- Fremdstarten
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Unter Starthilfe versteht man das Starten eines Verbrennungsmotors bei Versagen der eigenen Starterbatterie.
Im Allgemeinen wird „Starthilfe“ reduziert auf das Anlassen von Motoren in Kraftfahrzeugen, aber auch bei Boots- und Flugmotoren, bei Schienenfahrzeugen, bei mobilen und stationären Anlagen mit Motorantrieben sowie im Modellbau wird Starthilfe angewandt.
Alle Verfahren erfordern Umsicht und sicheres Arbeiten.
Inhaltsverzeichnis
Starthilfe per Starthilfekabel
Starthilfekabel
Ein Starthilfekabel besteht aus zwei isolierten Leitungen, je eine für den Pluspol (rot) und den Minuspol (schwarz oder blau), die auf beiden Seiten mit einer großen Klemme abschließen. Sonderformen sind möglich (z.B. beim Militär) mit Stecker-/Buchse-System und zusammengefassten Leitungen.
Es dient dazu, einen Verbrennungsmotor, dessen Starterbatterie nicht mehr genügend Strom spendet um den Anlasser (Starter) mit ausreichender Drehzahl drehen zu können, dennoch mit Hilfe einer externen Energiequelle zu starten.
Es dürfen nur Kabel mit ausreichendem Querschnitt (mindestens 16 mm²) verwendet werden. Der Kabelquerschnitt richtet sich nach der Größe des Hubraums, Kabel mit größerem Querschnitt sind jedoch auch für „schwächere Motoren“ geeignet. Für Motoren ab ca. 2000 cm³ (2 Liter) Hubraum sowie für Dieselmotoren (der Motor muss hier zusätzlich vorgeglüht werden), empfehlen sich Kabel mit einem Querschnitt von 25 mm². Ein besonders großer Hubraum oder Dieselmotoren mit mehr als 3000 cm³ (3 Liter) Hubraum erfordern Kabel mit 35 mm² Querschnitt. Je länger das Kabel ist, desto größer muss - wegen des elektrischen Widerstandes - der Querschnitt sein. Bei Starthilfekabel ab 35 mm² (LKW) oder 50 mm² (Baumaschinen) wird der Spannungsverlust minimal. Ein großer Kabelquerschnitt verringert zudem die Überhitzungsgefahr.
Für Starthilfekabel gelten die DIN 72553 (Ausgabe :1994-04, Starthilfekabel für Straßenfahrzeuge mit Verbrennungsmotor) und die ISO 6722 (Ausgabe: 2006-08, Straßenfahrzeuge - 60 V und 600 V einadrige Verbindungsleitungen - Abmessungen, Prüfmethoden und Anforderungen).
Starthilfe durch Spenderfahrzeug
In der Beschreibung gilt die folgende Terminologie:
- Empfänger: nicht startfähiges Fahrzeug mit entladener Starterbatterie.
- Spenderfahrzeug: startfähiges Fahrzeug mit geladener Batterie.
Hinweis: Es sind unbedingt die Betriebsanleitungen von Spender und Empfänger zu beachten und die Anweisungen zu befolgen. Manche Fahrzeuge haben im Motorraum eigene Anschlüsse für die Starthilfe, die Batterie selbst aber z. B. im Kofferraum.
Reihenfolge und Vorgehensweise zum Startvorgang mit Starthilfekabel:
- Vorbereitung
- Empfänger und Spenderfahrzeug gegebenenfalls sichern (Warndreieck, Unfallverhütung, Verkehrssicherung).
- Überprüfen, dass beide Batterien die gleiche Spannung haben (bei Kraftfahrzeugen in der Regel 12 Volt). Die Kapazität der Batterie des helfenden Fahrzeugs sollte nicht wesentlich kleiner sein, als diejenige des hilfebedürftigen Empfängers. Die zulässige Hubraumgrenze des Starthilfekabels darf vom Empfängerfahrzeug nicht überschritten werden.
- Spenderfahrzeug in kurze Distanz der Batterien zueinander bringen, wobei sich die Karosserien nicht berühren sollten; Zugang zu den Batterien öffnen (Motorhauben, Polschutzkappen).
- möglichst Radio und unnötige Geräte, die Energie verbrauchen, abschalten (sowohl Spenderfahrzeug, als auch Empfänger)
- Hilfevorgang
- Mit den roten Klemmen die Pluspole verbinden, Empfänger zuerst. Vorsicht! Nicht an bewegte Teile der Motoren kommen (z.B. Keilriemen, Ventilatorflügel, Lichtmaschine)!
- Das schwarze Kabel zuerst an den Minuspol der Spenderbatterie anklemmen. Anschließend die andere Klemme am Motorblock oder einem mit ihm verbundenen massiven, unlackierten Metallteil des Empfängers befestigen.
- Spenderfahrzeug starten und laufen lassen.
- Startversuch am Empfänger.
- Nach geglücktem Start Motor einige Minuten laufen lassen
- Beim Empfänger nun einige starke Verbraucher einschalten: Heckscheibenheizung, Ventilator, etc. zum Schutz der Elektronik der Laderegelung gegen Überspannungen.
- Abbau
- Dann das schwarze Kabel (Minus) am Empfängerfahrzeug (am batteriefernen Massekontakt bzw. Metallteil) lösen. Niemals als erstes eine der Klemmen an den Batterien lösen. Vorsicht beim Berühren der Klemmen, diese können infolge hoher Ströme heiß geworden sein.
- Die restlichen Klemmenkontakte lösen.
- Verbraucher wieder ausschalten.
- Starthilfekabel verstauen, Hauben und Polschutzkappen schließen.
- Warndreiecke/Sicherungen einsammeln und verstauen.
- Eine gewisse Zeit kontinuierlich fahren (Motor laufen lassen), um die Batterie zu laden. Es werden 60–90 Minuten empfohlen, je nach Modell genügt aber auch eine kürzere Zeitspanne.
Hinweis und Bemerkungen:
- Bei älteren Fahrzeugen konnte man die Batterie des helfenden Fahrzeuges sofort nach erfolgreichem Start abklemmen. Bei neueren Fahrzeugen sollte man die Batterie jedoch noch einige Zeit (10-15 min) angeklemmt lassen. Dies ist vor allem bei tiefentladenen Akkus wichtig. Diese nehmen anfangs nur wenig Strom auf und haben einen hohen Innenwiderstand. Dadurch kann es durch den Lichtmaschinen-Regler zu Spannungsspitzen kommen, die jetzt nur durch die Batterie des helfenden Fahrzeuges gedämpft werden können. Speziell die Steuergeräte im Fahrzeug sind jedoch sehr empfindlich gegen Überspannungen und könnten ansonsten beschädigt werden. Entsprechend sollten starke Verbraucher eingeschaltet werden, um Spannungsspitzen zu vermeiden.
- Die Reihenfolge, dass erst das rote Kabel (plus) und dann das schwarze Kabel (minus) verlegt wird, ist sicherheitsrelevant! Würde zuerst das schwarze Kabel gelegt, wären sämtliche Metallteile von Spenderfahrzeug und Empfänger miteinander leitend verbunden. Berührt das rote Kabel nun ein Metallteil (rutscht aus der Hand, Unachtsamkeit), während es bereits mit einer Batterie auf einer Seite verbunden ist, entsteht ein Kurzschluss mit schlimmen Folgen. Ist das schwarze Kabel noch nicht verlegt, kann dies nicht geschehen.
Beide Batterien müssen in den jeweiligen Fahrzeugen/Anlagen elektrisch angeschlossen bleiben: ein Unterbrechen kann zum Zerstören der Lichtmaschinengleichrichter führen.
Indirekte Starthilfe: Eine weiter Möglichkeit der Starthilfe stellen spezielle Kabel zur Verbindung der Fahrzeuge über die Zigarettenanzünder-Buchsen dar. Da hierbei die fließende Stromstärke durch die relativ dünnen Kabelquerschnitte und Sicherungen der Zigarettenanzünder begrenzt ist (in der Regel 10 bis 20 Ampere) kann das Empfängerfahrzeug dadurch allerdings nicht direkt gestartet werden. Nach etwa zehn Minuten soll sich die Empfängerbatterie allerdings ausreichend aufgeladen haben, um den Motor selbst wieder starten zu können. Je nach Ladezustand der Empfängerbatterie kann dieser Vorgang jedoch auch länger dauern.
alternative elektrische Starthilfe
- Es gibt auch Ladegeräte, die eine Starterbatterie enthalten, oftmals auch als „Power Pack“ bezeichnet. Auch diese können als Starthilfe genutzt werden. Dazu müssen sie aber ständig am Stromnetz betrieben werden, bis sie zum Einsatz kommen.
- Insbesondere für Fahrzeuge, die in unbewohntem oder gefährlichem Gebiet operieren, gibt es fest eingebaute Sekundärbatterien mit spezieller Ladeschaltung. Letztere sorgt dafür, dass sich die Sekundärbatterie nur bei laufendem Motor auflädt und hierfür nicht die Primärbatterie anzapft. Ferner kann sie zu keinem anderen Zweck benutzt werden, als bei entladener Primärbatterie das Fahrzeug zu starten.
- Werkstätten oder Servicebetriebe arbeiten oft auch mit großen Starterbatterien, teilweise auch mehrere parallel geschaltet, die mehr oder minder mobil zum Empfänger gebracht werden, um dort Starthilfe zu geben. Diese Batterien müssen bei Nichtgebrauch ebenfalls ständig an einem Ladegerät betrieben werden.
- bei Fahrzeugen mit Zweitbatterie werden zwecks Trennung der Batterieanschlüsse Batterietrennrelais eingesetzt. Einige elektronische Batterietrennrelais haben eine sogenannte Eigen-Starthilfe Funktion.
Andere Techniken bei Kraftfahrzeugen
Starthilfe durch Anschieben
→ Hauptartikel Anschieben
Anschieben ist in der Regel nur möglich, wenn das liegengebliebene Auto ein Schaltgetriebe oder ein automatisiertes Schaltgetriebe hat. Fahrzeuge mit Automatik-Getriebe lassen sich nur dann anschieben oder anschleppen, wenn das Getriebe über eine Sekundärölpumpe verfügt.
Voraussetzung für einen Erfolg des Anschiebens oder Anschleppens ist, dass die Batterie noch wenigstens den Zündstrom liefern kann und die Zündung und Spritversorgung in Ordnung ist. Auch bei Dieselmotoren muss die Batterie in der Lage sein, das Kraftstoffventil zu öffnen.
Der Zündschlüssel wird auf Zündposition gebracht und das Lenkradschloss ausgerastet. Eine oder besser mehrere Personen bringen den Wagen in Schwung. Bei ungefähr doppelter Schrittgeschwindigkeit wird im zweiten oder dritten Gang kurz eingekuppelt, ein wenig Gas gegeben und sofort wieder ausgekuppelt. Sodann den Motor auf mittlerer Drehzahl am Gas halten, zum Nachladen der Batterie über Motor und Lichtmaschine.
Fahrzeuge mit Katalysator dürfen nur dann angeschoben werden, wenn der Katalysator kalt ist. Ansonsten kann unverbrannter Kraftstoff in den heißen Katalysator gelangen und ihn beschädigen.
Motorräder mit größerem Hubraum müssen im dritten Gang angeschoben werden, da sonst das Hinterrad zu stark gebremst wird und blockiert. Vor dem Anschieben das Motorrad eingekuppelt und mit eingelegtem Gang kurz rückwärts schieben um alle Spiele aus dem Antriebsstrang zu entfernen. Dann erst auskuppeln und anschieben. So baut sich die Last im Antriebsstrang langsam auf und geht nicht gleich "auf Block".
Starthilfe durch Anschleppen
Hierzu werden das schleppende Fahrzeug und das anzuschleppende Fahrzeug mit einem Seil oder besser einer (Ab)Schleppstange verbunden. Die Zündung des anzuschleppenden Fahrzeuges wird eingeschaltet. Nun wird vorsichtig möglichst ohne Ruck (des Seiles) angeschleppt. Unbedingt zweiten oder - bei LKW - dritten Gang benutzen, kurz einkuppeln, bei Start auskuppeln, Gas geben und ggf. bremsen und dem Fahrer des schleppenden Wagens kurz per Hupe signalisieren, dass der Startversuch glückte.
Diese Methode funktioniert auch bei völlig entladener Batterie, wenn der Wagen bei mittlerem Tempo (ca. 30 km/h) eine kurze Strecke im zweiten Gang geschleppt wird, weil die Lichtmaschine des geschleppten Wagens dann nachlädt und Zündspannung liefern kann. Hierzu muss die Zündung eingeschaltet sein.
Fahrzeuge mit Federspeicher-Feststellbremse (z.B. LKW ) können nur angeschleppt werden, wenn noch Druck im Luftdruck-Bremssystem ist, um die Feststellbremse zu lösen. Meist gibt es bei LKWs allerdings die Möglichkeit, die Bremsanlage des anzuschleppenden Fahrzeuges vom anschleppenden Fahrzeug mitversorgen zu lassen (verbinden der roten Kupplungen mittels passenden Schlauches).
Anschleppen erfordert viel Geschick und Reaktionsvermögen beider Fahrer, um Auffahren oder Beschädigen der Abschleppstange zu vermeiden.
Beim Anschleppen gilt ebenso wie beim Anschieben, dass Fahrzeuge mit Katalysator nur dann angeschleppt werden dürfen, wenn der Motor nur durch eine entladene Batterie nicht anspringt, d. h. die Zündanlage muss voll funktionsfähig sein. Ansonsten kann unverbrannter Kraftstoff in den Katalysator gelangen und ihn beschädigen.
Literatur
- Rudolf Hüppen, Dieter Korp: Autoelektrik alle Typen. Motorbuchverlag, Stuttgart, 1968, ISBN 3-87943-059-4
- Dieter K. Franke: V.A.G Handbuch, Do it yourself, Gebrauchtwagenkauf-Zubehöreinbau-Pflege. 1. Auflage, ADAC Verlag GmbH, München, 1984, ISBN 3-87003-227-8
Siehe auch
- Themenliste Straßenverkehr
- Themenliste Fahrzeugtechnik
- Anschieben
- Pannenhilfe
- Batterieschalter
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