Franz-Josef Antwerpes

Franz-Josef Antwerpes

Franz-Josef Antwerpes (* 27. November 1934 in Viersen) ist ein ehemaliger deutscher Regional-Politiker. Er war von 1978 bis 1999 Regierungspräsident des Regierungsbezirkes Köln, gelegentlich auch „letzter Kurfürst von Köln genannt.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Antwerpes entstammt einer Bäckerfamilie, führte aber auf Anraten seines Vaters die Familientradition nicht fort und studierte stattdessen Volkswirtschaft, worin er auch promoviert wurde.

Bereits mit 21 Jahren trat er in die SPD ein und bekleidete verschiedene leitende kommunale Ämter; unter anderem war er als Leiter des Planungsstabes der Stadt Duisburg tätig (1962 - 1975). Von 1970 bis 1978 saß er für seine Partei im Landtag Nordrhein-Westfalen. 1978 wurde er zum Regierungspräsidenten in Köln ernannt. In diesem Amt erlangte er infolge seines sehr selbstbewussten Charakters und zahlreicher umstrittener Entscheidungen eine gewisse, für das Amt ungewohnte, überregionale Bekanntheit. 1999 wurde er pensioniert[1]. Nachdem Antwerpes mehr als 20 Jahre im Amt war, ist er der Kölner Regierungspräsident mit der bislang längsten Dienstzeit.

Franz-Josef Antwerpes war von 1983 bis 2003 in zweiter Ehe mit Elfi Scho-Antwerpes (der jetzigen Stellvertreterin des Kölner Oberbürgermeisters Jürgen Roters) verheiratet und hat vier Kinder.

Eigenwillige Amtsführung und persönliche Inszenierung

Antwerpes schaffte es, dem Amt des Regierungspräsidenten eine gewisse Aufmerksamkeit zu verschaffen.

So war er an Wochenenden häufig bei Verkehrskontrollen auf Autobahnen des Regierungsbezirkes anzutreffen, wo er Autofahrer eigenhändig von der Fahrbahn winkte. Dies ist auch Ausdruck seines nachdrücklichen bis kompromisslosen Engagements für Sicherheit im Straßenverkehr, oft gegen den Widerstand von Bevölkerung und Verbänden. Er setzte ein Tempolimit von 100 km/h auf dem Kölner Autobahnring durch und brachte die Sperrung der Autobahn A4 Köln-Aachen bei starkem Nebel ins Gespräch, wo es vermehrt zu schweren Verkehrsunfällen gekommen war. Diese Ankündigung machte er im Dezember 1987 wahr, was zu Kritik und Protesten bis zum Bundesverkehrsminister führte [2][3]

Auch engagierte sich Antwerpes in der Affäre um das „Flügelauto“. Der Aktionskünstler HA Schult vergoldete 1991 im Rahmen der Aktion „Fetisch Auto“ einen mit Flügeln versehenen Ford Fiesta. Das Werk wurde auf dem Turm des Zeughauses, eines historischen Bauwerkes in Sichtweite der Kölner Bezirksregierung, platziert. Antwerpes wies die Stadt auf den Denkmalschutz des Gebäudes hin und forderte die Entfernung des Autos. Das entschlossene und hartnäckige Vorgehen des Regierungspräsidenten schlug in der Lokalpresse hohe Wellen, blieb aber erfolglos, weil das zuständige Ministerium einen (bis heute andauernden) „vorübergehenden“ Verbleib des Gegenstandes duldete.

Dem Kölner Domkapitel verbot er, verstorbene Domherren unter den Chorfenstern des Doms begraben zu lassen. 1996 setzte er in einer überregional vielbeachteten Aktion durch, dass die Mitglieder der Kelly Family, die zu dieser Zeit provisorisch auf einem Hausboot im Kölner Hafen lebten, sich ordnungsgemäß in Köln anmeldeten, und dass deren damals vierzehnjähriger Sohn Angelo eine öffentliche Schule besuchte. In diesem Zusammenhang verkündete er sein Motto „Streiten statt gleiten“, und dass es ihn nicht störe, wenn er sich dabei unbeliebt mache. Dem Vorwurf, er mische sich in alles ein, nur um in die Medien zu kommen, entgegnete er: „Unfug! Die Themen kommen zu mir wie das Kind zur Jungfrau.“[4] Zudem verstehe er sich „als ein Ombudsmann für die kleinen Leute, der das Recht vertritt und nicht ein Amigo-System.“[5] Eitel zu sein stritt er nicht ab.[6] Auf kritische Veröffentlichungen reagierte er bisweilen sehr ungehalten. So beschimpfte er den Publizisten und Experten für Wirtschaftskriminalität Werner Rügemer, der Antwerpes u.a. wegen seiner Ansicht nach unsauberer Praktiken bei Genehmigung und Auftragsvergabe der Kölner Müllverbrennungsanlage und des Kanalprojektes „Vorfluter Süd“ kritisiert hatte, bei einer Begegnung vor seinem Haus öffentlich als Lügner und drohte mit Klage, was zufällig von Journalisten des ZDF aufgenommen und im Länderspiegel gezeigt wurde. Klage wurde indes nicht erhoben.

Nachdem Antwerpes Hilfstransporte mit Medikamenten und medizinischen Geräten für das kommunistische Kuba organisiert hatte, wurde er 1998 von Fidel Castro persönlich mit dem kubanischen Freundschaftsorden ausgezeichnet. Während mehrerer Urlaube pflegte Antwerpes nach eigenen Angaben das persönliche Verhältnis zum damaligen Diktator und dessen Ministern und will den Kontakt zukünftig weiter intensivieren.[7]

Bei einer Karnevalssitzung ließ sich Antwerpes in einer Mülltonne auf die Bühne fahren, um eine Büttenrede zu halten. An deren Ende winkte er mit einem Alkoholtestgerät und verabschiedete sich mit dem Hinweis, man würde sich ja später noch auf der Straße treffen. Dies war eine Anspielung auf die von ihn angeordneten Alkoholkontrollen auf Autobahnen in seinem Regierungsbezirk.[8] Von 1998 bis 2000 moderierte er gemeinsam mit Marijke Amado im WDR-Fernsehen die Sendung Amado und Antwerpes - Die Talkshow für Genießer. In der Spielzeit 2005/06 übernahm er in der Kölner Oper in einer modernen Fassung des Offenbach-Stückes Orpheus in der Unterwelt die Rolle des Hans Styx.[9][10] Antwerpes ist Autor einer Reihe von Büchern, vorwiegend über sein Leben und Wirken als Kölner Regierungspräsident.

Streit um Privatwohnung

Antwerpes bewohnt seit 1980 eine als „mittlere Wohnlage“ eingestufte Wohnung mit Garten in einer landeseigenen Villa in Köln-Lindenthal zu einem Mietpreis auf Kölner Sozialmieten-Niveau. Nachdem der Landesrechnungshof eine Einstufung als „sehr gute Wohnlage“ gefordert und das Landesfinanzministerium 1998 eine Mieterhöhung angeordnet hatte, wies Antwerpes' Behörde die Erhöhung auf amtlichem Papier wegen eines fehlenden Mietwertgutachtens zurück. Auch ein Angebot zum Kauf der Wohnung zu einem durch unabhängiges Wertgutachten ermittelten Preis lehnte er ab. Stattdessen spekulierte er nach Meinung des Focus auf einen besonderen Kündigungsschutz von zehn Jahren für seinen Mietvertrag, falls das Objekt an Dritte verkauft werde.[11]

Hobby-Winzer

1981 pflanzte Antwerpes vor dem Kölner Regierungspräsidium einige Rebstöcke an, deren Trauben er ab 1984 zu Wein verarbeitete. Dieser Wein - vom Regierungspräsidenten zunächst in geselliger Runde und später auch offiziell auf dem Etikett scherzhaft als "Klein-Kölnhausener Zuckerberg" bezeichnet - wurde und wird bei verschiedenen Gelegenheiten zugunsten gemeinnütziger Organisationen verkauft oder versteigert. Der völlig ungenießbare Jahrgang 1988 wurde für 300 Mark pro Flasche verkauft, obwohl es sich nach Antwerpes’ Worten um den „schlechtesten Wein aller Zeiten“ handelte. Die letzte Lese fand Ende September 2010 statt, wobei die kurz vorher ernannte neue Regierungspräsidentin Gisela Walsken half.

Bücher

  • 1997: Antworten auf nicht gestellte Fragen. Wienand Verlag, ISBN 3879095361
  • 1998: Lösungen für nicht vorhandene Probleme. Wienand Verlag, ISBN 387909618X
  • 1999: Zwischen allen Stühlen. Ungezähmte Erinnerungen eines Regierungspräsidenten. Kiepenheuer & Witsch, ISBN 3462028294'
  • 2000: „Sehr geehrtes Arschloch!“ Briefe an den Regierungspräsidenten. Kiepenheuer & Witsch, ISBN 3462035029
  • 2001: Gnadenlos genießen... - Antwerpes' Kölner Gastro-Führer. Kiepenheuer & Witsch, ISBN 3462035096
  • 2002: Lügen haben lange Beine. Kiepenheuer & Witsch, ISBN 3462035266

Quellen

  1. Antwerpes geht in Rente, in: Spiegel.de vom 30. September 1999
  2. Keine Kleiderordnung: Notiz des Hamburger Abendblattes vom 17. Dezember 1987 zur Nebel-Sperrung der A4
  3. spiegel.de: Manche hatten 140 Sachen drauf
  4. Der Highlander vom Rhein - Es kann nur einen geben: Vom Kampf eines Mannes gegen die Kelly Family, in: Hamburger Abendblatt vom 4. April 1996, S. 28
  5. Antwerpes geht in Rente, in: Spiegel Online vom 30. November 1999
  6. Interview mit Antwerpes beim Sender BR-alpha
  7. Fidel Castro, der Hobbykoch - Kölns früherer Regierungspräsident Antwerpes kennt den "Máximo Lider" persönlich, in: ZDFheute.de vom 19. Februar 2008
  8. Antwerpes geht in Rente, in: Spiegel.de vom 30. September 1999
  9. http://www.magicvillage.de/homes/weikl/Regie/orpheus1.html Franz-Josef Antwerpes als Styx
  10. Zwischentöne, Interview im Deutschlandfunk, 11. Oktober 2009 (Teil 1, Teil 2)
  11. Schön und günstig wohnen am Rhein, in: FOCUS Nr. 25 (1998)

Weblinks


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