Freistaat Flaschenhals

Freistaat Flaschenhals
Karte des "Freistaats Flaschenhals", 1919-1923

Als Freistaat Flaschenhals wurde ein schmales Gebiet zwischen dem Rhein und dem unbesetzten Teil der preußischen Provinz Hessen-Nassau bezeichnet, das vom 10. Januar 1919 bis zum 25. Februar 1923 bei der alliierten Rheinlandbesetzung nicht besetzt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Versailler Vertrag die Besetzung des linksrheinischen Gebietes durch die Alliierten und zusätzlicher Brückenköpfe bei Köln (britisch), Koblenz (amerikanisch) und Mainz (französisch) angeordnet. Zwischen dem amerikanischen Brückenkopf von Koblenz und dem französischen Brückenkopf bei Mainz, die jeweils einen Radius von 30 km hatten, blieb ein schmaler Streifen unbesetzt. Dieser Streifen lag zwischen dem Rheintal und Limburg an der Lahn. Das Gebiet unterstand bis zu diesem Zeitpunkt den Kreisverwaltungen des Rheingaukreises, des Untertaunuskreises und des Landkreises St. Goarshausen, deren Hoheitsgewalt nunmehr an den Grenzen der besetzten Brückenköpfe endete, so dass im dazwischen liegenden Flaschenhals auf dieser Verwaltungsebene ein Notstand eintrat. Mit Erlass des Oberpräsidiums Kassel vom 3. Januar 1919 wurde die kommunale Verwaltung auf den Landrat des Kreises Limburg, Robert Büchting, übertragen. Limburg an der Lahn war die nächstgelegene nicht besetzte Kreis- und Gerichtsstadt.

Der Freistaat Flaschenhals

Briefmarke des Freistaats Flaschenhals

Die Region beherbergte 17.363 Einwohner in den Orten Lorch, Kaub, Lorchhausen, Sauerthal, Ransel, Wollmerschied, Welterod, Zorn, Strüth, Egenroth und Laufenselden.

Die Versorgung der Region war schwierig. Alle vorhandenen Straßen- und Eisenbahnverbindungen führten in die US-amerikanische oder französische Zone. Die durchfahrenden Eisenbahnen hielten nicht mehr in der Region, und auch eine Versorgung über den Rhein oder die Luft war nicht möglich. Güter konnten daher nur durch Schmuggel in die Region hinein und aus der Region heraus gebracht werden. Einmal wurde ein mit Kohle beladener französischer Zug aus Rüdesheim entführt und zum Flaschenhals gebracht, wo die Kohle zum Heizen unter der Bevölkerung verteilt wurde.

Der Bürgermeister von Lorch, Edmund Pnischeck, wurde als Vertreter des Landrats Büchting mit der Verwaltung vor Ort beauftragt. Pnischeck nahm die Rolle eines „Staatsoberhaupts“ ein und veranlasste den Druck eines eigenen Notgeldes und eigener Briefmarken. Der „Freistaat Flaschenhals“ stellte seinen Bürgern eigene Pässe aus und hatte Pläne, in Berlin eine Botschaft einzurichten und diplomatische Beziehungen zu anderen Ländern aufzunehmen.

Dazu kam es jedoch nicht mehr. Nach vier Jahren seiner Existenz wurde der „Freistaat Flaschenhals“ am 25. Februar 1923 im Rahmen der Ruhrbesetzung von den französischen Truppen besetzt. Pnischeck wurde gefangengenommen. Die französische Besetzung endete am 15. November 1924.

Gegenwart

Hinweisschild am Rheinufer

Heute wird die Bezeichnung Freistaat Flaschenhals zur Tourismusförderung der Region verwendet. Zu diesem Zweck wurde 1994 die „Freistaat-Flaschenhals-Initiative“ von Winzern und Gastronomen gegründet. Ihre Mitglieder versehen seither Weine, Winzersekte und Edelbrände mit dem Siegel der Initiative.

Geldscheine und Briefmarken des „Freistaats Flaschenhals“ sind heute gesuchte Sammlerobjekte.

Literatur

  • Edmund Pnischeck: Der Freistaat Flaschenhals: das groteskeste Gebilde der Besatzungszeit. Ohne Ort 1924
  • Stephanie Zibell und Peter Josef Bahles: Freistaat Flaschenhals: Historisches und Histörchen aus der Zeit zwischen 1918 und 1923, Societäts-Verlag, Frankfurt 2009, ISBN 978-3-797311-44-3

Weblinks


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