zudem der Leitung der Abgabeanstalten überlassen. Ausschlaggebend für die Zahl der zu verlegenden und damit zu tötenden Patienten waren nur noch die Arbeitsfähigkeit der Kranken und der als Folge eines Luftangriffes prognostizierte Bettenbedarf. Interne Organisatoren bezeichneten das mit dem Töten von Psychiatriepatienten verbundene Sichern der Krankenbettversorgung als „Aktion Brandt“.

Anfang 1943 wurde der Ministerialdirektor Fritz Cropp als Leiter der Gesundheitsabteilung des Reichsinnenministeriums von Staatssekretär Conti zum „Generalreferenten für Luftkriegsschäden“ ernannt. Damit war er für die katastrophenmedizinische Versorgung der Zivilbevölkerung verantwortlich. Er ließ sich ab Juni 1943 monatlich die zivilen Krankenhausbetten, die Zahl der durch Luftangriffe zerstörten Krankenhäuser und die Zahl der zum Ausgleich verlegten Geisteskranken melden.

Bereits einen Monat vorher schon drängte sein Untergebener Linden darauf, die in der Aktion T4 bewährten Psychiater bei den diversen Heil- und Pflegeanstalten in leitenden Positionen unterzubringen. Da diese Anstalten jedoch in die Trägerschaft der Länder fielen, musste seinem Ersuchen der Hinweis auf neue Maßnahmen, die von der „Reichsarbeitsgemeinschaft der Heil- und Pflegeanstalten“ (einer Tarnorganisation der Kanzlei des Führers zur Durchführung der „Euthanasie“) durchzuführen waren, den nötigen Nachdruck verschaffen. In einem Schreiben vom 4. April 1943 an die Medizinalverwaltung der Provinz Hannover kündigte Linden unumwunden an:

„… Ich glaube bestimmt, das die von der Reichsarbeitsgemeinschaft durchgeführten Maßnahmen zur gegebenen Zeit wieder aufleben werden, wobei vielleicht die Art der Durchführung eine andere sein wird, insbesondere es vielleicht nötig werden wird, die öffentlichen Heil- und Pflegeanstalten in größerem Umfange in den Vollzug der Maßnahmen einzuschalten. Gerade dann aber wäre das Vorhandensein eine diese Maßnahmen unbedingt bejahenden Direktors von außerordentlicher Wichtigkeit.“

Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass zu diesem Zeitpunkt anscheinend grundlegend entschieden worden war, die künftige Phase der „Euthanasie“ nicht mehr wie bisher zentral in den Gaskammern der drei Tötungsanstalten Bernburg, Hartheim und Sonnenstein durchzuführen, sondern dezentral in den Heil- und Pflegeanstalten. Zu den bekanntesten Aufnahme- und damit auch Tötungsanstalten des neuen Typs gehörten Am Steinhof in Wien, Eichberg, Großschweidnitz, Hadamar, Kalmenhof bei Idstein, Irsee bei Kaufbeuren, Meseritz-Obrawalde und Tiegenhof bei Gnesen.

Tötungspraktiken

Ende Juni 1943 wurden erste Anstalten im Rheinland "geräumt", was sich schnell auf Westfalen sowie die Städte Hamburg und Berlin ausdehnte. Für die Tötungsmethode der in andere Anstalten verlegten Geisteskranken hatte Hermann Paul Nitsche, der bereits bei der Aktion T4 als Obergutachter fungierte, schon 1940 das sogenannte „Luminalschema“ entwickelt. Eine leichte Überdosierung dieses Schlafmittels sollte die Verlegungspatienten unauffällig töten:

„Das geschah dadurch, daß einmal oder mehrfach den Kranken gewöhnlich zweimal 0,3 Gramm täglich Luminal, eine an sich zulässige, bei schwachem Zustand jedoch für manchen Kranken zu hohe Dosis – manchmal auch dreimal 0,3 Gramm Luminal verabreicht wurde.“[2]

Nitsche führte diese Methode bei einer Besprechung mit ausgewählten praktischen Psychiatern am 17. August 1943 ein. Die entsprechenden Medikamente wurden vom Reichskriminalpolizeiamt über die T4-Organisation an die einzelnen Anstalten geliefert.

Eine weitere Möglichkeit zur Beseitigung der Geisteskranken bestand darin, diesen eine speziell dosierte Hungerkost – in Kaufbeuren-Irsee als „E-Kost“ bzw. „Euthanasie-Kost“ bezeichnet – zu verabreichen, die - noch verstärkt durch vernachlässigte Pflege und ungeheizte Räume - in einem vorhersehbaren Zeitraum zum gewünschten Verhungern der Patienten führte.

Die Organisation und die Durchführung erfüllten die Erwartungen ihrer Initiatoren. So berichtete zum Beispiel der Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Waldheim, Gerhard Wischer, in einem Schreiben vom 4. November 1943 an Nitsche:

„ Ich […] habe reichlich zu tun, da fast alle Neuaufnahmen aus der Gegend um Leipzig, Chemnitz und Meißen zu mir kommen. Ich könnte diese Aufnahmen natürlich niemals unterbringen, wenn ich nicht entsprechende Maßnahmen zum Freimachen von Plätzen durchführen würde, was ganz reibungslos geht. Es fehlt mir allerdings sehr an den erforderlichen Medikamenten.“

Von 300 weiblichen Patienten aus Hamburg, die in die Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“ in Wien am 17. August 1943 verlegt wurden, sind 257 bis Ende 1945 ums Leben gekommen. Das sind mehr als 80% der Patienten.

Ebenso wie die Selektionskriterien und die Zahl der Opfer nicht vorgeschrieben wurden, war auch hinsichtlich der Tötungsart Eigeninitiative durchaus erwünscht. In der österreichischen Anstalt Gugging entwickelte der dortige Arzt Emil Gelny ein Verfahren, welches Patienten durch elektrischen Strom tötete und sich an der Hinrichtungsart durch den elektrischen Stuhl in den USA orientierte. Weitere Varianten stellten Injektionen mit Luft, Morphin oder Scopolamin dar. Zum Teil wurden die Tötungen auch auf besonders vertrauenswürdiges Pflegepersonal delegiert.

Kostenabrechnung

Für die Kostenabrechnung der Verlegungspatienten waren nicht die Aufnahmeanstalten zuständig, sondern die bereits im Rahmen der Aktion T4 gegründete Tarngesellschaft der Kanzlei des Führers „Zentralverrechnungsstelle Heil- und Pflegeanstalten“ unter deren Leiter Hans-Joachim Becker (Spitzname „Millionen-Becker“). In einem „Merkblatt für die Aufnahmeanstalten von Geisteskranken“ vom 10. Juli 1944 waren unter dem Geschäftszeichen „B.(Ru.5)“ die Einzelheiten penibel geregelt.

Intensivierung der Tötungen

Im Jahre 1944 wurden die dezentral organisierten Tötungen gesteigert eingesetzt. Aufgrund des fortschreitenden Bombenkrieges der Alliierten, der sich nicht mehr nur auf militärische Ziele beschränkte, sondern sich immer mehr hin zu Flächenbombardements von Wohngebieten hin verschob, ging es nicht mehr nur um Krankenbetten, sondern auch um die Beschaffung von Ersatzräumen für zerstörte öffentliche Einrichtungen.

In die Aktion Brandt wurden schließlich auch Altenheime und Krankenhäuser einbezogen. Neben den bestehenden Heil- und Pflegeanstalten wurden auch besondere Ausweichkrankenhäuser eingerichtet, in denen zusätzlich zu den üblichen Krankheitsfällen physisch Kranke, geistig und körperliche Behinderte, Taubstumme, Blinde, Tuberkulöse, Fürsorgezöglinge, Arbeitsinvaliden, zwangsverschleppte Ostarbeiter, Flüchtlinge, durch Bombenangriff verwirrte Zivilisten und offenkundig auch schwerverwundete Soldaten untergebracht wurden. Der sog. „unproduktive Ausschuß der Gesellschaft“ sollte hier ebenso unauffällig wie systematisch beseitigt werden.

Mittel des Reichsfinanzministeriums für die Errichtung von Hilfs- und Ausweichkrankenhäuser wurden von Cropp an den „Reichsbeauftragten für die Heil- und Pflegeanstalten“ weitergeleitet. Dieser legte ein Programm für die „Errichtung von Not- und Ausweichunterkünften in holzsparender Bauweise im Rahmen der Maßnahme zur Freimachung westdeutscher Heilanstalten“ vor. Die Heil- und Pflegeanstalten verfügten so zunehmend über ein Reservelazarett, ein Krankenhaus für körperlich Kranke und nicht medizinische Institutionen. Die bisherigen Patienten wurden in die Ausweichunterkünfte, die dem Typ der in den Konzentrationslagern verwendeten Baracken ähnelten (Länge 12,50 m, Breite 4,25 m) verlegt, bevor sie je nach Bedarf in ihre neuen Aufnahmeanstalten transportiert wurden. Für die Auswahl der Standorte für diese Notunterkünfte waren neben dem Grad der Luftgefährdung wohl auch die Bereitschaft der Anstaltsverantwortlichen zur tatkräftigen Unterstützung dieser zweiten „Euthanasie“-Phase ausschlaggebend.

Ende 1944 meldete Linden dem Reichsfinanzministerium, die zugewiesenen Mittel für 145 Baracken verwendet zu haben. Gleichzeitig beantragte er für das Jahr 1945 Mittel in der doppelten Höhe. Die vorgefertigten Bauelemente konnten jedoch aufgrund knapper sonstiger Baustoffen und Arbeitskräfte nicht mehr errichtet werden. In Voraussicht dieser Entwicklung hatte Linden schon im Sommer 1944 die Aufstellung zusätzlicher Stockbetten mit Strohschüttung in den Anstalten angeordnet. Am Ende wurden dann noch Krematoriumsöfen in einzelnen Anstalten errichtet wie zum Beispiel in Kaufbeuren-Irsee oder geplant wie in Pfafferode am Rand von Mühlhausen/Thüringen, da die Plätze auf den Ortsfriedhöfen nicht mehr ausreichten.

Zahl der Opfer

Ähnlich wie bei der Aktion 14f13 lässt sich auch für die Aktion Brandt die Zahl der Opfer nicht genau bestimmen, da viele Tötungen als solche weder erkennbar waren noch als solche registriert wurden. Im Gegensatz zur Aktion T4 sind statistische Unterlagen nicht erhalten geblieben. Geschätzt werden mindestens 30.000 Opfer. Zu den Opfern zählen Ernst Lossa und Marianne Schönfelder.

Einordnung in die nationalsozialistische Vernichtungsideologie

Auch die Aktion Brandt stellte eine Folge und zugleich eine Steigerung der nationalsozialistischen Grundauffassung dar, wonach „lebensunwertes Leben“ zugunsten der Gesunden zu vernichten sei. Darunter fielen aufgrund der Kriegsbedürfnisse nunmehr nicht nur unheilbar Kranke oder Erbkranke, sondern ganz generell alle unproduktiven oder aus sonstigen Gründen unerwünschten Menschen, so dass – wie schon bei der Aktion 14f13 – auf eine besondere Begründung für deren Tötung verzichtet wurde. Die für die Luftkriegsopfer benötigte zusätzliche Bettenkapazität diente lediglich als äußerer Anlass für eine in der inneren Logik liegenden, radikalisierten Fortentwicklung der sozialdarwinistischen Doktrin der NS-Ideologie, die mit Zwangsterilisierungen begann und über die Tötung von Geistes- und Erbkranken bei der Vernichtung aller für die sogenannte „Volksgemeinschaft“ nicht Brauchbaren endete.

Literatur

  • Götz Aly, Angelika Ebbinghaus, Matthias Hamann, Friedemann Pfäfflin, Gerd Preissler (Hrsg.): Aussonderung und Tod. Die klinische Hinrichtung der Unbrauchbaren. Rotbuch Verlag, Berlin 1985, ISBN 3-88022-950-3 (Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik. 1).
  • Götz Aly (Hrsg.): Aktion T4. 1939–1945. Die „Euthanasie“-Zentrale in der Tiergartenstraße 4. Edition Hentrich, Berlin 1989, ISBN 3-926175-66-4 (Stätten der Geschichte Berlins 26).
  • Heinz Faulstich: Hungersterben in der Psychiatrie 1914–1949. Mit einer Topographie der NS-Psychiatrie. Lambertus, Freiburg (Breisgau) 1998, ISBN 3-7841-0987-X.
  • Ernst Klee: „Euthanasie“ im NS-Staat. Die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“. S. Fischer, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-10-039303-1.
  • Ernst Klee (Hrsg.): Dokumente zur „Euthanasie“. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-596-24327-0 (Fischer-Taschenbücher 4327).
  • Ernst Klee: Was sie taten – Was sie wurden. Ärzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-596-24364-5 (Fischer-Taschenbücher 4364).
  • Eugen Kogon, Hermann Langbein,Adalbert Rückerl (Hrsg.): Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas. Eine Dokumentation. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-596-24353-X (Fischer-Taschenbücher 4353).
  • Thomas Schilter: Unmenschliches Ermessen. Die nationalsozialistische „Euthanasie“-Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein 1940/41. Kiepenheuer, Leipzig 1998, ISBN 3-378-01033-9 (Zugleich: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1997: Die „Euthanasie“-Tötungsanstalt Pirna-Sonnenschein 1940/41.).

Anmerkungen

  1. zitiert nach Faulstich, Seite 309f
  2. Urteil des Landgerichts Dresden vom 7. Juli 1947 Nr. 1 Ks 58/47 gegen Paul Nitsche und andere. in: Joachim S. Hohmann: Der „Euthanasie“-Prozeß Dresden 1947. Eine zeitgeschichtliche Dokumentation. Peter Lang Verlag. Frankfurt am Main, 1993, ISBN 3-631-45617-4. Seite 417f.

Weblinks


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