- Geschichte des Papsttums
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Das Amt und die Institution des Oberhauptes der katholischen Kirche in Rom und somit die Geschichte des Papsttums lassen sich bis ins 4. Jahrhundert zurückverfolgen und belegen. Der Titel Papst lässt sich zuerst bei Siricius, der von 385-399 Bischof von Rom war, als amtliche Bezeichnung nachweisen. Seit Gregor I. beanspruchen die römischen Bischöfe den Titel Papst exklusiv führen zu dürfen. Allerdings lässt sich die Rechtmäßigkeit der einzelnen Päpste nicht lückenlos nachweisen. Besonders in der Antike und im Mittelalter wurden insgesamt 38 Gegenpäpste ernannt. Diese waren häufig umstritten, da sie durch Gewalt oder unrechtmäßige Papstwahlen eingesetzt wurden. Die katholische Kirche selbst verzichtet seit einiger Zeit auf eine Zählung der rechtmäßigen Päpste. Die Lebensgeschichten einiger Päpste sind verschollen oder wurden durch Kopisten oder Kirchenväter verfälscht oder vernichtet.
Inhaltsverzeichnis
Antike
Der Papst ist nach katholischer Auffassung und der einiger anderer christlicher Kirchen Nachfolger des Apostels Petrus, der von diesen Kirchen als erster Bischof von Rom angesehen wird. Sein legendärer Märtyrertod unter Nero sowie seine Anwesenheit in Rom überhaupt sind unter Historikern umstritten, können jedoch insbesondere durch das Zeugnis des, allerdings in seiner Echtheit und Datierung nicht unumstrittenen, 1. Clemensbriefs eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen.
Begründet wird der Führungsanspruch mit einer Stelle aus dem Matthäus-Evangelium der Bibel im Kapitel 16, Vers 18 bis 19, die wie folgt lautet (Einheitsübersetzung):
Du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Und dir will ich geben die Schlüssel über das Himmelreich. Was du auf Erden bindest, soll im Himmel gebunden sein. Und was du auf Erden lösest, soll im Himmel gelöst sein.
Umstritten ist, ob der 1. Clemensbrief aus dem Jahre 98 bereits eine Vorrangstellung der Gemeinde von Rom dokumentiert oder als brüderliche Ermahnung unter Gleichberechtigten anzusehen ist. In diesem Brief an die Gemeinde von Korinth fordert der damalige Bischof von Rom, Clemens, von den Korinthern die Wiedereinsetzung von abgesetzten Presbytern. Er enthält Formulierungen, die, jedoch nicht unwidersprochen, als Hinweise auf das Martyrium der Apostel Petrus und Paulus in Rom gedeutet zu werden pflegen. Die Diskussion um die Historizität der römischen Petrustradition wurde jüngst durch quellenkritische Studien des Bonner klassischen Philologen Otto Zwierlein neu belebt, der sie entschieden in Abrede stellt.
Seit dem 4. Jahrhundert beansprucht der römische Bischof für sich eine Vorrangstellung unter den christlichen Bischöfen, die jedoch nur in der westlichen Kirche durchgesetzt wurde. Die erste bekannte Verbindung des Titels „Papst“ mit dem Bischof Roms findet sich aus der Zeit des Marcellinus († 304), der in der Grabinschrift des Diakons Severus so bezeichnet wird. Bischof Siricius von Rom 385 bis 399 bezeichnete sich als Erster als papa, als ausschließliche Amtsbezeichnung für den Bischof von Rom wird der Begriff von Gregor I. (Amtszeit 590 bis 604) gesetzlich festgeschrieben.
Vorher ab dem 3. Jahrhundert war der Papsttitel eine Ehrenbezeichnung für Bischöfe, Patriarchen und Äbte vor allem im Orient – da die koptische Kirche bereits seit dem Konzil von Chalcedon 451 vor Gregor nicht mehr zur gleichen Kirche wie die lateinische gehört, führt ihr Oberhaupt bis heute ebenfalls den Titel Papst (siehe Liste der koptischen Päpste).
In den ersten Jahrhunderten des Christentums entstanden zahlreiche Bistümer, die von Bischöfen als oberste Priester regiert wurden. Im 4. und 5. Jahrhundert wurden namentlich den Bischöfen von Konstantinopel, Antiochia, Jerusalem, Alexandria und Rom eine besondere Stellung zuerkannt. Leo der Große, von 440 bis 461 Bischof von Rom, wurde der erste Patriarch von Rom und seitdem führt der Papst die Bezeichnung „Pontifex Maximus“, die bis zu Kaiser Gratian der römische Kaiser als oberster römischer Priester trug. Mögliche Etymologien für diese Bezeichnung sind unter anderem: Oberster Brückenbauer oder Pfadbahner. Er sieht sich seitdem als Stellvertreter Christi. Unter Papst Leo I. wuchs neben der geistlichen auch die politische Autorität des römischen Bischofs. Der Papst wurde zum mächtigsten Kirchenfürsten des Abendlandes.
Mittelalter
Während des Langobardeneinfalls 754 und 756 in Italien rief Papst Stephan II. den fränkischen König Pippin III. zur Hilfe. Nach dem Sieg über die Langobarden erhielt Stephan von Pippin ein Gebiet in Mittelitalien geschenkt, welches die Grundlage des späteren Kirchenstaates werden sollte. Diese Pippinsche Schenkung wurde von Karl dem Großen bestätigt. Dieser wurde daraufhin von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt.
1054 führte ein Streit zwischen Päpsten und Kaisern zur sogenannten Kirchenspaltung zwischen der römisch-katholischen und der griechisch-orthodoxen Kirche. Die Patriarchen auf beiden Seiten exkommunizierten sich gegenseitig. Doch auch in Westeuropa selbst kam es zu Streitigkeiten, wie zum Beispiel zwischen Papst Gregor VII. und dem deutschen König und späteren Kaiser Heinrich IV. Es ging um eine Uneinigkeit bezüglich der Einsetzung von Bischöfen. Nach der Exkommunikation Heinrichs folgte eine Auseinandersetzung, den man als Investiturstreit bezeichnet. Dieser sollte fast ein halbes Jahrhundert andauern, bis Heinrichs gleichnamiger Sohn und Papst Kalixt II. das Wormser Konkordat schlossen, welches allein dem Papst das Recht der Investitur zugestand. Der Kaiser durfte nur im Falle einer Uneinigkeit von seinem Entscheidungsrecht Gebrauch machen. Damit war die überragende machtpolitische Stellung der Päpste im Mittelalter vorbereitet.
In den nächsten beiden Jahrhunderten folgten weitere kriegerische Auseinandersetzungen. Nach dem Tod Heinrichs VI. 1197 brach in Deutschland ein politisches Chaos aus. Währenddessen wurde Innozenz III. Papst und mischte sich in die Belange des Deutschen Reiches ein und setzte Friedrich II., einen Sohn Heinrichs, auf den Thron. Innozenz war auch der erste Papst, der sich als Stellvertreter Christi auf Erden bezeichnete. Das Papsttum kam unter ihm zu seiner größten Machtentfaltung. Nach seinem Tod sollte der Krieg zwischen Kaisern und Päpsten jedoch erneut ausbrechen und endete mit der Ausrottung des Geschlechts der Staufer.
Im gesamten Mittelalter amtierten häufiger mehrere Päpste gleichzeitig, da zu Lebzeiten eines bereits kanonisch gewählten Papstes ein Gegenpapst erhoben wurde. Dazu kam es, weil sich zum Beispiel das Kardinalskollegium spaltete, der Kaiser oder stadtrömische Adelsfamilien in die Papstwahl eingriffen. Solche Eingriffe sind inzwischen unter Androhung der Exkommunikation verboten. Außerdem wurde im 14. Jahrhundert die Residenz nach Avignon verlegt, und nach dem Ende des Avignonesischen Papsttums kam es zum Großen Schisma. Papst Clemens V. verlegte seinen Sitz nach Avignon, weil er unter dem Einfluss des französischen Königs Philipp IV. stand und weil dieser ihm maßgeblich dazu verholfen hatte, Papst zu werden. König Philipp IV. nutzte die Nähe des Papstes aus, um die Besetzung hoher Kirchenämter zu beeinflussen und um den Templerorden zu bekämpfen. Bis 1377 blieben alle nachfolgenden Päpste im französischen Exil. Erst Gregor XI. kehrte nach Rom zurück. Nach seinem Tod entwickelte sich ein Streit zwischen Urban VI. und Clemens VII. Beide erkannten sich gegenseitig nicht als Papst an. Es kam zum Abendländischen Schisma, welches in einem Konzil im Jahr 1409 beendet werden sollte. Beide Päpste wurden abgesetzt und durch einen dritten ersetzt. Allerdings ging dieser Plan nicht auf. Erst das Konstanzer Konzil von 1414 bis 1418 beendete die Misere. Alle drei Päpste wurden abgesetzt und Martin V. wurde neues Kirchenoberhaupt.
Im 15. und 16. Jahrhundert hatte der Papst eine überragende Machtstellung inne. Dies führte jedoch zu einer Krise, weil man dem Papst dessen Verweltlichung vorwarf. Verschiedene Persönlichkeiten versuchten, Reformen innerhalb der Kirche durchzuführen. Unter Ihnen waren Erasmus von Rotterdam, Ulrich Zwingli, Johannes Calvin und Martin Luther. Diese Reformversuche führten zu einigen Glaubenskriegen, da sie von den Päpsten keine Unterstützung erhielten. Letzten Endes führten diese Kriege zu einer weiteren Spaltung der Kirche in die römisch-katholische Kirche und die protestantische Kirche.
Neuzeit
In der Zeit der Renaissance und des Barock engagierten die Päpste Künstler wie zum Beispiel Michelangelo, Raffael, Gian Lorenzo Bernini, um Kirchen, Plätze, Adelshäuser usw. zu renovieren oder neue Bauten zu errichten. Ein Beispiel ist der im 16. Jahrhundert erbaute Petersdom im Vatikan.
Im 17. und 18. Jahrhundert bauten die Päpste eine strukturierte Verwaltung auf. Der Papst stand als absolutistischer Herrscher an der Spitze des Kirchenstaats. Dessen Ende kam im Jahre 1870 als Vittorio Emanuele Rom eroberte und Italien zu einem Staat einte. Papst Pius IX. verlor sein Machtgebiet und verschanzte sich als freiwilliger Gefangener im Vatikan. Erst die Lateranverträge im Jahre 1929 zwischen Papst Pius XI. und Benito Mussolini legten die Souveränität des Vatikanstaats fest.
Eine umstrittene Rolle spielt Papst Pius XII. während des Zweiten Weltkriegs. Dem Papst und der Kurie wird vorgeworfen, die nationalsozialistischen Taten nicht genügend deutlich verurteilt zu haben. Eine grundlegende Reform des Katholizismus leitete Papst Johannes XXIII. mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils ein. Im Jahre 1978 wurde mit dem polnischen Kardinal Karol Wojtyla zum ersten Mal seit Jahrhunderten ein Nichtitaliener zum Papst auserkoren. Sein Pontifikat war geprägt von einer Betonung der päpstlichen Autorität. Eine weltweite Anteilnahme war bei seinem Tod und der Neuwahl seines Nachfolgers Benedikt XVI. – zuvor Kardinal Joseph Ratzinger – aus Deutschland zu beobachten.
Literatur
Weiterführende Literaturangaben bieten die Bibliographien der genannten Werke.
- Horst Fuhrmann: Die Päpste. 3. aktualisierte Auflage. C. H. Beck, München 2005, ISBN 9783406528637.
- Elke Goez: Papsttum und Kaisertum im Mittelalter (Geschichte kompakt). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009.
- Ludwig von Pastor: Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters. 16 Bände. Freiburg i. B. 1886–1933.
- Bernhard Schimmelpfennig: Das Papsttum. Von der Antike bis zur Renaissance. 6. bibliografische aktualisierte Aufl., Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009, ISBN 978-3-534-23022-8.
- Georg Schwaiger: Papsttum und Päpste im 20. Jahrhundert: von Leo XIII. zu Johannes Paul II. Beck, München 1999.
- Franz Xaver Seppelt: Geschichte der Päpste. 5 Bde., teils in 2. Auflage (neu bearbeitet von Georg Schwaiger). München 1954–1959.
Weblinks
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