Farbwahrnehmung

Farbwahrnehmung

Die Farbwahrnehmung ist als Teilbereich des Sehens die Fähigkeit, Licht in Abhängigkeit von der Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung verschieden wahrzunehmen. Dabei können unterschiedliche spektrale Zusammensetzungen des Farbreizes zur gleichen Farbwahrnehmung führen, weshalb allein aus der wahrgenommenen Farbe nicht die Zusammensetzung des Farbreizes erschlossen werden kann. Nur wenn monochromatisches Licht vorausgesetzt wird, kann Licht bestimmter Wellenlänge auch durch die wahrgenommene Farbe charakterisiert werden, dessen Spektralfarbe.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Erforschung

  • Isaac Newton entdeckt, dass Licht aus verschiedenen Farbanteilen zusammengesetzt ist und beschreibt das Phänomen der Metamerie (unterschiedlich zusammengesetztes Licht kann denselben Farbeindruck hervorrufen). Er prägt den Satz "The rays are not coloured" (Die Lichtstrahlen sind nicht farbig). Goethe lehnt diesen Ansatz ab, da er subjektiv „helles Gelb“ und „dunkles Blau“ sieht, als Grundlage für seine Farbenlehre.
  • 1794: John Dalton berichtet über seine Farbfehlsichtigkeit. Er sah Rot nur als undeutlichen Schatten, Orange, Gelb und Grün nahm er nur als verschiedene Abstufungen von Gelb wahr (deshalb wurde die Rot-Grün-Blindheit auch als „Daltonismus“ bezeichnet.)
  • 1802: Thomas Young vermutet, dass die Möglichkeit, alle Farben aus drei Primärfarben zusammenzusetzen, auf physiologischen Vorgängen in der Netzhaut beruht und postuliert drei Rezeptortypen, die zu den Primärfarben passen.
  • James Clerk Maxwell identifiziert zwei Typen des „Daltonismus“ und erklärt sie mit Hilfe seiner Drei-Rezeptoren-Theorie.
  • Der Psychologe Ewald Hering entwickelt seine Vierfarbentheorie als Gegenthese. Die Lösung des Widerspruchs und eine Weiterentwicklung der Sicht gelingt von Kries mit der Kries-Zonentheorie.
  • John William Strutt entwickelt das Anomaloskop, mit dem die Farbtüchtigkeit getestet wird. Bei Untersuchungen entdeckt er die Rot- und die Grünschwäche.
  • Mitte der 1960er Jahre entwickeln zwei Forschergruppen um Paul K. Brown und Edward McMichael jr. Mikrospektralphotometer, mit deren Hilfe die Absorption einzelner Zapfen gemessen werden kann.

Physiologie

Grundlagen

Das Wahrnehmungssystem muss mindestens zwei (beim Menschen sind es drei) unterschiedliche Typen von „Lichtrezeptoren“ haben, um unterschiedliche Zusammensetzungen des Lichts feststellen zu können.

Der Mensch besitzt zwei unterschiedliche Systeme von visuellen Rezeptoren. Stäbchen sind wesentlich empfindlicher, aber es gibt davon nur einen Typ. Diese Rezeptoren können folglich keine Farben unterscheiden. Das zweite System sind die Farbrezeptoren, die Zapfen. Davon gibt es beim Menschen drei Typen mit unterschiedlicher spektraler Empfindlichkeit. Sie sind für das Tagessehen (Photopisches Sehen) verantwortlich. Für ihre Reizantwort ist eine Leuchtdichte von mindestens 0,1 cd/cm² nötig. Unter dieser Schwelle sind nur Hell-Dunkel-Unterschiede durch die Stäbchen-Rezeptoren wahrnehmbar (skotopisches oder Nachtsehen).

Zwar ist bei der Entstehung von Farben zu unterscheiden, ob das als farbig wahrgenommene Objekt Licht abstrahlt, oder ob es Fremdlicht reflektiert, streut, beugt oder bricht. Der auftreffende Farbreiz und damit die Wahrnehmung ist allerdings davon unabhängig.

Im Alltag „kommt die Farbe“ meist von Körpern, die durch Licht mit einem kontinuierlichen Lichtspektrum beleuchtet werden. Solches „weißes Licht“ wird in der Regel von heißen Körpern mit unterschiedlichen Tönungen ausgestrahlt, Beispiele sind die Sonne, die Kerzenflamme oder Glühlampen. Durch Entwicklungen neuerer Technik nehmen Lichtquellen zu, die gut definierte Wellenlängen aussenden, Ursache dafür sind Elektronensprünge in den Energieniveaus der Atome. Beispiele dafür sind Natriumdampflampen, LEDs und Laser. Licht kann durch Filter eingefärbt werden, Beispiele sind Farbgläser der Verkehrsampel. Brechung in Medien oder Beugung an Gitterstrukturen zerlegt Licht nach Wellenlängen mit dem Ergebnis unterschiedlicher Farben, Beispiele sind die Farben hinter einem Prisma oder schillernde CDs. Andere Ursachen sind Wellenüberlagerungen mit Interferenz an dünnen Schichten, wie bei Öllachen. Körper absorbieren aus auftreffendem „weißem Licht“ einige Wellenlängen, das rückgestrahlte remittierte Licht ist sodann wegen des veränderten Spektrums farbig, hier sind als Beispiele rotes Blut und grüne Blätter zu nennen.

Farbreize von unterschiedlicher spektraler Zusammensetzung des Lichts können zum selben Farbeindruck (Farbvalenz) führen. Das Rot der Verkehrsampel entsteht durch einen Glasfilter, der nur das Glühlampenlicht mit Wellenlängen rund um 650 nm durchlässt. Das Rot eines Glanzkäfers oder Kolibris kann durch Interferenz des Sonnenlichtes entstehen, indem hier bestimmte, von der Schichtdicke abhängige Wellenlängen verstärkt, andere ausgelöscht werden. Die unterschiedliche Entstehungsmöglichkeit des gleichen Farbeindrucks bezeichnet man als Metamerie.

Electromagnetic spectrum c.svg

Sichtbares Licht

Für Menschen ist die elektromagnetische Strahlung des Lichtspektrums im Wellenlängenbereich von 380 bis 780 nm sichtbar. Unter seltenen Umständen kann das spektrale Sehen etwa nach einem chirurgischen Eingriff am Auge kurzwellig bis 300 nm oder langwellig bis 820 nm reichen.

Die Sehzellen

Absorptionskurven der Zapfen des Menschen

Photonen können in den Sehzellen (Photorezeptoren) eine Verformung am Proteid des Sehpurpurs bewirken und durch anschließende biochemische Vorgänge elektrische Signale (Rezeptorpotentiale) auslösen. Über die Sehnerven, die in der Netzhaut beginnen, werden diese Signale ins Zentralnervensystem geleitet und zu einem Farbeindruck verarbeitet.

Es gibt zwei Systeme von Photorezeptoren beim Menschen.

  • In einem System existieren Stäbchen, die ausschließlich auf Hell-Dunkel-Kontraste reagieren. Sie sind auch noch bei geringer Lichtintensität unter 0,1 cd/cm² aktiv und somit für das Nachtsehen verantwortlich.
  • In einem getrennten System sind drei verschiedene Arten von Zapfen (Farbrezeptoren) vorhanden. Sie registrieren die spektrale Farbvalenz. Jede Art dieser Zapfen hat eine spezifische spektrale Empfindlichkeit.
    • L-Zapfen (L für Long) sind für längere Wellenlängen empfindlich. Das Absorptionsmaximum liegt etwa bei 560 nm, was einem grünlichen Gelb entspricht.
    • M-Zapfen (M für Medium) sind empfindlich für mittlere Wellenlängen. Das Absorptionsmaximum liegt hier bei etwa 530 nm, entsprechend einem Gelbgrün.
    • S-Zapfen (S für Short) sind für kürzere Wellenlängen empfindlich. Das Absorptionsmaximum liegt etwa bei 420 nm, einem Blau. S-Zapfen sind beim Menschen nur mit einem Anteil von 12 Prozent aller Zapfen vertreten.

Zapfen unterscheiden keine Wellenlängen direkt. Das Absorptionsspektrum der Zapfen gibt lediglich die Wahrscheinlichkeit an, mit der Licht einer bestimmten Wellenlänge ein Aktionspotential auslöst. Ein Aktionspotential kann von einem Photon mit der Wellenlänge A ausgelöst worden sein, aber auch von einem Photon mit der Wellenlänge B. Um also Farben zu unterscheiden, muss das Gehirn die Antworten von mindestens zwei verschiedenen Zapfentypen vergleichen. Je mehr Zapfentypen vorhanden sind, desto größer sind die Unterscheidungsmöglichkeiten. Dieses Prinzip der Univarianz stammt von Rushton (1972).

Lichtempfindliche Rezeptoren existieren nicht nur bei Primaten, wie dem Menschen, sondern auch bei vielen verschiedenen Tierarten aus ganz unterschiedlichen Verwandtschaftsgruppen (Wirbeltiere, Gliedertiere, Weichtiere).

Absorptionsmaxima verschiedener Rezeptortypen im Vergleich
Zapfentypen: UV S M L Stäbchen
Mensch [1] - 424 nm 530 nm 560 nm *
Mensch [2] - 420 nm 535 nm 565 nm *
Mensch [3] - 420 nm 530 nm 560 nm 500 nm
Rhesusaffe [4] - * 540 nm 565 nm 505 nm
Pferd  - 428 nm 539 nm  -
Vögel [1] 370 nm 445 nm 508 nm 565 nm
Goldfisch (Carassius aureatus) [5] 356 nm 447 nm 537 nm 623 nm
Empfindlichkeitskurven der Netzhaut des Menschen in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Die Kurve für den S-Rezeptor ist um den Faktor 3 überhöht dargestellt. Z = Sehgrube (fovea centralis)

Anmerkung:

  • Absorption wird hier als Anzahl der von einem Zapfen pro Sekunde aufgenommenen Photonen bestimmt.
  • Die genannten Absorptionsmaxima sind nur Richtwerte; Unterschiede gibt es nicht nur zwischen den Arten, sondern auch von Individuum zu Individuum.
Die Zapfendichte ist ungefähr in der Netzhautmitte als dem Punkt des schärfsten Sehens, Fovea centralis, am größten; am Rand des Gesichtsfeldes sind hingegen kaum noch Zapfen zu finden, dafür viele Stäbchen für die stäbchenvermittelte Nachtsicht. In der Fovea centralis gibt es dagegen keine Stäbchen, daher kann man nachts zum Beispiel schwach leuchtende Sterne nur sehen, wenn man etwas an ihnen "vorbeischaut", und dann nicht in Farbe.

Funktionen der Sehzellen

Zapfen und Stäbchen sind mit den nachfolgenden Nervenzellen der Netzhaut derart „verschaltet“, dass neben Registrierung der Farbqualität noch weitere Bearbeitungsprozesse möglich sind.

  • Das schnelle Rot-Grün-System dient der Kantenverstärkung, die M- und L-Zapfen entstammen stammesgeschichtlich einem gemeinsamen Entwicklungsstand. Die Differenz von L- (Rot) und M- (Grün)signal wird mit der Summe beider verglichen. Bei Isoluminanzbedingungen unter Laborbedingungen, d. h. beide Zapfentypen werden mit rotem und grünem Licht gleicher Stärke beleuchtet, kann dies zum Verschwinden scharfer Kanten führen.(minimally distinct border-Phänomen).
  • Das langsamere Blau-Gelb-System ist für die Farbkonstanz zuständig.
  • Das Signal des Rotzapfens alleine wird vermutlich zur Bewegungsdetektion langsamer Bewegungen verwendet.

Ganglienzellen

Es gibt drei Klassen von Ganglienzellen in der Netzhaut: Hell-Dunkel-System mit On- und Off-Zentrum-Feldern (zur Erhöhung des Kontrastes – On-Zentrum: Belichtung des Zentrums ergibt Erregung, Belichtung der Peripherie ergibt Hemmung, Off-Zentrum umgekehrt), Gelb-Blau-System (Gelb löst Aktivierung des Zentrums und Hemmung der Peripherie, Blau umgekehrt), Rot-Grün-System (Rot Aktivierung des Zentrums, Hemmung der Peripherie, Grün umgekehrt)

Die Umrechnung von Drei- auf Vierfarben-System erfolgt durch Subtraktion und Addition der Rezeptor-Information.

Farbe

Farbreiz, Farbvalenz und Farbeindruck

Vergleich der Zapfen- und Stäbchen-Absorption von Mensch und Rhesusaffe (mikrophotometrisch von Bowmaker 1978 bzw. 1983 vermessen)
Farbreiz - Farbvalenz - Farbeindruck im Kontrast Rot-Grün und Blau-Gelb variiert in hell bzw. dunkel
Der Zusammenhang der Begriffe Farbe und Farbmetrik
Begriff Wirkort Wirkart Fachgebiet
Farbreiz Lichtquelle Sichtbares Licht (380 nm bis 780 nm) Entstehung von Farben / Optik
Farbvalenz Auge, insbesondere Zapfen Farbwahrnehmung Physiologie
Farbe/Farbempfindung Gehirn Erleben und Psyche Psychologie
  • Der Farbreiz ist die Strahlungsleistung, die in den Zapfen der Netzhaut des Auges absorbiert wird. Er ist die physikalische Ursache von Farbvalenz und Farbempfindung.
  • Die Farbvalenz ist die physiologische farbliche Wirkung einer Strahlung. Sie ist charakterisiert durch die Erregungszustände der drei Zapfenarten des menschlichen Auges, die vom (physikalischen) Farbreiz abhängig sind.
  • Die Farbempfindung entsteht durch Zusammenwirken der (auftreffenden) „mittleren“ Gesamthelligkeit und der Farbkonstanzleistungen des Gehirns. Das trichromatische Sehen - die Reizantwort der drei Zapfenarten - erreicht nicht das Bewusstsein. Entlang der Erregungsleitung von den Sehzellen zum wahrnehmenden Großhirn werden - wahrscheinlich im Corpus geniculatum laterale - die Parameterpaare Schwarz/Weiß (Hellwert), Rot/Grün, Blau/Gelb (zwei konträre Buntpaare) geformt. Beleg dafür ist auch, dass empfindungsgemäßer dreidimensionaler Farbraum der menschlichen Farbwahrnehmung näher kommt als ein direkter „Zapfenraum“. Das Zusammenspiel von „hell“ und „bunt“ lässt sich durch den Purkinje-Effekt oder den Pulfrich-Effekt überprüfen.
  • Eine Spektralfarbe ist der enggefasste, monochromatische Farbreiz einer Strahlung. Monochromatische Strahlung kann von einem Emissionsstrahler (wie einer Natriumdampflampe) ausgehen. Ein solcher Farbreiz kann aber auch von einem Monochromator oder einem Interferenzfilter erzeugt werden. Zu jeder monochromatischen Strahlung im sichtbaren Bereich gehört eine bestimmte Farbempfindung. Farben, die durch monochromatische Strahlung entstehen, heißen Spektralfarben. Die "Monochromasie" der Spektralfarbe wird durch die Breite des Wellenlängenbereiches - die spektrale Bandbreite - angegeben.

Farbe und Helligkeit

V(lambda)-Kurve: Hellempfindlichkeitskurve für Nacht-(links) und Tagsehen

Erst ab einer bestimmten Helligkeit ist die aus drei Komponenten gebildete Farbenwelt gegeben, das trichromatische Sehen mit den Zapfen, die jeweils unterschiedliche Opsine enthalten (dieser Helligkeitsbereich wird in der V(lambda)-Kurve dargestellt). Diese drei Zapfentypen, deren Erregungen die Farbvalenz der einfallenden Strahlung als untrennbare Gesamtwirkung der drei Einzelerregungen liefern, haben unterschiedliche spektrale Empfindlichkeitskurven beim durchschnittlichen farbnormalsichtigen Beobachter. Normiert auf gleiche Gesamtflächen der drei Kurvenzüge ergeben sich die Normspektralwertfunktionen. Wenn also jeder Rezeptor 1/3 der Gesamterregung liefert, dann wird unbunt (weiß, grau oder schwarz) empfunden. Die Größe der Gesamterregung (B + G + R) ergibt die Farbhelligkeit. Der Farbton ist durch die relativen Erregungen b, g, r gegeben: b = B / (B + G + R) usw. Da gilt: b + g + r = 1, braucht man nur zwei Anteile (r und g) anzugeben, um einen Farbton eindeutig zu kennzeichnen. In einer r-g-Ebene ist nur ein Dreieck möglich, weil es keine negativen Erregungen gibt. Die Ecken des Dreiecks können nicht erreicht werden, weil es keinen Farbreiz gibt, der nur einen Farbrezeptor erregt. Der Spektralfarbenzug schließt sich nicht. Um den Bogen zu schließen, braucht man die Mischfarben zwischen Violett und Rot, die Purpurgerade. Im CIE-Normvalenzsystem ergibt sich die Normfarbtafel, die in der DIN 5033 genutzt wird.

Theorien der Farbwahrnehmung

  • Drei-Farben-Theorie von Thomas Young (weiterentwickelt von Hermann von Helmholtz): Es gibt drei Sehzell-Typen für drei Farben, die als Primärfarben bezeichnet werden. Nach Helmholtz lassen sich alle anderen Farben einschließlich Weiß und Schwarz durch additive oder subtraktive Mischung aus 3 Grundfarben erzeugen, z. B. additiv aus Rot-Grün-Blau (RGB).
  • Gegenfarbtheorie: Nach Ewald Hering gibt es einen Kreis von Farben mit paarweise gegenüberliegenden Gegenfarben: Rot-Blaugrün, Purpur-Grün, Blau-Orange, Violett-Gelb. Jedes Paar von Gegenfarben ergibt in subtraktiver Mischung Schwarz und in additiver Mischung Weiß.
  • Kries-Zonentheorie: Johannes von Kries (er arbeitete unter Helmholtz) führte aufgrund neurophysiologischer Forschungsergebnisse beide Theorien zusammen: Auf Rezeptorebene gilt die Drei-Farben-Theorie, bei der Verarbeitung im Zwischenhirn werden die Signale aber zu Gegenfarben verrechnet.

Der Zapfenerregungsraum als Farbraummodell

Unterschiedliche Sättigungen der Farben zum Weiß oder zum Schwarz hin können mit einer zweidimensionalen Normfarbtafel jedoch nicht berücksichtigt werden. Hierzu braucht man ein dreidimensionales Gebilde, den Farbraum, wie beispielsweise eine Kugel, bei der ein Weißpol und ein Schwarzpol vorhanden sind, und ein Farbkreis den Äquator bildet.

Sollen aber alle Farbtöne als gleichweit voneinander entfernt wahrgenommen werden, verändert sich diese Kugel zu einem merkwürdig geformten Farbkörper. Im Blau bekommt die Kugel einen Bauch – sie wird konvexer. Bei Purpur und Rot flacht die Kugel ab und bekommt bei Gelb ein weit herausstehendes „Knie“ – eine Ecke. Dieser subjektiv bestimmte Farbkörper der Wahrnehmung deckt sich mit dem möglichen, aus den Funktionen der Zapfenerregungen errechneten Erregungsraum.

Metamere Farbgleichheit

Hauptartikel: Metamerie (Farblehre)

Farbreize werden durch Kombinationen verschiedener Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums erzeugt. Derselbe Farbreiz kann durch unterschiedliche Kombinationen erzeugt werden. Dieser Effekt wird Metamerie genannt. Zwei Farbproben können daher völlig identisch aussehen, obwohl sie unterschiedliche spektrale Anteile des Lichtes absorbieren. Wenn man die Farbproben mit farbigem Licht beleuchtet – also mit Licht, in dem Spektralanteile fehlen – kann der Unterschied sichtbar werden, sofern der fehlende Spektralanteil in der einen Farbprobe mehr zu ihrem Aussehen beiträgt als in der anderen. Dies ist u.a. ein Problem in der Industrie, wenn es darum geht Gegenstände aus unterschiedlichen Materialien so herzustellen, dass sie auch unter unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnissen gleichfarbig aussehen.

Farbkonstanz

Das Farbensehen entwickelte sich in Anpassung an eine wechselnde, von Tages- und Jahreszeit abhängige Farbqualität der Beleuchtung. Morgens und abends gelangt auf die Erde eher langwelliges (rotes) Licht, mittags eher kurzwelliges (blaues).

Auf Grund des angeborenen Systems der Farbkonstanz wird die Objektfarbe trotz unterschiedlicher Beleuchtung als nahezu unverändert wahrgenommen. Ohne dieses System würde eine rote Kirsche morgens eher weiß und mittags eher schwarz aussehen, eine unreife grüne Kirsche morgens schwarz und mittags weiß.

Ein einfaches Experiment hierzu kann man leicht eingehen, wenn man sich nachts ein vom Grün oder Rot einer Verkehrsampel beleuchtetes Schild 250 (Verbot für Fahrzeuge aller Art) ansieht und dabei aufmerksam den roten Ring am runden Rand betrachtet.

In der Fotografie kann man diese Unterschiede durch Aufnahmen mit Kunstlichtfilmen bei Tag oder Tageslichtfilmen bei Kunstlicht nachvollziehen.

UV-Wahrnehmung beim Menschen

Das Rhodopsin der menschlichen Stäbchen hat zwei Absorptionsmaxima. Im sichtbaren Bereich bei 500 nm (türkis) reagiert der Rezeptor auf „Hell“, hinzu kommt ein Nebenmaximum im UV-Bereich bei 350 nm. Das gesunde menschliche Auge verhindert einen Reiz durch die Absorption von UV-Licht in der Augenlinse. Dies ist auch Schutzfunktion für die Netzhaut, die durch die energiereiche UV-Strahlung geschädigt wird. Menschen, denen die Linse entfernt wurde (Grauer Star) können allerdings UV-Licht wahrnehmen, ohne dies als Farbe zu sehen.[6]

Zapfen werden geschädigt und nehmen so keinen unterschiedlichen Farbreiz wahr. Die spektrale Empfindlichkeit am kurzwelligen Ende wird zu kürzeren Wellenlängen verschoben, die Intensität der Wahrnehmung steigt nicht.

Defekte der Farbwahrnehmung

Farbfehlsichtigkeit tritt in verschiedenen Formen auf:

  • Rotblinde ohne Rotrezeptoren werden als Protanope (gr. protos, erster; gr. an-, nicht; gr. ope Blick) bezeichnet
  • Grünblinde als Deuteranope (gr. deuteros, zweiter), sie weisen beide das Phänomen der Dichromasie auf, besitzen also nur zwei statt drei Zapfentypen.
  • Rotschwäche (Protanomalie) und Grünschwäche (Deuteranomalie) beruhen auf veränderten Empfindlichkeiten der entsprechenden Rezeptoren.

Diese Fehlsichtigkeiten treten bei Veränderungen der Opsin-Gene auf. Aber auch Linsenverfärbungen (Vergilbungen) können die Farbwahrnehmung beeinträchtigen.

Imaginäre Farbe

Wie der Name vermuten lässt, sind dies nichtexistente, unreale Farben. Im LMS-Farbraum der Zapfen lassen sich alle wahrnehmbaren Farben beschreiben. Die Messungen in Vorbereitung des CIE-Systems und spätere mikrospektralfotometrische Bestimmungen am Auge haben objektiv nur die realen Farben bestimmen können. Prinzipiell können im dreidimensionalen Farbraum beliebige Primärvalenzen als Koordinaten genutzt werden, es ergibt sich eine ebenso große Vielzahl an Farbräumen. Dieser Raum kann allerdings größer sein als es einer Transformation des Zapfenraumes entspricht. Die „außerhalb“ liegenden und deshalb nicht wahrnehmbaren Farbkonstrukte werden als imaginäre Farben bezeichnet. Um solche Farborte messtechnisch zu erreichen, wird bei Messungen im Farbvergleich nicht am „Ist“-Licht, sondern (faktisch als Subtraktion) am „Soll“-Licht geändert: äußere Farbmischung.

Farbwahrnehmung im Tierreich

„Farbig“ sehen

Farbe oder besser das „Farbig-Sehen“ ist ein Ergebnis der Nerventätigkeit, ein Konstrukt des Gehirns. Tiere haben nicht zwangsläufig eine Farbvorstellung wie der Mensch. »Farbe im hier behandelten Sinne« ist das Wahrnehmen unterschiedlicher Reize bei Licht unterschiedlicher Wellenlänge. Die Wahrnehmungen der Tierarten unterscheiden sich dabei beachtlich. Ursachen liegen in der Evolutionsgeschichte, in welcher sich das Sehen mehrfach und unabhängig voneinander entwickelt hat. Die optischen Wahrnehmungsapparate besitzen mitunter sehr ähnliche Fähigkeiten.

Es gibt Unterschiede hinsichtlich der Anzahl der verschiedenen Rezeptortypen und der Reize der Wellenlängen. Bei den Wirbeltieren verfügen die meisten Säugetiere über zwei verschiedene Rezeptortypen, der Mensch und einige Primaten über drei, Reptilien und die in der Evolution aus diesen folgenden Vögel verfügen oft über vier farbunterscheidende Rezeptortypen.[1] Viele Wahrnehmungsapparate reagieren auf den Wellenlängenbereich des Lichtes, der auch für den Menschen sichtbar ist, einige werden auch von Licht aus dem ultravioletten oder infraroten Bereich gereizt.

Eine Aussage über den subjektiven Farbeindruck der Tiere (oder anderer Menschen) ist bisher nicht möglich. Experimentell nachweisbar ist die Reaktion auf Reize verschiedener Wellenlängenbereiche.

Untersuchungsmethoden

Der Nachweis von Farbwahrnehmung im Tierreich setzt die Fähigkeit des Lernens voraus. Es ist deshalb nicht ganz klar, ob das nur schwach entwickelte Farbensehen der nicht-staatenbildenden Insekten, etwa bei Drosophila, eine Folge der Lernschwäche oder eine Schwäche des Sehsystems ist.

Möglich wäre auch, dass komplexe Verrechnung der Farbinformation unabhängig von der Helligkeit für einige Nachttiere in der Evolution keinen Vorteil bot und sich deshalb nicht durchsetzen konnte. Das würde erklären, warum Hauskatzen, die sehr gut lernen und mehrere Zapfentypen besitzen, fast nicht auf Farben zu dressieren sind: zur Jagdzeit bei der Nacht ist für die Katze Grau wichtiger.

Auch bei nachtaktiven Wirbeltieren bleiben immer zusätzlich zu den Stäbchen zwei verschiedene Zapfensysteme erhalten. Die Stäbchen für das skotopische (Nacht-)Sehen alleine könnten vom Tageslicht geblendet werden, somit könnte das entsprechende Tier tagsüber, im photopischen (Tages-)Sehen nahezu blind sein. Für das Bewegungssehen im Wirbeltiergehirn werden die Zapfen mit dem langwelligsten Absorptionsmaximum ausgewertet, was zu einem Evolutionsvorteil führt wenn schnelle Bewegungen auszuwerten sind. Die Helligkeitskonstanz setzt ebenfalls zwei Wahrnehmugsrezeptoren voraus. Um eine Helligkeitskonstanz auch bei wechselnden Beleuchtungsbedingungen zu ermöglichen, sind stets zwei Zapfensysteme notwendig.

Tiergattungen

Gliederfüßer

  • Bei Insekten wurde das Farbensehen insbesondere bei der Honigbiene untersucht. Karl von Frisch hat gezeigt, dass man Bienen nach ihren Farbempfindungen „fragen“ kann, indem man sie auf farbige Plättchen mit Futterbelohnung dressiert. Für den Nachweis echten Farbensehens reicht es dabei nicht aus, dass ein Tier immer wieder auf die einmal als futterträchtig erfahrene Farbe zurückkehrt, denn es könnte ja die Graustufe gelernt haben. Der Sinnesreiz Farbe wird nur dann erkannt, wenn sie unabhängig von der Helligkeit immer wieder gewählt wird. Frisch prüfte dies, indem er den Bienen Farbplättchen verschiedener Helligkeit der belohnten Farbe in Konkurrenz mit anderen Farben zur Auswahl anbot, und feststellte, dass die Farbe bei der Entscheidung Priorität hat.
  • Der Fangschreckenkrebs Neogondodactylus oerstedii besitzt 8 verschiedene Rezeptortypen im sichtbaren und vier im Ultraviolett-Bereich[7]

Niedere Wirbeltiere

Niedere Wirbeltiere und unter den Säugetieren die Beuteltiere verfügen meist über vier Zapfentypen, sie werden daher Tetrachromaten genannt. Neben den L-, M- und S-Zapfen verfügen sie über einen Ultraviolett-Zapfen, der im Bereich von weniger als 380 nm absorbiert. Da man dieses – im Vergleich zum Menschen komplexere – tetrachromatische Farbsystem bei Beuteltieren, Vögeln und Fischen findet, geht man davon aus, dass es den ursprünglichen Typus des Wirbeltier-Sehsystems darstellt.

Knochenfische

In Anpassung an die unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnisse ihrer Lebensräume haben die verschiedenen Arten der Knochenfische unterschiedliche Systeme ausgebildet. Die meisten bisher darauf untersuchten Fische sind Tetrachromaten. Die Zahl der Zapfen und deren Absorptionsmaxima hängt dabei von ihrer Lebensweise ab: Mit zunehmender Tiefe in Gewässern ist auf Grund der stärkeren Absorption von lang- und kurzwelligem Licht die Beleuchtung zunehmend einfarbiger (monochromatisch). In klaren Meeren oder Seen erreicht der blaue Anteil des Lichtes Tiefen von über 60 Metern. In Süßwasserseen mit einer hohen Planktondichte herrscht in Tiefen von 25 Metern gelbgrünes Licht vor, in Schwarzwasserflüssen und Moorseen erreicht der Rotanteil des Lichtes höchstens eine Tiefe von 3 Metern. Gleichzeitig nimmt bei allen Gewässern die Intensität des Lichtes ab. So besitzen dämmerungsaktive oder in dunklen Regionen lebende Fische vorwiegend im roten absorbierende Zapfen, während tagaktive, in den oberen, lichtdurchfluteten Regionen lebende Fische mehr Blau- und Grünzapfen aufweisen.

  • Stäbchenmonochromaten besitzen keine Zapfen, sie können nur bei sehr geringen Lichtintensitäten und nur Graustufen sehen. Das hellste Grau liefern Objekte in Grüntönen.
  • Dichromaten haben zusätzlich zwei verschiedene Zapfentypen, Beispiel: Gemeine Goldmakrele (Coryphaena hippurus).
  • Trichromaten besitzen ähnlich wie der Mensch drei Zapfentypen, Beispiel: Buntbarsch (Cichlasoma longinasus).

Ob Di- und Trichromaten auch unterschiedliche Farben wahrnehmen und unterscheiden können, hängt von der weiteren neuronalen Verarbeitung in Netzhaut und Gehirn ab.[5]

Vögel

Hühner besitzen neben dem Rhodopsin der Stäbchen vier Zapfenpigmente für Rot (Absorptionsmaximum bei ca. 570 nm), Grün (ca. 510 nm), Blau (ca. 450 nm) und Violett (ca. 420 nm). Zusätzlich befindet sich im Pinealorgan (Zirbeldrüse/Epiphyse) ein weiteres Pigment, das Pinopsin (ca. 460 nm). [8]

Vögel und ebenso die Reptilien haben in ihren Zapfen mit Carotinoiden gefärbte und farblose Öltröpfchen, die wie ein Farbfilter funktionieren. Diese Filter engen die Absorptionsspektren der Zapfentypen ein und verbessern damit die Unterscheidbarkeit verschiedener Farben. Säugetiere, somit auch der Mensch, besitzen diese Farbfilter nicht.

Säuger

  • Mäuse haben neben dem Stäbchenpigment Rhodopsin nur zwei Zapfenpigmente für Grün (Absorptionsmaximum ca. 510 nm) und Blau (ca. 350 nm). Dass Hunde keinen Farbsinn haben, sie also Schwarz-Weiß sehen, wird selbst in populärwissenschaftlichen Beiträgen noch immer behauptet[9]. Doch auch der Haushund verfügt über zwei Zapfenarten mit Empfindlichkeiten im grünen und blauen Spektralbereich.
  • Primaten können „farbig“ sehen. Wie Untersuchungen an Affen am japanischen Nationalen Forschungsinstitut in Tsukuba ergaben[10] ist die Fähigkeit, Farbtöne unabhängig von der Helligkeit wahrzunehmen, nicht angeboren. Dies stellte man bei Affen fest, die in monochromatischem Licht aufgewachsen waren. Sie konnten ein farbiges Objekt immer dann nicht wiedererkennen, wenn dies bei abweichenden Beleuchtungsverhältnissen Licht unterschiedlicher Wellenlänge reflektierte.

Tetrachromasie

Viele Insekten, Vögel, Eidechsen, Schildkröten und Fische haben Rezeptoren in ihrer Netzhaut, die auch bei Licht kürzer als 400 nm - also durch Ultraviolett - gereizt werden.[1]

Geschichte

Ultraviolett-Wahrnehmung

Farbtetraeder für die Schildkröte (Pseudomys scripta elegans). W = Weißpunkt. Zahlenangaben in Nanometern

Auf Grund des vierten Zapfentyps, der im Ultraviolett (UV) sein Absorptionsmaximum hat, können tetrachromatische Tiere wie einige Insekten, nahezu alle Fische (Goldfisch), Reptilien, die Ursäuger Australiens und Vögel mehr Farben unterscheiden als der Mensch. Untersuchungen am Wellensittich (Melapsittacus undulatus) ergaben, dass der Vogel nicht nur die Farben, die auch der Mensch unterscheidet, wahrnehmen kann, sondern darüber hinaus auch Mischungen mit unterschiedlichem UV-Anteil. So unterscheidet ein Vogel je nach UV-Anteil zum Beispiel bei einem bestimmten Blau verschiedene Farben, wo der Mensch nur eine einzige wahrnehmen kann.

Aus der Anzahl der Zapfentypen kann jedoch nicht unmittelbar geschlossen werden, dass Tiere auch die entsprechende Anzahl von Farben unterscheiden können. Dies hängt von der Weiterverarbeitung der Farbinformation in Netzhaut und Gehirn ab und kann erst durch Verhaltensexperimente untersucht werden.

Bedeutung

  • Die Fähigkeit, Ultraviolett wahrnehmen zu können, spielt für einige Vögel bei der Balz eine Rolle.
    • Messungen der UV-Reflexion ergaben, dass von 139 Arten, bei denen sich Männchen und Weibchen für das menschliche Auge nicht unterscheiden lassen, sich bei mehr als 90 % der Arten die Geschlechter im UV-Muster unterscheiden.[11]
    • Bei Männchen 108 australischer Vogelarten reflektieren diejenigen Stellen des Gefieders, die bei der Balz eine Rolle spielen, mehr UV als andere Gefiederareale.[12]
    • Bei der Blaumeise (Parus caeruleus) wählen die Weibchen bevorzugt diejenigen Männchen, die am meisten UV reflektieren. Da die Reflexion des UV von der Mikrostruktur der Federn abhängt, kann sie Auskunft über die Gesundheit der Männchen geben.
    • Beim Azurbischof (Guiraca caerulea) besetzen die Männchen mit der höchsten UV-Reflexion die größten und ertragreichsten Reviere und füttern ihre Jungen am häufigsten.[13]

Aber auch beim Nahrungserwerb spielt die Wahrnehmung von Ultraviolett oder dessen Wirkungen eine Rolle.

  • Die Oberfläche von vielen Früchten reflektiert Ultraviolett. Dadurch ist es für Tiere mit dem Vermögen, Ultraviolett wahrzunehmen, leichter, diese aufzufinden.[14]
  • Turmfalken (Falco tinnunculus) entdecken die Spur ihrer Beute (Wühlmaus Microtus agrestis) anhand deren Markierungen, da Urin und Kot Ultraviolett reflektieren.[15]

Anders als andere Pflanzen oder die Blätter, fluoreszieren reife gelbe Bananen im Ultraviolett blau. Das könnte ein Hinweis sein, dass bananenfressende Tiere so die Reife feststellen können.[16]

Evolution der Zapfentypen

Chromosomeneinfluss

Beim Menschen sind Männer häufiger rot-grün-blind als Frauen, da das Gen für den entsprechenden Zapfen auf dem X-Chromosom codiert ist, von dem Frauen zwei haben, Männer aber nur eins. Falls ein Gendefekt auf einem X-Chromosom vorliegt, kann daher bei Frauen in der Regel trotzdem noch ein funktionierendes Genprodukt hergestellt werden, da noch ein intaktes Gen auf dem anderen X-Chromosom vorhanden ist, bei Männern jedoch nicht.

Schema zur Evolution der Zapfentypen bei Wirbeltieren

Umwelteinfluss

Vögel besitzen vier Zapfentypen, deren Absorptionsmaxima bei 370 nm (UV-Typ), 445 nm (S-Typ), 508 nm (M-Typ) und 565 nm (L-Typ) liegen. Auf Grund von Vergleichen der DNS-Sequenzen verschiedener Opsin-Typen bei verschiedenen rezenten Tieren nimmt man an, dass auch die gemeinsamen Vorfahren der Vögel und Säuger vier Zapfentypen besaßen. In einer frühen Phase der Säugerevolution gingen die mittleren S- und M-Typen verloren. Es wird angenommen, dass diese Tiere nachtaktiv waren und deswegen diese Veränderung im Sehsystem tolerieren konnten. Vor ungefähr 40 Millionen Jahren entstand mit dem Übergang zur Tagaktivität bei den Vorfahren der Primaten der Alten Welt durch Genduplikation ein dritter Zapfentyp, so dass wieder ein M-Typ (530 nm) zur Verfügung stand, dessen Absorptionsmaximum sich aber nur wenig vom L-Typ (560 nm) unterscheidet. Ein selektiver Vorteil bestand möglicherweise darin, dass sich mit drei Zapfentypen Früchte als Nahrungsquelle besser unterscheiden lassen als mit zwei. [1]

Kulturgeschichte

Zwar sind die neuronalen Wege und Mechanismen der Verarbeitung von Farbinformationen beim Menschen im Prinzip bekannt, wie aber das Gehirn die Aktivität der Neuronen in ein mentales Bild „übersetzt“, also letztlich der Prozess des Bewusstwerdens von Farbe, ist nicht bekannt. „Offenbar ist es nicht die primäre entwicklungsgeschichtliche Aufgabe des Sehsinnes, ästhetische Empfindungen hervorzubringen. Vielmehr scheint es seine wichtigste Aufgabe zu sein, dem Individuum durch sichere Orientierung und durch optimales Erkennen das Überleben zu gewährleisten. Deshalb hat sich der Sehsinn so herausgebildet, dass er sich an die Beleuchtungsumstände weitestgehend anpassen kann.“ (Harald Küppers[17]) Hinweise, dass auf dieser Stufe der Wahrnehmung kulturelle und damit durch Lernprozesse beeinflusste Unterschiede bestehen, gibt die Benennung von Farben und die Einteilung des Farbspektrums in Farbgruppen.

Farbnamen und Farbsystem

  • Empedokles fasst Weiß und Schwarz als Farben auf.
  • Aristoteles setzt in seinem Werk De sensu („Über die Sinne“) die Helligkeit der Luft der Farbe Weiß von Körpern gleich, Dunkelheit entspricht der Farbe Schwarz. Die Farben setzen sich aus unterschiedlichen Mischungen von Weiß und Schwarz zusammen.

Nach diesen Vorstellungen wurden die Farben bis ins 17. Jahrhundert nach einer Helligkeitsskala angeordnet: Weiß – Gelb – Rot – Blau – Schwarz. Während heutzutage eine Farbe durch Farbton, Sättigung und Helligkeit definiert ist, sah man den Farbton bis dahin nur als Folge von Helligkeit an.[18]

Diese Sichtweise spiegelt sich auch in der Etymologie der Farbnamen wider: So gehen die Begriffe Weiß und Gelb auf eine gemeinsame indogermanische sprachliche Wurzel mit der Bedeutung ›hell, blank, glänzend‹ (fr: blanc, it: bianca =Weiß) zurück.

Sehen und Hören

Visuell wird die Vielfalt der Welt durch eine „Rezeptorenfläche“ aufgenommen. Die Besonderheit des Farbensehens besteht darin, dass in einem engbegrenzten Bereich der Netzhaut durch die Zapfen der Farbreiz aufgenommen wird. Beim Hörsinn wird an zwei (gegenüberliegenden) Stellen jede Frequenz durch einen eigenen Rezeptor wahrgenommen. Die spektrale, also visuelle, Vielfalt der Außenwelt wird auf drei Reizgrößen abgebildet. Andere Lebewesen haben andere visuelle Systeme, aber der Mensch nimmt metamere Reize als gleich war, dadurch ist eine Farbnachstellung, das Nachbilden einer Farbe durch andere Bedingungen, überhaupt erst möglich. Musikinstrumente lassen sich dagegen auf Grund etwa von Obertönen deutlich unterscheiden.

Die Illusion einer farbigen Welt

Sobald man das Bewusstsein des Menschen in Gegensatz zu seiner materiellen Basis, also dem Gehirn und der objektiven Umwelt setzt, wird Farbe zu einem eigenständigen Objekt. Als solches „Objekt Farbe“ existiert es in der Umgebung nicht.

„Die Farben sind vom Gehirn generierte Erlebnisqualitäten bloßer elektromagnetischer Strahlung in einer absolut farblosen Welt.“

Eckart Voland[19][20]

“Rays are not colored”

„(Licht-)Strahlen sind nicht gefärbt“

– Newton[21]

Der Hirnforscher Gerhard Roth vertritt die Auffassung, dass die erlebte ›Wirklichkeit‹ unserer Welt (einschl. Farben und Musik) nur die durch unser Gehirn interpretierte Realität ist.[22]

Die Philosophie des Geistes und die Neurowissenschaften widmen sich dem Zustandekommen des qualitativen Charakters der Farbwahrnehmung.

Aus Sicht der Physik gibt es elektromagnetische Wellen unterschiedlicher Wellenlänge und damit unterschiedlichen Energieinhalts. Dieser Farbreiz ruft in unterschiedlichen Sinneszellen Wechselwirkungen hervor. Dadurch entsteht ursächlich in den Sinneszellen und weitergeleitet im Zentralnervensystem ein unterschiedlicher Wert der Reaktionstiefe, die Farbvalenz. Farbe wird wahrnehmbar, ein objektiv feststellbarer Zustand. In einer langen Entwicklung ist ein System für die visuelle Betrachtung der Umwelt entstanden. Die Wahrnehmung von Farben erlaubt die Orientierung und Bewegung in der Welt. Es können Gefahren oder Annehmlichkeiten erkannt werden. Die Umwelt überträgt in den Lichtstrahlen eine Information. Farbe ist eine Übersetzung dieser Information in der Umwelt durch das Nervensystem.

Farbkategorien

Im europäischen Kulturkreis werden die vielen unterschiedlichen Farbnuancen einigen wenigen Farbkategorien zugeordnet: Violett, Blau, Grün, Gelb, Orange, Rot, Rosa, Braun. Untersuchungen ergaben, dass die Berimos auf Papua-Neuguinea nur fünf Kategorien verwendeten (s. hierzu auch Prototypensemantik). So ordnen sie einen weiten Bereich an Farbnuancen, der von Europäern in die beiden Kategorien Grün und Blau eingeteilt wird, nur einem Begriff zu.[23]

Siehe auch

Baum und Gras ist grün - dies hier ist aber nicht Natur, sondern ein generiertes Bild auf einem technischen Gerät, bei dem die aufgenommen Wellenlängen geändert, aber der Farbeindruck dennoch ähnlich ist.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Timothy H. Goldsmith, Vögel sehen die Welt bunter, in Spektrum der Wissenschaft, Januar 2007, S. 96-103; → Spektrum und (PDF)
  2. Jeremy Nathans, Die Gene für das Farbensehen, in Spektrum der Wissenschaft, April 1989, S. 68 ff.
  3. Bowmaker & Mollon (1983): Human rods and cones, Wertetabelle bei Colour and Vision Research Labs
  4. Bowmaker et al, (1978): Rhesus monkey rods, Wertetabelle bei Colour and Vision Research Labs
  5. a b Palacios A.G.; Varela F.J.; Srivastava R.; Goldsmith T.H.1, Vision Research, Volume 38, Number 14, July 1998, pp. 2135-2146(12)
  6. G.Wald: Alleged effects of the near ultraviolet on human vision. In: J.Opt.Soc.Amer. 42, 171-177
  7. Die bunte Welt der Krebse, In Spektrum der Wissenschaft, Januar 2000, S. 13
  8. Jeremy M. Berg u. a.: Biochemie, Spektrum akademischer Verlag Heidelberg, 5. Auflage 2003, S. 1002. ISBN 3-8274-1303-6
  9. ZDF, 29. Januar 2009, Quiz der Tiere
  10. In Current Biology Bd.14, S. 1267, 2004
  11. Muir D. Eaton: Human vision fails to distinguish widespread sexual dichromatism among sexually “monochromatic” birds, In: Proc Natl Acad Sci U S A. 2005 August 2; 102(31): 10942–10946
  12. F. Hausmann: The evolutionary significance of ultraviolet reflectance and florescence in birds, Honours Thesis (1997) F. Hausmann u. a.: UV signals in birds are special. In Proc. R. Soc. Lond. B, 2002
  13. Lynn Siefferman, Geoffrey Hill (Department of Biological Sciences, Auburn University, Auburn): Journal of the Alabama Academy of Science, 1. April 2001
  14. Dietrich Burkhardt. In Die Naturwissenschaften, (April 1982) Vol. 69, No. 4, S. 153
  15. Jussi Viitala u. a.: Nature 373, 425 - 427, 2. Februar 1995
  16. Blaue Bananen
  17. Harald Küppers: Harmonielehre der Farben. DuMont, Köln 1989. ISBN 3-7701-2192-9
  18. Georges Roque: Licht und Farbe. In Spektrum der Wissenschaft – Spezial 2004, Heft 5:Farbe, S.10 ff.
  19. Eckart Voland: Die Fortschrittsillusion, In: Spektrum der Wissenschaft 4/07 vom April 2007
  20. wissenschaft online
  21. Isaac Newton, Opticks
  22. Gerhard Roth: Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen. Suhrkamp, Frankfurt 1997 ISBN 3-518-28875-X
  23. Jules Davidoff, Debi Roberson. In Nature, Band 398, S. 203ff, 18. März 1999 →nature (PDF)



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