Friedrich Berber

Friedrich Berber

Friedrich (Fritz) Berber (* 27. November 1898 in Marburg; † 23. Oktober 1984 in Kreuth) war ein deutscher nationalsozialistischer Völkerrechtler und außenpolitischer Propagandist, fortwirkend in die Nachkriegszeit hinein.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Berber war von 1936 bis 1944 stellvertretender Leiter des Instituts für auswärtige Politik der Universität Hamburg, ab 1937 Professor an der Universität Berlin (zunächst ao. Prof., ab 1940 ordentlicher Professor) und dort ab 1936 Leiter eines Deutschen Instituts für Außenpolitische Forschung. Der NSDAP trat er 1937 bei, ferner war er Mitglied im NS-Dozentenbund, im NS-Rechtswahrerbund und in der Reichspressekammer. Er war Herausgeber der Monatshefte für Auswärtige Politik, als Völkerrechtsexperte für Joachim von Ribbentrop tätig und trug im Auswärtigen Amt den Titel "Gesandter". In der Zeit des Nationalsozialismus reiste Berber regelmäßig zum Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf; im Sommer 1944 blieb er lieber in der Schweiz.

Als Nationalsozialist interpretierte Berber die amerikanische Monroe-Doktrin, die Hitler zeitweise als Begründung für "Europa den Europäern" (d.h.: den Deutschen) herangezogen hatte, als zeitgebunden und nur für ihre Entstehungszeit gültig. Berber verwendete ab 1942 lieber den Terminus "Lebensraum", um die NS-Ansprüche auf die Beherrschung Europas zu untermauern.[1] Gegenüber Longerich bestritt er später, eine NS-Außenpolitik propagiert zu haben, was dieser "auf Grund des vorliegenden Materials als völlig abwegig" bezeichnet. Berber profitierte zur Verschleierung seiner Aktivitäten von eigenartigen institutionellen Verschachtelungen der NS-Außenpropaganda, die Longerich insoweit darstellt, als sie bis Mitte der 1980er Jahre erforscht wurden. Er bedauert, „dass Berber und seinem Apparat bisher durch die Forschung wenig Beachtung geschenkt wurde“ und formuliert vorsichtig: „Es ist aber durchaus nicht auszuschließen, dass der Professor auch als Berater Ribbentrops fungierte und in dieser Rolle möglicherweise einen gewissen Einfluss auf außenpolitische Vorstellungen und Einstellungen Ribbentrops besaß.“[2]

Seabury, der Unterlagen des Wilhelmstraßen-Prozesses auswertet, nennt Berber schon 1954 einen "Sonderberater" Ribbentrops, der parallel zu Emil von Rintelen und Paul Karl Schmidt in 3 getrennten Teams "Material für die Planung der zukünftigen Neuen Ordnung Europas sammeln und bearbeiten" sollte. Hans Heinrich Lammers vom AA durfte manchmal dabei sein.

Ab 1954 leitete er bis 1968 das Institut für Völkerrecht, Rechts- und Staatsphilosophie an der Universität München.

Berber forschte über Kriegsverhütung und das internationale Wassernutzungsrecht. Als Rechtsberater Indiens wirkte er auf die Verträge über die Wassernutzung des Indus (mit Pakistan 1960) und des Ganges (mit Bangladesch 1977).

Werke

eigenständig
  • Die Rechtsbeziehungen der britischen Dominions zum Mutterland. Diss. jur. Universität Erlangen 1928. Brügel & Sohn, Ansbach 1929
  • als Hg.; Jahrbuch für Auswärtige Politik. Im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt. August Gross (vormals Brückenvlg.), Berlin 1934 ff. (F. B. als Hg. nachweisbar seit 1938 bis 1943)
    • darin als Autor: Das Jahr 1941 in der Weltpolitik. Jg. 8. 1942
  • (Hg.): Locarno: Eine Dokumentensammlung. Junker & Dünnhaupt, Berlin 1936
  • Das Diktat von Versailles: Entstehung, Inhalt, Zerfall. Eine Darstellung in Dokumenten. 2 Bde. Essener Verlagsanstalt 1939
  • (Hg.): Deutschland - England 1933-1939: Die Dokumente des deutschen Friedenswillens. ebd. 1940 (31942)
  • Die amerikanische Neutralität im Kriege 1939-1941. Mit einem Dokumentenanhang. ebd. 1943. Reihe: Veröffentlichungen des Deutschen Instituts für aussenpolitische Forschung , Bd. 15
  • Die Rechtsquellen des internationalen Wassernutzungsrechts. Oldenbourg, München 1955
  • Lehrbuch des Völkerrechts. 3 Bde. Beck, München 1960-1964
    • Bd. 1: Allgemeines Friedensrecht
    • Bd. 2: Kriegsrecht
    • Bd. 3: Streiterledigung, Kriegsverhütung, Integration
  • Das Staatsideal im Wandel der Weltgeschichte. Beck, München 1973 (21978 ISBN 3-406-02556-0)
  • Zwischen Macht und Gewissen. Lebenserinnerungen. Hrsg. Ingrid Strauss. Beck, München 1986 ISBN 3-406-31227-6
als Beiträger
  • Epochen europäischer Gesamtordnung. In Zs. "Auswärtige Politik". Berlin & Hamburg 1942, S. 916 - 925
  • Kriegsziele und Friedensziele. In ebd. 1941, S. 987 - 991
  • Der Mythos der Monroe-Doktrin. In ebd. 1942, S. 287 - 300. Wieder in: Schriftenreihe des Deutschen Instituts für Außenpolitische Forschung, Heft 6, 1943
  • Die Neuordnung Europas und die Aufgabe der außenpolitischen Wissenschaft. In ebd. 1942, S. 189 - 195
  • Der Zusammenbruch der Welt von 1919. In ebd. 1943, S. 88 - 100
  • Europa als Erbe und Aufgabe. in: Europa. Handbuch der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des Neuen Europa. Hg. Deutsches Institut für außenpolitische Forschung, Leipzig 1943, S. 7 - 13
  • Staat und Bürger. Festschrift für Willibalt Apelt zum 80. Geburtstag. Hrsg. Theodor Maunz, Hans Nawiasky und Johannes Heckel. Beck, München 1958. Mit Beiträgen von F. B., Günter Dürig, Alfred Hueck, Erwin Jacobi, Richard Jaeger, Hermann Jahrreiß, Erich Molitor, Rudolf Pohle, Wilhelm Strickstrock, Fritz Voigt und Josef Wintrich.

Hinweise

  1. Der Mythos der Monroedoktrin. in Zs. "Auswärtige Politik. Monatshefte des Deutschen Instituts für außenpolitische Forschung Hamburg und des Hamburger Instituts für auswärtige Politik". Berlin & Hamburg, Jg. 1942, S. 287 - 300
  2. Peter Longerich: Propagandisten im Krieg. Die Presseabteilung des Auswärtigen Amtes unter Ribbentrop. Oldenbourg, München 1987, S. 53.

Literatur

  • Dieter Blumenwitz, Albrecht Randelzhofer Hgg.: Festschrift für Friedrich Berber zum 75. Geburtstag. Beck, München 1973, ISBN 3-406-05020-4
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Fischer, Frankfurt 2005, ISBN 3-596-16048-0
  • Peter Longerich: Propagandisten im Krieg. Die Presseabteilung des Auswärtigen Amtes unter Ribbentrop. Oldenbourg, München 1987 ISBN 3486541110 S. 51 - 53
  • Paul Seabury: Die Wilhelmstrasse. Nest, Frankfurt 1956 (engl. NY 1954) S. 182 mit Anm.

Weblinks


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