- Geometrische Reihe
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Geometrische Reihen sind spezielle mathematische Reihen. Eine geometrische Reihe ist die Reihe einer geometrischen Folge. Bei einer geometrischen Folge ist der Quotient zweier benachbarter Folgenglieder konstant.
Ein Startwert der geometrischen Folge von 1 und ein Quotient der Folgeglieder von 2 ergibt die geometrische Reihe: 1, 1+2, 1+2+4, 1+2+4+8,… , zusammengefasst also 1, 3, 7, 15,...
Bei identischem Startwert und einem Quotienten von 1/2 ergibt sich hingegen die geometrische Reihe: 1, 1+1/2, 1+1/2+1/4, 1+1/2+1/4+1/8, … , also 1, 3/2, 7/4, 15/8, … .Inhaltsverzeichnis
Berechnung der (endlichen) Partialsummen einer geometrischen Reihe
Eine Reihe ist per Definition eine Folge von Partialsummen, der Wert der Reihe der Grenzwert dieser Folge von Partialsummen. Eine endliche Summe ist somit ein Folgenglied aus der Folge der Partialsummen. Die (endliche) Summe der ersten n Glieder einer Reihe bezeichnet man also als n-te Partialsumme und nicht etwa als „Partialreihe“ o. ä.
Gegeben sei eine geometrische Folge .
ist die zugehörige geometrische Reihe.
Wir können daraus eine neue Folge
konstruieren, deren n-tes Glied jeweils die Summe der ersten n Glieder der Reihe s ist, die sogenannte n-te Partialsumme von s. Diese Folge heißt die Folge der Partialsummen zu s. (Genaugenommen wird in umgekehrter Reihenfolge die Reihe auf Grundlage von Partialsummen einer Folge definiert. Die obige und übliche Schreibweise für die Reihe gibt das aber nicht her, deshalb müssen wir aus ihr erst die Folge der Partialsummen rekonstruieren.) Falls sie konvergiert, wird über sie der Wert der Reihe s definiert. Es gilt für den Wert der Reihe s (hier wird nicht mehr von „Grenzwert“ gesprochen):
in Worten: Der Wert der Reihe s ist definiert als der Grenzwert der zu ihr gehörigen Partialsummen-Folge, falls diese konvergiert, andernfalls wird die Reihe als divergent bezeichnet. Falls in diesem Falle die Folge der Partialsummen gegen (plus / minus) Unendlich strebt, schreibt man gewöhnlich oder und sagt, die Folge konvergiere gegen den uneigentlichen Grenzwert (plus / minus) Unendlich oder die Reihe habe den uneigentlichen Wert (plus / minus) Unendlich. (Eine Berechnungsformel für den Grenzwert folgt weiter unten.)
Mit q bezeichnen wir nun das Verhältnis ak + 1 / ak zweier benachbarter Glieder, das für alle k gleich ist.
Dann gilt ak = a0qk für alle k.
Für die n-te Partialsumme sn ergibt sich damit:
Wenn , dann gilt (Herleitung siehe unten)
Falls q = 1, so gilt
- sn = a0(n + 1)
Das Obige gilt, wenn die Folgenglieder Elemente eines unitären Ringes sind. Also insbesondere, wenn es reelle Zahlen sind.
Verwandte Summenformel 1
Die Partialsumme
hat das Ergebnis für
und für q = 1 (vgl. Gaußsche Summenformel)
Verwandte Summenformel 2
Die Partialsumme
hat das Ergebnis für
und für q = 1 (vgl. Potenzsummen)
Beispiele
Zahlenbeispiel
Gegeben sei die geometrische Folge
mit a0 = 5 und q = 3. Die zugehörige geometrische Reihe ist
Die zugehörige Folge von Partialsummen ergibt sich zu
usw.
Rentenrechnung
Angenommen, man zahlt am Anfang eines jeden Jahres 2.000 € bei einer Bank ein und die Zinsen liegen bei 5% [d.h. der Zinsfaktor ist: 1+(5/100)= 1,05]. Wie viel Geld hat man am Ende des fünften Jahres?
Das im ersten Jahr eingezahlte Geld wird fünf Jahre lang verzinst, man erhält dafür am Ende inklusive Zinseszins 2.000 · 1,055 €. Das im zweiten Jahr eingezahlte Geld wird nur noch vier Jahre verzinst und so weiter. Insgesamt ergibt sich dann ein angesparter Betrag von
Durch Zinsen hat sich das Kapital somit um 1603,83 € erhöht. Beim Nachrechnen von Kontoauszügen ist zu bedenken, dass im Bankenwesen nicht mathematisch gerundet wird.
Zum Vergleich: Würden nicht Jahr für Jahr je 2000 € eingezahlt sondern gleich von Beginn an die ganzen 10000 € über 5 Jahre bei 5% Zinsen angelegt, so wäre der Endbetrag
also ein Kapitalertrag von 2762,82 €.
Allgemein gilt: Beträgt die Einlage am Anfang jedes Jahres a0, der Zinsfaktor q und die Laufzeit n Jahre, dann ist der Endwert
Rentenrechnung mit linearer Dynamik
Zahlt man im Gegensatz zum vorigen Beispiel nicht jährlich einen festen Beitrag a0, sondern ab dem 2. Jahr jedes Jahr d € mehr als im Vorjahr ein, so ist der Endwert
zum Beispiel mit a0 = 2.000 € im ersten Jahr, jedes Jahr d = 100 € mehr als im Vorjahr, 5% Zinsen (also Zinsfaktor q = 1,05) und n = 5 Jahren Laufzeit, dann ist der am Ende des 5. Jahres angesparte Betrag
wobei in diesem Beispiel nicht 10.000 €, sondern insgesamt 11.000 € eingezahlt wurden, also beträgt der Gewinn 1.707,65 €. Zahlt man statt a0 = 2.000 € im ersten Jahr nur a0 = 1.800 € ein und lässt die anderen Faktoren gleich (sodass man wie im vorletzten Beispiel insgesamt 10.000 € einzahlt), dann ist der Endwert nur noch 11.547,27 €, das heißt zahlt man den gleichen Betrag ein, nur zu Beginn weniger, dafür später mehr, dann entgehen einem Gewinne (Opportunitätskosten).
Periodische Dezimalbrüche
Periodische Dezimalbruchentwicklungen enthalten eine geometrische Reihe, welche mit den obigen Formeln wieder in einen Bruch umgewandelt werden kann. Zum Beispiel:
Konvergenz und Wert der geometrischen Reihe
Eine geometrische Reihe bzw. die Folge ihrer Partialsummen konvergiert genau dann, wenn der Betrag der reellen (oder komplexen) Zahl q kleiner als Eins oder ihr Anfangsglied a0 gleich Null ist. Für | q | < 1 oder a0 = 0 konvergiert die zugrundeliegende geometrische Folge nämlich gegen Null:
Das ist eine notwendige Bedingung für die Konvergenz der geometrischen Reihe. Da für und die Grundfolge divergiert, liegt in diesem Falle somit auch Divergenz der Reihe vor. Für den Fall ergibt sich die Divergenz immer als uneigentliche Konvergenz (s. o.), für den Fall immer als unbestimmte Divergenz. Die Konvergenz der zugrundeliegenden Folge ist zwar nicht im Allgemeinen, jedoch im Falle der geometrischen Reihe auch eine hinreichende Bedingung für die Konvergenz der Reihe. D. h. für | q | < 1 oder a0 = 0 konvergiert stets auch die geometrische Reihe; sie konvergiert dann auch absolut.
Der Wert der Reihe im Konvergenzfall ergibt sich aus jener obenstehenden Formel für die n-ten Partialsummen durch Grenzwertbildung () für | q | < 1 zu
denn es ist
Die letzte Formel ist sogar in jeder Banach-Algebra gültig, solange die Norm von q kleiner als Eins ist; im Kontext linearer Operatoren spricht man auch von der Neumann-Reihe.
Herleitungen
Herleitung der Formel für die Partialsummen
Die n-te Partialsumme der geometrischen Reihe lässt sich wie folgt berechnen:
Vereinfacht:
- (Gleichung 1)
Durch Multiplikation mit q ergibt sich:
- (Gleichung 2)
Wenn man Gleichung 2 von Gleichung 1 subtrahiert erhält man:
- sn − qsn = a0(1 − qn + 1)
Ausklammern von sn:
Teilen durch (1 − q) liefert für die gesuchte Formel für die Partialsummen:
Herleitung der Varianten
Mithilfe der oben angegebenen Formel und einem Integrationstrick (bei konvergenten Potenzreihen dürfen Ableitung und Summenzeichen vertauscht werden) kann man auch folgende Reihen geschlossen darstellen, für
Für | q | < 1 konvergieren die unendlichen Reihen:
analog für höhere Potenzen.
Siehe auch
- Die Konvergenz bzw. Divergenz der geometrischen Reihe ist die Grundlage für das Wurzelkriterium und das Quotientenkriterium.
- Beispiel für praktische Folge einer geometrischen Reihe: Wert eines Goldesels
- Geometrische Verteilung
- Arithmetische Reihe
- Harmonische Reihe
Literatur
- Otto Forster: Analysis 1. Differential- und Integralrechnung einer Veränderlichen. Vieweg-Verlag, 8. Aufl. 2006, ISBN 3-528-67224-2
Kategorie:- Folgen und Reihen
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