Hermann Lauscher

Hermann Lauscher
Hermann Hesse

Hermann Lauscher ist ein Buch von Hermann Hesse, das, 1896 bis 1899 geschrieben, im November 1900 zunächst als Pseudonym in der Basler Buchhandlung Reich erschien.

Später gibt sich Hesse als Herausgeber der Hinterlassenen Schriften und Gedichte von Hermann Lauscher aus. Manches daraus ist Autobiographie, wie Hesse seiner Brieffreundin Helene Voigt-Diederichs gesteht.[1] So verrät der Text „Meine Kindheit“ etwas aus Hesses Leben 1881 bis 1886 in Basel. „Die Novembernacht“ gibt Eindrücke aus Hesses Lehrzeit 1895 bis 1899 in Tübingen wieder. Und „Das Tagebuch 1900“ lässt sich Hesses Jahren ab 1899 in Basel zuordnen.[2] 1908 erschien ein Nachdruck des Buches in Düsseldorf, in den die Erzählung „Lulu“ aufgenommen wurde. Darin ist Julie Hellmann (*1878;†1972) aus Kirchheim verewigt.[3]

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Meine Kindheit

Lauscher kann sich an ein schockierendes Ereignis aus der Zeit erinnern, als er noch nicht drei Jahre alt war. Er schlüpft in seine Kinderseele und erforscht deren unbegreifliche „Sehnsucht nach Harmonie“. Erinnerungen an den Vater nehmen breiten Raum ein.

Die Novembernacht

Der Dichter Lauscher muss in Tübingen miterleben, wie sich der relegierte Student Elenderle erschießt.

Ein Kranz für die schöne Lulu

Die Beschreibung dieses Jugenderlebnisses ist E. T. A. Hoffmann gewidmet. Somit richtet sich das Augenmerk gleich auf die „Magie der Quelle Lask“, den Ton der Harfe Silberlied, den König Ohneleid, die Hexe Zischelgift und auf zwei liebenswerte Figuren: „den alten Sonderling und Philosophen Drehdichum“ und die schöne Lulu mit den „dunklen reinen Augen“ und den „dunkeln Haaren“. Jeder der Freunde des Schöngeistes Lauscher und besonders Lauscher selber, verehren die arme Waise Lulu, die die jungen Herren in Kirchheim im Wirtshaus „Zur Krone“ bedienen muss. Wenn die Herren „Ästhetiker“ mal nicht über die schönen Berge der Alb wandern, dann philosophieren sie in der „Krone“ beim Weine über jene „ewigen Mächte und Schönheiten“, die „im Schoß des Lebens“ schlummern und die vom Dichter „aus dem Unbewußten“ zu heben sind. Hoffmannesk, wie die Geschichte mit dem Sprudeln der Quelle Lask begonnen hat, endet sie auch. Der Philosoph und Raucher Drehdichum löst sich im eigenen Tabakqualm auf und die schöne Lulu entschwindet spurlos.

Schlaflose Nächte

Von dem toten Dichter Hermann Lauscher ist die Rede, wie er zu seinen Lebzeiten durch die Berner Altstadt strich. Seine letzten Lebenstage müssen unglücklich gewesen sein und er hatte sich dem Trunke ergeben. Der Erzähler hatte den „flackernden traurigen Glanz des Irrsinns“ in Lauschers Augen aufzucken sehen. „Träume sind keine Schäume“, hatte Lauscher in schlaflosen Nächten behauptet. Und er war Dichter geworden, weil er diese Nachtigall gehört hatte. Sein erstes Lied hatte Lauscher im „golden roten Schatten“ einer „frühlingshaften Blutbuche“ gedichtet. Gegenstand seiner Dichtung waren die „schönen Züge einer“ Frau gewesen. Lebenslang hatte Lauscher dichtend „das in uns gespiegelte Bild des Ewigen“ gesucht. Für die Ewigkeit bringt der Herausgeber zum Schluss noch eine neue Definition: „Dieser Strom bewußten Lebens, in welchem Dante und Donatello nur schöne Windungen sind“.

Tagebuch 1900

Das Ende des Dichters Lauscher wird vorstellbar, wenn ihn „eine schwere, körperhafte Trauer befällt“ und er seine Seele, dies „gefährliche Meer“, durchpflügt und sich dabei in seiner „schwerblütigen Art“ an den Großen misst und reibt: Tolstois „rohe Kunst“ müsse noch „hundert Jahre reifen“. Tieck sei unerreicht. Lauscher nennt eine halbe Seite später aber Tieck einen Versager. Godwi kommt gut weg. Ein Werk Platos schimpft Lauscher „elende Scharteke“ [Schmöker]. Voll von Neid, Erhebung und Schmerz registriert Lauscher die Werke der Großen und kann selber nur „stammeln“ und bestenfalls Prosa fabrizieren. Doch, so beruhigt sich der Schöngeist, vielleicht lässt sich sein Anliegen gar nicht sprachlich artikulieren.

Zitat

„Leben ohne Zweck ist öd, und leben mit Zweck ist eine Plage“.[4]

Form

Hesse tritt ja als Herausgeber von Lauschers Schriften auf. Folgerichtig lässt er Lauscher erzählen (Meine Kindheit, Tagebuch 1900). Manchmal aber erzählt er auch über Lauscher (Die Novembernacht, Lulu). Doch während „Schlafloser Nächte“ wird der Leser dann noch irre und fragt: Wer erzählt nun, Lauscher, Hesse oder beide alternierend?

Überdies befremdet eine Passage aus der fünften Nacht in „Schlaflose Nächte“. Egal, wer dort nun der Erzähler ist, Hesse oder Lauscher. Beide sind jedenfalls junge Burschen und klagen über die furchtbare Todesangst, „wenn man älter wird“.[5]

Rezeption

  • Um 1900 wurde der „Lauscher“ mit dem „Werther“ verglichen. Auch Goethes Erstling war anonym erschienen.[6]
  • 1902 identifizierte Richard Schaukal Hesse als Verfasser des „Lauscher“.[7]
  • Hesses Abstand zur Moderne wird bereits 1900 deutlich.[8]
  • siehe auch Nachwort von Gunter Böhmer in der bibliophilen Ausgabe insel taschenbuch 206, S.155-171 vom April 1976.

Literatur

Quelle
Ausgaben
  • Hermann Hesse: Hermann Lauscher. Mit frühen, teils unveröffentlichten Zeichnungen und einem Nachwort von Gunter Böhmer. insel taschenbuch 206. Frankfurt a. M. 1981. 173 Seiten, ISBN 3-458-31906-9
Sekundärliteratur

Einzelnachweise

  1. Michels S.670
  2. Michels S.671
  3. Michels S.672
  4. Michels S.247
  5. Michels S.298, 9. Z.v.u.
  6. Michels S.671
  7. Michels S.671
  8. Sprengel S.388 o.

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