Füllfederhalter

Füllfederhalter
Patronenfüller

Ein Füllfederhalter, kurz auch Füllhalter, Füllfeder, Füller oder Fülli genannt, ist ein Schreibgerät in Stiftform, das mittels einer Metallfeder Tinte auf Papier überträgt. Die Tinte fließt dabei über einen Tintenleiter durch Kapillarwirkung von einem Speicher (z. B. Tintenpatrone, Konverter oder im Kolbenfüller der Tank) an die Spitze der Metallfeder und wird dort vom Papier aufgesogen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nachfüllbehälter Eisengallustinte 1/2 Liter, 1950er Jahre

1636 konstruierte Daniel Schwentner aus Altdorf eine Feder mit drei ineinandergeschobenen Gänsekielen. Die älteste historische Aufzeichnung eines Füllfederhalters datiert aus dem Jahre 1657. Um 1786 baute der Leipziger Mechanikus Scheller eine „Reiseschreibfeder mit beständig Dinten“.[1] Der früheste erhaltene Füllfederhalter stammt aus dem 18. Jahrhundert. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts gab es nur langsame Fortschritte in der Entwicklung, danach beschleunigte sie sich und die Anzahl der produzierten Füllfederhalter stieg. Dass er ein so beliebtes Schreibgerät wurde, verdankt er drei entscheidenden Erfindungen: der Goldfeder mit Iridiumspitze, dem Hartgummi und der gleichmäßig fließenden Tinte.

Die ersten Füllfederhalter, die mit diesen drei Schlüsseltechnologien ausgestattet waren, entstanden in den 1850ern, und in den 1880ern begann dann die Ära des Füllfederhalters als Massenprodukt. Die dominierenden amerikanischen Produzenten in dieser Pionierzeit waren die Firmen Waterman in New York City, Parker, Sheaffer und Wirt in Bloomsburg, Pennsylvania. Diese Unternehmen überflügelten bald die vielen anderen Firmen, die zu dieser Zeit entstanden, und blieben Marktführer bis in die frühen zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts.

Kolbenfüller

In Deutschland begannen die Fabrikanten Friedrich Soennecken 1871 und Koch/Weber 1872 mit der Produktion von Füllfederhaltern; Soennecken und KaWeCo wurden in den 1890ern die Hauptproduzenten von Füllfederhaltern in Deutschland. Die Erfindung der Gleichzugfeder zum Schreiben der Rundschrift durch Soennecken war eine weitere Innovation, die das moderne Schreiben mit Federn möglich machte. Montblanc wurde 1906/1908 gegründet. Die Firma Pelikan erwarb Patente für Füllfederhalter mit Festtinte des kroatischen Chemikers Slavoljub Eduard Penkala und 1925 das Patent des ungarischen Ingenieurs Theodor Kovács für den modernen Kolbenfüller und begann erst 1929 mit der Produktion von Füllfederhaltern.[2]

In den folgenden Jahrzehnten gab es viele technologische Innovationen bei der Herstellung der Schreibgeräte. Zelluloid ersetzte stufenweise das vulkanisierte Hartgummi, was die Produktion einer viel breiteren Palette von Farben und Designs ermöglichte. Gleichzeitig experimentierten die Hersteller mit neuen Füllsystemen. Die Zwischenkriegszeit sah die Einführung von einigen bemerkenswerten Modellen, wie des Parker Duofold und Vacumatic, der Sheaffer's Lifetime Balance Reihe, der Toledo Füllhalter und – ab 1929 – des Pelikan 100.

Während der 1940er und 50er Jahre behaupteten die Füllfederhalter ihre beherrschende Stellung unter den Schreibgeräten, denn frühe Kugelschreiber waren teuer, neigten zum Auslaufen und hatten einen nur unregelmäßigen Tintenfluss, während der Füllfederhalter weiterhin von der Kombination aus Massenproduktion und Kunstfertigkeit profitierte. Diese Periode sah die Produkteinführung von erfinderischen Modellen wie des Parker 51, des Sheaffer Snorkel und des Eversharp Skyline, während die Esterbrook J Serie mit den Hebelfüllermodellen mit auswechselbaren Stahlspitzen billige und zuverlässige Massenprodukte anbot.

Ab den 1960er Jahren errang dann der Kugelschreiber durch Verbesserungen in der Herstellung im Alltag stufenweise seine Vorherrschaft über den Füllfederhalter. Obwohl Patronenfüllfederhalter in Deutschland und Frankreich noch immer, insbesondere in der Schule, in Gebrauch sind, vermarkten manche Hersteller ihre Füllfederhalter heute eher als Sammelobjekt und Statussymbol und nicht nur als Schreibgerät für den alltäglichen Gebrauch. Hierzu gehören insbesondere Montblanc, Faber-Castell mit der Linie Graf von Faber-Castell sowie Pelikan mit den Serien Majesty, Souverän, Toledo, Limited bzw. Special Edition.

Verwendung der Füllfederhalter

Zusammen mit dem Massenprodukt Bleistift und der Einführung von preiswertem Papier auf Holzbasis war der Füllfederhalter verantwortlich für eine weitreichende Umwälzung in der Art des Schreibens und der Form der Schreibarbeit während des 19. Jahrhunderts. Sie wurden so zum Vorläufer des modernen Büros, das etwa am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts mit der stufenweisen Einführung der Schreibmaschine und der frühen Kopierer entstand.

Der Füllfederhalter und in geringerem Umfang der Bleistift ersetzten die nur schwer zu benutzende Kombination aus Tauchfeder, Tintenfass, Löschwiege sowie des Löschsandes, die bis dahin zum Schreiben eingesetzt wurde. Die Benutzung einer Tauchfeder war wegen des unregelmäßigen Tintenflusses und der Neigung zu Klecksen eine komplizierte und häufig auch frustrierende Angelegenheit.

Füllfederhalter werden im Allgemeinen als geeignetste Schreibwerkzeuge betrachtet, um mit Tinte auf Papier zu schreiben oder zu zeichnen. Sie sind jedoch kostspieliger, aufwändiger zu pflegen und empfindlicher als Kugelschreiber. Darüber hinaus können sie nicht mit den verschiedenen Pigment-, Schellack-, Eisengallus- oder Acryltinten und -tuschen verwendet werden, wie sie von Künstlern bevorzugt in Kombination mit (Eintauch-)Stahlfedern, Federkielen oder Rohrfedern benutzt werden (Ausnahmen: Pelikans füllfederhaltertaugliche, pigmentierte Fount India und die Kiwa-Guro Black Pigment Ink vom japanischen Hersteller Sailor).

Schulischer Schreiberwerb und der „Füllerführerschein“

In der Grundschule stellt der Füllfederhalter die letzte Stufe bei dem Erlernen grundlegender Schreibgeräte dar und der systematischen Einübung in eine verbundene Schrift. Die Benutzung wird – nach Wachsmalstiften und Bleistift – in den meisten Bundesländern in der zweiten Jahrgangsstufe erlernt. Dabei wird das Beherrschen der je nach Bundesland üblichen Schreibschrift bereits vorausgesetzt.[3] Der Tintenroller bzw. -schreiber gilt meist nicht als Zwischenstufe zwischen Bleistift und Füller, sondern bietet sich oft als Alternative für Kinder an, die mit der Handhabung eines Füllfederhalters nicht zurechtkommen. Das Schreiben mit einer Feder zwingt den Schreibenden zu einer korrekten Grundhaltung, einer Kontrolle über die Druckkraft auf das Papier und einem sorgfältigen Umgang, um klecksenden oder stockenden Tintenfluss zu vermeiden. In den ersten Grundschuljahren ist die Verwendung von Kugelschreibern deshalb in der Regel nicht erlaubt.

Weit verbreitet ist auch die Praxis eines „Füllerführerscheins“. Die Regierung von Oberfranken empfiehlt solche „Dokumente, die den Lern- und Aneignungsprozess einer Fähigkeit begleiten“ für den „Erwerb einer Fähigkeit oder Fertigkeit, die durch Übung auf relativ eigenständige Art von den Schülern erworben werden kann“. Am Ende dieser Führerscheinprüfung ist der Schüler berechtigt, den Füllfederhalter regulär zu benutzen.[4] Die Handhabung eines Federschreibgerätes ist komplex und erfordert Geschick und feinmotorische Fähigkeiten, die nicht alle Schüler gleichermaßen aufbringen. In Elternforen werden mögliche Alternativen, der Zwang zur Füllerbenutzung und die uneinheitlichen Standpunkte der Lehrkräfte hierzu kontrovers diskutiert.[5]

Federn

Die Schreibfeder ist das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen Füllfederhaltern und Tuschefüllern.

Die Feder eines Füllfederhalters wird normalerweise aus rostfreiem Stahl oder aus Gold hergestellt. Goldfedern werden mit einer harten, haltbaren Spitze versehen, gewöhnlich eine platinhaltige Legierung aus der Nickelgruppe. Das Material der Spitze wird häufig einfach als Iridium bezeichnet, obwohl nicht alle Hersteller dieses spezielle Metall noch in ihren Legierungen für die Federspitzen verwenden. Auch Stahlfedern haben gewöhnlich Spitzen aus einem härteren Metall, da reine Stahlspitzen sich auf dem Papier relativ schnell abnutzen.

Die Feder ist normalerweise von der Mitte zur Spitze mit einem dünnen Schnitt versehen, durch den die Tinte von dem Vorratsbehälter zur Federspitze fließt. Bei den üblichen Federn von Füllfederhaltern verengt sich die Spitze zu einem Punkt, wodurch die Tinte in einer dünnen, gleichmäßigen Linie zu Papier gebracht wird. Breite Kalligraphiefedern haben teilweise mehrere solche Einschnitte zur Spitze, um den Tintenfluss zu erhöhen und so auch die breiten Linien gleichmäßig mit Tinte zu füllen. Spitz zulaufende Federn mit zwei Einschnitten werden im Allgemeinen als Notenfedern bezeichnet, da durch die doppelte Einkerbung ein großer Strichstärkenkontrast erreicht werden kann, der für das Schreiben von Musiknoten notwendig ist.

Obwohl die üblichen Federn eine punktförmige Spitze besitzen, die in verschiedenen Größen erhältlich sind (häufig: F = fein, M = mittel, B = breit, seltener: EF = extra fein, BB = doppelbreit[6]) , sind auch Federn mit anderen Spitzenformen erhältlich. Beispiele sind links bzw. rechts abgeschrägte Federn (Oblique, Reverse Oblique), breite Federn, die einen Band- bzw. Wechselzug ergeben (Stub), sowie elastische, schmale Federn, meist ohne gehärtete Spitze (Italic).

Die Füllfederhalter, die aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen, haben normalerweise eine flexible Feder, wie sie zum Schreiben der bevorzugten Handschriften dieser Zeit benötigt wurden. Ab den vierziger Jahren hat sich die Präferenz in Richtung der steiferen Spitzen verschoben, die dem größeren Druck standhielten, der für das Schreiben durch Kopierpapier zum Erstellen von Dokumenten mit Durchschlag erforderlich war (Durchschreibefeder).

Füllfederhalter als Wertobjekte

Füllfederhalter finden sich neben Massenware auch als kunsthandwerkliches Produkt – ähnlich mechanischen Uhren und anderen zunehmend historischen Gebrauchsgegenständen. Aufwändige Gehäuse für Füllfederhalter werden aus edlen Metallen und mit Juwelen hergestellt; andere sind mit einem aus Japan stammenden, als Maki-e bekannten, aufwändigen Lackdesign handverziert. Eine Szene von Liebhabern sammelt und benutzt alte und moderne Füllfederhalter und tauscht Informationen über alte und moderne Tinten, Tintenfässer und -flaschen. Sammler bevorzugen auch bei antiken Schreibgeräten entweder diejenigen, die tatsächlich zum Schreiben benutzt werden können, oder reine technisch-museale Schauobjekte oder Schmuckobjekte als Wertanlage. Einer der teuersten ist der Montblanc Black Diamond, der mit Diamanten besetzt ist und einen Wert von über 120.000 € hat.

Am anderen Ende der Preisskala sind gute Gebrauchsfüllfederhalter mit Stahlfedern bereits für 10 Euro zu bekommen, und es gibt auch „Einweg“-Füllfederhalter.

Verwandte Utensilien

Weblinks

 Commons: Füllfederhalter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Füllfederhalter – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Fußnoten

  1. Sinnreiche Spender. In: Der Spiegel. Nr. 3, 1993, S. 181f (18. Januar 1993, online).
  2. Verschiedene Füllfederhaltersysteme und Entstehungszeiten
  3. Zusammenhängende Informationen des Schreibgeräteherstellers Pelikan: Lehrerinformationen zu den in der Primarstufe verwendeten Schreibgeräten (für die systematische Nutzung des Lehrerportals ist eine Anmeldung erforderlich) und Arbeitsgemeinschaft Schreiberziehung (AGS), Gabriele Krichbaum: Verbesserung von Schülerschriften in Primarstufe und Sekundarstufe I
  4. Regierung von Oberfranken: Oberfränkischer Schulanzeiger Nr. 11/2007 vom 2. November 2007 (Seite 312)
  5. Schule-und-familie.de: Beispiel für eine der zahlreichen kontroversen Diskussionen in Elternforen
  6. Unterschied zwischen M, B und OB Federn

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