Freunde (Erzählung)

Freunde (Erzählung)
Hermann Hesse 1925

Freunde ist eine Erzählung von Hermann Hesse aus den Jahren 1907/08.

Handlung

Hans Calwer, Erwin Mühletal und Heinrich Wirth studieren in Heidelberg Philologie. Die drei jungen Männer suchen ihre Bestimmung. Der Bauernsohn Heinrich geht den Weg, den Buddha ging. Unabhängigkeit von Lust und Reizen des äußeren Lebens ist ihm notwendige Vorbedingung für ernstliches geistiges Leben. Erwin schimpft Heinrich einen Kohlrabifresser. Erwin findet eine Berlinerin, will sich mit ihr verloben und vielleicht in Leipzig Medizin studieren. Hans lebt abstinent wie sein vier Jahre älteres Vorbild Heinrich. Jedoch hält er nicht durch. Er vermisst seine Zigaretten und das Klavierspiel. Hans möchte einen Sonderweg gehen. Er hat ein angeborenes Verhältnis zum Schönen, keinem Zwecke dienenden, zur Kunst. Also führt Hermann Hesse anhand von Erwin und Heinrich vor, was ein Künstler nicht ist und anhand von Hans, was ein junger Künstler sein kann.

Die langjährige Freundschaft der beiden Studenten Hans und Erwin, die seit der Schulzeit hält, bröckelt arg, als Hans, angewidert vom geselligen Studentenleben, sang- und klanglos das Kommersbuch hinwirft und sich von der Verbindung trennt. Erwin will Hans nicht nachlaufen. Nach dem Eklat bangt er, Hans zu begegnen. Erwin verbleibt im Konvent und verfolgt misstrauisch und später sogar neidisch, wie sich Hans zu dem Vegetarier Heinrich hingezogen fühlt. Als sich Hans immer mehr von Erwin abwendet, gerät die heile Welt vollends aus den Fugen. Erwin lernt im verrufenen Blauen Husaren abtrünnige Studenten und Fräulein Elvira, die Tochter der Wirtin, kennen. Mit der Zeit gerät er unter Elviras Gewalt. Die Abhängigkeit gipfelt in beträchtlichen Zechschulden. Erwin kann sich vermöge seines Schwagers, eines biederen Kaufmanns, aus der Umklammerung lösen, wendet sich wieder ganz seinem Burschenconvent zu und steigt in der Burschenherrlichkeit auf. In den Semesterferien kleidet er sich neu ein und findet zu Hause seine spätere Verlobte. Viel schwerer macht es sich Hans. Er wagt sich an Schopenhauers Philosophie heran, spielt wieder Klavier, vergisst Erwin ganz, verlässt endlich die Heidelberger Bude, quartiert sich auf dem Dorf, in Blaubachhausen, in der Nähe von Heinrich ein und führt ein enthaltsames Leben. Eine richtige Freundschaft entsteht zwischen Hans und Heinrich nicht. Obwohl sich Heinrich als Hansens Freund bezeichnet, bleibt es doch bei einer Bekanntschaft. Beschämt ist Hans und niedergeschlagen, weil er Erwin als Freund durch eigenes Verschulden verlor. Doch dann kommt Erwin mit einer Bitte. Hans soll den Schuldschein für Erwin im Blauen Husaren einlösen. Hans tut es erfreut. Doch es stellt sich heraus, Erwin bleibt im Konvent und findet auch noch Spaß bei seinen Couleuraffen, wie Hans die Studiosi auf dem Hauboden tituliert. Die Freunde gehören zwar noch zusammen, jedoch man lässt einander in Ruhe. Soll Hans nur Problemwälzer werden und Milch trinken, findet Erwin. Heinrich kann die aufgepfropfte Askese Hansens bald nicht mehr mitansehen und weist ihn den passenden Weg aus der Gewaltkur. Hans verlässt die veraltete, schlecht organisierte Schule.

Autobiographischer Hintergrund

In der Erzählung verarbeitet Hesse seine Erfahrungen mit dem Naturpropheten, Wanderer und Einsiedler Gustav Arthur Gräser. In dessen Felsgrotte im Wald von Arcegno bei Ascona hatte er im Frühjahr 1907 einige Tage oder Wochen in Gemeinschaft mit seinem Freund verbracht. Die Exerzitien in freier Natur, die er damals auf sich nahm, hat er später in den 'Notizen eines Naturmenschen' geschildert. Hesse versuchte die Lebensweise Gusto Gräsers zu übernehmen, scheiterte aber an diesem Versuch und zog sich ins bürgerliche Leben zurück. Der Spott seines Gaienhofener Freundes und Kollegen Ludwig Finckh, der ihn einen "Kohlrabiapostel" nannte, führte zu einer wachsenden Entfremdung. Trotz zeitweiliger Abwendung erhielt sich dagegen Hesses Verehrung für Gusto Gräser über die Jahre hinweg. In seiner Lebenskrise von 1916 fand er zu seinem "Freund und Führer", zu Gusto Gräser, zurück. Die Erzählung bezeugt auch, dass Hesse von Gräser-Wirth in die Weisheit des Ostens eingeführt wurde. Wie Jesus oder Buddha zu werden und den Frieden des Nirvana zu finden, galt den beiden Freunden damals als Ziel und Ideal.

Literatur

Ausgaben
  • Hermann Hesse: Freunde. Erzählung Suhrkamp Taschenbücher 1284. 11. Aufl. 29. Mai 2007, 118 Seiten, ISBN 978-3-518-37784-0

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