- Fichtebunker
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Der Fichtebunker ist der älteste und einzige erhaltene Steingasometer in Berlin. Der denkmalgeschützte Gasbehälter aus dem Jahr 1874 ist ein Werk des Bauingenieurs und Geheimen Baurats Johann Wilhelm Schwedler. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Luftschutzbunker. Im September 2006 verkaufte der Liegenschaftsfonds des Landes Berlin das Gebäude an private Investoren, die den gelben Backsteinbau bis zum Frühjahr 2010 zu einem Wohnensemble mit exklusiven Eigentumswohnungen umbauen ließen.
Der Fichtebunker liegt zwischen der namensgebenden Fichtestraße und der Körtestraße im ehemaligen Kreuzberger Offiziersviertel, das rund zwanzig Jahre nach dem Gasometerbau mit repräsentativen, heute teils denkmalgeschützten Mietshäusern im Jugendstil nordöstlich des Südsterns entstand.
Inhaltsverzeichnis
Konstruktion und technische Daten
Der Fichtebunker war (nach dem heute nicht mehr erhaltenen Gasometer in der Friedrichshainer Holzmarktstraße) der zweite Gasbehälterbau des Baumeisters Johann Wilhelm Schwedler. Beide Bauten stattete der Ingenieur mit der nach ihm benannten Schwedlerkuppel aus. Das neue Konstruktionsprinzip ermöglichte eine freie, stählerne Kuppelwölbung, die mit einem räumlich tragenden Schalentragwerk Durchmesser bis zu 45 Meter aufweisen konnte.
Bauherr war im Jahr 1874 die städtische Gasbehälter-Anstalt.[1] Der Rundbau hat einen Durchmesser von 56 Metern, eine Höhe von 21 Metern ohne Kuppel und eine Gesamthöhe von 27 Metern. Das Speichervolumen betrug 30.000 m³ Gas.[2][3] Die Form lehnt sich an einen Schinkel-Entwurf für eine Rundkirche an.[4]
Geschichte
Der Bau an der Fichtestraße war einer von vier Gasometern, die zur Versorgung der gasbetriebenen Straßenbeleuchtung im sich stürmisch ausdehnenden Ballungsraum Berlin mit seinem explosiven Bevölkerungswachstum in den 1870er Jahren errichtet wurden. Der Bau fiel in die Amtszeit des Oberbürgermeisters Arthur Johnson Hobrecht, der zu den besten Verwaltungsmännern Deutschlands [5] gezählt wird und dessen Bruder James Hobrecht maßgeblich den Hobrecht-Plan zur Bebauung Berlins entwickelt hatte.
Nach der Umstellung der Straßenbeleuchtung auf Elektrizität wurde der Gasometer 1922 stillgelegt und stand bis 1940 leer. Ende 1940 wurde das Bauwerk durch den Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt (GBI) Fritz Todt zum Luftschutzbunker mit sechs Ebenen umgebaut. Innenwände und Decken wurden mit bis zu drei Meter dickem Stahlbeton verstärkt. Die Ausführung lag bei der Siemens-Bauunion, die überwiegend Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter einsetzte. Ursprünglich für 6.000 Schutzsuchende ausgelegt, nahmen die ca. 750 Einzelräume bei einem Fliegerangriff im Februar 1945 rund 30.000 Menschen auf. Trotz erheblichen Beschusses überstand der Großbunker den Krieg weitgehend unbeschädigt.
Nach dem Krieg diente der ehemalige Gasometer zunächst als Altenheim, dann als Jugendarrestanstalt und anschließend als Obdachlosenasyl, das Kammern für 2,50 DM pro Nacht an Bedürftige vermietete. Nach der Schließung der Notunterkunft aus hygienischen Gründen im Jahr 1963 nutzte die Stadt das Bauwerk bis zur Wiedervereinigung zur Lagerung eines Teils der Senatsreserve. [6]
Planung: exklusive Wohnungen
Seit 1990 stand der Bunker leer, war nicht zugänglich und konnte lediglich bei speziellen Führungen besichtigt werden. Im September 2006 verkaufte der Liegenschaftsfonds des Landes Berlin den Rundbau mit rund 8.000 Quadratmetern Fläche an die Projektentwicklung speicherWerk Wohnbau GmbH. Die Investoren bauten unter der Stahlkuppel auf der obersten Bunkerdecke zwölf hochwertig ausgestattete Eigentumswohnungen . Auf dem Gelände um den Bunker werden 12 weitere hochwertige Eigentumswohnungen mit offenen Grundrissen, sogenannte „Loftwohnungen“, entstehen.
Die Loftwohnungen sollen in Anlehnung an die Eigenschaften von Altbauten hohe Räume, Erker, Balkone, hohe Türen und Vollholzfußböden besitzen sowie offene, frei gestaltbare Grundrisse und großflächig Verglasungen. Die Bebauung soll sich der vorhandenen Altbaustruktur des Umfeldes anpassen. Die Wohnungen wurden unter Wahrung des Denkmalschutzes nach Entwürfen des Berliner Architekten Paul Ingenbleek gestaltet. Der Bunker selbst wird als Museum und für Führungen geöffnet. Trotz anfänglicher Vorbehalte der Nachbarn gegen das Bauvorhaben wurde die Baugenehmigung, wie von Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) angekündigt, erteilt. Die Bauarbeiten begannen im Dezember 2007[2] und wurden im Frühjahr 2010 abgeschlossen. [7]
Fußnoten
- ↑ Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
- ↑ a b Karin Schmidl, Leben auf dem Denkmal, in: Berliner Zeitung vom 1. Februar 2007
- ↑ Gasometer in Deutschland, Datenseite Gaswerk Augsburg online
- ↑ Karin Schmidl, Für den Bunker wird ein Investor gesucht, Berliner Zeitung vom 3. Januar 1997
- ↑ Heinrich Heffter. .., zitiert nach Noack. ..
- ↑ Fichtebunker bei Berliner Unterwelten e.V. online
- ↑ Umbau Fichtebunker in Berlin, Pressemitteilung des Stahl-Informations-Zentrums vom 9. März 2010.
Literatur
- Heinrich Heffter, Die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert. Geschichte der Ideen und Institutionen, Stuttgart 1950, S. 612. Zitiert nach: Karl-Heinz Noack, Arthur Hobrecht, in: Wolfgang Ribbe (Hrsg.) Stadtoberhäupter. Biographien Berliner Bürgermeister im 19. und 20. Jahrhundert. Historische Kommission zu Berlin, Berlinische Lebensbilder Band 7. Stapp Verlag Berlin 1992, S. 125. ISBN 3-87776-212-3
Weblinks
Commons: Fichtebunker – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Fichtebunker auf der Website des Berliner Unterwelten e.V.
- Fichtebunker auf der Website von Berlin Street
- Fichtebunker auf der Website von der Initiative Gute Geister für den Fichtebunker
- Website des Investors mit aktualisierten Angaben zur Neubebauung
- Ein Stop-motion-Kurzfilm zu den Bauarbeiten am Fichtebunker
52.49027777777813.4125Koordinaten: 52° 29′ 25″ N, 13° 24′ 45″ OKategorien:- Hochbunker
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