Alexander Dubček

Alexander Dubček
Alexander Dubček am 29. Dezember 1989 in Prag

Alexander Dubček (* 27. November 1921 in Uhrovec; † 7. November 1992 in Prag) war ein tschechoslowakischer bzw. slowakischer Politiker und Leitfigur des Prager Frühlings von 1968. Nachdem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei wurde er als Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei abgesetzt. Nach der Samtenen Revolution und dem Fall des Kommunismus 1989 wurde er rehabilitiert und war von 1989 bis 1991 Vorsitzender des föderalen tschechoslowakischen Parlamentes. Im Jahr 1992 gründete er die Sozialistische Partei der Slowakei und war bis zu seinem Tod deren Vorsitzender.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Dubček lebte mit seinen Eltern von 1925 bis 1938 in der Sowjetunion, von 1924 bis 1933 lebten sie in der Stadt Bischkek (ab 1926 Frunse) im sowjetischen Kirgisien, von 1933 bis 1938 in Zentralrussland. In dieser Zeit erlernte er den Beruf des Maschinenschlossers.

1939 wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei der Slowakei (KPS) und nahm 1944 am Slowakischen Nationalaufstand teil. Ab 1949 bekleidete er verschiedene Parteiämter: 1949 wurde er Parteifunktionär, 1953 Parteisekretär in Banská Bystrica. 1955 ging Dubček zum Studium an die Moskauer Parteihochschule, 1958 kam er wieder zurück in die Tschechoslowakei. In Moskau erlebte er zum ersten Mal, wie offen über Stalins Politik diskutiert wurde. Bisher war er es nicht gewohnt, dass man über diese Dinge offen sprach, da in seinem Land der Stalinismus noch immer eisern weitergeführt wurde.[1]

In Bratislava wurde er Parteisekretär und er wurde auch in das Zentralkomitee der KPS gewählt. Mit der Verfassungsreform von 1958 durch Antonín Novotný, dem damaligen Ersten Sekretär des Zentralkomitees der KPČ, war Dubček nicht einverstanden:

  1. Er fand, dass die Namensänderung von ČSR in ČSSR – also der Zusatz „sozialistisch“ – nicht gerechtfertigt sei.
  2. Durch die Reform sollte erreicht werden, dass die Partei fest im Staat verankert sei, was der Verfassung von 1948 widerspräche.
  3. Auch die Rechte der Slowakei innerhalb der ČSR/ČSSR würden beschnitten und so die Errungenschaften von 1944/45 beseitigt. Die slowakische Nationalregierung und andere slowakische Einrichtungen würden abgeschafft.[1]

1959 wurde Dubček zum Sekretär für Industriefragen ins ZK der KPČ berufen, wo er für das Hüttenwesen, die Werkzeug- und Maschinenindustrie, die chemische Industrie und die Bauindustrie zuständig war.

Als in der UdSSR die Rehabilitierung von Parteigenossen vollzogen wurde, stellte Dubček die Frage der Rehabilitierung von slowakischen Widerstandskämpfern, die 1951–1953 hingerichtet worden waren, zur Diskussion. Es kam zu innerparteilichen Auseinandersetzungen zwischen Dubček und Novotný. In der Folge unterlag Dubček, der zum Sekretär eines slowakischen Kraj degradiert wurde.

Auf dem 12. Parteitag kehrte er jedoch wieder ins ZK zurück und konnte bewirken, dass sich eine Kommission (Kolder-Kommission) mit der einstigen Säuberung und Rehabilitierung beschäftigte.

1963 war der Bericht der Kommission fertig, und Dubček forderte die Rehabilitierung von Husák und Clementis. Er schaffte es auch, Erster Sekretär des ZK der KPS zu werden und wurde dadurch gleichzeitig Vollmitglied des ZK der KPČ. Unter Dubček vollzog sich in der Slowakei eine leichte Öffnung zur Meinungsfreiheit, während im tschechischen Teil der ČSSR alles beim Alten blieb.

Innerhalb der Partei begann eine Konfrontation zwischen Dubček und Novotný. Dubček forderte bei einer zweitägigen Plenartagung des ZK die Selbstkritik in der Partei. Man solle nicht nur Kritik an den Bezirks- und Regionalebenen vornehmen, sondern ganz oben beginnen. Dies spaltete beide noch mehr. Doch konnte Novotný den Sieg von Dubček nicht verhindern.

Am 5. Januar 1968 löste Dubček Novotný als Ersten Sekretär der KPČ ab. Durch seinen Einsatz für einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz wurde Dubček zum Repräsentanten eines reformkommunistischen Kurses in der Tschechoslowakei, der als Prager Frühling bezeichnet wurde.

Nach der Zerschlagung der Reformbewegung musste Dubček am 17. April 1969 als Parteichef der KPČ zurücktreten und übernahm bis September 1969 den Vorsitz in der Nationalversammlung, dem Parlament der ČSSR. Darauf war er für kurze Zeit Botschafter in der Türkei. Im Juni 1970 wurde er aus der Partei ausgeschlossen und musste fortan seinen Lebensunterhalt als Beschaffungsinspektor der Forstverwaltung von Bratislava verdienen.[2][3]

Am 13. November 1988 erhielt Dubček im Rahmen ihrer 900-Jahres-Feier die Ehrendoktorwürde für politische Wissenschaften der Universität Bologna.[4] Sie wurde ihm verliehen, weil er sich über viele Jahre hinweg für die Menschenrechte in Ländern eingesetzt habe, in denen „schwere Verletzungen der demokratischen Prinzipien üblich“ seien. Die Ehrung erfolgte auch auf Drängen des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Italiens, Alessandro Natta. In seiner Dankesrede verzichtete Dubček auf scharfe Kritik an der Politik in der ČSSR; sein Redetext war jedoch bereits einen Tag zuvor von der Presse in voller Länge veröffentlicht worden. Nachdem Dubček von den Prager Behörden erst in letzter Minute die Ausreise nach Italien genehmigt worden war, fürchtete er, Schwierigkeiten bei seiner Rückkehr zu bekommen, wenn er sich im Westen zu offen zur politischen Situation in seiner Heimat äußerte. In seiner Rede ging Dubček dann aber doch auf die Ereignisse von 1968 ein: Die Prager Reformbewegung wäre ohne das gewaltsame Eingreifen der Sowjetunion sicherlich erfolgreich gewesen, ihre Ziele ähnelten denen der Reformpolitik Michail Gorbatschows. Noch immer jedoch würden Menschen, die so dächten wie er, in der ČSSR verfolgt.[5]

Es war Dubčeks erster öffentlicher Auftritt in einem westlichen Staat überhaupt.

Im Zuge der Reformpolitik ab 1989 wurde Dubček rehabilitiert und am 28. Dezember 1989 zum Parlamentspräsidenten des tschechoslowakischen Parlaments gewählt.

Tod und Gedenken

Alexander Dubček verstarb an den Folgen eines am 1. September 1992 nahe Humpolec in Mähren erlittenen Autounfalls. Er wurde auf dem Prominentenfriedhof Slávičie údolie in der slowakischen Hauptstadt Bratislava beigesetzt.

Nach seinem Tod wurden Stimmen laut, die an der offiziellen Version eines einfachen Autounfalls zweifelten und stattdessen an einen gezielten Anschlag auf Dubčeks Leben glaubten. Ende 1999 wurde auf Drängen der Tschechischen Sozialdemokratischen Partei (ČSSD) vom Innenministerium eine erneute Untersuchung von Dubčeks Tod eingeleitet. Diese kam jedoch, wie auch frühere Untersuchungen, zu dem Schluss, der Unfall sei auf Aquaplaning aufgrund von überhöhter Geschwindigkeit zurückzuführen, und Hinweise auf einen Anschlag lägen nicht vor.[6]

Der Platz vor dem slowakischen Parlament südwestlich der Burg in Bratislava heißt Alexander-Dubček-Platz (Námestie Alexandra Dubčeka), auf dem sich zur Würdigung des berühmten Slowaken ein Denkmal mit seiner Büste befindet.

Ämter und Funktionen

  • 1951–1955, 1960–1968 und 1969–1970: Abgeordneter / 1969 Vorsitzender des Bundesparlaments (Nationalversammlung, seit 1969 Föderalversammlung genannt)
  • 1964–1970: Abgeordneter des slowakischen Parlaments
  • 1955–1968: Mitglied / seit 1962 Mitglied des Präsidiums / seit 1963 Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Slowakei
  • 1958–1969: Mitglied / 1960-1962 Sekretär / seit 1962 Mitglied des Präsidiums / seit 1968 Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei
  • 1969–1970: Botschafter in der Türkei
  • 1970: aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen
  • 1989–1992: Mitglied der Partei Öffentlichkeit gegen Gewalt (VPN)
  • 1990–1992: Vorsitzender des Bundesparlaments (Föderalversammlung)
  • 1992: Vorsitzender und Mitglied der Slowakischen Sozialdemokratischen Partei (SSDS); nach den Wahlen von 1992 Abgeordneter des Bundesparlaments für die SSDS

Einzelnachweise

  1. a b Dubček, Alexander: Leben für die Freiheit. Bertelsmann, 1993
  2. Wer nicht stiehlt. In: Der Spiegel. Nr. 18, 1975, S. 121 (online).
  3. Katrin Bock (9. November 2002): 10. Todestag von Alexander Dubcek. Radio Prag. Abgerufen am 29. Mai 2010.
  4. Eva Pokornä (25. November 1988): Ein Held im Hotel Roma. Zeit-Online. Abgerufen am 29. Mai 2010.
  5. ARD-Tagesschau vom 13. November 1988 / 20h15
  6. Antonis Hilbers (27. November 2001): Als alle Dubcek hießen. netzeitung.de. Abgerufen am 29. Mai 2010.

Weblinks


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