Georg von Detten (SA-Führer)

Georg von Detten (SA-Führer)
Georg von Detten

Georg Friedrich Philipp Maria von Detten (* 9. September 1887 in Hagen; † 1. Juli oder 2. Juli 1934 in Berlin-Lichterfelde) war ein deutscher Offizier und Politiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Jugend und Erster Weltkrieg

Georg von Detten wurde 1887 als viertes und jüngstes Kind des Landgerichtsrates Georg von Detten und seiner Frau Maria (* 19. April 1853 in Osthof; 10. November 1923 in Paderborn), einer geborenen Freiin von Morsey, geboren. Sein ältester Bruder war der spätere Ministerialdirektor Hermann von Detten.

Er besuchte Gymnasien in Paderborn, Brilon und Soest und machte schließlich in Duderstadt seine Reifeprüfung. Danach folgten der Besuch der Kriegsschule in Potsdam und Verwendungen beim Infanterieregiment 13 in Münster und dem Husarenregiment Nr. 8 in Paderborn. Mit dem zuletztgenannten nahm Detten ab 1914 am Ersten Weltkrieg teil, in dem er bis 1918 an der Westfrontkämpfte.[1]

Während des Krieges ließ Detten sich zum Jagdflieger ausbilden und erreichte den Rang eines Königlich preußischen Rittmeisters.[2]

Weimarer Republik und NS-Zeit

Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg heiratete Detten am 2. September 1919 Renata Krug von Nidda und von Falkenstein (* 22. Dezember 1897 in Dresden). Aus der Ehe ging der Sohn Georg-Friedrich Clemens Johann Hermann Constanz (* 22. Juni 1920 in Dresden) hervor. Beruflich verdiente er seinen Lebensunterhalt bis 1928 nacheinander als Landwirt, Bankbeamter und als Leiter eines Verkehrsunternehmens. Nach widersprüchlichen Angaben trat er 1922[3]oder 1924[4] in die NSDAP ein.

In den späten 1920er Jahren begann von Detten, der als konservativ galt, eine steile Karriere in der SA, der Privatarmee der NSDAP: 1929 wurde er zum SA-Führer in Dresden ernannt, wo er zunächst als Stabsführer der SA-Gruppe Mitte und später in der Gruppe Sachsen wirkte. 1932 wurde er zum Gruppenführer befördert.

Nach dem Regierungsantritt der NSDAP im Januar 1933 wurde von Detten zum Polizei-Oberpräsidenten in Sachsen ernannt. Später im selben Jahr wurde er zum Leiter des Politischen Amtes der Obersten SA-Führung in der Berliner Tiergartenstraße berufen und gleichzeitig zum Chef aller SA-Kommissare in Preußen bestellt. In der SA-Führung war er vor allem für außenpolitische Fragen zuständig.[5]

Am 5. März wurde Detten für den Wahlkreis 28 (Dresden-Bautzen) als Abgeordneter für die NSDAP in den Reichstag gewählt, dem er bis zu seinem Tod 1934 angehörte. Nach Dettens Tod wurde sein Mandat von Ernst Ittameier übernommen. Einige Autoren wie Walther Hofer[6] und Uwe Backes[7] sehen Detten als einen der Hauptbeteiligten an einer eventuellen, von den Nationalsozialisten ausgehenden Brandstiftung, im Zusammenhang mit dem Reichstagsbrand im Februar 1933. Besonders häufig in Verbindung gebracht wird er in diesem Zusammenhang mit den Namen Goebbels und Rudolf Diels.

Am 30. Juni 1934 wurde von Detten im Zuge der als „Röhm-Putsch“ bekannt gewordenen politischen Säuberungswelle, in deren Verlauf Hitler und andere nationalsozialistische Führer ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Gegner und Rivalen in den Reihen der SA ausschalteten, in Bad Wiessee verhaftet und in die SS-Kaserne Berlin-Lichterfelde verschleppt. Dort wurde er verhört, einigen Quellen zufolge gefoltert, und schließlich gemeinsam mit seinem Stellvertreter Hans-Joachim von Falkenhausen erschossen. Über den Todeszeitpunkt bestehen widersprüchliche Angaben: Während einige Autoren die Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli angeben[8] wird zum Teil auch die darauffolgende Nacht vom 1. auf den 2. Juli[9] als Hinrichtungszeitpunkt genannt. Schumacher, Lübbe und Schröder geben sogar den 30. Juni als Todeszeitpunkt an.[10] Die präzisesten Angaben liefert Höhne, der unter Berufung auf die Aussagen eines Augenzeugens, dem SA-Führer Karl Schreyer, 2.30 am Morgen des 2. Julis als Zeitpunkt der Exekution nennt.[11]

Rudolf Diels charakterisiert Detten, wie auch Falkenhausen und Eberhard von Wechmar in seinen Erinnerungen als „rechtschaffene SA-Führer“, die „nicht nur gegen die Schandtaten in ihren eigenen Reihen vorgegangen“ seien, sondern „auch den Kurs der Gewalttätigkeit überhaupt“ verdammt hätten.[12] Als Hauptverantwortlicher für die Ermordung von Dettens wird meist Goebbels gesehen. So wird berichtet, dass Detten im Juni 1934 Hitler eine „Goebbels belastende Akte“ übergeben habe, weswegen das Wort die Runde gemacht habe, dass Goebbels der „Initiator ihrer [Dettens und Falkenhausens] Erschießung“ gewesen sei, da er „jener Akte eingedenk, offenbar Sorge gehabt“ hätte.[13] Autoren wie Kern[14] oder Spector[15] weisen zudem auf Dettens Nähe zum konservativen Widerstand hin. So wird er mit der Gruppe um Edgard Jung und dem ehemaligen Minister Gottfried Treviranus in Verbindung gebracht. Spector sieht in ihm sogar einen Mitverfasser der Marburger Rede Franz von Papens.[16]

Einzelnachweise

  1. Baldur von Schirach: Die Pioniere des Dritten Reiches, 1933, S. 41f.
  2. Matthias Schmettow: Gedenkbuch des deutschen Adels, 1967, S. 70.
  3. Gerhard Schulz: Zwischen Demokratie und Diktatur. Verfassungspolitik und Reichsreform in der Weimarer Republik, 1992, S. 132.
  4. Baldur von Schirach: Die Pioniere des Dritten Reiches, S. 41, Biographie im Handbuch des Reichstags
  5. Edouard Calic: Reinhard Heydrich. Schlüsselfigur des Dritten Reiches, S. 147.
  6. Walther Hofer: Der Reichstagsbrand. Eine wissenschaftliche Dokumentation, 1978, S. 329.
  7. Uwe Backes: Reichstagsbrand, Aufklärung einer historischen Legende 1986, S. 184.
  8. Walther Hifer: Der Reichstagsbrand. Eine wissenschaftliche Dokumentation, 1978, S. 360
  9. So in Matthias Schmettow: Gedenkbuch des Adels, S.70 oder in Der Monat, 1979, S. 82.
  10. Martin Schumacher/ Katharina Lübbe/ Wilhelm Heinz Schröder: M.d.r., die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des..., 1991, S. 175.
  11. Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS, 1967, S. 121.
  12. Rudolf Diels: Lucifer ante Portas. Zwischen Severing und Heydrich, 1949, S. 301.
  13. Der Monat, 1979, S. 82.
  14. Erich Kern: Adolf Hitler und das Dritte Reich. Der Staatsmann, 1981, S. 118.
  15. Robert Melvin Spector: World Without Civilization. Mass Murder and the Holocaust, History and Analysis, 2005, S. 235.
  16. Robert Melvin Spector: World Without Civilization, 2005, S. 235.

Literatur

  • Baldur von Schirach: Georg von Detten, in: Ders.: Die Pioniere des Dritten Reiches, 1933, S. 41ff.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt/M 2005.

Weblinks


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