Theodor Maunz

Theodor Maunz

Theodor Maunz (* 1. September 1901 in Dachau; † 10. September 1993 in München) war ein deutscher Hochschullehrer für Verwaltungsrecht und Politiker (CSU). Er begründete mit dem „Maunz-Dürig“ ein Standardwerk unter den Kommentaren zum Grundgesetz und war von 1957 bis 1964 bayerischer Kultusminister. Nach dem Bekanntwerden seiner NS-Vergangenheit trat er als Minister zurück und publizierte bis zu seinem Tod u.a. anonym in der National-Zeitung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines Volksschullehrers trat nach Abitur und Jurastudium 1927 als Verwaltungsjurist in den bayerischen Staatsdienst. Nach seiner Habilitation 1932 in München war Maunz Privatdozent an der Juristischen Fakultät für Deutsches Reichs- und Landesstaats- und Verwaltungsrecht der Universität München. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten trat er 1933 der SA bei.[1] 1934 wurde seine Lehrbefugnis in Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Staatslehre geändert.

1935 erfolgte die Berufung zum außerordentlichen Professor an die Universität Freiburg im Breisgau. Als Professor in Freiburg (bis 1945) beschäftigte sich Maunz hauptsächlich mit der rechtlichen Stellung der Polizei im NS-Staat. Man zählt ihn, wie etwa auch Carl Schmitt, Karl Larenz, Otto Koellreutter, Herbert Krüger und Ernst Forsthoff, zu den akademischen Juristen, die durch ihre Arbeiten dem NS-Regime juristische Legitimität zu verschaffen bestrebt waren.

In diesem Zusammenhang muss auch die Kieler Schule erwähnt werden. Karl August Eckhardt organisierte die Dozentenakademie im Kitzeberger Lager. In diesem Gemeinschaftslager an der Kieler Bucht kamen nationalsozialistische Juristen zusammen, um über die völkische Rechtserneuerung zu referieren. Die im Kitzeberger Lager gehaltenen Referate wurden ein Jahr später im ersten Band der neu erschienenen Zeitschrift „Deutsche Rechtswissenschaft“ veröffentlicht. Neben den Kieler Rechtswissenschaftlern nahm auch Theodor Maunz aus Freiburg teil.

Maunz stellte sich dem Regime zur Verfügung und versuchte es zu legitimieren und rechtlich zu erfassen. In dem unten genannten Artikel Gestalt und Recht der Polizei schrieb Maunz u. a. folgendes:

Es ist die Gründung des polizeilichen Wirkens auf den Willen der im Rahmen der völkischen Ordnung handelnden Reichsführung. […] Was mit anderen Worten der Führer […] in Form von Rechtsgeboten der Polizei an Aufträgen zuweist, bildet die Rechtsgrundlage der Polizei. Die Zuweisung kann im förmlichen Gesetzgebungsverfahren erfolgen. Sie kann ferner erfolgen im sonstigen Normenschöpfungsverfahren. Sie kann aber auch ergehen im Wege der Einzelweisung oder auch der Einzelbilligung. Dieses System hat […] den alten Gesetzmäßigkeitsgrundsatz ersetzt, seitdem an die Stelle des alten Gesetzes der Wille des Führers getreten ist.

1948 nahm Maunz für Südbaden am Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee teil.

Von 1952 bis zu seiner Emeritierung hatte Maunz eine Professur für Öffentliches Recht, insbesondere Deutsches und Bayerisches Staats- und Verwaltungsrecht, an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität inne. Er etablierte sich durch seine Veröffentlichungen als ein führender Verfassungsrechtler der Bundesrepublik. 1958 begründete er mit Günter Dürig einen der führenden Kommentare zum Grundgesetz, der bis heute als Maunz/Dürig/Herzog/Scholz u.a. von Roman Herzog und Rupert Scholz fortgeschrieben wird. Herzog, der selbst zu seinen Schülern gehörte, erklärte 1993 : Maunz war nach 1948/49 mit Sicherheit einer der beherrschenden Verfassungsrechtler der Bundesrepublik Deutschland, man kann auch sagen, er hat das demokratische Verfassungsrecht der Bundesrepublik mitgeprägt. Neben dem späteren Verfassungsrichter, Grundgesetz-Mitkommentator und Bundespräsidenten Roman Herzog gehörten unter anderem auch die Universitätsprofessoren Peter Lerche und Klaus Obermayer zu Maunz’ Schülern.

Von 1957 bis 1964 war das CSU-Mitglied Maunz bayerischer Kultusminister, bis er, nach dem Bekanntwerden einiger aus der Zeit vor 1945 stammenden Texte unter Druck geraten, am 10. Juli 1964 seinen Rücktritt erklärte. Seine Professur behielt er weiter.

Nach seinem Tod erschien in der National-Zeitung ein Artikel, in dem Maunz dafür gedankt wurde, dass er nicht nur deren Herausgeber, den DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey, seit einem Verfahren gegen ihn nach Artikel 18 des Grundgesetzes (Aberkennung von Grundrechten) in den 1960er Jahren juristisch beraten habe, sondern auch viele Jahre anonym Beiträge für die National-Zeitung verfasst hat.[2]

Sein Nachlass, bestehend aus Korrespondenzen, Entwürfen, Gutachten, Manuskripten und einer Fotosammlung, befindet sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München, weitere Unterlagen im Stadtarchiv München.

Auszeichnungen und Ehrungen

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Das Ende des subjektiven öffentlichen Rechts. In: ZgS 96 (1936), S. 71 ff., heute: Journal of institutional and theoretical economics (JITE))
  • Grundfragen der Rechtsauffassung. Mit Reinhard Höhn und Ernst Swoboda. München 1938
  • Gestalt und Recht der Polizei. Hamburg 1943
  • Deutsches Staatsrecht. Ein Studienbuch. zuerst München 1951; 2004: Th. M. & Reinhold Zippelius ISBN 3-406-44308-7
  • Hans Nawiasky & Th. M.: Vom Bonner Grundgesetz zur gesamtdeutschen Verfassung. 1956
  • Th. M. & Günter Dürig: Grundgesetz Loseblatt-Kommentar. zuerst 1958; 2003: ISBN 3-406-50053-6
  • Johann Mang & Th. M.: Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern. zuerst 196; 1988: ISBN 3-415-01302-2
  • Th. M. & Bruno Schmidt-Bleibtreu: Bundesverfassungsgerichtsgesetz Loseblatt-Kommentar. zuerst 1965; 1996: ISBN 3-406-35131-X
  • Besonderes Verwaltungsrecht. Heidelberg 1982 ISBN 3-7880-3903-5

Weiterführende Literatur

  • Konrad Redeker: Bewältigung der Vergangenheit als Aufgabe der Justiz. S. 1097. Neue Juristische Wochenschrift, 1964.
  • Peter Lerche (Hrsg.): Maunz, Theodor. Festschrift für Theodor Maunz zum 80. Geburtstag am 1. September 1981. München 1981, ISBN 3-406-08260-2.
  • Dieter Deiseroth, Kontinuitätsprobleme der deutschen Staatsrechtslehre(r). Das Beispiel Theodor Maunz. In: Dieter Deiseroth, Friedhelm Hase, Karl-Heinz Ladeur (Hg.): Ordnungsmacht? Über das Verhältnis von Legalität, Konsens und Herrschaft. Helmut Ridder zum 60. Geburtstag gewidmet. EVA, Frankfurt am Main 1981, S. 85–111.
  • Ingo Müller: Furchtbare Juristen. München 1987, ISBN 3-463-40038-3.
  • Michael Stolleis: Theodor Maunz - ein Staatsrechtslehrerleben. Kritische Justiz, 1993, S. 393-396.
  • Michael Stolleis: Recht im Unrecht. Studien zur Rechtsgeschichte im Nationalsozialismus. Frankfurt a.M. 1994, ISBN 3-518-28755-9.
  • Gerd Roellecke: Theodor Maunz und die Verantwortung des Öffentlichrechtlers.. Kritische Justiz, 1994, S. 344-354.
  • Redaktion Kritische Justiz (Hrsg.): Die juristische Aufarbeitung des Unrechts-Staats. Baden-Baden 1998 ISBN 3-7890-5054-7 (Rezension)
  • Ilse Staff: Staatstheorie und Verwaltung im nationalsozialistischen Deutschland und im faschistischen Italien. In: Die öffentliche Verwaltung im totalitären System (Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte 10/1998) Baden-Baden 1998 ISBN 3-7890-5664-2
  • Bernd Rüthers: Geschönte Geschichten – Geschönte Biografien. Sozialisationskohorten in Wendeliteraturen. Ein Essay. Tübingen 2001 ISBN 3-16-147651-4 (Rezension)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 395.
  2. Hans Herbert von Arnim: Die Deutschlandakte, Kapitel X Nr. 2, Staatsrechtslehre: Nicht ohne faschistische U-Boote (S. 235 der Taschenbuchausgabe)

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