- Folke Bernadotte
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Folke Bernadotte Graf von Wisborg (* 2. Januar 1895 in Stockholm; † 17. September 1948 in Jerusalem) war ein schwedischer Offizier und Philanthrop. Von 1943 bis 1948 war er Vizepräsident und später Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes. 1948 wurde er Vermittler der Vereinten Nationen in Palästina und am 17. September des gleichen Jahres von Angehörigen der jüdischen Terroristen-Gruppe Lechi erschossen.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kindheit und Ausbildung
Folke Bernadotte Graf von Wisborg stammte aus dem schwedischen Adelsgeschlecht Bernadotte. Sein Vater Oskar Karl August, ein Sohn des Königs von Schweden und Norwegen Oskar II., war Prinz von Schweden und Norwegen und führte nach seinem Austritt aus dem schwedischen Königshaus die Titel Prinz Bernadotte und Graf von Wisborg. Bernadotte wuchs nach eigenen Angaben in einer ruhigen und liebevollen Umgebung auf. Barmherzigkeit und uneigennützige Tätigkeit spielten in seinem Elternhaus eine große Rolle, seine Eltern richteten zum Beispiel in ihrem Haus jährlich eine Vorweihnachtsfeier für arme Stockholmer Familien aus. Folke Bernadotte, der unter Dyslexie litt,[1] besuchte die Neue Elementarschule in Stockholm und absolvierte nach dem Abitur eine militärische Ausbildung an der Armeeschule in Karlberg und an der Kavallerieschule in Strömsholm. Anschließend wurde er Offizier im Regiment Livgardets Dragoner. Am 1. Dezember 1928 heiratete er seine in den USA geborene Frau Estelle Romaine Manville. Von 1939 bis 1940 war er Schwedens Generalkommissar auf der New Yorker Weltausstellung.
Humanitäres Wirken
Am 1. September 1943 wurde er Vizepräsident des Schwedischen Roten Kreuzes. Da dessen Präsident, ein Onkel Bernadottes väterlicherseits, zu diesem Zeitpunkt bereits 82 Jahre alt war, lagen nahezu alle Amtsgeschäfte in den Händen von Bernadotte. Er begann bereits unmittelbar nach Amtsantritt, Pläne für die Nachkriegstätigkeiten des Schwedischen Roten Kreuzes auszuarbeiten. Des Weiteren verhandelte er in seiner Funktion im Jahr 1945 mit Heinrich Himmler erfolgreich über die Freilassung der skandinavischen KZ-Häftlinge. Zusätzlich zu ca. 8.000 Häftlingen skandinavischer Herkunft wurden im Rahmen dieser Mission etwa 10.000 bis 12.000 Häftlinge anderer Nationalität vor allem aus Ravensbrück und Theresienstadt zunächst im Lager Neuengamme bei Hamburg gesammelt und später nach Schweden überführt. Durchgeführt wurde diese Aktion, die in die schwedische Geschichte und die Geschichte der Rotkreuz-Bewegung als die „Weißen Busse“ eingegangen ist, kurz vor Kriegsende von ca. 250 Helfern des Schwedischen Roten Kreuzes.
Spätere Behauptungen des Stockholmer Journalisten Bosse Lindquist, dass bei der Auswahl der geretteten Häftlinge nichtjüdische den jüdischen Gefangenen vorgezogen und westeuropäische Frauen gegenüber Osteuropäerinnen bevorzugt wurden, haben Augenzeugen zurückgewiesen. Darüber hinaus spricht gegen dieses Argument, dass unter den insgesamt etwa 20.000 geretteten Häftlingen ca. 5.000 Juden waren. Einer der damals genutzten Busse steht heute in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Die Historikerin Ingrid Lomfors erhob den Vorwurf, dass die vorherige Nutzung der Weißen Busse zum Transport von etwa 2.000 französischen, russischen und polnischen Häftlingen aus Neuengamme in das Lager Braunschweig eine direkte Beteiligung an den Naziverbrechen und einen schweren Bruch der Statuten der Rotkreuz-Bewegung dargestellt hätte. Gegen diesen Vorwurf spricht aus Sicht von anderen Historikern und damals direkt Beteiligten, dass die einzige Alternative das Scheitern der gesamten Aktion gewesen wäre. Am 23. April 1945 erhielt Bernadotte von Himmler das Angebot, dass das Dritte Reich vor den USA und Großbritannien kapituliere, wenn es seinen Krieg gegen die Sowjetunion weiterführen dürfe[2]. Nach eigenen Angaben versicherte er Himmler, dass das Angebot aussichtslos sei, dennoch gab er es an die schwedische Regierung weiter. Die Westmächte gingen nicht darauf ein, Hitler entließ den eigenmächtig handelnden Himmler wenige Tage später.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übernahm Bernadotte die Leitung der Hilfsmissionen des Schwedischen Roten Kreuzes in Deutschland, Österreich und den osteuropäischen Staaten und besuchte die betroffenen Länder in dieser Zeit mehrfach. Über seine Erlebnisse während dieser Zeit schrieb er ein Buch mit dem Titel „Anstelle von Waffen“. 1946 wurde er Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes und war darüber hinaus von 1946 bis 1948 Vorsitzender der Ständigen Kommission der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung.
Am 20. Mai 1948 wurde er zum ersten Vermittler in der Geschichte der Vereinten Nationen (UNO) gewählt und in Palästina eingesetzt. Während seiner Tätigkeit im ersten Palästinakrieg von 1948 legte er unter anderem den Grundstein für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA). Er setzte sich in den Verhandlungen mit den Israelis für eine Anerkennung des Rückkehrrechtes der palästinensischen Flüchtlinge ein, konkret bat er am 17. Juni 1948 die Israelis, die Rückkehr von 300.000 Flüchtlingen zu ermöglichen. Am 17. September 1948 wurde er zusammen mit UN-Beobachter Colonel André Serot von militanten Führern der jüdischen Terroristen-Gruppe Lechi, die manchmal auch als „Stern-Gruppe“ bezeichnet wird, erschossen. Grund für die Ermordung war sein öffentliches Bekenntnis, die palästinensischen Flüchtlinge hätten einen Anspruch, in ihre Heimat zurückkehren zu dürfen. Darüber hinaus stieß jedoch auch sein Plan, die Stadt Jerusalem unter internationale Aufsicht zu stellen sowie das Gebiet Negev an die Araber abzutreten, auf massiven Widerspruch der Israelis. Seine Vorschläge zur Lösung des Flüchtlingsproblems waren die Basis für die Resolution 194 der UN-Generalversammlung vom 11. Dezember 1948, in der das Recht auf Rückkehr für die Flüchtlinge beider Seiten festgestellt wurde.
Die Drahtzieher des Anschlags erhielten wenige Monate später trotz dringenden Tatverdachts Generalamnestie von der israelischen Regierung.
Benennung von Straßen nach Bernadotte
Im Wiener Gemeindebezirk Favoriten wurde aufgrund seiner Verdienste um die notleidende Bevölkerung Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg die Bernadottegasse nach ihm benannt. Auch in Frankfurt am Main - Nordweststadt, Berlin, Hamburg, Lübeck und Kassel gibt es Bernadottestraßen bzw. -plätze.
Zitat
- „[...] Als Henri Dunant im Jahre 1863 mit der Tätigkeit des Roten Kreuzes begann, gab er der Bewegung folgende Losung: Inter arma caritas - Inmitten von Waffen (d. h. im Kriege) Barmherzigkeit. Die seitherigen Geschehnisse und nicht zuletzt die Erfahrungen, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg machten, wecken den Gedanken, diese Losung weiter zu fassen und zu sagen: Post arma caritas - Nach den Waffen Barmherzigkeit, und einmal wird die Menschheit auch dahin kommen, daß man sagen darf: Pro armis caritas - An Stelle von Waffen Barmherzigkeit. [...]“
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(Folke Bernadotte: An Stelle von Waffen. Verlagsanstalt Hermann Klemm, Freiburg i.Br. um 1950, S. 179)
Einzelnachweise
- ↑ Benny Morris : 1948 - A History of the First Arab-Israeli War, New Haven, 2008, S.264
- ↑ Bernd Martin: Die deutsche Kapitulation: Versuch einer Bilanz des Zweiten Weltkrieges. In: Das Ende des Zweiten Weltkrieges. Freiburger Universitätsblätter 130, 34. Jahrgang. Rombach, Freiburg 1995, S. 45–70. Online als PDF-Datei, etwa 2,3 MB
Literatur
- Folke Bernadotte: Das Ende. Meine Verhandlungen in Deutschland im Frühjahr 1945 und ihre politischen Folgen. Europa-Verlag, Zürich und New York 1945
- Folke Bernadotte: An Stelle von Waffen. Verlagsanstalt Hermann Klemm, Freiburg i.Br. (ohne Jahresangabe, um 1950); englische Ausgabe: Instead of Arms: Biography of a Red Cross Leader. Hodder and Stoughton, London 1949; schwedische Ausgabe: I stället för vapen. Stockholm 1948
- Sven Svenson, Grete Berges: Folke Bernadotte: ein Kämpfer für Freiheit und Frieden. Reinhardt Verlag, Basel 1953
- Ralph Hewins: Count Folke Bernadotte: His Life and Work. Hutchinson University Library, London 1949
- Sune Persson: Rettung im letzten Augenblick. Folke Bernadotte und die Befreiung Tausender KZ-Häftlinge durch die Aktion »Weiße Busse«. Åke Svenson: Die Weißen Busse (1945). Walter Schellenberg: Tagebuchskizze »Trosa-Memorandum« mit einer Einleitung von Stefan Scheil, Landt Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-938844-19-9
- Ted Schwarz: Walking With the Damned: The Shocking Murder of the Man Who Freed 30,000 Prisoners From the Nazis. Paragon House Publishers, New York 1992, ISBN 1-55778-315-2
Weblinks
- Literatur von und über Folke Bernadotte im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Jewish Virtual Library - Count Folke Bernadotte (engl.)
- Gustavus Adolphus College - Count Folke Bernadotte (engl.)
- SWEDEN.SE - Famous Swedes: Folke Bernadotte (engl.)
Commons: Folke Bernadotte – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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