Stadtbefestigung Koblenz

Stadtbefestigung Koblenz
Fundort des römischen Kastells aus der Zeit des Kaisers Augustus an der Kastorkirche 2008
Karte der römischen und mittelalterlichen Stadtmauer von Koblenz
Stadtbefestigung von Koblenz 1632 - Belagerung durch schwedische Truppen im Dreißigjährigen Krieg
Reste eines Wehrturms und Teil der mittelalterlichen Stadtmauer in Koblenz
Karte von Koblenz mit preußischer Stadtbefestigung 1888
Das „Mainzer Tor“ der preußischen Stadtbefestigung um 1880
Abbruch des Löhrtors 1899
Rheinkasemattenkorps und Kaiserhalle

Eine Stadtbefestigung in Koblenz gibt es seit Beginn der römischen Besiedlung. Unter der Herrschaft der Erzbischöfe von Trier wurde sie im Mittelalter weiter ausgebaut. Anfang des 19. Jahrhunderts gaben die Preußen beim Bau der Festung Koblenz der Stadt eine neue und mächtige Stadtbefestigung. Aufgegeben wurde diese ab 1890 wegen der fortschreitenden Kriegstechnik.

Seit 2002 gehören die Überreste der Stadtbefestigung zum UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal.

Inhaltsverzeichnis

Römische Stadtbefestigung

Hauptartikel: Confluentes

Ein erstes Kastell wurde zur Zeit des Kaisers Augustus (27 v.–14 n.Chr.) am Zusammenfluss von Mosel und Rhein zur Sicherung der Rheinstraße Mainz-Köln-Xanten erbaut. Der erstmalige Nachweis dieses frührömischen Kastells gelang im November 2008, als man bei Bauarbeiten zur Bundesgartenschau 2011 an der Kastorkirche einen sensationellen Fund machte und einen antiken Graben entdeckte. Der vier Meter breite und immer noch 2,5 Meter tiefe Graben des 100 mal 100 Meter großen Kastells ist der fehlende Beweis für die frührömische Besiedlung von Koblenz, nach dem zuvor 150 Jahre lange vergebens im Bereich der Altstadt gesucht wurde.[1][2] Die Römer nannten ihre Ansiedlungen „Apud Confluentes“, was so viel wie „Bei den Zusammenfließenden“ bedeutet.

Nach dem Fall des Limes ließ Kaiser Konstantin (306–337) den Bereich der heutigen Altstadt mit einem mächtigen Mauerring mit 19 Rundtürmen und einem festen Tor versehen. Die Fundamente der Alten Burg bestehen auch heute noch aus den Resten eines der Rundtürme. Weitere Reste befinden sich unter dem Chor der Florinskirche, beim Pfarrhaus Liebfrauen und teilweise noch in Wohnhäusern der Kornpfortstraße. Die römische Stadtmauer blieb noch bis ins Frühmittelalter erhalten. Bis heute zeugen Mauerreste und die Straßenzüge von Altengraben, Plan, Entenpfuhl, Kornpfortstraße in der Koblenzer Altstadt von der spätrömischen Befestigung.

Kurtrierische Stadtbefestigung

Mit Beginn der Herrschaft der Erzbischöfe von Trier im 11. Jahrhundert schützte Koblenz die immer noch bestehende römische Stadtmauer. Unter Erzbischof Arnold II. von Isenburg begannen um 1250 die Arbeiten zur entscheidenden Erweiterung und Verstärkung der Stadtmauer, die jedoch hauptsächlich unter Erzbischof Heinrich II. von Finstingen in den Jahren 1276 bis 1289 ausgeführt worden sind. Die Alte Burg wurde gleichzeitig mit der neuen Stadtmauer angelegt, als Zwingburg gegen die nach mehr Unabhängigkeit strebenden Koblenzer Bürger. Mit Unterbrechungen wurde die neue Stadtmauer Anfang des 14. Jahrhunderts fertiggestellt. Die neue Stadtmauer schützte nun auch die Kastorkirche und die Niederlassung des Deutschen Ordens am Rhein. Direkt neben der Alten Burg wurde 1342 unter Erzbischof Balduin von Luxemburg mit dem Bau der Balduinbrücke über die Mosel begonnen. Erzbischof Otto von Ziegenhain schloss mit dem Bau des westlichen Rundturms und dem Brückentor zur Balduinbrücke die Burg in die starken neuen Befestigungsanlagen der Stadt ein. Der Verlauf der Mauer kennzeichnete die Eingrenzung der Stadt Koblenz bis ins 18. Jahrhundert, bis zum Bau des Kurfürstlichen Schlosses. Weiter verstärkt und befestigt wurde die Stadtmauer in den Jahren 1655 und 1734, zuletzt unter Mitwirkung des Baumeisters Balthasar Neumann.

Die Stadtmauer war ca. neun Meter hoch und einen Meter dick, verstärkt durch regelmäßige Rundbögen, versehen mit verschiedenen Türmen und Toren. Auf der Mauer befand sich ein Wehrgang. Sie verlief vom Ochsenturm an der Mosel (in Höhe der heutigen Moseleisenbahnbrücke) entlang der Weißergasse zur Löhrstraße / Fischelstraße, weiter durch das Kleinschmittsgäßchen entlang quer über den heutigen Zentralplatz (die Wasserturmsmauer war dort noch bis 1964 vorhanden) zur Schanzenpforte und von dort zum Eckturm am Rhein (etwa am heutigen Turm des Preußischen Regierungsgebäudes). Der Mauerzug entlang der Mosel war versehen mit der Linden-, Schwanen- und Kornpforte. Mit der Holz-, Juden- und Fährpforte wurden bis zur Alten Burg Teile der römischen Stadtmauer benutzt. Das wichtigste Landtor war das Löhrtor in Höhe Löhrstraße / Kleinschmittsgäßchen, welches 1390 zu einer Doppeltoranlage ausgebaut wurde.

Mit Bau des Kurfürstlichen Schlosses Ende des 18. Jahrhundert und Schaffung der Neustadt wurde der östliche Teil der Stadtmauer abgebrochen. Nachdem die französischen Revolutionsarmee im 1. Koalitionskrieg die Stadt Koblenz 1794 erobert hatte, begannen die Franzosen sogleich mit der fast vollständigen Niederlegung der kurtrierischen Stadtmauer.

Preußische Stadtbefestigung

Durch den Wiener Kongress 1814/1815 gingen die rheinischen Besitztümer des Trierer Kurstaates als Teil der Rheinprovinz zum Königreich Preußen über. Am 11. März 1815 ging die "Order zur Neubefestigung der Stadt Coblenz und der Festung Ehrenbreitstein" durch König Friedrich Wilhelm III. aus. In den folgenden Jahren entstand die Festung Koblenz, eines der umfangreichsten Festungssysteme Europas, gebaut nach modernsten Erkenntnissen, der so genannten „Neupreußischen“ oder „Neudeutschen Befestigungsmanier“.

Im preußischen Festungskonzept nimmt die Befestigung der Stadt Koblenz von Anfang an eine untergeordnete Rolle ein und lässt damit einen preußische Eigenart erkennen, die im Gegensatz zum barocken Festungsbau von Koblenz steht. Erst nachdem die wichtigen Positionen auf der Karthause (Feste Kaiser Alexander), dem Ehrenbreitstein (Festung Ehrenbreitstein) und in Lützel (Feste Kaiser Franz) einen ersten Ausbaustanderreicht hatten, begann man im März 1819 mit der Stadtumwallung. Beim Moselanschluss blieb man bei den kurtrierschen Vorgaben (in Höhe Saarplatz), deren Reste man hier teils integrierte und zog den Wall, bestehend aus 6 ausspringenden Winkeln bis zum Rhein südlich des Schlosses (heute Auffahrt Pfaffendorfer Brücke). Drei mehrgeschossige Kasemattenbauten nahmen Toranlagen am Rheinanschluss sowie Mainzer Straße und Löhrstraße auf. Ein weiteres Walltor gab es bei der Weißergasse, wo zudem eine erhöhte Geschützstellung (Kavalier) bestand. Die mächtigen Kasemattenbauten dienten als Kasernen und ließen sich mit Geschützen verteidigen. Der ca. 13 Meter hohe Erdwall hatte eine freistehende Grabenmauer und im vorliegenden bis 20 Meter breite Graben standen Verteidigungsbauten (Kaponniere).

Die Ausführung war charakteristisch für die preußische Festungsbauinnovation. Mit ihrer Neubewertung des fortifikatorischen Instrumentariums, trugen die preußischen Ingenieure im 19. Jahrhundert wesentlich zur Reform im internationalen Festungsbau bei. Entlang der Flussufer wurde die Stadt mit einer mehreren Meter hohen, mit Schießscharten versehenen Mauer repräsentativ ausgestaltet. Die Moselmündung wurde im Bereich der Deutschordenskommende durch Kasematten verstärkt. Mit dem Bau der Rheineisenbahn wurde 1857 der Wall erstmals durchbrochen. Die nach Plänen von Hartwich und Schwarz errichtete Moseleisenbahnbrücke berücksichtigte die militärischen Vorgaben, wovon noch die vorhandenen Reste der Brückentürme zeugen. Gleiches gilt für die 1862-1864 hergestellte Rheineisenbahnbrücke (Pfaffendorfer Brücke).

Ende der Stadtbefestigung

Am 13. März 1890 wurde die Stadtbefestigung auf Erlass der preußischen Regierung wegen der fortschreitenden Kriegstechnik aufgegeben und 1896 von Oberbürgermeister Emil Schüller für 822.000 Mark gekauft. Die Befestigungen entlang von Rhein und Mosel wurden 1890 und die Wallanlagen ab 1896 abgebrochen, ab dem 12. Dezember 1898 folgte der Abbruch von Löhr- und Mainzer Tor. Das Siedlungsgebiet von Koblenz konnte nun erstmals aus den engen Stadtgrenzen ausbrechen. Südlich des Walls entstand die Südliche Vorstadt. Die Rheinanlagen wurden bis zum Deutschen Eck verlängert und mit preußischen Regierungsgebäuden bebaut. Heute verlaufen Mosel- und Friedrich-Ebert-Ring im Bereich des ehemaligen Walls. In Höhe des Löhrtors entstand ab 1900 die Herz-Jesu-Kirche. Nach einer Spende von 100.000 Mark von Julius Wegeler entstand im Bereich des Mainzer Tors ab 1899 die Städtische Festhalle.

Erhalten ist noch ein Stadttor in Überresten des Rheinkasemattenkorps. Das Gebäude steht beim Weindorf und dient als Unterbau der Pfaffendorfer Brücke. Die Geschützscharten hat man nachträglich vergrößert und zugesetzt. Vom Moselanschluss gibt es noch Ufermauern (Saarplatz), die in größeren Partien aus vorpreußischer Zeit stammen. Sichtbar sind geringe Teile des Stadtwalls (im Bereich Moselring 8) und vom Moselbrückentor. Vorhanden sind die Befestigung bei der Deutschordenskommende und die krenelierte Mauer am Kurfürstlichen Schloss. Diese Mauer wurde 2009 bei Bauarbeiten zur Bundesgartenschau 2011 an zwei Stellen durchbrochen. Damit wurde eine Achse vom neuen Schienenhaltepunkt Koblenz Stadtmitte über die Schlossstraße durch das Schloss selbst zum Rhein hin geschaffen.

Auf dem nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Zentralplatz wurde 1964 die Wasserturmsmauer abgebrochen, ein noch vorhandener Teil der mittelalterlichen Stadtmauer. Heute ist am Altlöhrtor noch ein mittelalterlicher Wehrturm von 1276 und in der Schanzenpforte ein Abschnitt der Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert erhalten geblieben.

Im Zuge der Neufassung des Rheinland-Pfälzischen Denkmalschutzgesetzes 2008 sind alle Reste der Koblenzer Stadtbefestigung als geschütztes Kulturdenkmal in die Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz aufgenommen worden.[3]

Literatur

  • Energieversorgung Mittelrhein GmbH (Hrsg.): Geschichte der Stadt Koblenz. Gesamtredaktion: Ingrid Bátori in Verbindung mit Dieter Kerber und Hans Josef Schmidt
    • Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit. Theiss, Stuttgart 1992, ISBN 3-8062-0876-X
    • Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Theiss, Stuttgart 1993, ISBN 3-8062-1036-5
  • Thomas Tippach (Diss.): Koblenz als preußische Garnison- und Festungsstadt Wirtschaft, Infrastruktur und Städtebau. 2000 (Reihe: Städteforschung, Reihe A: Darstellungen Band 53), ISBN 3-412-08600-2
  • Klaus T. Weber (Diss.): Die preußischen Festungsanlagen von Koblenz (1815-1834). (Reihe: Kunst- und Kulturwissenschaftliche Forschungen) 2003, ISBN 3-89739-340-9

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Frührömisches Kastell entdeckt - Stadtgeschichte auf den Kopf gestellt - Antiker Graben an der Basilika St. Kastor weist in die Zeit des Imperators Augustus in: Rhein-Zeitung, 19. November 2008
  2. Koblenz am Rhein gegründet: BUGA macht Geschichte in: spd-koblenz.de, 20. November 2008
  3. Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler. Kreisfreie Stadt Koblenz, S. 2, 3, 5. Quelle: http://www.gdke-rlp.de/ (Abgerufen am 12. Januar 2009)

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