Gerard van Swieten

Gerard van Swieten
Gerard van Swieten, Porträt vom Kaiserbild im NHM Wien
Gerard van Swieten in späteren Jahren
Van Swieten am Maria-Theresien-Denkmal, Wien

Gerard van Swieten, später Freiherr van Swieten (* 7. Mai 1700 in Leiden; † 18. Juni 1772 in Schönbrunn) war ein Mediziner niederländischer Herkunft.

Inhaltsverzeichnis

Van Swietens Laufbahn

Van Swieten war Schüler Herman Boerhaaves und wurde 1745 Leibarzt Maria Theresias. In dieser Position setzte er eine Umgestaltung des österreichischen Gesundheitswesens und der medizinischen Hochschulausbildung durch. Auf seine Initiative gehen die Einrichtung eines botanischen Gartens, eines chemischen Labors und die Einführung des klinischen Unterrichts zurück. Die Summe seiner Aktivitäten machte ihn zum Gründer der Älteren Wiener Medizinischen Schule.

Van Swietens Rolle im Kampf gegen den Aberglauben

Besonders wichtig ist die Rolle van Swietens im Kampf der Aufklärer gegen den „Aberglauben“, insbesondere im Fall der Vampire, von denen ab etwa 1720 immer wieder aus Dörfern in Südosteuropa berichtet wurde.

Nach dem Ende des letzten Türkenkrieges 1718 waren einige Regionen – zum Beispiel Nordserbien und ein Teil Bosniens – Österreich zugefallen. Diese Landteile wurden mit Flüchtlingen besiedelt. Sie erhielten den Sonderstatus abgabefreier Wehrbauern. Als Gegenleistung hatten sie für die landwirtschaftliche Erschließung sowie für die Grenzsicherung zu sorgen. Über diese Siedler gelangten die Vampirberichte erstmals in den deutschsprachigen Raum.

Maria Theresia sandte im Jahre 1755 Gerard van Swieten nach Mähren, um die dortige Vampirlage aufzuklären. Er selber bezeichnete den Vampirmythos als „Barbarei der Unwissenheit“, die er unbedingt mit allen Mitteln ausmerzen wollte. Er untersuchte die angeblichen Vampirfälle gründlich und verfasste zu diesem Thema einen nüchternen Bericht, der unter dem Titel Abhandlung des Daseyns der Gespenster veröffentlicht wurde und bei dem er natürliche Ursachen als Erklärung für den Vampirglauben heranzog. So führte er den ungewöhnlichen Zustand der als angebliche Vampire exhumierten Leichen, die zum Teil aus dem Mund tretendes Blut, füllige Leiber oder rosige Haut aufwiesen, auf natürliche Ursachen zurück: auf Gärungsprozesse sowie Luftmangel, welcher die Verwesung verhinderte. In der Vorrede seines Berichtes von 1768 schrieb er, „daß der ganze Lärm von nichts andern herkömme, als von einer eitlen Furcht, von einer aberglaubischen Leichtglaubigkeit, von einer dunklen und bewegten Phantasey, Einfalt und Unwissenheit bei jenem Volke.“

Andere Mediziner stützten seine Theorie oder identifizierten andere Ursachen für das vermehrte Sterben in den Dörfern, zum Beispiel Seuchen. Somit zählte van Swieten wohl zu den wichtigsten Kämpfern gegen den sogenannten Aberglauben des „einfachen“ Volkes. Aufgrund seines Berichtes erließ Maria Theresia einen Erlass, der alle traditionellen Abwehrmaßnahmen gegen Vampire wie das Pfählen, Köpfen und Verbrennen verbot.

Van Swieten war eine Vorlage für Bram Stokers Romanfigur des Vampirjägers Van Helsing in seinem berühmten Roman Dracula.

Van Swieten als Reformer

Neben seinen medizinischen Aktivitäten war van Swieten auch als Reformer aktiv. Vor allem das Zensurwesen wurde von ihm neu geordnet. So verdrängte er die Jesuiten, die bisher die Zensur durchführten und führte eine – nur teilweise erfolgreiche – Zentralisierung des Zensurwesens durch. Auch versuchte er, rationale und wissenschaftliche Aspekte für die Beurteilung der Bücher zu verwenden. Er war auch Mitglied der Olmützer Gelehrtengesellschaft Societas incognitorum.

Gerard von Swieten wurde schließlich in Österreich in den Freiherrenstand erhoben, sein Grab befindet sich in der Augustinerkirche in Wien.

Er war der Vater von Gottfried van Swieten, der vor allem als Gönner Wolfgang Amadeus Mozarts bekannt wurde.

Ehrungen

Nach Gerard von Swieten ist eine Gattung der Mahagonigewächse benannt, die Swietenia.

Im Jahr 1862 wurde in Wien Alsergrund (9. Bezirk) die Van-Swieten-Gasse nach ihm benannt. Ebenfalls in Wien ist die Van-Swieten-Kaserne des österreichischen Bundesheeres benannt; sie beherbergt das Wiener Heeresspital.

Ebenfalls nach ihm benannt sind die „Frank-van Swieten Lectures on Strategic Information Management in Hospitals“, eine von der TU Braunschweig, der Universität von Amsterdam, der Universität Heidelberg, der UMIT in Hall bei Innsbruck und der Fachhochschule Heilbronn gemeinsam durchgeführte internationale Lehrveranstaltung über strategisches Informationsmanagement in Krankenhäusern.[1]

Werke

1772 medaille

Literatur

  • Frank T. Brechka: Gerard van Swieten and his World 1700–1772; International Archives of the History of Ideas, Band 36; Den Haag: Kluwer Academic Publishers, 1970; ISBN 90-247-5009-1.
  • Erna Lesky, Adam Wandruszka (Hrsg.): Gerard van Swieten und seine Zeit. Internationales Symposium veranst. von d. Univ. Wien im Inst. für Geschichte d. Med. 8.–10. Mai 1972; Studien zur Geschichte der Universität Wien, Band 8; Wien, Köln, Graz: Böhlau, 1973; ISBN 3-205-02208-4.
  • Klaus Hamberger: Mortuus non mordet. Dokumente zum Vampirismus 1689–1791; Wien: Turia und Kant, 1992; ISBN 3-85132-025-5.

Weblinks

 Commons: Gerard van Swieten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Gerard van Swieten – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Lehrangebot des Peter L. Reichertz Instituts für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und MH Hannover, abgerufen: 21. August 2008

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