- Farbkreis
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Der Farbkreis oder Bunttonkreis ist eine Darstellungsform von Farbbeziehungen.
Inhaltsverzeichnis
Modellbildung
Die Auswahl und Anordnung der verschiedenen Farbtöne in einem Farbkreis hängt davon ab, welche Eigenschaften visualisiert werden sollen. Farbkreise können unter physikalischen, technischen, psychologischen, ästhetischen, künstlerischen und anderen Aspekten erstellt werden. Es ist jedoch nicht möglich, alle diese verschiedenen Gesichtspunkte in einem Farbkreis zu vereinen.
Grundlagen
Lässt man normalsichtige Versuchspersonen Farbmuster nach der Empfindung auf Ähnlichkeit sortieren, werden die Farbtöne in der Regel in dieselbe Reihenfolge gebracht. Anfang und Ende der Reihe sind sich dabei so ähnlich, dass die Reihe zu einem Kreis geschlossen werden kann. Dies geschieht auch ohne Kenntnis der physikalischen bzw. neurologischen Zusammenhänge der Farbwahrnehmung.
Die Anordnung der Farbtöne kann auch nach Gesichtspunkten der Farbmetrik gewählt werden. Geometrische Aspekte des Kreises wie oben, unten oder gegenüberliegend werden genutzt, um Zusammenhänge der Farbwahrnehmung darzulegen. Ein Gesichtspunkt sind Farbkontraste. Ein anderer ist es, die dem Empfinden gemäßen Abstände zwischen den Farben über den ganzen Linienzug des Kreises hinweg ausgewogen zu halten.
Je nachdem, welche Eigenschaften und Zusammenhänge vom beabsichtigten Anwendungsbereich als primär angesehen werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten einen Farbkreis, ein Farbpolygon oder einen Farbstern zu bilden. Diese Wahlmöglichkeit bot in der Geschichte der Farbtheorie (und gibt bis heute) Anlass zu teils erbitterten Kontroversen über den einzig richtigen Farbkreis. Dabei ist zu beachten, dass der Farbkreis immer nur ein Modell der Wirklichkeit sein kann, er bleibt nur eine Möglichkeit unter mehreren, die komplexen Beziehungen und Zusammenhänge von Farben zu veranschaulichen und dadurch verständlich zu machen.
Die Farbgestaltung in der Kunst und im Design orientiert sich vorwiegend am menschlichen Farbempfinden, denn der menschliche Gesichtssinn, bestehend aus Augen und Gehirn, ist ein kompliziertes Organsystem. In diesem physiologischen System wird die kontinuierliche Änderung der Wellenlänge und deren Intensität von sichtbarem Licht, dem Farbreiz, als Kombination von drei Grundfarben auf diskontinuierliche Weise, die Farbvalenz, interpretiert. Die physikalische Ursache der Farben lässt sich nicht linear in Beziehung zur Wahrnehmung setzen. An den physikalischen Eigenschaften des Lichtes orientierte Farbsysteme stellen Projektionen dar, die für ästhetische Gestaltung nur von begrenztem Wert sind, insbesondere bei einer zweidimensionalen Abbildung in Farbkreisen.
Die Formulierung „subjektive Wahrnehmung“ ist hier nicht im Sinne von Geschmackssache zu verstehen. Die Ordnung des harmonisierten Farbkreises basiert auf objektiv nachweisbaren Eigenschaften des Gesichtssinnes und soll intersubjektiv – das heißt von jedem normalsichtigen Betrachter – nachvollziehbar sein. Tests haben ergeben, dass die weitaus meisten Menschen Farben beinahe gleich wahrnehmen. Weder die Anzahl unterscheidbarer Farben noch die Empfindung von Ähnlichkeiten variieren wesentlich. Das muss auch so sein, denn sonst könnten wir nicht effizient über Farbe kommunizieren, Farbbezeichnungen wären bedeutungslos.
Kreis als Idealfigur
Im Farbkreis wird die Farbenvielfalt unter Vereinfachungen auf eine Fläche abgebildet. Der Kreis oder Ring birgt als 2-dimensionales Farbsystem die gleichen Probleme wie die Darstellung eines Farbkörpers und die Eingrenzungen durch den Gamut einer farb(wieder)gebenden Methode.
„Eine Farbvalenz wird ja […] durch drei Farbwerte bestimmt, die ihrem Wesen nach Integralwerte sind. Zwei Farbvalenzen sind gleich, wenn die einander entsprechenden Integrale gleich sind. Dazu ist es aber nicht erforderlich, daß auch die Farbreizfunktionen einander gleich sind. Sind beide Farbflächen von der gleichen Lichtart beleuchtet, so können trotz gleicher Farbvalenzen (also gleichem Aussehen) die Remissionsfunktionen [also die spektrale Verteilung] verschieden sein. Gleiches Aussehen trotz verschiedener Remissionsfunktionen wird nur von der paarweisen Gleichheit der Farbwert-Integrale bedingt.“
– Manfred Richter[1]
Das Kontrastverhältnis zwischen verschiedenen Farbtönen ist über den Ablauf des Spektrums verschieden. Um eine minimal wahrnehmbare Abstufung zwischen zwei Gelbtönen zu erzielen, muss die Wellenlänge des Lichtes in viel geringerem Maß variiert werden, als um eine gleichgroß empfundene Stufe zwischen zwei Rottönen zu erzielen. Der Farbkreis der additiven Farbmischung zeigt dem normalsichtigen Betrachter kleinere Bereiche für Gelb, Magenta oder Cyan, als dem Farbempfinden entspricht. Der Normalsichtige kann mehr Gelbtöne und Grüntöne als Rottöne unterscheiden.
Die Abstufungen im Farbkreis können prinzipiell nach technischen Geräten geteilt werden, oft können die Stufen nach dem Empfinden besser eingestellt werden. Der subjektive Eindruck „Farbe“ lässt sich am folgenden zeigen: auch wenn sie physikalisch dieselbe Energie (photometrische Helligkeit) hätten werden sie unterschiedlich hell wahrgenommen: Gelb wirkt heller als Blau. Eine Ursache hierfür ist, dass die Kurve des Tagessehens (der Zäpfchen) im Spektralbereich der gelben und grünen Farbreizung liegt.
Andererseits wird die Farbigkeit verschiedener Farbtöne unterschiedlich wahrgenommen: Gelb wirkt „farbiger“ als violett. Verschiedene „farbgebende Systeme“ wie Kunstmalerei, Farbfotografie, Druck, Einfärbungen bedingen unterschiedliche Inputs für den gleichen Output, der zugrundegelegte Farbkreis kann unterschiedlich ausgeführt sein.
Bildergalerie von Farbkreisen
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Farbenkreis, aquarellierte Federzeichnung von Goethe, 1809, Original: Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum
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Goethes Farbrad aus der Farbenlehre von 1810
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Scriabins Schlüsselfarben mit Bezug zum Quintenzirkel
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Zwölfteiliger Farbkreis nach Johannes Itten (1961)
Interpretation von Farbkreisen
Farbkreis der additiven (rgb) und der subtraktiven (cmy) Farbmischung
Im Farbkreis stehen sich die Komplementärfarben stets genau gegenüber. Deshalb werden sie auch gelegentlich als „Gegenfarben“ bezeichnet. Das additive Farbsystem beschreibt das Lichtfarbsystem, in dem die Summe aller Farben weiß ist. Beim subtraktivem Farbsystem, das auf Körperfarben aufbaut und im Druck verwendet wird, ist die Summe aller Farben schwarz.
In der nachfolgenden Tabelle wird dies an den Grundfarben der additiven Farbmischung gezeigt:
Farbe Komplementärfarbe Rot Cyan (Türkis) Grün Magenta (Purpur) Blau Yellow (Gelb) Die Tabelle kann in beide Richtungen gelesen werden: Rot ist auch Komplementärfarbe zu Cyan. Die textliche Beschreibung gibt hier ein übersichtliches Modell der Farben wieder. Die Schwierigkeit entsteht, wenn dieses Modell in realen Farbmustern erfasst werden soll. Die Beziehungen im Kunsthandwerk, in der Kunstmalerei ist im obigen Kapitel bereits dargelegt. Die Umsetzung dieser Beziehung für die technischen Verfahren und Geräte finden sich in den Modellen des RGB-Farbraumes und des CMYK-Farbraumes.
Angemerkt sei, dass der Farbkreis nur ein Modell zur Darstellung der Farbart ist.
Goethes Ansicht
Im historischen Teil der Farblehre hatte Goethe das Wissen zu den Farben aufbereitet, von der Antike bis zu seiner Zeit. Auf Rat von Runge wählte Goethe den Kreis zur Anordnung aller Farben.
Der Zwölfteilige Farbkreis nach Itten
Am Bauhaus trafen sich bedeutende Meister der bildenden Kunst zur kognitiven Arbeit. Sie suchten dabei nach handwerklichen Vorschriften für die industrielle Massenfertigung und so auch nach Richtlinien zur farblichen Gestaltung für das Malerhandwerk und nach Harmonien für den Kunstmaler. Am bekanntesten wurden die Arbeiten des Kunstmalers Johannes Itten.
In Ittens Farbkreis sind die Primärfarben Rot, Gelb, Blau in der Mitte flächengleich umgeben von den daraus gemischten Orange, Grün, Violett, auf dem Kreis ergänzt durch jeweils eine Zwischenstufe.
Der Farbkreis nach Johannes Itten wurde aus Erfahrung und nach Anforderungen der Kunstpädagogik entwickelt, anhand des Mischens von Malfarben. Der Farbkreis soll die Beziehungen der Farben untereinander verdeutlichen, durch das eigene Abmischen wird er „erfahren“. Der Farbkreis besteht aus zwölf „leicht vorstellbaren“ (cite:Itten) Farben mit eigenem Charakter und eindeutiger Beziehung zu den anderen Farben.
Den Kunstmalern war bekannt, dass mit drei Grundfarben die Farbharmonie festzulegen ist. Neben Itten ging auch der Bauhausmeister Paul Klee von den drei Grundfarben Rot, Gelb und Blau aus. Ein Normalsichtiger sei in der Lage, ein rot- und gelbfreies Blau auszuwählen, sowie ein blau- und rotfreies Gelb und ein gelb- und blaufreies Rot. Aus diesen Grundfarben sollen alle anderen Farben des Farbkreises gemischt werden.
Im Farbkreis Ittens werden diese drei Grundfarben, die „Farben erster Ordnung“, im Zentrum angeordnet. Durch Mischung von zwei dieser Grundfarben entstehen die Farben „zweiter Ordnung“: Orange, Violett und Grün. Die Reinheit hängt von der korrekten Reinheit der Farben „erster Ordnung“ ab. Durch Mischen der Farben „zweiter Ordnung“ mit ihren benachbarten Farben „erster Ordnung“ erhält man die Farben „dritter Ordnung“ in sechs Zwischenstufen. Durch Mischen der Farben „zweiter Ordnung“ untereinander erhält man nur noch Tertiärfarben in Braun- und Olivtöne, da immer komplementäre Farbanteile enthalten sind. Die Farben sollen so abgestimmt sein, dass die Abstände gleich erscheinen. Es ergibt sich eine Bewegung von oben „hell“ nach unten „dunkel“. Gegenüberliegende Komplementärfarben sollen zusammen ein Grau ergeben.
Der in Ittens Lehrbüchern abgedruckte Farbkreis lässt sich jedoch nicht abmischen, da die Abbildungen beim Druck nicht durch reale Farbmischung von Ittens Grundfarben entstehen. Wählt man in der Praxis die Grundfarben nach Ittens Anweisungen aus, geraten die Mischfarben etwas trüber und die Komplementärfarben ergeben bestenfalls Graubrauntöne, die auch nicht in der Mitte der Ausgangsfarben liegen müssen. Die von Itten formulierte Idealvorstellung lässt sich also nur in Annäherung durch Mischen verwirklichen.
Ist der Farbkreis korrekt abgestimmt, lassen sich als angenehm empfundene „Farbklänge“ über einfache geometrische Beziehungen finden. Gegenüberliegende Farben bilden „Dreiklänge“ in Form gleichseitiger Dreiecke. Weitere „Farbklänge“ können durch symmetrische Formen vom Sechseck bis hin zum Zwölfeck gebildet werden. Aufgrund der Komplexität der visuellen Wahrnehmung garantiert dieser Formalismus jedoch nicht, dass immer Harmonien entstehen. Eine harmonische Wirkung hängt auch von der farblichen Umgebung ab, sowie der räumlichen Beziehungen von Farbflächen und deren Größenverhältnissen, Eigenhelligkeit und Intensität. Eine Farbharmonie kann kaum „berechnet“ werden, sie muss auf die konkrete Darstellung „abgewogen“ werden. Ein durch Gebrauch trainiertes Farbempfinden führt in der Praxis am ehesten zum Ziel.
Nach Itten ist ein 48-teiliger oder noch weiter unterteilter Farbkreis für künstlerische Zwecke nicht sinnvoll, da die Differenz etwa zwischen den Farben Nr. 45 und Nr. 46 kaum „vorstellbar“ ist.
Küppers Farbenlehre (Basisschema und Farbensonne)
Der Forscher Harald Küppers kommt aus der Drucktechnik und ist daher um Farbdefinitionen bemüht, die exakte Reproduktionen erlauben. So setzt er sich für genaue Bezeichnungen der Farbeigenschaften ein, da „die Farbenlehre Naturwissenschaft“ sei. Küppers Farbsystem ist eine rechnerische Farbordnung und orientiert sich an den physiologischen Bedingungen des Sehsinns. Er betrachtet Ittens Farbkreis als grundsätzlich „falsch“ und beansprucht für sich selbst, diese Farblehre abzulösen.[2]
Seine Hauptkritikpunkte an Ittens Grundschema sind: [3]
- Ittens Grundfarben seien keine Primärfarben, die „Primärfarbe“ Rot sei eine Mischung aus den Grundfarben Orangerot und Magentarot, seine „Primärfarbe“ Blau sei eine Mischung aus den Grundfarben Cyanblau und Violettblau und seine Primärfarbe Gelb sei eine Mischung der Grundfarbe Gelb mit etwas Orangerot.
- Ittens Farben „zweiter Ordnung“, also die Sekundärfarben, lassen sich nicht aus seinen Primärfarben mischen.
- Die Grundfarben Cyanblau und Magentarot fehlen völlig, das Gelb ist nur näherungsweise enthalten.
- Sich gegenüberliegende Farben seien keine tatsächlichen Komplementärfarben. Mischt man sie, erhält man kein neutrales Grau, sondern eine bunte Tertiärfarbe.
- Es sei didaktisch falsch, die bunten Grundfarben auf einem Kreis gleichberechtigt mit deren Mischungen anzuordnen.
- Die unbunten Grundfarben Weiß und Schwarz als „Nicht-Farben“ zu bezeichnen, sei absurd. Weiß und Schwarz seien die beiden „unbunten Grundfarben“.
- Es sei falsch, ein Basisschema auf weißen Grund zu stellen, da so die unbunte Grundfarbe Weiß nicht dargestellt werden könne. Ein solches Schema müsse auf einem grauen Untergrund stehen.
Dementsprechend setzt Küppers Ittens didaktischem Schema sein „Basisschema der Farbenlehre“ entgegen. Küppers definiert acht Grundfarben: Gelb, Magentarot, Cyanblau, Orangerot, Grün, Violettblau, und die zwei unbunten Grundfarben Schwarz und Weiß.
Siehe auch
Didaktische Arbeitsmittel
- Harald Küppers: Farbenkompass. Dreiteilige Klappkarte im Postkartenformat. Siebenfarbig gedruckte Abbildungen des Basisschemas, der Farbensonne und der Super-Farbensonne. Muster-Schmidt Verlag, Northeim. 3. Auflage 2005.
Weblinks
Commons: Farbkreise – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ Manfred Richter: Einführung in die Farbmetrik.Walter de Gruyter, Berlin New York 1976. S. 84
- ↑ Farbe und Druckverfahren. Küppers: Farbe verstehen und beherrschen, 2004. Das Gesetz des Sehens: „Die natürliche Ordnung der reinen bunten Farben ist die lineare Anordnung nach Wellenlängen im Spektrum.“
- ↑ Küppers’ Farbenlehre
Die in diesem Artikel verwendeten Farben werden auf jedem Monitor anders dargestellt und sind nicht farbverbindlich. Eine Möglichkeit, die Darstellung mit rein visuellen Mitteln näherungsweise zu kalibrieren, bietet das nebenstehende Testbild: Tritt auf einer oder mehreren der drei grauen Flächen ein Buchstabe („R“ für Rot, „G“ für Grün oder „B“ für Blau) stark hervor, sollte die Gammakorrektur des korrespondierenden Monitor-Farbkanals korrigiert werden. Das Bild ist auf einen Gammawert von 2,2 eingestellt – den gebräuchlichen Wert für IBM-kompatible Computer. Apple-Macintosh-Rechner hingegen verwenden bis einschließlich System 10.5 („Leopard“) standardmäßig einen Gammawert von 1,8, seit dem System 10.6 („Snow Leopard“) kommt Gamma 2,2 zum Einsatz.
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