- Gemeinsames Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration
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Das deutsche Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) ist ein ständiges behördenübergreifendes Informations- und Kooperationszentrum mit dem Ziel der Intensivierung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen Migration und ihrer Begleit- und Folgekriminalität.[1]
Inhaltsverzeichnis
Gründung
Das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) entstand im Mai 2006 aus dem Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrum Schleusungskriminalität (GASS) und soll eine ganzheitliche Bekämpfung des Phänomens illegale Migration ermöglichen.[2][3]
Gemeinsames Analyse- und Strategiezentrum Schleusungskriminalität (GASS)
Das Bundesministerium des Innern hat im November 2004 in der Folge der Visa-Affäre ein Gemeinsames Analyse- und Strategiezentrum Schleusungskriminalität von Bundeskriminalamt und Bundespolizei unter Beteiligung der Bundeszollverwaltung (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) eingerichtet. Die Aufgaben des GASS beinhalteten unter anderem die Verbesserung des nationalen und internationalen Erkenntnisaustauschs, die operative und strategische Auswertung von vorhandenen Informationen sowie deren Verknüpfung mit der Erkenntnislage anderer, mit Schleusungskriminalität befasster Behörden, Entwicklung von polizeilichen und behördenübergreifenden Bekämpfungsansätzen, die Bereitstellung von Auswertungsergebnissen für Ermittlungsverfahren sowie die Entwicklung von Beratungsansätzen. Das GASS untersuchte die Problematik der Schleusungskriminalität zum Zweck der unerlaubten Arbeitsaufnahme, insbesondere das so genannte Werkvertragsverfahren und die damit zusammenhängenden Missbrauchsmöglichkeiten. Die ursprüngliche inhaltliche Schwerpunktsetzung von GASS ist beim Ausbau zum Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) erweitert worden und umfasst im GASIM nunmehr den Gesamtkomplex der illegalen Migration.[2][4]
Organisation
Laut Bundesinnenministerium ist das GASIM keine eigenständige Behörde oder Organisation. Es verfüge daher über keinen Etat und eine spezifische Rechtsgrundlage für GASIM sei nicht erforderlich.[1] GASIM ist eine gemeinsame Informations-, Koordinations- und Kooperationsplattform von Bundespolizei (BPOL), Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Bundeszollverwaltung, Bundeskriminalamt (BKA), Bundesnachrichtendienst (BND), Auswärtigem Amt (AA) und Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Eine Mitwirkung der Bundesländer ist geplant.
Nach der Gründung hatte das GASIM 36 Mitarbeiter,[5] Ende 2006 33 Mitarbeiter und im Jahre 2007 arbeiteten dort insgesamt 40 Personen (darunter BMI: 2, BKA: 13, Bundespolizei: 14, BAMF: 6, BND: 1, FKS: 2, sowie personell anlassbezogen AA: 2 und BfV: 1).[6] Im Jahr 2009 wurde die Zusammenarbeit im Rahmen von GASIM neu konzipiert, die Bundespolizei repräsentiert das GASIM nach außen.[7] 2010 arbeiteten im GASIM 24 Experten, darunter 13 Mitarbeiter der Bundespolizei, vier Mitarbeiter des BAMF, je zwei Mitarbeiter von BKA, AA und Finanzkontrolle Schwarzarbeit, sowie je ein Mitarbeiter des BND und des BfV.[4] GASIM hatte seinen Sitz zuerst in den Treptowers in Berlin[8] und zog im August 2009 an einen Standort des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam.[4]
Aufgaben
Aufgaben des Zentrums sind die Sammlung aller verfügbaren Erkenntnisse auf dem Gebiet der illegalen Migration, deren Auswertung und Analyse, die Erstellung von Lagebildern, die internationale Zusammenarbeit, die Analyse von Zusammenhängen der illegalen Migration mit allgemeiner und organisierter Kriminalität, Menschenhandel, illegaler Beschäftigung und Missbrauch von Sozialleistungen, die Initiierung und Unterstützung von Ermittlungsverfahren sowie der Aufbau und die Wahrnehmung einer Frühwarnfunktion.[5] GASIM arbeitet in sieben Foren:
- Forum 1 „Tägliche Lagebesprechung“ (Geschäftsführung BKA);
- Forum 2 „Lagebild Migrationsströme“ (Geschäftsführung BPOL und BAMF);
- Forum 3 „Werkvertragsverfahren“ (Geschäftsführung: BPOL und FKS);
- Forum 4 „Nachrichtendienstlich-taktische und -strategische Lage“ (Geschäftsführung BND);
- Forum 5 „Strategische Konzepte im Phänomenbereich illegale Migration“;
- Forum 6 „Migration – Aufenthalt – Kooperation – Infopool“ (Geschäftsführung BAMF);
- Forum 7 „Operative Maßnahmen im Zusammenhang mit illegaler Migration“ (Geschäftsführung BPOL).
Zu den Aufgaben des Forum 7 gehören die Umsetzung von Informationen in Erkenntnismitteilungen und Fahndungshinweise, Initiierung gezielter überörtlicher bzw. behördenübergreifender Einsätze/operativer (Sofort-) Maßnahmen, Initiierung und Unterstützung von Ermittlungsverfahren sowie Durchführung von Prüfverfahren für das BAMF (Aufenthalt), FKS (illegale Arbeitsaufnahme) und Auswärtigem Amt (Visaerteilung).[6][9] Das BKA hat seine aktive Mitwirkung im Forum 7 des GASIM zum 15. November 2007 beendet.[6]
Die am GASIM beteiligten Behörden arbeiten im Rahmen ihrer Zuständigkeit mit fachspezifischen Zentralstellen oder Behörden anderer EU-Staaten sowie mit supranationalen Agenturen wie Europol und Frontex zusammen.[6]
Datenschutzrechtliche Kritik und Trennungsgebot
GASIM war seit Gründung Gegenstand zahlreicher kleiner Anfragen des Bundestag an die Bundesregierung. In dem Fernsehmagazin Report Mainz wurde 2008 der Vorwurf erhoben, das GASIM verstosse gegen das Trennungsgebot zwischen Nachrichtendiensten und Polizei. Gestützt auf Aussagen eines Whistleblowers und ein internes Schreiben des BKA wurde behauptet, gesetzliche Bestimmungen zum Datenschutz würden in Frage gestellt, mit Polizeidienststellen weitere Ermittlungsschritte geplant und beliebige operative Einzelsachverhalte im GASIM bearbeitet.[10] Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium August Hanning erklärte daraufhin, die dargestellten Vorwürfe seien sowohl fachlich als auch rechtlich falsch und entbehrten jeder Grundlage. Der Informations- und Datenaustausch erfolge auf der Grundlage der jeweiligen bereichsspezifischen gesetzlichen Regelungen. Dabei würden bestehende Zuständigkeiten und Befugnisse der beteiligten Behörden weder angetastet noch verändert. Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten, das auch von den Behörden im GASIM in vollem Umfang beachtet werde, sei kein Kooperationsverbot.[11]
Im Mai 2009 berichtete Report Mainz über die Erkenntnisse des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar aus seinem Kontrollbesuch bei GASIM im November 2008.[12] Dieser bestätigte "eine Vielzahl sehr kritisch zu beurteilender Sachverhalte" beim Austausch personenbezogener Daten in Forum 4 und Forum 7. Die Datenübermittlungen der Bundespolizei an den BND seien mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig und die Weitergabe von Daten seitens der Finanzkontrolle Schwarzarbeit an den BND, das BKA, den Verfassungsschutz oder den Militärischen Abschirmdienst sei nur im Einzelfall auf Ersuchen zulässig, auch die Datenübermittlung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an den BND hätte unterbleiben müssen.[13][14] Der Grüne Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland erklärte GASIM daraufhin zum „datenschutzrechtlichen Tollhaus“.[12] Die Bundesregierung ist der Rechtseinschätzung des Bundesdatenschutzbeauftragten nicht gefolgt.[14]
Einzelnachweise
- ↑ a b Das Gemeinsame Analyse- und Abwehrzentrum illegale Migration in Berlin-Treptow, Antwort (Drucksache 16/2432) auf Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen und der Fraktion DIE LINKE, August 2006. (PDF-Datei; 77 kB)
- ↑ a b Maßnahmen zur weiteren Verbesserung des Visavergabeverfahrens 2.3 Gemeinsames Analyse- und Strategiezentrum Schleusungskriminalität (GASS), 2.4 Gemeinsames Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM), Bericht an den Deutschen Bundestag, 29. September 2006
- ↑ Institutionalisierte Kooperation von Polizei und Diensten Jan Wörlein, ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 532 / 17. Oktober 2008
- ↑ a b c Besuch im Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrum Illegale Migration (GASIM) von Thomas Mischke, Bund Deutscher Kriminalbeamter, 18. März 2010
- ↑ a b Das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten und das Gemeinsame Analyse- und Abwehrzentrum illegale Migration in Berlin-Treptow Antwort der Bundesregierung vom 18. August 2006 (Drucksache 16/2420) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen und der Fraktion DIE LINKE. (Drucksache 16/2352)
- ↑ a b c d Das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration – Sachstand 2007 Antwort der Bundesregierung vom 7. März 2008 (Drucksache 16/8482) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 16/8238)
- ↑ Politikbericht 2009 der deutschen nationalen Kontaktstelle für das Europäische Migrationsnetzwerk (EMN) BAMF, Februar 2010
- ↑ Zentrum zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität Peter Stützle, Deutsche Welle 18.Juli 2006
- ↑ Das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum Illegale Migration (GASIM) Thomas Spang, Kriminalistik 61. Jg. 2007, S. 95
- ↑ Behörden außer Kontrolle - Was passiert in Schäubles Vorzeigeprojekt „GASIM“? Daniel Hechler, Report Mainz vom 29. September 2008 (Sendungsmitschrift)
- ↑ Bundesinnenministerium: Vorwürfe gegen GASIM entbehren jeder Grundlage BMI 30. September 2008
- ↑ a b Schaar: Rechtswidrige Datenübermittlung im GASIM Report Mainz, 28. Mai 2009
- ↑ BKA und BND arbeiten zusammen gegen »illegale« Migration: "Wenn das BKA mit dem BND" von Till Grefe, Jungle World Nr. 28, 9. Juli 2009
- ↑ a b 23. Tätigkeitsbericht der Jahre 2009/2010 (PDF, 8 MB), 7.1.5 Gemeinsames Analyse- und Strategiezentrum Illegale Migration (GASIM) – Ergebnisse der datenschutzrechtlichen Prüfung. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, 12. April 2011
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