Florinskirche (Koblenz)

Florinskirche (Koblenz)
Die Florinskirche in Koblenz
Innenraum
Innenraum mit der 2010 neu installierten Orgel
Fenster mit Rundbildern von 1819/20
Alte gotische Wandmalerei
Südportal
Florinskirche (links), Liebfrauenkirche (rechts) und im Hintergrund die Basilika St. Kastor

Die Florinskirche ist eine evangelische Kirche in der Altstadt von Koblenz. Das um 1100 errichtete und die Stadtsilhouette mit beherrschende Kirchengebäude gehörte zum Chorherren-Stift St. Florin, welches 1803 säkularisiert wurde. Danach kam es 1820 als erstes evangelisch geweihtes Kirchengebäude von Koblenz zur Evangelischen Kirche im Rheinland. Der frühmittelalterliche Kirchenbau ist ein Musterbeispiel für die romanische Sakralbaukunst am Mittelrhein. Die Florinskirche bildet zusammen mit dem Bürresheimer Hof, dem Alten Kaufhaus und dem Schöffenhaus ein Ensemble aus vier historischen Gebäuden am Florinsmarkt. Sie befindet sich zu gleichen Teilen im Besitz des Landes Rheinland-Pfalz, in der Rechtsnachfolge von Preußen, und der Evangelische Kirchengemeinde Koblenz-Mitte.

Seit 2002 ist die Florinskirche Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal, des Weiteren ist sie ein geschütztes Kulturgut nach der Haager Konvention.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünglich eine Marienkirche ist die Florinskirche aus der 368 erbauten Kapelle des benachbarten fränkischen Königshofes hervorgegangen. An Stelle des angenommenen Königshofes, in dem König Childebert von Austrien angeblich 586 Hof hielt, befindet sich heute der Pfarrhof der Liebfrauenkirche. Etwa 938 bis 948, nachdem die Reliquien Florins aus Remüs (Schweiz) übertragen wurden, weihte man die damalige Kirche allein dem hl. Florin.

Um 1100 erfolgte ein Neubau unter dem Stiftspropst Bruno von Lauffen, dem späteren Trierer Erzbischof, als romanische dreischiffige Kirche. Die damals flach gedeckte Pfeilerbasilika bezog auf der Ostseite Teile der römisch-fränkischen Stadtmauer ein. Mitte des 14. Jahrhunderts wurde mit Unterstützung von Erzbischof Balduin von Luxemburg die romanische Apsis der Kirche durch eine gotische ersetzt. In den Jahren 1582 bis 1614 erfolgt die Einwölbung des östlichen Langhauses. Anfang des 17. Jahrhunderts wurden die Glockentürme erneuert. Der Abbruch der Martinskapelle auf der Südseite der Kirche erfolgte 1671, um eine Straßenverbindung zwischen Florinsmarkt und Kornmarkt zu schaffen, gleichzeitig erhielt der Bau eine stärkere Südwand. Koblenz wurde im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1688 von französischen Truppen beschossen. Dabei wurde die Florinskirche schwer beschädigt und das Mittelschiffgewölbe zerstört, das aber bereits zwischen 1708 und 1711 erneuert werden konnte. Um 1710 erhielt die Kirche, wohl von Philipp Honorius Ravensteyn geplant, ein neues Südportal mit der Figur des hl. Florin. Nachdem der südliche Turm 1791 durch Blitzschlag und Brand zerstört worden war, entschloss man sich, die neuen Turmhelme niedriger zu bauen. Die Planungen dazu gingen auf Entwürfe des Hofbaumeisters Peter Joseph Krahe und des Baumeisters Nikolaus Lauxen zurück.

Im Jahre 1794 besetzten im Ersten Koalitionskrieg französische Revolutionstruppen Koblenz. Das Stift St. Florin wurde 1803 von den Franzosen säkularisiert und damit aufgehoben. Danach wurde das Kirchengebäude als Militärmagazin genutzt. Zwischen 1807 und 1811 wurde das Kircheninventar verkauft, das Schulhaus, die angrenzenden Stiftsgebäude und der Kreuzgang niedergelegt. Napoleon veranlasste 1807, dass die Kirche zu einem städtischen Schlachthaus mit Verkaufsständen umfunktioniert werden sollte. Doch dazu kam es jedoch nicht, da Koblenz 1815 an Preußen fiel.

König Friedrich Wilhelm III. übertrug das Gebäude im Jahr 1818 der evangelischen Militär- und Zivilgemeinde. Die anschließende Wiederherstellung des Kirchengebäudes und der Ausstattung fand unter der Leitung von Johann Claudius von Lassaulx statt. Das Gotteshaus wurde 1820 als evangelische Pfarrkirche geweiht und wurde somit zum ersten evangelischen Kirchengebäude in Koblenz. Die 1791 aufgesetzten Turmhelme wurden bei der gründlichen Restaurierung der Kirche durch Hermann Cuno 1899 beseitigt und durch Spitzdächer ersetzt. In den Jahren 1929 bis 1930 wurde im Zuge von Restaurationsarbeiten im Inneren bei archäologischen Grabungen unter der gotischen Apsis das Fundament eines römischen Stadtmauerturms gefunden. Die Dächer der dreischiffigen Pfeilerbasilika brannten 1944 bei einem Luftangriff aus, dabei wurde auch das Gewölbe des ehemaligen Stiftchores zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte im Jahr 1951. Eine Restaurierung des Äußeren erfolgte zuletzt 1970. Dabei fand eine neue Ausmalung nach am Triumphbogen gefundenen Resten der alten gotischen Bemalung statt.

Bau

Außenbau

Das romanische Kirchengebäude wird vom wehrhaften Westbau am Florinsmarkt mit seinen alles überragenden beiden Türmen dominiert. Der Außenbau ist weiß verputzt, der Sockel und die Gesimse sind hellgrau, die sonstigen gliedernden Elemente gelb mit rotem Fugen angestrichen. Die Glockengeschosse der Türme besitzen charakteristische romanische Säulenbiforien. Der darüber befindliche Dreiecksgiebel stammt aus dem 13. Jahrhundert, die Spitzhelme sind von 1899. Das große nachgotische Maßwerkfenster am Westbau stammt aus dem 17. Jahrhundert. Die Dächer sind mit Schiefer gedeckt. Die gotische Apsis und die Strebepfeiler sind hellgrau mit dunklen Fugen gefasst.

Innenraum

Der Westbau ist in das Kirchenschiff integriert. Das Schiff bezieht die ursprünglich tonnengewölbte, heute nachgotisch kreuzrippengewölbte Erdgeschosshalle sowie die Turmerdgeschosse mit ein und ist somit in voller Breite zum Langhaus geöffnet. Die dreischiffige Pfeilerbasilika wird von fünf eng gestellten rundbogigen Pfeilerarkarden geteilt. Die Wände und Gewölbe sind kalkweiß verputzt, die Pfeiler bestehen aus hellgrauen Quadern mit aufgemalten Fugen.

Das Stiftschor schließt sich östlich an das Langhaus an und liegt einige Stufen höher. Es ist durch einen kräftigen Chorbogen, hier befand sich ursprünglich der Lettner mit Kreuzaltar davor, vom Schiff abgesetzt und besitzt eine andere Gliederung. An das Stiftschor schließt sich östlich ein Querhaus (Kapitelhaus) mit drei Räumen an. Darunter ist noch ein Teil des Kreuzganges erhalten geblieben. Ursprünglich wurde dieses um 1200 errichtete und aus Tuffsteinquadermauerwerk bestehende Kapitelhaus wohl als Sakristei, das Obergeschoss als Schatzhaus genutzt.

Nach der Zerstörung der mittelalterlichen und barocken Ausstattung Anfang des 19. Jahrhunderts zeugen noch einige Reste an Wandmalereien aus dem 14./15. Jahrhundert von ehemaligen Altären an der Außenseite des Stiftschores und von dem ursprünglich ausgedehnten Bilderschmuck der Florinskriche. Die Kirche besitzt acht runde und zwei viereckige figürliche Glasfenster aus dem 14. Jahrhundert im südlichen Seitenschiff und in der im südlichen Querarm eingerichteten Taufkirche, die nach der evangelischen Neuausstattung Mitte des 19. Jahrhunderts von Kirchen aus Hessen stammen. Barocke Blattgirlanden schmücken den ansonsten schlichten Innenraum der Kirche. Im Gewölbe des Nordturms stehen zwei fränkische Steinsärge, die 1929 bei Ausgrabungen im Kirchengarten gefunden wurden. Im Deckengewölbe der Taufkapelle ist eine Kanonenkugel angebracht, die an die Beschießung der Kirche durch französische Truppen 1688 erinnern soll. In der Kirche fanden mehrere Trierer Erzbischöfe ihre letzte Ruhe.

Orgel

Zur evangelischen Weihe der Kirche 1820 wurde eine Stumm-Orgel installiert. Durch einen Schwelbrand 1970 wurde diese zerstört. Im Jahr 1973 wurde eine neue Orgel in Betrieb genommen, die jedoch weniger Klangqualität bot. Daher entschied man sich Ende der 2000er Jahren, ein europaweit ausgeschriebenes Orgelbauprojekt in Auftrag zu geben.

Die Orgel der Florinskirche wurde 2010 von der Orgelbaufirma Förster & Nicolaus (Lich) erbaut. Das dreimanualige und 16 Tonnen schwere Instrument hat 51 Register mit 3729 Pfeifen, darunter im Pedal sechs extendierte Register, sowie ein Glockenspiel und einen Zimbelstern als Nebenregister. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch. Die Gesamtkosten betrugen rund 850.000 Euro und wurden je zur Hälfte Privat und vom Land Rheinland-Pfalz finanziert.[1]

I Hauptwerk C–a3

1. Principal 8’
2. Großgedackt 16’
3. Rohrflöte 8’
4. Gamba 8’
5. Octave 4’
6. Flûte allemande 4’
7. Quinte 22/3
8. Superoctave 2’
9. Cornett V 8’
10. Mixtur IV-VI 11/3
11. Trompete 16’
12. Trompete 8’
Tremulant
II Positiv C–a3
13. Principal 8’
14. Quintathön 16’
15. Salicional 8’
16. Flauto traverso 8’
17. Lieblich Gedackt 8’
18. Singend Principal 4’
19. Blockflöte 4’
20. Sesquialtera II 22/3
21. Waldflöte 2’
22. Larigot 11/3
23. Scharff IV 1’
24. Dulcian 16’
25. Cromorne 8’
Tremulant
III Schwellwerk C–a3
26. Viola d´amour 16’
27. Horn-Prinzipal 8’
28. Tibia 8’
29. Viola pomposa 8’
30. Voix céleste 8’
31. Bordun 8’
32. Fugara 4’
33. Nachthorn 4’
34. Nazard 22/3
35. Flautino 2’
36. Terz 13/5
37. Fourniture IV-V 2’
38. Fagott 16’
39. Trompette harm. 8’
40. Hautbois 8’
41. Clairon harm. 4’
Tremulant
Pedal C–g1
42. Untersatz 32’
43. Principalbass 16’
44. Subbass (Nr. 42) 16’
45. Okcavbass (Nr. 43) 8’
46. Gedacktbass (Nr. 44) 8’
47. Tenorbass (Nr.45 ) 4’
48. Großmixtur IV 5 1/3’
49. Kontraposaune 32’
50. Posaune (Nr. 49) 16’
51. Trompete (Nr. 50) 8’
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
    • Superoktavkoppeln: II/I, II/II, III/I, III/II, III/III, III/P
    • Suboktavkoppeln: II/I, II/II, III/I, III/II, III/III,
  • Nebenregister: Zimbelstern, Glockenspiel (Positiv); Euphrasia
  • Spielhilfen: Elektronische Setzeranlage mit 30.000 Kombinationen, Crescendowalze.
Der Florinsmarkt mit dem Bürresheimer Hof, dem Alten Kaufhaus, dem Schöffenhaus und der Florinskirche (v.l.n.r.)
Der Florinsmarkt mit dem Bürresheimer Hof, dem Alten Kaufhaus, dem Schöffenhaus und der Florinskirche (v.l.n.r.)

Siehe auch

Literatur

  • Energieversorgung Mittelrhein GmbH (Hrsg.): Geschichte der Stadt Koblenz. Gesamtredaktion: Ingrid Bátori in Verbindung mit Dieter Kerber und Hans Josef Schmidt
    • Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit. Theiss, Stuttgart 1992. ISBN 3-8062-0876-X
    • Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Theiss, Stuttgart 1993. ISBN 3-8062-1036-5
  • Fritz Michel: Die Kunstdenkmäler der Stadt Koblenz. Die profanen Denkmäler und die Vororte, München Berlin 1954, (Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz Erster Band).
  • Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Band 3.2. Stadt Koblenz. Innenstadt, bearbeitet von Herbert Dellwing und Reinhard Kallenbach, Speyer 2004, S. 66ff. ISBN 3-88462-198-X
  • Anton Diederich: Das Stift St. Florin zu Koblenz; Studien zur Germania Sacra 6, Veröffentlichungen des Max-Planck-Institutes für Geschichte 16; Göttingen 1967
  • Martina Knichel: Das Memorienbuch von St. Florin in Koblenz. Edition und Erläuterung; Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 110; Mainz 2004; ISBN 3-929135-46-9
  • Die neue Förster & Nicolaus-Orgel in der Florinskirche zu Koblenz. Festschrift zur Einweihung. Im Auftrag der Evangelischen Kirchengemeinde Koblenz-Mitte, der Stiftung Florinskirche und des Landes Rheinland-Pfalz hrsg. v. Dietrich Auge. Koblenz 2010; ISBN 978-3-9812-2767-3
  • Rolf Volkening: Die Florinskirche zu Koblenz und die Geschichte der Stadt 1794–1820; in: Landeskundliche Vierteljahrsblätter 38 (1992), S. 5–27

Weblinks

 Commons: Florinskirche Koblenz – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Informationen zur neuen Orgel der Florinskirche
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