Fundraising

Fundraising

Fundraising (engl.), Mittelakquisition bzw. Mittelbeschaffung ist nach Urselmann die systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten einer Non-Profit-Organisation (NPO), die darauf abzielen, alle für die Erfüllung des Satzungszwecks benötigten Ressourcen (Geld-, Sach- und Dienstleistungen) durch eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Ressourcenbereitsteller ohne marktadäquate materielle Gegenleistung zu beschaffen. Anders als Urselmann ordnen andere, Haibach,[1] Luthe,[2] Fabisch[3] und das Lehrmaterial der Fundraising-Akademie in Frankfurt am Main[4], dem Fundraising alle Aktivitäten der Mittelbeschaffung für Non-Profit-Organisationen zu, also auch die Akquisition staatlicher Zuwendungen und von Leistungen mit marktadäquaten Gegenleistungen wie Sponsoring, Merchandising und Einnahmen aus Vermögensverwaltung.

Inhaltsverzeichnis

Zum Begriff „Fundraising“

Eine andere, eher phänomenologische und inzwischen verbreitete Beschreibung von Fundraising stammt von Joachim Dettmann: „Fundraising ist so grundlegend, dass man es nicht als separate betriebliche Aufgabe betrachten darf. Fundraising umfasst vielmehr die gesamte Nonprofit-Organisation, und zwar vom Endergebnis her betrachtet, d. h. vom Standpunkt des Förderers.“

Auch wenn die etymologischen Wurzeln des Begriffs auf die Beschaffung von Kapital (engl. fund – Kapital, to raise – beschaffen) weisen, geht es dem Fundraising nicht nur um die Beschaffung von (Spenden-) Geldern. Vielmehr versucht Fundraising alle von einer Organisation für die Erfüllung ihres gemeinnützigen Satzungszweckes benötigten Ressourcen zu beschaffen. Neben Geldleistungen können dies auch Sachleistungen (zum Beispiel eine Sachspende in Form eines Fahrzeugs) oder Dienstleistungen (beispielsweise eine Zeitspende in Form ehrenamtlichen Engagements) sein. Entsprechend ist eine Übersetzung des Anglizismus „Fundraising“ mit dem deutschen Begriff „Mittelbeschaffung“ dann zulässig, wenn unter „Mittel“ alle benötigten Ressourcen verstanden werden.

Eine Übersetzung des Fundraising-Begriffs mit „Spendenwerbung“ greift auch deswegen zu kurz, weil sie suggeriert, dass es sich beim Fundraising lediglich um eine werbliche bzw. kommunikative Aufgabe handelt. Fundraising ist jedoch eine umfassende Marketing-Aufgabe. Sämtliche Fundraising-Aktivitäten werden systematisch analysiert, geplant, durchgeführt und kontrolliert. In die Marketing-Systematik ist das Fundraising als Beschaffungsmarketing einer Nonprofit-Organisation einzuordnen. So wie eine Reduzierung des Marketings auf Werbung unzulässig ist, kann auch Fundraising nicht auf Spendenwerbung reduziert werden. Eine geläufigere Übersetzung stellt der Begriff des Spendenmarketings dar, wobei aber auch dieser Terminus nicht ohne Probleme mit dem Begriff Fundraising gleichzusetzen ist.[5]

Ressourcenbereitsteller können Privatpersonen („individual giving“) ebenso sein wie Unternehmen („corporate giving“), Stiftungen („foundation support“) oder der Staat („public giving“). Von Fundraising kann jedoch nur gesprochen werden, wenn eine gemeinnützige Organisation die von ihr benötigten Ressourcen ohne marktadäquate materielle Gegenleistung beschafft. Dies heißt nicht, dass sie gar keine Gegenleistung für die erhaltenen Ressourcen geben darf. Im Gegenteil erwarten viele Spender beispielsweise zu Recht immaterielle Formen der Gegenleistung wie Dank und Information über die Mittelverwendung. Und an diesen Erwartungen bzw. Bedürfnissen der Spender will sich das Fundraising ja gerade ausrichten.

Wird jedoch einem Unternehmen im Rahmen des corporate giving eine marktadäquate, materielle Gegenleistung für eine Firmenspende gegeben, so handelt es sich nicht mehr um Spenden, sondern um Sponsoring. Unter bestimmten Voraussetzungen (siehe Sponsoring-Erlass) bedeutet dies für die empfangende Organisation, dass sie den steuerlichen Bereich der Gemeinnützigkeit verlässt und (unter Umständen ohne dies zu wissen oder wollen) den Bereich des Wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs betritt. Dies kann bedeuten, dass die eingeworbenen Ressourcen zu versteuern sind. Die begriffliche Abgrenzung von Fundraising und Sponsoring ist also keine definitorische Haarspalterei, sondern kann eine ganz unterschiedliche steuerliche Behandlung nach sich ziehen.

Methoden des Fundraisings

Bei der Mittelakquisition werden vier Gebermärkte angesprochen: Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen und staatliche Stellen für öffentliche Zuwendungen. Die methodische Ansprache dieser Gebermärkte ähnelt bei Privatpersonen eher dem Aboverkauf von Zeitungen und Zeitschriften, bei institutionellen Gebern eher dem Business-To-Business-Vertrieb einer profitorientierten Organisation.

  • strategische und operative Planung des Fundraising
  • Identifizierung: Recherche möglicher Geber und Gönner (wird vor allem bei der Suche nach Großspendern eingesetzt)
  • Kontaktarbeit via Telefon, Besuch und Einladung zu Veranstaltungen
  • Persönliche Beziehungsarbeit, gemeinsame Freizeitgestaltung, Geschäftsfreundschaft
  • langfristige Bindung von Spendern, Donor Relationship Management (DRM)
  • Patenschaftsfundraising
  • Relationship Fundraising: Segmentierung in verschiedene Spender-Zielgruppen und Einleitung von entsprechenden Bindungsmaßnahmen (Beziehungsarbeit)
  • Erbschaftsmarketing
  • Unternehmenskooperationen
  • Charity Shopping: Positionierung auf Onlineplattformen, bei denen Verkäufer einen Teil der Kaufsumme an eine gemeinnützige Einrichtung abführen und der jeweilige Käufer bestimmt, welche NGO begünstigt werden soll.
  • Geldauflagenmarketing
  • Controlling: Evaluation und Analyse aller laufenden und vergangenen Fundraising-Maßnahmen

Kommunikationsinstrumente des Fundraisings

Die Mittelakquisition kann mit Hilfe und Unterstützung unterschiedlicher Kommunikationskanäle betrieben werden. Die Wahl eines Kanals ist abhängig von der Zielgruppe der Mittelakquisition und einer Kosten/Nutzen-Betrachtung.

Fundraising im Internet

Online-Fundraising hat gegenüber traditionellen Methoden einige Vorteile. Über das Internet können Spenden direkt ausgelöst werden (über Lastschrift oder Kreditkarte). Auch Kleinspenden können mit Hilfe von Micropayment-Systemen noch gewinnbringend abgewickelt werden. Non-Profit-Organisationen hoffen außerdem, über das Internet jüngere Zielgruppen erreichen zu können, die bisher erst schlecht erschlossen sind.[6] Erfahrungen scheinen zu zeigen, dass online zwar im Durchschnitt größere Beträge gespendet werden als offline, insgesamt bringt das Internet nur einen kleinen Teil der gesamten Spendeneinnahmen.[7] Größere Organisationen mit Spendeneinnahmen über einer Million Euro dürften heutzutage bis zu fünf Prozent der gesamten Spendeneinnahmen online erlösen, im zeitlich eng begrenzten Umfeld einer medial begleiteten Naturkatastrophe ist für Humanitäre Hilfsorganisationen ein Anteil von bis zu 20 Prozent an den Spendeneinnahmen eine realistische Zielgröße.[8]

Für die Spendengewinnung im Internet haben sich neben traditionellen Ansätzen wie Newslettern und Websites mit Spendenformular auch neue Formen herausgebildet: So haben sich beispielsweise im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf des Jahres 2004 spendenbereite Online-Gemeinschaften gebildet, und ehrenamtliche Helfer haben in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis online Geld für die Kampagne gesammelt. Die dafür nötigen Onlinewerkzeuge hatten die Kampagnen in ihren Freiwilligenportalen bereitgestellt.[9] Neben Newslettern und Online-Gemeinschaften ist vor allem das Fundraising über Suchmaschinen zu nennen (Suchmaschinenmarketing/Suchmaschinenoptimierung). Über „GoogleGrants“ ist es gemeinnützig anerkannten Organisationen, die für das Programm zugelassen wurden, möglich, kostenfrei Anzeigen (Google Adwords) in den Suchergebnislisten von Google zu schalten und hierüber gezielt Online-Spenden einzuwerben.[8]

Social Media Portale wie Facebook und studiVZ können ebenfalls für Fundraisingzwecke genutzt werden, indem Applikationen zur direkten Online- oder SMS-Spende in die Nachrichtenkanäle implementiert werden. Eine quantitative Untersuchung der Aktivitäten von 65 deutschen Non-Profit-Organisationen im Social Web im Oktober 2010[10][11][12] ergab jedoch, dass umfassende Social Media Strategien noch die Ausnahme darstellen. Rund ein Drittel der Unterstützer sammelten sich hier um Greenpeace, WWF und PETA Deutschland[10]. Neben Facebook zeigte sich Youtube als beliebteste Plattform zur sozialen Distribution, circa 85% der untersuchten Organisationen waren hier aktiv[10]. Die Anzahl der veröffentlichten Beiträge stelle sich insgesamt als relativ gering heraus[10]. Vernetzungsmöglichkeiten innerhalb der Social Media wurden kaum genutzt. Nur 10% der Non-Profits integrierten Fundraisinginstrumente in ihre Web 2.0 Präsenz[10].

Fundraising mit dem Handy

Hauptartikel: SMS-Spende

Viele Mobilfunkanbieter in Deutschland, Österreich und der Schweiz bieten Micropayment-Möglichkeiten mit dem Handy an. Eine Spenden SMS ist eine Kurzmitteilung, die vom Spender mit einem organisationsspezifischen Kennwort versehen und an eine Kurzwahlnummer versendet wird. Anschließend erfolgt die Abbuchung des Geldbetrages von der Mobilfunkrechnung oder vom Prepaid-Guthaben[8].

Fundraising für kleinere und regional arbeitende Non-Profit-Organisationen

Für lokale Initiativen und Projekte ist vor allem der regionale Fundraisingmarkt relevant. Sie sehen sich in den Kommunen oft mit hoher Arbeitslosigkeit und knappen finanziellen Mitteln konfrontiert. Im regionalen Bezug liegt aber gleichzeitig die Chance für kleine Non-Profit-Organisationen (NPOs). Geldgeber – ob spendende Privatperson oder Unternehmen – entscheiden sich bei einem überzeugenden Projekt eher für ein regionales Engagement. NPOs sollten zudem die Potenziale nutzen, die sich durch eine lokale Förderung ergeben. Bürgerengagement und Fundraising müssen auf regionaler und lokaler Ebene Hand in Hand gehen. Initiativen und Projekte sollten das Fundraising nutzen, um ebenfalls regional um Unterstützung für ihre Anliegen zu werben.[8] Inzwischen existieren auch lizenzfreie Softwarelösungen für eine professionelle Spender- und Stifterbetreuung gemeinnütziger NPO als Open Source.[13]

Spendensiegel und Transparenzvereinbarungen

Hauptartikel: Spendensiegel

Zur Stärkung des Vertrauens der Spender schließen sich Organisationen zu Spendenprüfungsverbänden zusammen, dies sind beispielsweise das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen, der Deutscher Spendenrat, die Deutsche Evangelische Allianz, die Schweizer ZEWO und das Österreichische Spendengütesiegel. 2010 hat Transparency International eine eigene Transparenzoffensive gestartet.[14]

Gedankenaustausch

Seit Anfang der 1990er Jahre haben sich in Deutschland „Fundraising-Tage und -Kongresse“ als wichtige Treffpunkte von Fundraiser/innen und Weiterbildungsinstrumente etabliert. Regelmäßig finden diese an unterschiedlichen Orten und zu speziellen Themen statt. Der größte Branchentreff in Europa ist der Internationale Fundraisingkongress [15], hinzu kommen in Deutschland der Deutsche Fundraising Kongress[16] und in Österreich der Österreichische Fundraisingkongress[17], sowie Tagungen in verschiedenen Städten in Deutschland[18].

Sonstiges

In Deutschland werden jährlich ca. zwei Milliarden Euro gespendet. (Stand: 21. Juni 2010)[14]

Siehe auch

Literatur

Fundraising allgemein

  • Nicole Fabisch: Fundraising. Spenden, Sponsoring und mehr.... 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2006, ISBN 978-3-423-50859-9.
  • Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Instrumente. 4. Auflage. Gabler Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-8349-0820-9.
  • Alexander Glück: Die verkaufte Verantwortung - Das stille Einvernehmen im Fundraising. Stiftung&Sponsoring Verlag, Essen 2009, ISBN 978-3-9812114-2-9.
  • Alexander Gregory, Peter Lindlacher: Fundraising. Tipps und Adressen zur Finanzierung von Vereinen, Projekten und gemeinnützigen Einrichtungen in Bayern, Baden-Württemberg und anderswo. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. AG SPAK, Neu-Ulm 2010, ISBN 978-3-940865-09-0.
  • Marita Haibach: Handbuch Fundraising. Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. 3. Auflage. Campus-Verlag, Frankfurt/Main, New York 2006, ISBN 978-3-593-37934-0.
  • Bernd Jaenicke: Lexikon und praktischer Ratgeber für Ihr erfolgreiches Fundraising. 4. Auflage. Büro Inno, Berlin 2006, ISBN 3-9808590-0-2.
  • Michael Urselmann: Fundraising - Professionelle Mittelbeschaffung für Nonprofit-Organisationen. 4. Auflage. Verlag Paul Haupt, Bern 2007, ISBN 978-3-258-07243-2.
  • Klaus Vellguth: Fundraising als gemeinschaftsorientierter Marketingansatz, Lit-Verlag, Münster 2008, ISBN 978-3-8258-1409-0.

Newsletter und Magazine

  • Akquisos-Newsletter der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, der für staatliche und nichtstaatliche Träger der politischen Bildung, NPOs, Bildungsinitiativen und -netzwerke aktuelle Informationen, Links und Tipps & Termine rund um das Thema Fundraising und Marketing aufbereitet sowie interessante Förderungen und aktuelle Ausschreibungen auf europäischer und nationaler Ebene mit Blick auf Antragsteller aus der politischen Bildung recherchiert.
  • Fundraiser - Das Branchenmagazin für Spendenmarketing, Stiftungen und Sponsoring stellt alle vergangenen Ausgaben kostenlos im Archiv als PDF-Dateien zum Download zur Verfügung. Erscheint aller zwei Monate in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
  • Fundraising-Tipps-Blog beobachtet die rund um das Fundraising kursierenden Themen und reflektiert sie aus verschiedenen Blickwinkeln. Best-Practice Beispiele im internationalen Vergleich finden Ergänzung durch theoretische Perspektiven aus der Kommunikationswissenschaft und der Marketinglehre

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Marita Haibach: Handbuch Fundraising. Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. 3. Auflage. Campus-Verlag, Frankfurt/Main, New York 2006
  2. Detlef Luthe: Fundraising als beziehungsorientiertes Marketing - Entwicklungsaufgaben für Nonprofit-Organisationen. Maro Verlag, Augsburg 2004
  3. Nicole Fabisch: Fundraising. Spenden, Sponsoring und mehr.... 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2006
  4. Fundraising Akademie (Herausgeber): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Instrumente. 4. Auflage. Gabler Verlag, Wiesbaden 2008.
  5. Working Paper der Munich Business School zum Thema Spendenmarketing
  6. Nicole Fabisch: Fundraising. Spenden, Sponsoring und mehr... Beck Juristischer Verlag, München 2004, ISBN 3-423-50859-0
  7. Prem Lata Gupta: E-Fundraising. „Da wird Masse bewegt“ In: Spiegel Online vom 21. Dezember 2004
  8. a b c d Thilo Reichenbach: „Spendenmarkt in der BRD“
  9. Manuel Merz, Stefan Rhein, Julia Vetter: Wahlkampf im Internet. Handbuch für die politische Online-Kampagne. Public Affairs und Politikmanagement 9. Lit Verlag, Münster 2006, ISBN 3-8258-9262-X
  10. a b c d e Lubasch, Thomas; Böhm, Fabian; Nöll, Florian: Online-Fundraising-Instrumente: „ Social Media Report. Spendino, Berlin 2010:“
  11. http://fundraising-tipps.de/aktuelles/3-monate-spater-fanwachstum-auf-facebook/
  12. http://www.ikosom.de/2010/11/29/social-media-report-jugend-digital-democracy-und-die-beatles/
  13. Vgl. CiviCRM der Initiative civiCRM.org
  14. a b http://www.fr-online.de/top_news/2769363_Spendenindustrie-Das-Geschaeft-mit-dem-Mitleid.html
  15. Internationaler Fundraisingkongress
  16. Deutscher Fundraising Kongress
  17. Österreichischer Fundraisingkongress
  18. Fundraisingtage

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