Gerhard Oestreich

Gerhard Oestreich

Gerhard Oestreich (* 2. Mai 1910 in Zehden an der Oder; † 5. Februar 1978 in Kochel am See) war ein deutscher Historiker.

Gerhard Oestreich entstammte einem märkischen Pfarrhaus. Nachdem sein Vater bereits 1912 verstarb, zog die Familie nach Berlin. 1929 legte er das Abitur am Realgymnasium ab. Oestreich studierte anschließend Geschichte, Deutsch, Religionswissenschaften und Philosophie in Berlin und im Sommersemester 1935 in Heidelberg. Besonders prägten ihn die akademischen Lehrer Robert Holtzmann, Hermann Oncken und Fritz Hartung. Bei Hartung in Berlin promovierte er 1935 mit einer Arbeit über den brandburgischen-preußischen Geheimrat. Als Stipendiat der DFG arbeitete er von 1935 bis 1939 an der Herausgabe der Briefe des preußischen Heeresreformers Gerhard von Scharnhorst. Im Zweiten Weltkrieg geriet er in amerikanische Gefangenschaft. Von 1947 bis 1949 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften. Er habilitierte sich 1954 an der Freien Universität Berlin mit der Arbeit Antiker Geist und moderner Staat bei Justus Lipsius (1547 bis 1606). An der Deutschen Hochschule für Politik lehrte er zunächst als Privat- dann als Diätendozent. Oestreich wurde 1959 Professor für Geschichte in Berlin, 1962 in Hamburg und ab 1966 in Marburg. Er gilt als einer der Mitschöpfer der „Frühen Neuzeit“ als eigener Fachdisziplin innerhalb der „Geschichte“. In dem von ihm geprägten Begriff der „Sozialdisziplinierung“ sah er eines der strukturellen Grundprobleme des europäischen Absolutismus. Bedeutung haben seine Arbeiten zur Verfassungsgeschichte.

Werke (Auswahl)

  • Der brandenburgisch-preußische Geheime Rat vom Regierungsantritt des Großen Kurfürsten bis zu der Neuordnung im Jahre 1651. Eine behördengeschichtliche Studie. Würzburg-Aumühle 1937.
  • Die Idee der Menschenrechte in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Düsseldorf 1951.
  • Geschichte der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Umriß. Berlin 1968, ISBN 3-4280-2092-8.
  • Das Reich - Habsburgische Monarchie - Brandenburg-Preußen von 1648 bis 1803 (Handbuch der europäischen Geschichte, Band IV), Stuttgart 1968
  • Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Ausgewählte Aufsätze. Berlin 1969.
  • Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst (Persönlichkeit und Geschichte, Band 65). Göttingen u.a. 1971.
  • Verfassungsgeschichte vom Ende des Mittelalters bis zum Ende des alten Reiches (Handbuch der deutschen Geschichte, Band XI), Stuttgart 1974 (div. Nachdrucke ISBN 3-4230-4211-7)
  • Strukturprobleme der frühen Neuzeit. Ausgewählte Aufsätze. hrsg. von Brigitta Oestreich, Berlin 1980, ISBN 3-428-04635-8.

Herausgeber

  • Otto Hintze - Staat und Verfassung. Gesammelte Abhandlungen zur Allgemeinen Verfassungsgeschichte. Mit einer Einleitung von Fritz Hartung, 2. erweiterte Auflage, Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 1962.

Literatur

  • Bernhard vom Brocke: Oestreich, Gotthold Herbert Gerhard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 463 f.
  • Gerhard Oestreich (1910-1978), Historiker. In: Neue Deutsche Biographie, Band 19. Berlin 1999, S. 463-464.
  • Emilio Mikunda-Franco: Gerhard Oestreich als Historiker der Menschenrechte im Vergleich zu Gustav Radbruch (Dokumente und Schriften der Europäischen Akademie Otzenhausen, Band 103), Münster / Hamburg / London 2002, ISBN 3-8258-6409-X
  • Peter N. Miller: Nazis and Neo-Stoics: Otto Brunner and Gerhard Oestreich Before and After the Second World War. In: Past and Present 176, 2002), S. 144-186, ISSN 0031-2746
  • Peter Baumgart: Gerhard Oestreich zum Gedächtnis In: Historische Zeitschrift, Bd. 227 (1978), S. 251–256.

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